Verhandlungstermin am 18. Dezember 2025 um 10:00 Uhr in Sachen I ZR 129/25 (Besichtigungsanfrage für Mietwohnung) (Pressemeldung des BGH)

Verhandlungstermin am 18. Dezember 2025 um 10:00 Uhr in Sachen I ZR 129/25 (Besichtigungsanfrage für Mietwohnung)

Ausgabejahr2025
Erscheinungsdatum14.10.2025

Nr. 186/2025

Der unter anderem für Maklerrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über einen Fall zu entscheiden, in dem einem Immobilienmakler vorgeworfen wird, eine Mietinteressentin bei der Wohnungssuche aufgrund ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert zu haben.

Sachverhalt:

Der Beklagte betreibt ein Maklerbüro. Im November 2022 bewarb sich die Klägerin unter Nennung ihres pakistanischen Vor- und Nachnamens mehrfach per Internetformular um einen Besichtigungstermin für eine der von dem Beklagten vermakelten Wohnungen. Auf sämtliche Anfragen erhielt die Klägerin eine Absage. Weitere von der Klägerin selbst oder auf ihre Veranlassung hin getätigte Besichtigungsanfragen unter ausländisch klingenden Namen blieben ebenfalls ohne Erfolg. Von der Klägerin initiierte Anfragen mit identischen Angaben zu Einkommen, Berufstätigkeit und Haushaltsgröße unter den Namen „Schneider“, „Schmidt“ und „Spieß“ hatten hingegen Erfolg und führten jeweils zum Angebot eines Besichtigungstermins.

Die Klägerin meint, sie habe allein wegen ihrer ethnischen Herkunft keinen Besichtigungstermin erhalten, und macht einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend. Sie nimmt den Beklagten auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung sowie auf Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 3.000 € sowie zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt.

Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Klägerin habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 3 AGG. Es lägen ausreichende Indizien im Sinne von § 22 AGG vor, die eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer ethnischen Herkunft vermuten ließen. Es sei ausgeschlossen, dass zufällig alle Anfragen unter pakistanischen Namen negativ und alle Anfragen unter deutschen Namen positiv beschieden worden seien, ohne dass eine Benachteiligung im Sinne von § 22 AGG vorgelegen hätte. Anhaltspunkte, die nach § 19 Abs. 3 AGG für eine Zulässigkeit der unterschiedlichen Behandlung sprechen könnten, seien nicht vorgetragen worden. Neben den jeweiligen Wohnungseigentümern sei im Streitfall auch der Beklagte als Makler Verpflichteter des Benachteiligungsverbots aus § 19 Abs. 1 und 2 AGG, weil die Vermieter ihm bei der Vermittlung der Wohnungen freie Hand gelassen hätten.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Vorinstanzen:

Amtsgericht Groß-Gerau – Urteil vom 17. Oktober 2023 – 61 C 57/23

Landgericht Darmstadt – Urteil vom 11. April 2025 – 24 S 92/23

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 1 AGG

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

§ 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG

(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:

(…)

8. den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.

§ 19 Abs. 2 und Abs. 3 AGG

(2) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft ist darüber hinaus auch bei der Begründung, Durchführung und Beendigung sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 unzulässig.

(3) Bei der Vermietung von Wohnraum ist eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig.

§ 21 Abs. 2 AGG

(2) Bei einer Verletzung des Benachteiligungsverbots ist der Benachteiligende verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Benachteiligende die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Benachteiligte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

§ 22 AGG

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Karlsruhe, den 14. Oktober 2025

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe

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