BGH 9. Zivilsenat, Urteil vom 22.07.2021, AZ IX ZR 26/20, ECLI:DE:BGH:2021:220721UIXZR26.20.0
§ 134 Abs 1 InsO, § 143 Abs 1 InsO, § 814 BGB
Leitsatz
Vertraglich vereinbarte, von Jahresüberschüssen abhängige Gewinnausschüttungen sind unentgeltlich, wenn die Jahresabschlüsse fehlerhaft sind, fehlerfrei erstellte Jahresabschlüsse keine Gewinne ausgewiesen hätten und der Schuldner aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre darum wusste.
Verfahrensgang
vorgehend OLG Koblenz, 21. Januar 2020, Az: 3 U 321/19, Urteil
vorgehend LG Koblenz, 5. März 2019, Az: 9 O 408/17
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 21. Januar 2020 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der P. AG, vormals F. AG (nachfolgend Schuldnerin). Alleiniger Vorstand war B. . Die Schuldnerin war zusammen mit anderen Gesellschaften der sogenannten I. auf dem unregulierten Kapitalmarkt tätig. Der Beklagte zeichnete bei der Schuldnerin zu einem nicht näher benannten Zeitpunkt Genussrechte, welchen deren Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde lagen, wonach an die Genussrechtsinhaber unter bestimmten Voraussetzungen und abhängig von Jahresüberschüssen jährlich eine Basisdividende und eine Übergewinnbeteiligung ausgeschüttet werden sollten (vgl. zum Wortlaut der Allgemeinen Geschäftsbedingungen: BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234 Rn. 1). Die Jahresabschlüsse der Schuldnerin zum 31. März 2010, zum 31. März 2011, zum 31. März 2012 und zum 31. März 2013 wiesen Jahresüberschüsse aus. Dementsprechend erhielt der Beklagte von der Schuldnerin Zahlungen auf Basisdividende und Übergewinnbeteiligung für das Geschäftsjahr 2009/2010 am 24. September 2010 in Höhe von 5.100 €, für das Geschäftsjahr 2010/2011 am 25. August 2011 in Höhe von 4.110,08 €, für das Geschäftsjahr 2011/2012 am 26. September 2012 in Höhe von 4.768 € und für das Geschäftsjahr 2012/2013 am 26. September 2013 in Höhe von 9.337,32 €, insgesamt mithin 23.315,40 €.
2
Die hinter der I. stehenden Akteure gerieten wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs in den Blick der zuständigen Staatsanwaltschaft. Im Oktober 2013 kam es zu Durchsuchungen und einem dinglichen Arrest (unter anderem) in das gesamte Vermögen der Schuldnerin. Auf am 13. November 2013 beim Insolvenzgericht eingegangenen Eigenantrag wurde am 1. April 2014 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Juli 2018 wurden B. und andere Verantwortliche der I. – nicht rechtskräftig – wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit Kapitalanlagebetrug beziehungsweise der Beihilfe dazu verurteilt. Der Kläger focht die Feststellung der Jahresabschlüsse der Schuldnerin für die streitgegenständlichen Jahre an, soweit die Jahresabschlüsse nach § 325 Abs. 2 HGB im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden sind (§§ 256, 257 AktG). Hierüber ist noch nicht rechtskräftig entschieden.
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Der Kläger verlangt mit der Behauptung, die vertraglichen Voraussetzungen der Ausschüttung von Dividende und Übergewinnbeteiligung hätten in den maßgeblichen Jahren nicht vorgelegen, die von der Schuldnerin an den Beklagten erbrachten Ausschüttungen aufgrund von Schenkungsanfechtung, hilfsweise bereicherungsrechtlich, zurück. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte der Kläger die Verurteilung des Beklagten erreichen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat Erfolg.
I.
5
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keine Beschränkung der Revisionszulassung. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar anerkannt, dass sich eine Eingrenzung der Zulassung der Revision auch aus den Entscheidungsgründen ergeben kann. Nach dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit müssen die Parteien allerdings zweifelsfrei erkennen können, welches Rechtsmittel für sie in Betracht kommt und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist. Die bloße Angabe des Grundes für die Zulassung der Revision reicht nicht, um von einer nur beschränkten Zulassung des Rechtsmittels auszugehen (BGH, Urteil vom 23. April 2020 – I ZR 85/19, GRUR 2020, 886 Rn. 13). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei zu klären, wie im Rahmen des § 134 InsO bei rechtsgrundlosen Leistungen in einem Schneeballsystem die Kenntnis der Nichtschuld im Sinne von § 814 BGB zu bestimmen sei. Diese Frage ist aber in gleicher Weise auch für den Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB von Bedeutung. Eine Beschränkung der Revision auf den Anfechtungsanspruch war daher für die Parteien weder zu erkennen noch zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234 Rn. 6).
II.
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Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in ZIP 2020, 526 veröffentlicht ist, hat zur Begründung ausgeführt: Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten gemäß §§ 134, 143 InsO auf Rückzahlung der gläubigerbenachteiligenden Zinsausschüttungen innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 13. November 2013 bestehe nicht. Der Senat sei nicht davon überzeugt, dass die Ausschüttungen unentgeltlich erfolgt seien. Eine Unentgeltlichkeit von Zinsausschüttungen liege nur vor, wenn gemäß den vereinbarten Genussrechtsbedingungen kein Anspruch darauf bestanden habe, weil kein (ausreichender) Jahresüberschuss erzielt worden sei, und zudem die Schuldnerin vom Nichtbestehen des Anspruchs gewusst habe. An letztgenannter Voraussetzung fehle es indessen. Es komme nicht darauf an, ob die Schuldnerin beziehungsweise die für sie verantwortlich handelnden Personen Kenntnis von einem auf Betrug ausgerichteten Schneeballsystem gehabt hätten, sondern allein darauf, ob sie Kenntnis von bilanzrechtlich fehlerhaft ausgewiesenen Gewinnen gehabt hätten. Dieses Wissen erfordere auch bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre eine Vorstellung davon, was wann im konkreten Fall mit welchem Wert hätte bilanziert werden dürfen. Sie hätten also wissen müssen, das Vorliegen der behaupteten Bilanzierungsfehler unterstellt, dass die Lebensversicherungen im Umlaufvermögen statt im Anlagevermögen und jedenfalls nach dem strengen wie auch gemilderten Niederstwertprinzip nur mit dem niedrigeren tatsächlichen Fonds- und Rückkaufwert hätten angesetzt werden müssen. Sie hätten wissen müssen, dass die Prämienzahlungen für Eigenversicherungen nach dem strengen Niederstwertprinzip gar nicht hätten aktiviert werden dürfen, jedenfalls aber nur in Höhe der tatsächlich erfolgten Zahlungseingänge. Gleiches gelte dafür, dass die Goldbestände nur ohne die Provisionen als Anschaffungsnebenkosten hätten aktiviert werden dürfen. Der Kläger habe im Hinblick auf die testierten Jahresabschlüsse, welche Gewinne ausgewiesen hätten, nicht bewiesen, dass die Schuldnerin Kenntnis davon gehabt habe, sie hätte entgegen den Jahresabschlüssen tatsächlich keine Gewinne erwirtschaftet. Der Bereicherungsanspruch sei verjährt.
III.
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Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
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1. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich ein Anspruch des Klägers auf Rückgewähr der Ausschüttungen aus § 143 Abs. 1, § 134 Abs. 1 InsO nicht verneinen. Nach den vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen lässt sich nicht ausschließen, dass der Beklagte von der Schuldnerin im Zeitraum von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unentgeltliche Leistungen erhalten hat (§ 134 Abs. 1 InsO).
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a) Die zugunsten des Beklagten erfolgten Ausschüttungen stellen Leistungen der Schuldnerin dar. Infolge des Vermögensabflusses haben die Zahlungen eine objektive Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) bewirkt (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234 Rn. 13). Sie erfolgten innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung.
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b) Die Auszahlungen können eine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO darstellen.
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aa) In einem Zwei-Personen-Verhältnis – wie vorliegend – ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll. Entgeltlich ist dagegen eine Verfügung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhalten hat, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung war oder jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein sollte (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020 – IX ZR 208/18, NZI 2021, 26 Rn. 9). Für die Bewertung ist in erster Linie die objektive Wertrelation zwischen der Leistung des Schuldners und der Gegenleistung des Empfängers ausschlaggebend (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2020, aaO Rn. 10). Wenn der Beklagte aufgrund des Genussrechtsvertrages Anspruch auf die Ausschüttungen gehabt hat, liegt danach eine unentgeltliche Leistung nicht vor, weil diese dann objektiv den Ausgleich für die Gewährung des Genussrechtskapitals darstellten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 – IX ZR 139/17, NJW 2018, 3312 Rn. 13).
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Die Vornahme der Ausschüttungen an den Beklagten ist ebenfalls nicht nach § 134 InsO anfechtbar, wenn die Schuldnerin sie ohne Rechtsgrund vorgenommen und ihr deswegen ein Bereicherungsanspruch gegen den Beklagten zugestanden hat, wenn also der Beklagte aufgrund des Genussrechtsvertrages keinen Anspruch auf die Auszahlungen gegen die Schuldnerin gehabt hat und er einem Bereicherungsanspruch der Schuldnerin nicht § 814 BGB hat entgegenhalten können. Denn es handelt sich bei der Bezahlung einer tatsächlich nicht bestehenden Schuld im Zwei-Personen-Verhältnis nicht um eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, wenn dieser irrtümlich annimmt, zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet zu sein. Auch ohne eine vertragliche Vereinbarung einer Gegenleistung fehlt es an einer für die Unentgeltlichkeit erforderlichen kompensationslosen Minderung des schuldnerischen Vermögens, wenn der Empfänger die Leistung des Schuldners auf andere Art und Weise auszugleichen hat. Leistet der Schuldner, weil er sich irrtümlich hierzu verpflichtet hält, steht ihm hinsichtlich der Leistung ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu. Der Empfänger ist von vornherein diesem Bereicherungsanspruch ausgesetzt. Insoweit fehlt es bei einer solchen Leistung an einem endgültigen, vom Empfänger nicht auszugleichenden, freigiebigen Vermögensverlust des Schuldners. Daher ist eine Leistung des Schuldners, wenn dieser irrtümlich annimmt, zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet zu sein, nicht nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar. Entsprechendes gilt, wenn die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB nicht eingreift (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234 Rn. 10 f).
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bb) Revisionsrechtlich ist davon auszugehen, dass die Ausschüttungen der Schuldnerin an den Beklagten rechtsgrundlos erfolgten.
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(1) Allerdings war der Vertrag über den Erwerb der Genussrechte, welchen der Beklagte mit der Schuldnerin geschlossen hatte, unabhängig davon wirksam, ob die Schuldnerin schon von Beginn ihrer geschäftlichen Tätigkeit an oder vor Abschluss des Vertrages mit dem Beklagten ein betrügerisches Schneeballsystem betrieben hat, ihr also von vornherein oder jedenfalls bei Vertragsschluss mit dem Beklagten bewusst war, dass sie auf Dauer keine hinreichenden Gewinne erwirtschaften würde, um den Erwartungen der Geldgeber zu entsprechen, sondern sie zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs Ausschüttungen an die Altgeldgeber mit den Einzahlungen neuer Geldgeber vornehmen müsse. Daraus ergibt sich nicht die Nichtigkeit des Vertrages nach § 138 BGB. Eine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen § 138 BGB wäre nur dann anzunehmen, wenn der gemeinsame Zweck der Vertragspartner gerade darauf gerichtet gewesen wäre, ein sittenwidriges Geschäft zu betreiben. Das aber war nicht der Fall. Der Beklagte wäre von der Schuldnerin über die für ihn ungünstigen Umstände der Kapitalanlage getäuscht worden. Sittenwidrig wäre somit lediglich das von der Schuldnerin tatsächlich betriebene System, nicht aber die mit dem gutgläubigen Beklagten vereinbarte Kapitalanlage (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020, aaO Rn. 15 mwN; vgl. zum Schneeballsystem im Rahmen der Haftung aus § 826 BGB: BGH, Urteil vom 4. Februar 2021 – III ZR 7/20, NJW 2021, 1759 Rn. 16).
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Ebenso wenig ist der Vertrag zwischen dem Beklagten und der Schuldnerin nach § 134 BGB nichtig, weil die Schuldnerin den Beklagten möglicherweise im Hinblick auf das von ihr installierte Schneeballsystem oder die Verwendung des Genussrechtskapitals betrogen hat (§ 263 StGB). Richtet sich das gesetzliche Verbot – wie vorliegend – nur gegen eine Partei, kann regelmäßig angenommen werden, das verbotswidrige Geschäft solle Wirkungen entfalten. Verletzt nur eine der Vertragsparteien durch den Abschluss eines Vertrages ein gesetzliches Verbot, ist der Vertrag in der Regel – wie auch hier – gültig (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020, aaO Rn. 16 mwN).
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(2) Ob dem Beklagten ein Anspruch auf die streitgegenständlichen Ausschüttungen zustand, ergibt sich mithin aus dem Genussrechtsvertrag und aus den dem Vertrag zugrundeliegenden Genussrechtsbedingungen.
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(a) Diese stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind so auslegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Klauselwerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Kunden erkennbar sind. Sofern nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind, kommt die sich zu Lasten des Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Hierbei bleiben allerdings Verständnismöglichkeiten unberücksichtigt, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend sind und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernsthaft in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020, aaO Rn. 18 f mwN).
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Der Bundesgerichtshof hat zu den streitgegenständlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits entschieden, dass ausgehend von dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Frage stehenden Klausel diese von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der üblicherweise beteiligten Kreise dahin auszulegen ist, dass die materiellen Voraussetzungen der Ausschüttungen sich nach der objektiven (wahren) Ertragslage der Schuldnerin bestimmen, nicht nach den endgültig festgestellten Jahresabschlüssen und ihrer Wirksamkeit nach dem Aktiengesetz. Die Ansprüche der Genussrechtsinhaber sind nicht davon abhängig, dass die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse (§ 256 AktG) in einem gerichtlichen Verfahren (sei es durch die nach § 257 Abs. 2 Satz 1, § 246 AktG dazu Berechtigten im Anfechtungsprozess, sei es durch die Genussrechtsinhaber oder den Insolvenzverwalter als Vorfrage in den jeweiligen Zahlungsprozessen) festgestellt wird. Ein verständiger und redlicher Vertragspartner der Schuldnerin konnte den Bedingungen nicht entnehmen, dass er bei einer Fehlerhaftigkeit der festgestellten Jahresabschlüsse, insbesondere der Gewinn- und Verlustrechnung, an diese gebunden sei, sofern kein Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 256 AktG vorliege (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020, aaO Rn. 22 ff).
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(b) Danach kommt es allein darauf an, ob die Schuldnerin in den streitgegenständlichen Jahren tatsächlich Gewinne erwirtschaftet hat. Ob dies der Fall war, hängt davon ab, ob die streitgegenständlichen Jahresabschlüsse, welche jeweils Gewinne ausgewiesen haben, fehlerhaft und bei fehlerfreier Erstellung der Jahresabschlüsse Gewinne nicht angefallen sind. Nach den Genussrechtsbedingungen durften die Anleger davon ausgehen, dass die Gewinnermittlung nach den allgemeinen Regeln erfolgen sollte. Das gilt umso mehr, als die Bedingungen in Bezug auf die Ausschüttungen an die Genussrechtsinhaber die Begriffe „Jahresergebnis“, „Jahresüberschuss“ und „Jahresfehlbetrag“ verwenden. Dabei handelt es sich um Begriffe aus der Buchführung (§§ 238 ff HGB). Jahres-überschuss oder Jahresfehlbetrag werden in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen; diese bildet zusammen mit der Bilanz den Jahresabschluss (§ 242 Abs. 2 und Abs. 3, § 275 HGB, § 158 AktG). Der gemeinsame Oberbegriff von Jahresüberschuss und Jahresfehlbetrag ist das Jahresergebnis (vgl. § 268 Abs. 1 Satz 1 HGB). In Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Rechtsbegriffe sind in der Regel entsprechend ihrer juristischen Fachbedeutung zu verstehen, insbesondere, wenn sie erkennbar auf eine gesetzliche Regelung Bezug nehmen (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234 Rn. 24). Enthalten die Jahresabschlüsse handelsrechtlich zulässige Bewertungen, liegt ein Fehler nicht vor.
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(c) Das Berufungsgericht hat unterstellt, dass die Ausschüttungen an den Beklagten rechtsgrundlos erfolgt sind, dass die Jahresabschlüsse mithin fehlerhaft waren und die Schuldnerin tatsächlich keine Jahresüberschüsse erwirtschaftet und die Auszahlung der Basisdividenden zu Fehlbeträgen geführt hat. Es hat unterstellt, dass die Lebensversicherungen im Umlaufvermögen statt im Anlagevermögen und jedenfalls nach dem strengen wie auch gemilderten Niederstwertprinzip nur mit dem niedrigeren tatsächlichen Fonds- und Rückkaufwert hätten angesetzt werden müssen. Weiter hat es unterstellt, dass die Prämienzahlungen für Eigenversicherungen nach dem strengen Niederstwertprinzip jedenfalls nur in Höhe der tatsächlich erfolgten Zahlungseingänge hätten bilanziert werden dürfen. Weiter hat es unterstellt, dass die Goldbestände nur ohne die Provisionen als Anschaffungsnebenkosten hätten aktiviert werden dürfen. Hiervon ist revisionsrechtlich auszugehen.
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cc) Doch kann mit der Begründung des Berufungsgerichts die Kondiktionssperre des § 814 BGB nicht verneint werden.
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(1) Allerdings trifft der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts zu. Nach § 814 Fall 1 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Erforderlich ist die positive Kenntnis der Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung. Zur Kenntnis der Nichtschuld genügt es nicht, dass dem Leistenden die Tatsachen bekannt sind, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt; der Leistende muss vielmehr aus diesen Tatsachen nach der maßgeblichen Parallelwertung in der Laiensphäre auch eine im Ergebnis zutreffende rechtliche Schlussfolgerung gezogen haben. Wird die Leistung, deren Rückabwicklung im Streit steht, durch einen Vertreter erbracht, so kommt es für die Kenntnis des Nichtbestehens eines Rechtsgrundes auf das Wissen des die Leistung bewirkenden Vertreters an. Scheitert ein Anspruch des Schuldners an § 814 BGB, ist auch dem Insolvenzverwalter ein Bereicherungsanspruch abzusprechen (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234 Rn. 30 mwN).
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(2) Es ist eine Tatfrage, ob die für die Schuldnerin verantwortlich Handelnden wussten, dass keine Verpflichtung zu Zahlungen an den Beklagten bestand. Diese zu beantworten, obliegt dem Berufungsgericht. Grundsätzlich ist die Würdigung, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist, Sache des Tatrichters, der unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat. Der Tatrichter ist bei einem auf Indizien gestützten Beweis grundsätzlich frei, welche Beweiskraft er den Indizien im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Das Revisionsgericht ist an seine Feststellungen nach § 559 ZPO gebunden und überprüft die Beweiswürdigung lediglich dahin, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 – I ZR 160/17, NJW 2019, 1596 Rn. 25; vom 19. Juli 2019 – V ZR 255/17, NJW 2019, 3147 Rn. 26; vgl. auch BGH, Urteil vom 29. Januar 2019 – VI ZR 113/17, BGHZ 221, 43 Rn. 29; vom 23. Juni 2020 – VI ZR 435/19, NJW 2020, 3176 Rn. 15; vom 28. Januar 2021 – IX ZR 64/20, ZIP 2021, 416 Rn. 17).
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(3) Einer solchen Überprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand.
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(a) Die Schuldnerin und die für sie handelnden Personen, insbesondere B. , mussten nicht wissen, ob die Versicherungen und die Edelmetallsparpläne im Anlage- oder Umlaufvermögen und mit welchen Werten hätten bilanziert werden müssen und ob und in welchem Umfang und mit welchem Wert die Provisionsansprüche hätten ausgewiesen werden müssen. Schon das Wissen, dass verschiedene bilanzielle Wertansätze aufgrund der ihnen bekannten Tatsachen überhöht waren, kann dafür sprechen, dass ihnen die Unrichtigkeit der einen Überschuss ausweisenden Jahresabschlüsse bewusst war. Nach der maßgeblichen Parallelwertung in der Laiensphäre können sie dann auch die rechtliche Schlussfolgerung gezogen haben, dass Ansprüche der Genussrechtsinhaber nicht bestanden.
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(aa) Nach § 247 Abs. 1 HGB sind in der Bilanz unter anderem das Anlage- und Umlaufvermögen gesondert auszuweisen. Nach § 247 Abs. 2 HGB sind beim Anlagevermögen nur die Gegenstände auszuweisen, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Umlaufvermögen ist grundsätzlich alles Vermögen, was nicht in diesem Sinne Anlagevermögen ist (Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 40. Aufl., § 247 Rn. 4). Entscheidend ist nicht der rein subjektive Wille des Kaufmanns, sondern die sich objektiv betrieblich niederschlagende Zweckbestimmung zum maßgeblichen Zeitpunkt. Dauernd bedeutet nicht immer, sondern für eine bestimmte längere Zeit. Nicht dauernd zu dienen bestimmt sind Vermögensgegenstände, die zur Be- und Verarbeitung sowie zum Umsatz bestimmt sind (Baumbach/Hopt/Merkt, aaO Rn. 5). Sofern die „gebrauchten“ Kapitallebensversicherungen der Schuldnerin dazu dienten, kurzfristig veräußert beziehungsweise je nach Liquiditätslage gekündigt zu werden, könnten sie als Umlaufvermögen auszuweisen gewesen sein. Entsprechendes gilt für die fondsgebundenen Lebensversicherungen und die Goldsparverträge (vgl. Kemsat/Wichmann, BB 2004, 2287, 2291). Die Unterscheidung ist von Bedeutung, weil gemäß § 253 HGB für Gegenstände im Anlagevermögen und Gegenstände des Umlaufvermögens unterschiedliche Bewertungsvorschriften gelten. Für Umlaufvermögen ist im Gegensatz zum Anlagevermögen das strenge Niederstwertprinzip anzuwenden (§ 253 Abs. 4 HGB; Müller in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 247 HGB Rn. 281). Der niedrigere Wert ergibt sich dabei aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag (§ 253 Abs. 4 Satz 1 HGB). Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, welcher den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist, ist auf diesen Wert abzuschreiben (§ 253 Abs. 4 Satz 2 HGB). Danach besteht – nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden klägerischen Vortrag – die Möglichkeit, dass die Kapitallebensversicherungen auf den Rückkaufwert oder den am Markt für „gebrauchte“ Lebensversicherungen erzielbaren Preis hätten abgeschrieben werden müssen, die fondsgebundenen Lebensversicherungen auf den Depotwert und die Goldsparpläne auf den Goldwert (vgl. Kemsat/Wichmann, aaO S. 2292; zur Bilanzierung der Goldsparverträge vgl. OLG Dresden, Urteil vom 13. Februar 2020 – 8 U 897/18, nv, anhängig beim Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen II ZR 56/20).
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Da es bei der Zuordnung eines Vermögensgegenstandes zum Anlage- oder Umlaufvermögen nach der Zweckbestimmung auch auf subjektive Kriterien ankommen kann, ist der Steuerberater bei der Erstellung des Jahresabschlusses auf die Auskünfte des Kaufmanns angewiesen, um entscheiden zu können, ob Vermögensgegenstände dem Anlage- oder dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind. Dies gilt für alle Bewertungsfragen, die der Steuerberater – im Zusammenwirken mit dem Auftraggeber – klärt und bei offenen Fragen – nach Aufklärung über die damit zusammenhängende Problematik – eine Entscheidung des Mandanten herbeiführt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 – IX ZR 285/14, BGHZ 213, 374 Rn. 19; Gräfe in Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 7. Aufl., Rn. 422; vgl. für die Steuererklärung BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 – IX ZR 255/90, BGHZ 115, 382, 387 f). Soweit daher vorliegend der Steuerberater für die Zuordnung der Vermögensgegenstände zum Anlage- oder Umlaufvermögen im Hinblick auf die Zweckbestimmung bei den für die Schuldnerin verantwortlich Handelnden nachgefragt hat, liegt deren Kenntnis von den Umständen nahe, welche die Zuordnung zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen begründeten. Das bedeutet nicht, dass ihnen die unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe des § 253 HGB im Einzelnen bekannt gewesen sind, wenn sie der Steuerberater über diese nicht informiert hat. Doch reicht es für die Parallelwertung in der Laiensphäre aus, wenn sie wussten, dass die Lebensversicherungen und die Goldsparverträge/das Gold nur dann den bilanzierten Wert besaßen, wenn sie langfristig im Vermögen der Schuldnerin gehalten würden. So kann der Fall liegen.
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Der Kläger hat das Konzept der Schuldnerin dahingehend beschrieben, dass diese zunächst Lebensversicherungspolicen aufkaufen und so lange als Versicherungsnehmerin weiterführen wollte, bis sie den inneren Wert der Versicherungen realisieren konnte (garantierte Versicherungssumme zuzüglich Überschussbeteiligung). Dieses Konzept setzte jedoch voraus, dass die Schuldnerin die Versicherungen bis zum Eintritt des Versicherungsfalls (im Regel der Erlebensfall), mithin langfristig, weiterführte. Jede Kündigung einer Lebensversicherung zu einem Zeitpunkt, zu dem der Rückkaufwert unter dem Anschaffungswert lag, führte zu einem Verlust. Haben die für die Schuldnerin verantwortlich Handelnden das Konzept aufgegeben, die „gebrauchten“ Lebensversicherungen bis zum Eintritt des Versicherungsfalls weiterzuführen, sondern sollten diese nach Liquiditätslage der Schuldnerin unabhängig von entstehenden Verlusten kurzfristig gekündigt werden, war den verantwortlich Handelnden auch bekannt, dass der mit den Anschaffungskosten (Kaufpreis und nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe der zu aktivierenden Aufwendungen; vgl. dazu Kemsat/Wichmann, BB 2004, 2287, 2291 f) in der Bilanz ausgewiesene Wert unrichtig war.
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Entsprechendes gilt für die fondsgebundenen hochvolumigen Lebensversicherungen, welche die Schuldnerin als Versicherungsnehmerin, und für die Goldsparverträge, welche die Schuldnerin unter Leistung einer einmaligen hohen Gebühr abgeschlossen hat. Wenn die für die Schuldnerin verantwortlich Handelnden wussten, dass die Lebensversicherungen schon nach kurzer Zeit gekündigt und die Goldsparverträge nach kurzer Zeit aufgelöst werden sollten, kann ihnen bewusst geworden sein, dass die mit den hohen Anschaffungskosten bilanzierten Vermögensgegenstände nicht den bilanzierten Wert besaßen. Bei den Goldsparverträgen war nach klägerischem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag zu wenig Gold angespart, als dass damit – auch unter Berücksichtigung der Steigerung des Goldwerts – die hohen Gebühren hätten ausgeglichen werden können. Der Wert der fondsgebundenen Lebensversicherungen überstieg nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag bei einer vorzeitigen Kündigung ebenfalls nicht die Abschlusskosten. Dann war den für die Schuldnerin verantwortlich Handelnden unter Berücksichtigung der Parallelwertung in der Laiensphäre möglicherweise klar, dass die auf den hohen Werten basierenden Jahresabschlüsse fehlerhaft waren.
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(bb) Die Forderungen auf Zahlung der vereinbarten ratierlich auszuzahlenden Provisionen gegen den Lebensversicherer wegen der Vermittlung der hochvolumigen Lebensversicherungen an Unternehmen der I. waren dem Umlaufvermögen zuzuordnen (vgl. Müller in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 247 HGB Rn. 13; Faaß/Kursatz in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht, 2. Aufl., § 247 HGB Rn. 64; vgl. für die Steuerbilanz und stornobehaftete Maklerprovisionen BFH, Urteil vom 29. August 2018 – XI R 32/16, FR 2019, 276 Rn. 27, 38). Deswegen hätten sie gemäß § 253 Abs. 4 Satz 2 HGB auf den Wert abgeschrieben werden müssen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen war. Die Forderungen waren wegen des – revisionsrechtlich zu unterstellenden – hohen Risikos, dass die Versicherungsnehmer die Prämienzahlungen, von denen die Zahlung der jeweiligen Provisionsraten abhing, nicht würden leisten können, zweifelhafte Forderungen und hätten mit dem wahrscheinlichen Wert angesetzt werden müssen (vgl. Marx in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht, 2. Aufl., § 253 HGB Rn. 176 ff; Müller in Baetge/Kirsch/Thiele, aaO Rn. 146).
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Auch diese Bilanzierungsregeln mussten die für die Schuldnerin verantwortlich Handelnden nicht in allen Einzelheiten kennen. Für die Parallelwertung in der Laiensphäre reicht es aus, dass sie wussten, dass die Auszahlung der für die Vermittlung verdienten hohen Provisionsraten davon abhängig war, dass der vermittelte Versicherungsnehmer, eine Gesellschaft der I. , für die Dauer der Zahlung der Provisionsraten monatlich die hohen Versicherungsprämien zahlte. Wenn sie darüber hinaus wussten, dass der Versicherungsnehmer die Prämien voraussichtlich nicht über den (langen) Zeitraum der Provisionszahlungen werde aufbringen können, wussten sie auch, dass der Provisionsanspruch der Schuldnerin gegen den Versicherer zweifelhaft war. Dann aber wussten sie in einer Parallelwertung in der Laiensphäre, dass die Bilanzierung des Provisionsanspruchs in voller Höhe ohne jede Abschreibung fehlerhaft war und den tatsächlichen Wert des Anspruchs nicht wiedergab.
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(cc) Das Berufungsgericht hat den vorgelegten Urkunden und dem durch die Aussage des Zeugen P. unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers kein Indiz für die Kenntnis der Schuldnerin von der Nichtschuld entnommen. Da das Berufungsgericht bei dieser Würdigung für entscheidend hält, ob die für die Schuldnerin handelnden Personen wussten, wie rechtstechnisch die Geschäftstätigkeit der Schuldnerin zu bilanzieren gewesen sei, ist die Beweiswürdigung jedoch unvollständig und trägt deswegen den Schluss des Berufungsgerichts nicht, der Kläger habe nicht bewiesen, die Schuldnerin beziehungsweise die für sie verantwortlich handelnden Personen hätten Kenntnis von der etwaigen Nichtschuld im Sinne von § 814 BGB gehabt.
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(b) Das Berufungsgericht hätte den von ihm als wahr unterstellten Umstand, dass die Schuldnerin nach den Behauptungen des Klägers in den maßgeblichen Geschäftszweigen bewusst ein betrügerisches Schneeballsystem betrieben hat, bei der Würdigung nicht in Gänze außer Acht lassen dürfen. Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Schneeballsystem sage für sich genommen nichts darüber aus, ob lediglich (fingierte) Scheingewinne im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erwirtschaftet würden, ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig.
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Zwar trifft es zu, dass ein Unternehmen, welches ein Schneeballsystem betreibt und von den Neuanlegern Geld einsammelt, um es wieder an die Altanleger als Zinsen auszuzahlen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2021 – III ZR 7/20, NJW 2021, 1759 Rn. 16), so lange nicht „defizitär“ arbeitet, wie die neu eingeworbenen Gelder zur Begleichung der Zins- und Rückzahlungsverpflichtungen ausreichen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 – IX ZR 198/13, NZI 2015, 222 Rn. 14). Diese Überlegungen beziehen sich jedoch allein auf die Liquidität des Unternehmens, seine (drohende) Zahlungsunfähigkeit. Dem Umstand, dass ein solches Unternehmen so lange nicht zahlungsunfähig ist, wie es ausreichend Gelder von Neuanlegern einsammeln kann, ist keine Bedeutung für die Frage beizumessen, ob ein solches Unternehmen Gewinne erwirtschaftet.
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Auch trifft es zu, dass allein die Behauptung, ein Schuldner betreibe ein Schneeballsystem, nichts darüber aussagt, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 134 InsO verwirklicht sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2021 – IX ZR 157/20 Rn. 11 ff, zVb), weil es „das“ Schneeballsystem nicht gibt, sondern es in Varianten auftritt und nach den wirksamen vertraglichen Vereinbarungen trotz des Schneeballsystems Ansprüche der Vertragspartner bestehen können. Wenn jedoch ein Schuldner, der seinen Vertragspartnern gewinnabhängige Ausschüttungen schuldet, weiß, dass er nur von den Anlegern Geld einsammelt und keine eigene Geschäftstätigkeit entfaltet, weiß er auch, dass er keine Gewinne erwirtschaftet und Jahresabschlüsse, welche für ihn dennoch Gewinne ausweisen, fehlerhaft sind, weil es sich um Totalfälschungen handelt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 1; vom 18. Juli 2013 – IX ZR 198/10, NJW 2014, 305 Rn. 1). Ein Schuldner, der weiß, dass er zwar in einem geringen Umfang eine gewinnbringende Geschäftstätigkeit entfaltet, aber im Übrigen von den Neuanlegern Gelder einsammelt, um aus dem eingesammelten Geld an die Altanleger über die tatsächlich erwirtschafteten Gewinne hinausgehende Scheingewinne auszuzahlen, weiß, dass die über die tatsächlich erwirtschafteten Gewinne weitere Gewinne ausweisenden Jahresabschlüsse fehlerhaft sind, weil sie – wenn es sich um keine Fälschungen handelt – unzulässige Bewertungen enthalten, wie vorliegend der Kläger behauptet.
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Nach diesen Maßstäben hat ein Schuldner deswegen Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund, wenn er weiß, dass er keine Gewinne, sondern im Gegenteil Verluste erwirtschaftet und ein betrügerisches Schneeballsystem betreibt, er also weiß, dass er an die Genussrechtsinhaber statt der versprochenen Gewinne und Dividenden lediglich Scheingewinne und Scheindividenden aus den Einzahlungen von ihm getäuschter Geldgeber auszahlt. Denn dann weiß er, dass die vereinbarten Voraussetzungen für die Ausschüttung von Gewinnbeteiligung und Dividende nicht vorliegen und die Genussrechtsinhaber keine Ansprüche auf die Ausschüttungen gegen ihn haben. Dagegen spricht nicht, dass die festgestellten Jahresabschlüsse fälschlich Gewinne und keine Jahresfehlbeträge ausweisen und von einem Wirtschaftsprüfer bestätigt worden sind. Denn der Schuldner hat aufgrund seiner Kenntnis, dass er nur noch Verluste erwirtschaftet und das eingeworbene Kapital ganz oder aber zu einem großen Teil benutzen muss, um die alten Genussrechtsinhaber zu bezahlen, auch Kenntnis davon, dass die streitgegenständlichen Jahresabschlüsse fehlerhaft sind und keine Grundlage für die vereinbarten Ausschüttungen darstellen können (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234 Rn. 31).
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dd) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, die Leistungen der Schuldnerin an den Beklagten seien nicht deswegen unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO, weil die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB eingriffe. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Voraussetzungen dieser Regelung nicht vorliegen. Die Norm schließt die Rückforderung einer Leistung nicht nur in den Fällen des § 817 Satz 1 BGB aus, sondern in allen Fällen einer Leistungskondiktion. Ihre Anwendung setzt voraus, dass der Leistende vorsätzlich verbotswidrig oder sittenwidrig gehandelt hat. Dem steht es gleich, wenn er sich der Einsicht in das Verbotswidrige oder Sittenwidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat. Die Bestimmung verkörpert den Grundsatz, dass bei der Rückabwicklung Rechtsschutz nicht in Anspruch nehmen kann, wer sich selbst durch gesetz- oder sittenwidriges Handeln außerhalb der Rechtsordnung stellt. Dabei bezieht sich das Rückforderungsverbot des § 817 Satz 2 BGB nur auf das, was aus den vom Gesetz missbilligten Vorgängen geschuldet wird. Dagegen lässt es Bereicherungsansprüche unberührt, die sich aus nicht zu beanstandenden Leistungen ergeben, selbst wenn sie demselben tatsächlichen Verhältnis entstammen (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234 Rn. 33 mwN).
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Die Ausschüttungen an den Beklagten hatten ihre Grundlage in dem nicht zu beanstandenden Genussrechtsvertrag. Auch wenn die vertraglichen Voraussetzungen für die Ausschüttungen nicht vorgelegen haben sollten und dem Geschäftsmodell der Schuldnerin ein betrügerisches Schneeballsystem von Anfang an oder zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Beklagten oder aber zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Ausschüttungen an den Beklagten zugrunde gelegen haben sollte, waren diese selbst weder verbots- noch sittenwidrig. § 817 Satz 2 BGB greift nicht ein, wenn die Rückgewähr von Leistungen begehrt wird, die an sich nicht zu beanstanden sind, aber in ein gesetz- oder sittenwidriges Gesamtverhalten eingebettet sind. Gerade das Bewirken der Leistung muss vom gesetzlichen Verbot oder vom Sittenwidrigkeitsurteil erfasst sein (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020, aaO Rn. 34).
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2. Soweit das Berufungsgericht einen etwaigen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB für verjährt gehalten hat, macht die Revision keine Einwendungen geltend. Insoweit ist ein Rechtsfehler auch nicht ersichtlich. Nach § 195 BGB verjährt der Bereicherungsanspruch in der regelmäßigen Frist von drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2020, aaO Rn. 36). Unangegriffen führt das Berufungsgericht aus, dass ein etwaiger Bereicherungsanspruch spätestens mit der letzten Ausschüttung im Jahr 2013 entstanden ist und die Schuldnerin die erforderliche Kenntnis im gleichen Jahr erlangt hat. Maßgeblich ist, wie das Berufungsgericht zutreffend sieht, bei einem Bereicherungsanspruch die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von Leistung und Bereicherung sowie vom Fehlen eines Rechtsgrunds, wobei es bei letzterem wiederum auf die Kenntnis der Tatsachen ankommt, aus denen dessen Fehlen folgt (jurisPK-BGB/Lakkis, 9. Aufl., § 199 Rn. 130 mwN). Nach der Feststellung des Berufungsgerichts waren den Organen der Schuldnerin schon vor dem Bekanntwerden des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Dresden vom 22. Oktober 2013 die Geschäftspraxis und alle Umstände positiv bekannt, aus denen sich ergab, dass die Schuldnerin bei zutreffender Bilanzierung keine Jahresüberschüsse erwirtschaftet hat. Die Einreichung der Klage im Jahr 2017 konnte mithin die Verjährung nicht mehr hemmen (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
IV.
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Das Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung kann der Senat nicht treffen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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Das Berufungsgericht wird die Frage, ob die für die Schuldnerin verantwortlich handelnden Personen wussten, dass keine Verpflichtung zur Zahlung von Basisdividenden und einer Übergewinnbeteiligung bestand, nach den dargestellten Maßstäben neu zu beurteilen haben. Da für das Bestehen einer solchen Verpflichtung die objektive Ertragslage der Schuldnerin maßgeblich ist und nicht der Inhalt der festgestellten Jahresabschlüsse, wird die Kenntnis der Schuldnerin von einer fehlenden Leistungspflicht kaum beurteilt werden können, wenn nicht zunächst festgestellt wird, ob und in welchem Umfang die Jahresabschlüsse – gegebenenfalls aufgrund von die bilanzrechtlich eingeräumten Bewertungsspielräume überschreitenden Bewertungen – unzutreffende, von der objektiven Ertragslage abweichende Jahresüberschüsse ausweisen.
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