Vergütung des Mitglieds des Gläubigerausschusses: Durchsetzung der Anordnung eines Vorschusses (Beschluss des BGH 9. Zivilsenat)

BGH 9. Zivilsenat, Beschluss vom 22.07.2021, AZ IX ZB 47/19, ECLI:DE:BGH:2021:220721BIXZB47.19.0

§ 9 InsVV, § 54 Nr 2 InsO, § 58 InsO, § 794 Abs 1 Nr 2 ZPO

Leitsatz

Die Anordnung eines Vorschusses auf die Vergütung des Mitglieds des Gläubigerausschusses stellt keine vollstreckungsfähige Entscheidung dar, sondern lediglich eine insolvenzgerichtliche Erlaubnis, die im Wege der Aufsicht durch das Insolvenzgericht durchzusetzen ist.

Verfahrensgang

vorgehend LG Kaiserslautern, 25. Juli 2019, Az: 4 T 220/18
vorgehend AG Mainz, 24. Juli 2018, Az: 24 M 370/18

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 25. Juli 2019 und der Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 24. Juli 2018 aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Gläubiger auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 74.194,64 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Schuldner des Vollstreckungsverfahrens (im Folgenden: Insolvenzverwalter) ist Verwalter in dem am 1. August 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der P.               GmbH. Der Gläubiger des Vollstreckungsverfahrens war im vorläufigen Insolvenzverfahren Mitglied des dort gebildeten Gläubigerausschusses. Im eröffneten Insolvenzverfahren wurde er nicht mehr zum Mitglied des endgültigen Gläubigerausschusses bestellt.

2

Für seine Tätigkeit als Gläubigerausschussmitglied im vorläufigen Insolvenzverfahren beantragte der Gläubiger einen Vorschuss auf die zu erwartende Vergütung, den das Insolvenzgericht durch Beschluss vom 23. November 2016 auf 74.194,64 € brutto festsetzte. Aufgrund dieses Beschlusses erwirkte er am 26. April 2018 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezüglich des vom Insolvenzverwalter für die Masse geführten Bankkontos.

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Mit Beschluss vom 27. April 2018 stellte das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – auf Antrag des Schuldners die Vollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss einstweilen ein. Auf Antrag des Gläubigers hob das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – am 24. Juli 2018 seinen Einstellungsbeschluss wieder auf. Der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde des Schuldners hat das Insolvenzgericht, an welches das Verfahren zwischenzeitlich zuständigkeitshalber abgegeben worden war, nicht abgeholfen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

4

Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Schuldner die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse.

II.

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Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

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1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Zwangsvollstreckung des Gläubigers stehe das Vollstreckungsverbot der Massearmut nicht entgegen, weil eine solche nicht feststehe. Das bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit geltende Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO gelte zwar entsprechend, wenn ein Kostengläubiger nach Eintritt der Massearmut im Sinne von § 207 InsO in die Masse vollstrecke. Jedoch trete diese Rechtsfolge nur ein, wenn die Verfahrenskostenunterdeckung als Voraussetzung der Massearmut tatsächlich feststehe. Bei der Prüfung der Massearmut sei der vom Schuldner seinerseits geltend gemachte Anspruch auf Vergütung für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter nicht zu berücksichtigen, weil dieser Vergütungsanspruch nicht feststehe. Das Insolvenzgericht habe den Vergütungsantrag des Schuldners über 1.935.396,39 € vom 29. April 2015 im April 2018 zurückgewiesen und in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass mit einem die bisherigen Vorschussfestsetzungen übersteigenden Vergütungsanspruch des Schuldners nicht gerechnet werde. Mit seinem Vergütungsantrag vom 20. Juli 2018 über nunmehr 2.787.133,15 € habe der Schuldner die behauptete Massearmut schon nicht schlüssig begründet. Es sei nicht substantiiert vorgetragen worden, dass die Verwertung eines weiteren Grundstücks einen zusätzlichen Vergütungsanspruch des Schuldners ausgelöst habe, der zur Massearmut führe. Außerdem sei über den Vergütungsanspruch des Schuldners vom 20. Juli 2018 noch nicht entschieden worden.

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Im Übrigen sei die vom Insolvenzgericht vorgenommene Festsetzung von Vorschüssen für die Tätigkeit der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses sachgerecht. In einem sehr umfangreichen, schwierigen und bedeutsamen Insolvenzeröffnungsverfahren könne die Vergütung mit einem Bruchteil der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters festgesetzt werden. Der Schuldner selbst habe unter Hinweis auf die erhebliche Verantwortung und der in besonderem Maße vorliegenden Einbeziehung der Mitglieder des Gläubigerausschusses in das vorläufige Insolvenzverfahren eine Vergütung der vorläufigen Gläubigerausschussmitglieder auf der Basis von 3 % der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters beantragt. Auch gegen die Festsetzung des Vorschusses für die Tätigkeit des Gläubigers habe der Schuldner trotz ausdrücklicher Aufforderung zur Stellungnahme keine Einwendungen erhoben.

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2. Die Beschwerdeentscheidung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 26. April 2018 war nichtig und deshalb ohne rechtliche Wirkung. Die angefochtenen Beschlüsse, welche die Wirksamkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses voraussetzen, können daher keinen Bestand haben.

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a) Die Nichtigkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses folgt nicht bereits daraus, dass die Vorschussanordnung des Insolvenzgerichts vom 23. November 2016, mit der die Auszahlung eines Vergütungsvorschusses an den Gläubiger in Höhe von 3 % der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters bewilligt wurde, wegen Sittenwidrigkeit nichtig gewesen wäre.

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aa) Zwar macht die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend, dass die dem vorläufigen Insolvenzverwalter gewährte Vergütung kein Maßstab für die dem Gläubiger als Mitglied des Gläubigerausschusses im vorläufigen Insolvenzverfahren zustehende Vergütung ist. Der Senat hat nach Erlass der angefochtenen Beschlüsse entschieden, dass es nicht zulässig ist, die Vergütung eines Mitglieds des Gläubigerausschusses mit einem Bruchteil der Vergütung des Insolvenzverwalters festzusetzen (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2021 – IX ZB 94/18, ZIP 2021, 581 Rn. 23). Wie bei einem Mitglied des endgültigen Gläubigerausschusses richtet sich der Anspruch eines Gläubigerausschussmitglieds im vorläufigen Insolvenzverfahren auf Vergütung für seine Tätigkeit gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO im Regelfall nach dem Zeitaufwand und dem Umfang der Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2021, aaO Rn. 8 zum Gläubigerausschuss im eröffneten Insolvenzverfahren), sofern sich seine Tätigkeit nicht auf die Erfüllung der ihm nach § 56a und § 270 Abs. 3 InsO zugewiesenen Aufgaben beschränkt (MünchKomm-InsO/Stephan, 4. Aufl., § 17 InsVV Rn. 1; Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 17 Rn. 10 ff).

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bb) Dies hat aber nicht die Nichtigkeit der Vorschussanordnung vom 23. November 2016 und des daraufhin erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zur Folge. Die Frage, ob die Vergütung eines Mitglieds des Gläubigerausschusses mit einem Bruchteil der Vergütung des Insolvenzverwalters festgesetzt werden kann, war in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 14. Januar 2021 – IX ZB 94/18, ZIP 2021, 581 Rn. 23). Allein der Umstand, dass sich das Insolvenzgericht derjenigen Rechtsauffassung angeschlossen hatte, welcher der Senat mit Beschluss vom 14. Januar 2021 nicht den Vorzug gegeben hat, führt nicht zur Sittenwidrigkeit der Vorschussanordnung vom 23. November 2016. Auch dem Gläubiger kann ein Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens durch arglistiges Erschleichen einer unrichtigen Entscheidung (§ 826 BGB) nicht gemacht werden. Der Schuldner selbst hatte gegenüber dem Insolvenzgericht angeregt, die Vergütung der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren mit 3 % der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters festzusetzen. Daraufhin hat der Gläubiger seinerseits eine entsprechende Festsetzung seiner Vergütung beantragt.

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b) Die Nichtigkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses folgt aber daraus, dass es an einem geeigneten Titel fehlt. Die Vorschussanordnung entsprechend § 9 InsVV stellt keine vollstreckungsfähige Entscheidung dar, sondern lediglich eine insolvenzgerichtliche Erlaubnis, die im Wege der Aufsicht nach § 58 InsO durchzusetzen ist.

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aa) Ein Vollstreckungstitel ist Grundlage und schlechthin unerlässliche Voraussetzung jeder Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung. Eine Vollstreckungsmaßnahme ohne Titel leidet an einem besonders schwerwiegenden Fehler, der zu ihrer Nichtigkeit führt. Nichtig ist eine Vollstreckungsmaßnahme nach ganz überwiegender Meinung immer dann, wenn es schon der äußeren Form nach an einem Titel fehlt (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 – IX ZR 226/91, BGHZ 121, 98, 101 f).

14

bb) Anders als die endgültige Festsetzung der Vergütung nach § 73 Abs. 1 InsO, §§ 17, 18 InsVV ist die Vorschussanordnung kein vollstreckungsfähiger Titel im Sinne des § 794 ZPO.

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(1) Die Vorschussanordnung ist kein Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

16

(a) Nach allgemeiner Meinung kann das Gericht auch den Mitgliedern des Gläubigerausschusses zu gegebener Zeit einen angemessenen Vorschuss auf die Vergütung bewilligen (Prasser in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014, § 17 InsVV Rn. 18; Uhlenbruck/Knof, InsO, 15. Aufl., § 73 Rn. 24; vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. März 2012 – IX ZB 310/11, ZIP 2012, 876 Rn. 9; kritisch Zimmer, InsVV, § 17 Rn. 129 ff). Mit Ausnahme des Entnahmerechts ist die Regelung in § 9 InsVV analog anzuwenden (MünchKomm-InsO/Stephan, 4. Aufl., § 9 InsVV Rn. 7; HK-InsO/Keller, 10. Aufl., § 18 InsVV Rn. 8; Graeber/Graeber, InsVV, 3. Aufl., § 17 Rn. 23).

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Ebenso wie bei der insolvenzgerichtlichen Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses auf die Vergütung des Insolvenzverwalters wird mit der Vorschussanordnung für ein Gläubigerausschussmitglied keine Entscheidung über dessen endgültige Vergütung getroffen. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine vorläufige Entscheidung, die auch hinsichtlich der Höhe der endgültigen Vergütung keine Bindungswirkung entfaltet (BGH, Beschluss vom 24. März 2011 – IX ZB 67/10, ZInsO 2011, 777 Rn. 6; vom 14. Juli 2016 – IX ZB 23/14, ZIP 2016, 1599 Rn. 11). Jeder Teilaspekt betreffend die Höhe der Vergütung kann im abschließenden Vergütungsfestsetzungsverfahren anders bewertet und beschieden werden. Im Wege des Vorschusses zuviel erlangte Zahlungen sind – trotz der Teil-Erfüllungswirkung der Entnahme des Vorschusses aus der Insolvenzmasse – gemäß materiellem Recht zurückzuerstatten (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 – IX ZB 53/02, ZIP 2002, 2223, 2224 zum Insolvenzverwalter).

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(b) Als Folge ihrer vorläufigen Wirkung kann die Bewilligung oder Ablehnung eines Vorschusses, anders als die endgültige Festsetzung der Vergütung und der zu erstattenden Auslagen, nicht mit der sofortigen Beschwerde nach § 73 Abs. 2, § 64 Abs. 3 InsO angegriffen werden (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 – IX ZB 53/02, ZIP 2002, 2223; vom 24. März 2011 – IX ZB 67/10, ZInsO 2011, 777 Rn. 5; vom 14. Juli 2016 – IX ZB 23/14, ZIP 2016, 1599 Rn. 11, jeweils zum Insolvenzverwalter). Soweit der Rechtspfleger über den Vorschussantrag des Gläubigerausschussmitglieds entschieden hat, findet dagegen – ebenso wie beim Vorschussantrag des Insolvenzverwalters – nur die befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RpflG statt.

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Mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist erst die endgültige Vergütungsfestsetzung. Allein die endgültige Vergütungsfestsetzung ist demzufolge ein Vollstreckungstitel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 – IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 101 f).

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(2) Die Vorschussanordnung stellt auch keinen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO dar. Nach dieser Vorschrift findet die Zwangsvollstreckung auch aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen statt. Darunter sind regelmäßig Kostenentscheidungen der Gerichte nach §§ 103 ff ZPO zu verstehen.

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Zwar handelt es sich bei der Bewilligung eines Vorschusses auf die Vergütung des vorläufigen Gläubigerausschussmitglieds im Eröffnungsverfahren ebenfalls um eine die Kosten des Verfahrens betreffende Entscheidung. Denn zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gehören gemäß § 54 Nr. 2 InsO – auch wenn sie dort nicht ausdrücklich genannt sind – die Vergütungen und die Auslagen der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses (MünchKomm-InsO/Hefermehl, 4. Aufl., § 54 Rn. 49).

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Die Vorschussanordnung unterscheidet sich jedoch in zwei wesentlichen Punkten von der Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff ZPO. Zum einen kommt ihr anders als der Kostenfestsetzungsentscheidung, die in materielle Rechtskraft erwachsen kann, lediglich vorläufige Wirkung zu. Zum anderen handelt es sich bei dem Festsetzungsverfahren betreffend die Vergütung des Gläubigerausschussmitglieds und erst recht bei der Bewilligung eines Vorschusses auf die Vergütung nicht um einen Rechtsstreit, welcher aber einer Kostenentscheidung nach §§ 103 ff ZPO stets vorausgeht (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 – IX ZB 11/07, BGHZ 185, 353 Rn. 6). Mangels Vergleichbarkeit der Vorschussanordnung nach § 9 InsVV mit einer Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff ZPO scheidet auch eine analoge Anwendung des § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aus (aA Zimmer, InsVV, § 9 Rn. 61).

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(3) Auch wenn es sich bei der Vorschussanordnung nicht um einen Vollstreckungstitel handelt, wird ein Gläubigerausschussmitglied, zu dessen Gunsten eine Vorschussanordnung getroffen worden ist, nicht rechtlos gestellt, wenn sich der Insolvenzverwalter – wie hier – weigert, den Vorschuss auszuzahlen. Anders als der Insolvenzverwalter kann das Gläubigerausschussmitglied mangels Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis den vom Insolvenzgericht bewilligten Vorschuss nicht ohne weiteres aus der Insolvenzmasse in sein eigenes Vermögen überführen. Ihm bleibt aber die Möglichkeit, beim Insolvenzgericht auf eine Durchsetzung des Vorschusses im Rahmen der Aufsicht nach § 58 InsO hinzuwirken.

24

Der Senat hat bereits entschieden, dass die Bewilligung des Vorschusses zugunsten des Insolvenzverwalters nach § 9 InsVV im Rahmen der Aufsicht des Insolvenzgerichts gemäß § 58 InsO getroffen wird (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 – IX ZB 53/02, ZIP 2002, 2223; Urteil vom 16. Oktober 2014 – IX ZR 190/13, ZIP 2014, 2299 Rn. 29). Ebenso wie die Aufsicht des Insolvenzgerichts die Entnahme des Vorschusses des Verwalters zu seinen eigenen Gunsten erfasst, erstreckt sie sich auch auf die Entnahme von Vorschüssen zugunsten weiterer Vorschussberechtigter. Der Verwalter wird vom Insolvenzgericht im Sinne einer insolvenzrechtlichen Erlaubnis ermächtigt, den Vorschuss aus der Insolvenzmasse zu entnehmen und zur Auszahlung zu bringen.

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Anders als der Wortlaut der Regelung in § 9 Satz 1 InsVV vermuten lässt, wonach der Insolvenzverwalter den Vorschuss aus der Insolvenzmasse entnehmen „kann“, steht dem Verwalter jedenfalls bei der insolvenzgerichtlichen Vorschussanordnung zugunsten des Gläubigerausschussmitglieds kein Ermessen zu. Die Entscheidung über die Bewilligung eines Vorschusses steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Insolvenzgerichts (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 – IX ZB 53/02, ZIP 2002, 2223, 2224). Neben den in § 9 Satz 2 InsVV genannten Gründen, die in der Regel die Bewilligung eines Vorschusses erfordern, kann das Insolvenzgericht auch berücksichtigen, ob und inwieweit eine gegebenenfalls während des Insolvenzverfahrens angezeigte Masseunzulänglichkeit oder Massearmut der Bewilligung eines Vorschusses entgegensteht (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002, aaO S. 2224 f).

26

Im Übrigen bleibt dem Gläubigerausschussmitglied die Möglichkeit, den Insolvenzverwalter nach § 60 Abs. 1 InsO auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, wenn dieser die Auszahlung des vom Insolvenzgericht bewilligten Vorschusses an das Gläubigerausschussmitglied schuldhaft verzögert und dadurch die Befriedigungsreihenfolge nach § 207 Abs. 3 Satz 1 InsO verletzt hat.

27

3. Die angefochtenen Entscheidungen können daher keinen Bestand haben und sind aufzuheben. Die Aufhebung des mit gesondertem Rechtsmittel angefochtenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 26. April 2018 obliegt dem Amtsgericht.

  • Grupp
  • Schoppmeyer
  • Röhl
  • Selbmann
  • Richter am Bundesgerichtshof Dr. Harms
    hat an der Beschlussfassung mitgewirkt,
    ist aber wegen Urlaubs gehindert zu
    unterschreiben.
  • Grupp