BGH 12. Zivilsenat, Beschluss vom 21.07.2021, AZ XII ZB 21/21, ECLI:DE:BGH:2021:210721BXIIZB21.21.0
§ 1378 Abs 1 BGB, § 1384 BGB, § 137 Abs 1 FamFG, § 137 Abs 2 S 1 FamFG, § 140 FamFG
Leitsatz
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG tritt der aus Scheidungs- und Folgesache bestehende Verbund kraft Gesetzes ein, ohne dass die Ehegatten hierüber disponieren können. Der Antrag, eine Folgesache entgegen §§ 137 Abs. 1, 142 Abs. 1 Satz 1 FamFG in einem isolierten Verfahren zu führen, ist daher für die Entstehung des Verbunds unbeachtlich (Fortführung des Senatsurteils vom 9. Januar 1991 – XII ZR 14/90, FamRZ 1991, 687).
Verfahrensgang
vorgehend OLG Karlsruhe, 29. Dezember 2020, Az: 18 UF 85/20
vorgehend AG Freiburg (Breisgau), 5. Mai 2020, Az: 52 F 2744/18
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 18. Zivilsenats – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 29. Dezember 2020 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Wert: 72.500 €
Von Rechts wegen
Gründe
I.
1
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Ehegatten während des anhängigen Scheidungsverfahrens wählen können, eine Folgesache nicht im Scheidungsverbund, sondern als isoliertes Verfahren zu betreiben.
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Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) hat mit einem am 11. Januar 2019 zugestellten Schriftsatz die Scheidung seiner mit der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) bestehenden Ehe beantragt. Nach Einholung von Auskünften zum Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht am 12. März 2020 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 28. April 2020 bestimmt. Am 14. April 2020 hat die Ehefrau beim Amtsgericht einen Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts gestellt. Nach Hinweis im Verhandlungstermin darauf, dass hinsichtlich dieses Antrags die Zweiwochenfrist des § 137 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FamFG nicht eingehalten sei, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 5. Mai 2020 die Ehescheidung ausgesprochen, den Versorgungsausgleich durchgeführt und das Verfahren zum nachehelichen Unterhalt „nach § 145 ZPO“ abgetrennt.
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Bereits am 21. Januar 2020 hatte der Ehemann beim Amtsgericht im Wege eines Stufenantrags „im Rahmen eines isolierten Verfahrens“ die Zahlung von Zugewinnausgleich „ab Rechtskraft der Scheidung (…)“ geltend gemacht. Die Ehefrau hat den Auskunftsanspruch in dem isoliert geführten Güterrechtsverfahren anerkannt. Daraufhin hat das Amtsgericht sie ebenfalls mit Beschluss vom 5. Mai 2020 mit einem Teil-Anerkenntnisbeschluss ihrem Anerkenntnis gemäß zur Auskunftserteilung verpflichtet.
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Auf die gegen den Beschluss zu Scheidung, Versorgungsausgleich und Abtrennung des Unterhaltsverfahrens eingelegte Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht diese Entscheidung aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen.
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Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
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Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
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Der zweifellos vor Eingreifen der Zweiwochenfrist des § 137 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FamFG anhängig gemachte Güterrechtsantrag des Ehemanns sei seinem Wortlaut nach in der Zahlungsstufe auf eine Entscheidung für den Fall der Scheidung gerichtet und offensichtlich auf § 1378 Abs. 1 BGB iVm § 1384 BGB gestützt. Es finde sich kein Anhaltspunkt, dass der Ehemann einen Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich nach § 1385 Nr. 4 BGB geltend machen wolle. Mithin sei der Stufenantrag mit seiner Einreichung in den Scheidungsverbund einbezogen worden. Weder der entgegenstehende Wille des Ehemanns noch die entgegenstehende Handhabung durch das Amtsgericht habe hieran etwas zu ändern vermocht. Auf den Verbund sei es auch ohne Einfluss, dass das Amtsgericht auf der ersten Stufe rechtskräftig über den Auskunftsanspruch entschieden habe, wozu es auch im Verbund berechtigt gewesen sei.
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Da zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2020 einerseits ein umfassender Verbund bestanden habe und andererseits im Güterrechtsverfahren Entscheidungsreife nicht gegeben gewesen sei, habe dieser Termin auch nicht den Lauf der Zweiwochenfrist des § 137 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FamFG in Gang setzen können. Der Unterhaltsantrag der Ehefrau sei deswegen rechtzeitig eingegangen, um ebenfalls in den Scheidungsverbund zu fallen. Daran ändere auch die vom Amtsgericht ausgesprochene Abtrennung des Unterhaltsverfahrens nichts. Sie sei als nicht selbständig anfechtbare Zwischenentscheidung auf die Beschwerde der Ehefrau zu überprüfen und könne schon deshalb keinen Bestand haben, weil das – vermeintliche – Versäumen der Zweiwochenfrist schon kraft Gesetzes zur Selbständigkeit des Unterhaltsverfahrens geführt hätte und eine Abtrennung daher nicht erforderlich gewesen sei. Überdies sei die Frist nicht versäumt.
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Soweit der Ehemann im Beschwerdeverfahren erklärt habe, den Güterrechtsantrag für den Fall zurückzunehmen, dass diese Rücknahme zur Zurückweisung der Beschwerde führe, gehe das ins Leere. Denn das von der Ehefrau eingeleitete Unterhaltsverfahren bleibe anhängig. Im Übrigen komme eine bedingte Rücknahme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Rücknahme dem noch zuständigen Amtsgericht gegenüber zu erklären sei, sie aber von der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts und damit eines anderen Gerichts abhängig gemacht werden solle. Daher stünden sowohl das Verfahren über den Güterrechts-Stufenantrag des Ehemanns als auch das Verfahren über den Antrag der Ehefrau zum nachehelichen Unterhalt im Verhandlungs- und Entscheidungsverbund mit dem Ehescheidungsverfahren, so dass es sich bei der angefochtenen Entscheidung um eine unzulässige Teilentscheidung handele.
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2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Oberlandesgericht hat die angefochtene Entscheidung zu Recht aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen, weil dieses unter Verstoß gegen §§ 137 Abs. 1, 142 Abs. 1 Satz 1 FamFG trotz bestehenden Scheidungsverbunds eine unzulässige Teilentscheidung erlassen hat.
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a) Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG tritt der aus Scheidungs- und Folgesache bestehende Verbund kraft Gesetzes ein, ohne dass die Ehegatten hierüber disponieren können. Der Antrag, eine Folgesache entgegen §§ 137 Abs. 1, 142 Abs. 1 Satz 1 FamFG in einem isolierten Verfahren zu führen, ist daher für die Entstehung des Verbunds unbeachtlich.
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aa) Dies entspricht nicht nur der Senatsrechtsprechung zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 1991 – XII ZR 14/90 – FamRZ 1991, 687 f.). Es ist auch die – soweit ersichtlich – einhellige Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. etwa OLG München Beschluss vom 9. Februar 2017 – 12 WF 66/17 – juris Rn. 12; Borth/Grandel in Musielak/Borth FamFG 6. Aufl. § 137 Rn. 4 und 25; Johannsen/Henrich/Althammer/Markwardt Familienrecht 7. Aufl. § 137 FamFG Rn. 17; Löhnig in Bork/Jacoby/Schwab FamFG 3. Aufl. § 137 Rn. 2; MünchKommFamFG/Heiter 3. Aufl. § 137 Rn. 10; Schwamb in Bumiller/Harders/Schwamb FamFG 12. Aufl. § 137 Rn. 2; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 42. Aufl. § 137 FamFG Rn. 4; Wendl/Dose/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 10 Rn. 94 und 96). Soweit sich vereinzelt die Aussage findet, der Antragsteller könne wählen, ob er das Verfahren als Folgesache oder als selbständige Familiensache einleiten wolle (Haußleiter/Eickelmann FamFG 2. Aufl. § 137 Rn. 30), dürfte das – anders als das Oberlandesgericht und die Rechtsbeschwerde meinen – nicht einer anderen Auffassung geschuldet sein. Vielmehr trägt es dem Umstand Rechnung, dass außerhalb des für bestimmte Versorgungsausgleichssachen gemäß § 137 Abs. 2 Satz 2 FamFG bestehenden Zwangsverbunds der jeweilige Antragsteller in den in § 137 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 FamFG aufgezählten vermögensrechtlichen Sachen entscheiden kann, ob er sie während der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens oder erst nach dessen rechtskräftigem Abschluss gerichtlich geltend macht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 10. März 2005 – XII ZB 20/04 – FamRZ 2005, 786, 788).
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bb) Der zwingende Charakter der gesetzlichen Regelungen zum Verbund von Scheidungs- und Folgesachen und der sich daraus ergebende Ausschluss der Möglichkeit, eine der von § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG erfassten vermögensrechtlichen Sachen während des laufenden Scheidungsverfahrens außerhalb des Verbunds beim Gericht der Scheidung zu betreiben, ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut sowie der Gesetzessystematik und steht im Einklang mit Sinn und Zweck des Gesetzes.
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(1) Nach der Bestimmung des § 137 Abs. 1 FamFG ist über Scheidung und Folgesachen zusammen zu verhandeln und zu entscheiden, wobei § 142 Abs. 1 Satz 1 FamFG klarstellt, dass im Fall der Scheidung über sämtliche im Verbund stehenden Familiensachen durch einheitlichen Beschluss zu entscheiden ist. Dabei sind gemäß § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG unter anderem Güterrechtssachen Folgesachen, wenn eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und die Familiensache spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache von einem Ehegatten anhängig gemacht wird. Mithin sieht der Gesetzestext insoweit weder ein gerichtliches Ermessen noch eine Wahlmöglichkeit vor, sondern ordnet sowohl die Einordnung als Folgesache als auch den sich daraus ergebenden Verbund zwingend an.
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(2) Dass es in den Fällen des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG keines auf die Herstellung des Verbunds gerichteten Antrags bedarf, sondern dieser zwingend von Gesetzes wegen eintritt, folgt darüber hinaus zum einen aus der Sonderregelung für die in § 137 Abs. 3 FamFG genannten Kindschaftssachen. Anders als die vermögensrechtlichen Verfahren im Sinne des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG werden sie nur dann als Folgesache Bestandteil des Verbunds, wenn ein Ehegatte vor Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache die Einbeziehung beantragt und das Gericht diese nicht für nicht sachgerecht hält. Mithin hat der Gesetzgeber die Fälle, in denen ein entsprechendes Wahlrecht bestehen soll, auch ausdrücklich geregelt.
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Zum anderen werden Verfahren, die die Voraussetzungen von § 137 Abs. 2 oder 3 FamFG erfüllen, im Falle ihrer Verweisung oder Abgabe nicht erst auf Antrag, sondern nach § 137 Abs. 4 FamFG bereits mit Anhängigkeit bei dem Gericht der Scheidungssache zu Folgesachen. Damit korrespondierend ordnet das Gesetz in §§ 153, 202, 233 und 263 FamFG für Kindschafts-, Ehewohnungs- und Haushalts-, Unterhalts- und Güterrechtssachen an, dass sie von Amts wegen an das Gericht der Ehesache abzugeben sind, sobald eine Ehesache rechtshängig wird. Schließlich hat der Gesetzgeber in § 140 FamFG nur für ganz bestimmte Fallgestaltungen die Abtrennung einer Folgesache und damit die Aufhebung des Verbunds zugelassen.
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(3) Dieses Normverständnis entspricht zudem Sinn und Zweck des Gesetzes.
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Der mit dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 (BGBl. I S. 1421) eingeführte Scheidungsverbund sollte dazu führen, dass der Ausspruch zur Scheidung möglichst nicht ohne Regelung der wichtigsten Scheidungsfolgen ergeht (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 61; Senatsurteil vom 9. Januar 1991 – XII ZR 14/90 – FamRZ 1991, 687). Ziel des Gesetzgebers war, dass mit der Ehescheidung auch die Scheidungsfolgen zwischen den Ehegatten geklärt sind und die Ehegatten sich einem neuen Lebensweg zuwenden können, ohne immer wieder Auseinandersetzungen wegen ihrer früheren Ehe gewärtigen zu müssen. Durch die Konfrontation mit den Scheidungsfolgen sollte den Ehegatten bereits während des Scheidungsverfahrens vor Augen geführt werden, welche tatsächlichen Auswirkungen ihre Trennung hat, was übereilten Scheidungen vorbeugen könne. Zugleich liege in der Möglichkeit der Verknüpfung des Scheidungsausspruchs mit den Folgeregelungen ein wichtiger Schutz des Ehegatten, der an der Ehe festhalten wolle, insbesondere auch des sozial schwächeren Partners, wenn er sich der Scheidung selbst nicht mit Erfolg widersetzen könne. Er könne die ihm zustehenden Rechte bereits im Zeitpunkt der Scheidung durchsetzen und so verhindern, dass ein Scheidungsausspruch ohne die nach Sachlage angemessene Sicherstellung seiner Rechte ergehe (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 85 f.; Senatsurteile vom 9. Januar 1991 – XII ZR 14/90 – FamRZ 1991, 687 f. und vom 9. Februar 1983 – IVb ZR 361/81 – FamRZ 1983, 461, 462). Hieran hat der Gesetzgeber mit § 137 FamFG nahtlos angeknüpft (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 229 f.).
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Diese Zielsetzung bedingt, dass es sich bei den Bestimmungen über den Verfahrensverbund um zwingende Vorschriften handelt, die nicht zur Disposition der Ehegatten stehen, auch wenn die Schutz- und Warnfunktion zugleich deren Interessen dient. Mithin ist den Ehegatten für die Verfahrensgegenstände des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG zwar freigestellt, ob sie sie während der Anhängigkeit der Scheidungssache gerichtlich geltend machen. Haben sie sich jedoch hierfür entschieden und die Frist des § 137 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FamFG gewahrt, können sie – anders als die Rechtsbeschwerde meint – auf die Verbundentscheidung als wesentlichen Teil des Verfahrens nicht verzichten. Legen sie auf eine Entscheidung im Verbund keinen Wert (mehr), so kommt nur die Rücknahme des jeweiligen Antrags nach den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 1991 – XII ZR 14/90 – FamRZ 1991, 687, 688).
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(4) Ohne Erfolg wendet die Rechtsbeschwerde hiergegen einerseits ein, in der Verfahrensrealität biete der Verbund ein hochwirksames Druckmittel, um denjenigen Ehepartner, der möglichst schnell geschieden werden wolle, zu Zugeständnissen zu bewegen. Denn eben dies ist notwendige Begleiterscheinung des – vom Gesetzgeber gewollten – Übereilungsschutzes und des Schutzes des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten davor, ohne verbindliche Regelung seiner Rechte geschieden zu werden.
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Andererseits kann die Rechtsbeschwerde auch nicht mit ihrer Erwägung durchdringen, der Verbund diene dem Schutz desjenigen Ehegatten, der seine Ansprüche gegenüber dem anderen durchsetzen wolle, hier also dem des den Zugewinnausgleich begehrenden Ehemanns; entscheide sich dieser gegen den Verbund, stehe das der ratio legis des § 137 FamFG nicht entgegen. Diese Argumentation verkennt jedoch den Gesetzeszweck schon deshalb, weil sie übersieht, dass auch der Anspruchsgegner durch den Verbund vor einer Scheidung ohne die Klärung bereits anhängiger vermögensrechtlicher Streitfragen und damit vor absehbaren gerichtlichen Auseinandersetzungen nach rechtskräftiger Scheidung geschützt werden soll.
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b) Das vom Ehemann eingeleitete Güterrechtsverfahren ist vom Scheidungsverbund umfasst.
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aa) Es handelt sich um eine Folgesache im Sinne des § 137 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 FamFG. Die auf die erstinstanzliche mündliche Verhandlung in der Scheidungssache bezogene Zweiwochenfrist ist unproblematisch gewahrt. Die vom Ehemann begehrte Entscheidung über den Zugewinn ist vorliegend auch „für den Fall der Scheidung“ zu treffen.
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Allerdings ist ein isoliert gestellter Auskunftsantrag nicht als Folgesache geeignet, weil über ihn als vorbereitenden Anspruch bereits vor der Scheidung befunden werden kann. Anders als der Anspruch auf Zahlung nach §§ 1378 Abs. 1, 1384 BGB setzt er die Ehescheidung nicht voraus. Demgegenüber ist ein – wie hier – Stufenantrag zum Zugewinnausgleich wegen des darin enthaltenen Zahlungsbegehrens als Folgesache tauglich (vgl. Senatsbeschluss vom 21. März 2012 – XII ZB 447/10 – FamRZ 2012, 863 Rn. 11, 30). Wie das Oberlandesgericht zutreffend – und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet – ausgeführt hat, ist der Antrag des Ehemanns auch nicht auf einen vorzeitigen Zugewinnausgleich nach § 1385 BGB gerichtet, über den ebenfalls unabhängig von der Scheidung und damit nicht als Folgesache zu entscheiden wäre. Vielmehr hat der Ehemann den Antrag auf Zugewinnausgleich ausdrücklich auf die Rechtskraft der Scheidung bezogen, Auskunft (auch) auf den für die Berechnung des Endvermögens nach §§ 1375, 1384 BGB maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags begehrt und eine vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach § 1386 BGB nicht verlangt.
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bb) Zu keiner anderen Beurteilung führt die von der Rechtsbeschwerde angestellte Überlegung, der Stufenantrag des Ehemanns zum Zugewinnausgleich sei dann, wenn man von einer zwingenden Folgesache ausgehe, wegen der Bedingung, ihn in einem isolierten Verfahren zu führen, unzulässig gewesen und deshalb nicht Bestandteil des Verbunds geworden.
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(1) Dem anwaltlichen Schriftsatz, mit dem der Ehemann den Stufenantrag gestellt hat, lässt sich bereits nicht entnehmen, dass er – unzulässiger Weise – nur dann gestellt sein soll, wenn das Amtsgericht bereit ist, ihn – verfahrensordnungswidrig – in einem isolierten Verfahren außerhalb des Verbunds zu führen. Eine solche Bedingung folgt insbesondere nicht daraus, dass der Antrag „im Rahmen eines isolierten Verfahrens“ gestellt wurde, zumal in der Begründung ausgeführt wird, der Antragsteller mache „als isoliertes Zugewinnausgleichsverfahren (…) nunmehr seine Auskunftsansprüche geltend.“ Die Entscheidung über die Auskunftsansprüche auf der ersten Stufe des Stufenantrags konnte entsprechend diesem Begehren unabhängig vom Ausspruch der Scheidung ergehen. Ein Hinweis darauf, dass der Ehemann entgegen den gesetzlichen Vorgaben auch den Zahlungsantrag nur außerhalb des Verbunds behandelt haben wollte, lässt sich dem aber nicht entnehmen.
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Deshalb bedarf keiner vertieften Erörterung, dass das Gericht im Zweifel gerade nicht von einem Antragsinhalt ausgehen darf, der zur Unzulässigkeit des Rechtsbegehrens führt, wenn dem Antrag auch ein zulässiger Inhalt beigegeben werden kann (vgl. etwa BGHZ 218, 139 = NJW 2018, 3448 Rn. 31 f. mwN und Senatsbeschluss vom 5. März 2008 – XII ZB 182/04 – FamRZ 2008, 1063 Rn. 12).
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(2) Davon unabhängig greift die Erwägung der Rechtsbeschwerde schon deshalb nicht durch, weil eine – unterstellte – Unzulässigkeit des zum Zugewinnausgleich gestellten Antrags nicht dazu führen würde, dass keine Folgesache im Sinne des § 137 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 FamFG gegeben wäre. Denn auch über die Unzulässigkeit einer rechtzeitig anhängig gemachten Güterrechtssache wäre nach §§ 137 Abs. 1, 142 Abs. 1 Satz 1 FamFG zusammen mit der Scheidung zu verhandeln und zu entscheiden.
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cc) Ebenso wenig kann der Ehemann aus der rechtsfehlerhaften Behandlung des Stufenantrags durch das Amtsgericht, das diesen offensichtlich als nicht zum Verbund gehörend angesehen hat, etwas herleiten, was seinen Rechtsstandpunkt stützt. Insbesondere konnte weder die unabhängig vom Vorliegen des Verbunds zutreffende Behandlung des Auskunftsbegehrens durch das Amtsgericht im Wege eines Teil-Anerkenntnisbeschlusses noch die den bestehenden Verbund nicht beachtende Verhandlung und Entscheidung in der Scheidungssache ein schützenswertes Vertrauen des Ehemanns dahingehend begründen, dass sein Stufenantrag zum Zugewinnausgleich entgegen den zwingenden verfahrensrechtlichen Vorgaben außerhalb des Verbunds in einem isolierten Verfahren geführt wird. Schließlich hat er – wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat – den Antrag auch nicht wirksam zurückgenommen.
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dd) Diesen bestehenden Verbund hat das Amtsgericht nicht durch eine Abtrennung der Güterrechtssache nach § 140 FamFG – deren Voraussetzungen nach § 140 Abs. 2 FamFG hier ohnehin nicht vorlagen – aufgelöst. Der hierfür gemäß § 140 Abs. 3 FamFG erforderliche gesonderte Beschluss liegt nicht in der Entscheidung über Scheidung und Versorgungsausgleich, bei der der Zugewinnausgleich keine Erwähnung findet.
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c) Mithin hat das Amtsgericht eine unzulässige Teilentscheidung zu Scheidung und Versorgungsausgleich getroffen. Das Oberlandesgericht hat den angefochtenen Beschluss verfahrensrechtlich zutreffend auf den entsprechenden Antrag der Ehefrau hin aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. März 2012 – XII ZB 447/10 – FamRZ 2012, 863 Rn. 27 und vom 5. Juni 2013 – XII ZB 427/11 – FamRZ 2013, 1300 Rn. 15 f.).
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Das gilt auch für die Aufhebung der Entscheidung über die Abtrennung der Unterhaltssache. Diese hatte das Amtsgericht auf § 145 ZPO gestützt. Mit Blick darauf, dass es die Einordnung der Unterhaltssache als Folgesache wegen der Annahme eines – rechnerisch richtig ermittelten (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 – XII ZB 427/11 – FamRZ 2013, 1300 Rn. 11 mwN) – Verstoßes gegen das Fristerfordernis des § 137 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FamFG verneint hatte, war dies folgerichtig; für eine Prüfung einer Abtrennung der Folgesache nachehelicher Unterhalt vom Verbund nach § 140 FamFG war aus Sicht des Amtsgerichts kein Raum. Ob dieses Vorgehen zutreffend war oder – wie das Oberlandesgericht meint – die Zweiwochenfrist des § 137 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FamFG mangels Entscheidungsreife der Folgesache Zugewinnausgleich nicht in Gang gesetzt wurde (so auch Keidel/Weber FamFG 20. Aufl. § 137 Rn. 19a) und der nacheheliche Unterhalt daher bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts über Scheidung und Versorgungsausgleich als Folgesache Bestandteil des Verbunds war, kann dahinstehen. Denn eine Abtrennung nach § 140 FamFG – für die im Übrigen auch keine Gründe ersichtlich sind – ist nicht erfolgt, so dass das Amtsgericht nach Zurückverweisung in jedem Fall auch die Folgesache nachehelicher Unterhalt (§ 137 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG) im Scheidungsverbund fortzuführen haben wird.
- Dose
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