BVerwG 10. Senat, Beschluss vom 17.07.2024, AZ 10 B 43/23, ECLI:DE:BVerwG:2024:170724B10B43.23.0
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 29. August 2023, Az: 4 L 13/23, Urteil
vorgehend VG Magdeburg, 22. Dezember 2021, Az: 9 A 3/20 MD, Urteil
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 29. August 2023 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1
Der Kläger, ein Wasser- und Abwasserverband, begehrt die Befreiung von der Aufgabe, eine im Außenbereich gelegene Bungalowsiedlung mit Trinkwasser zu versorgen.
2
Vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht blieb die Klage ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II
3
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung.
4
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt werden, dass und inwiefern diese Voraussetzungen vorliegen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 <91> und vom 26. März 2024 – 10 B 53.23 – juris Rn. 4). Daran fehlt es hier.
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1. Der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage,
„ob die der Allgemeinheit dienende Wasserversorgung als Aufgabe der Daseinsvorsorge im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 WHG auch die Errichtung von ’semizentralen‘ oder ‚dezentralen‘ Wasserversorgungsanlagen (…) umfasst“,
kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Sie lässt sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens mithilfe der üblichen Auslegungsregeln offensichtlich bejahen.
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Mit welchem Einrichtungszuschnitt die Kommunen ihrer Aufgabe der öffentlichen Trinkwasserversorgung nachkommen, gibt § 50 Abs. 1 WHG nicht vor. Für einrichtungsbezogene Vorgaben bieten weder der Wortlaut noch die Systematik, der Sinn und Zweck oder die Entstehungsgeschichte der Norm Anhaltspunkte. Sie lässt deshalb neben zentralen Wasserversorgungsanlagen auch Einrichtungen mit begrenzterer Reichweite innerhalb eines Ortes oder Verbandsgebiets zu.
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2. Der weiteren Fragestellung,
„ob die Vorschrift des § 50 Abs. 2 Satz 1 WHG dahingehend auszulegen ist, dass dem Vorrang der Versorgung aus ortsnahen Wasservorkommen dadurch Rechnung getragen werden kann, dass durch den Aufgabenträger ’semizentrale Brunnenanlagen‘ auf den zu versorgenden Grundstücken errichtet und betrieben werden“,
kommt mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung zu.
8
Die Frage geht zum einen am tatrichterlich festgestellten Sachverhalt insofern vorbei, als das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung, ob die öffentliche Trinkwasserversorgung der verfahrensgegenständlichen Bungalowsiedlung mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand im Sinne des § 70 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG LSA verbunden ist, nicht von einzelnen Brunnenanlagen auf den jeweils zu versorgenden Grundstücken, sondern von einer einheitlichen, semizentralen Brunnenanlage für die betroffenen Grundstücke ausgegangen ist.
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Zum anderen hat sich das Oberverwaltungsgericht bei seiner Prüfung, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Aufgabe der Versorgung mit Trinkwasser nach § 70 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG LSA gegeben sind, nicht auf die bundesrechtliche Regelung des § 50 Abs. 2 Satz 1 WHG gestützt. Es hat entscheidungstragend erkannt, dass die Befreiungsmöglichkeit nach § 70 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG LSA nicht an eine bestimmte Art der Trinkwasserversorgung anknüpft oder eine solche voraussetzt. Lediglich erläuternd hat es hierbei auf die Spiegelbildlichkeit der landesrechtlichen Vorschrift zum Grundsatz der öffentlichen Daseinsvorsorge gemäß § 50 WHG hingewiesen und dabei auf die Regelung des § 50 Abs. 2 Satz 1 WHG Bezug genommen, wonach der Wasserbedarf der öffentlichen Wasserversorgung regelmäßig vorrangig aus ortsnahen Wasservorkommen zu decken ist. Diese Möglichkeit der Art der Versorgung schränkten – so das Oberverwaltungsgericht weiter – die angewendeten landesrechtlichen Vorschriften über die öffentliche Wasserversorgung gemäß §§ 70 bis 72 WG LSA – vorliegend maßgeblich § 70 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG LSA – jedoch nicht auf bestimmte Arten der Trinkwasserversorgung ein.
10
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.