BGH Senat für Notarsachen, Beschluss vom 19.07.2021, AZ NotZ (Brfg) 11/20, ECLI:DE:BGH:2021:190721BNOTZ.BRFG.11.20.0
§ 25 Abs 2 BNotO, § 12 NotV BW, § 36 VwVfG
Leitsatz
Zur Zulässigkeit von Auflage und Widerrufsvorbehalt bei der Genehmigung der Beschäftigung eines juristischen Mitarbeiters gemäß § 12 NotarVO BW, § 25 Abs. 2 BNotO.
Verfahrensgang
vorgehend OLG Stuttgart, 9. November 2020, Az: 1 Not 11/19
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. November 2020 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
A.
1
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen zu einer vom Beklagten dem Kläger erteilten Genehmigung zur Beschäftigung eines juristischen Mitarbeiters.
2
Der Kläger ist Notar in Baden-Württemberg mit dem Amtssitz S. Im Mai 2018 beantragte er, ihm die Beschäftigung des Württembergischen Notariatsassessors K. zu genehmigen. K. ist Alleingeschäftsführer-Gesellschafter einer GmbH sowie Gesellschafter von Personengesellschaften. Geschäftsgegenstand der GmbH ist ausweislich des Gesellschaftsvertrags die
„Verwaltung und das Halten eigenen Vermögens und Beteiligungen“ sowie
„die Gründung und der Erwerb von sowie die Beteiligung an Unternehmen, die Übernahme der Geschäftsführung dieser Unternehmen, die Verwaltung der Beteiligungen an Unternehmen, die Führung und Entwicklung des Konzerns und seiner Konzernunternehmen sowie die Erbringung (zentraler) Dienstleistungen innerhalb des Konzerns“. Seit 2009 erwarb K. teils persönlich, teils über „seine“ Gesellschaften mindestens 30 Immobilien in 13 im rund 25 Kilometer von S. entfernten A. gelegenen Objekten, davon allein drei im Jahr 2018.
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Unter dem 13. November 2018 unterzeichneten der Kläger und K. ein Papier mit folgendem Inhalt:
„Erklärungen in Bezug auf den Antrag auf
Genehmigung eines juristischen Mitarbeiters vom 22. Mai 2018
1. Vorbemerkung
Herr Notar [Kläger] hat am 22. Mai 2018 die Genehmigung nach § 12 NotarVO zur Beschäftigung des juristischen Mitarbeiters […] K[…] beantragt. In Bezug auf die Erteilung der Genehmigung bestehen auch seitens der Notarkammer Baden-Württemberg Bedenken, nachdem Herr K[…] als Alleingesellschafter der […] GmbH gewerblich Immobiliengeschäfte tätigt.
Durch die beantragte Mitarbeit des Herrn K[…] in den Kanzleiräumen des Notars besteht im Hinblick auf die Rechtssuchenden jedenfalls zum einen entgegen § 9 BNotO die Gefahr des
Anscheins einer unzulässigen Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung in gemeinsamen Geschäftsräumen sowie zum anderen entgegen § 14 Abs. 5 BNotO die Gefahr des
Anscheins einer Vermittlertätigkeit über Grundstücke durch den Notar bzw. Herrn K[…].
Zur Sicherstellung, dass dieser Anschein jeweils nicht entstehen kann, werden von Herrn Notar [Kläger]
(nachfolgend auch Notar genannt) und Herrn Württ. Notariatsassessor K[…] (nachfolgend auch Mitarbeiter genannt) die nachfolgenden Erklärungen abgegeben, zu deren Einhaltung sie sich jeweils verpflichten.
2. Erklärungen
a) Notar und Mitarbeiter verpflichten sich gegenüber der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde sowie der Notarkammer Baden-Württemberg dahingehend, dass der Mitarbeiter ausschließlich im ‚backoffice‘ des Notarbüros tätig sein wird und nach außen hin nicht in Erscheinung tritt. Er wird nicht in direkten Kontakt mit den Klienten treten, insbesondere nicht persönlich, telefonisch, per Fax oder E-Mail. Eine Übernahme von Besprechungsterminen durch den Mitarbeiter wird daher unterbleiben.
b) Der Notar erklärt gegenüber der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde sowie der Notarkammer Baden-Württemberg, dass nicht beabsichtigt ist, einen Antrag auf Vertretung des Notars durch den Mitarbeiter zu stellen.
c) Der Mitarbeiter verpflichtet sich gegenüber dem Notar, der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde sowie der Notarkammer Baden-Württemberg, dass weder er noch von ihm zu vertretende Gesellschaften, an denen er mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist, Verträge abschließen mit Personen, die zum Kreis der Klienten des Notars gehören oder die die Inanspruchnahme notarieller Dienste des Notars bereits angefragt bzw. in Aussicht gestellt haben.
d) Dem Notar und Mitarbeiter ist bewusst, dass ein Verstoß gegen eine Verpflichtung unter lit. a) bis c) den Widerruf der Genehmigung nach sich ziehen kann.
[…]“
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Unter dem 23. November 2018 sicherte K. darüber hinaus zu, keinen gewerblichen Immobilienhandel zu betreiben und seine Tätigkeit als juristischer Mitarbeiter des Klägers nicht für Zwecke seiner Nebentätigkeit zu nutzen, mithin also ihm in seiner Eigenschaft als juristischer Mitarbeiter des Klägers bekannt gewordene Umstände nicht für die Akquisition oder Durchführung von Grundstücksgeschäften im eigenen Interesse zu nutzen.
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Mit Bescheid vom 30. November 2018 genehmigte der Beklagte die Beschäftigung des K. verbunden mit der Auflage der Einhaltung der in der Erklärung vom 13. November 2018 unter Ziffer 2 a) bis c) abgegebenen Verpflichtungen. Nachdem der Kläger daraufhin im Januar 2019 beim Beklagten beantragt hatte, ihm die Beschäftigung des K. in der Weise zu genehmigen, dass nur die Erklärungen vom 23. November 2018, nicht aber die Erklärungen vom 13. November 2018 durch eine Auflage in die Genehmigung einbezogen werden, und er im Juni 2019 zudem Klage gegen die bisherigen Nebenbestimmungen erhoben hatte, änderte der Beklagte mit Bescheid vom 12. Juli 2019 die Nebenbestimmungen zur erteilten Genehmigung. Unter Abänderung des Bescheids vom 30. November 2018 versah er die Genehmigung zur Beschäftigung des K. nunmehr ausschließlich mit der Auflage, dass der Kläger keine Beurkundungen von Grundstücksgeschäften vornehme, an denen der juristische Mitarbeiter K. oder von ihm zu vertretende Gesellschaften als Vertragspartei beteiligt seien. Zudem behielt sich der Beklagte vor, die erteilte Genehmigung zu widerrufen, wenn K. die in seiner Erklärung vom 23. November 2018 getätigten Zusicherungen nicht einhalte. Zur Begründung der neuen Nebenbestimmungen verwies der Beklagte insbesondere auf eine im Falle der schrankenlosen Beschäftigungsgenehmigung zumindest abstrakten Gefahr des Anscheins von Abhängigkeit und Parteilichkeit. Wie der Notar dürfe – so der Beklagte – auch dessen Mitarbeiter zur Wahrung der Unabhängig- und Unparteilichkeit keine eigenen wirtschaftlichen Interessen mit den zugrundeliegenden Geschäften verfolgen.
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Mit seiner nach Erlass des Bescheids vom 12. Juni 2019 geänderten Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der in diesem Bescheid enthaltenen Nebenbestimmungen zur Genehmigung vom 30. November 2018. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.
B.
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Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
8
I. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei als Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet. Auflage und Widerrufsvorbehalt seien formell und materiell rechtmäßig.
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Insbesondere seien beide Nebenbestimmungen nicht schon deshalb formell rechtswidrig, weil der Beklagte sie nachträglich erlassen habe, obwohl weder § 36 Abs. 2 VwVfG noch § 25 Abs. 2 BNotO oder § 12 Abs. 6 NotarVO BW dies zuließen und die nachträgliche Anordnung von Nebenbestimmungen grundsätzlich einer speziellen Ermächtigung bedürfe. Denn die nachträglichen Nebenbestimmungen stellten sachlich eine teilweise Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsaktes verbunden mit einem teilweisen Neuerlass dar, wobei die Aufhebung der ursprünglichen Nebenbestimmungen durch Rücknahme oder Widerruf vom Kläger nicht nur ausdrücklich begehrt worden sei, sondern auch gemäß § 48 Abs. 1, § 49 Abs. 1 VwVfG zulässig gewesen sei.
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Auch seien beide Nebenbestimmungen materiell rechtmäßig. So stehe der Auflage, keine Grundstücksgeschäfte zu beurkunden, an denen K. beteiligt sei, nicht entgegen, dass der Kläger einen – gebundenen – Anspruch auf Erlass einer nebenbestimmungsfreien und somit schrankenlosen Genehmigung hätte. Vielmehr stehe der Erlass von Nebenbestimmungen im Sinne von § 36 Abs. 2 VwVfG im Ermessen des Beklagten. Dieses Ermessen habe der Beklagte auch rechtsfehlerfrei ausgeübt. Weder sei es dahingehend auf null reduziert gewesen, dass eine Auflage unzulässig wäre, noch habe der Beklagte sein Ermessen nicht gebraucht oder auf unzureichender Tatsachengrundlage oder sonst fehlerhaft, insbesondere zweckwidrig oder unverhältnismäßig ausgeübt.
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Auch der Widerrufsvorbehalt sei nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil der Kläger einen – gebundenen – Anspruch auf Erlass der beantragten Genehmigung hätte, noch deshalb, weil der Vorbehalt nicht der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Genehmigung, sondern lediglich der Vorbeugung ihres nachträglichen Wegfalls diene. Auch sei er nicht unzumutbar; denn ohne den Vorbehalt wäre die Genehmigung nicht zu erteilen gewesen.
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Zuletzt führe auch die Verbindung von Auflage und Widerrufsvorbehalt nicht dazu, dass die Nebenbestimmungen rechtswidrig wären.
13
II. Dem Kläger gelingt es nicht, hiergegen einen durchgreifenden Grund für die Zulassung der Berufung darzulegen (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 BNotO).
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1. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger zunächst auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 BNotO. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass der Antragsteller im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt; die Zweifel müssen dabei auch die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (vgl. etwa Senat, Beschlüsse vom 22. März 2021 – NotSt (Brfg) 4/20, WM 2021, 1255 Rn. 7; vom 23. April 2018 – NotZ (Brfg) 6/17, NJW 2018, 2567 Rn. 11; vom 23. November 2015 – NotSt (Brfg) 5/15, DNotZ 2016, 311 Rn. 5; vom 20. Juli 2015 – NotZ (Brfg) 12/14, DNotZ 2015, 872 Rn. 19; jeweils mwN). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar überzeugen die vom Kläger im Rahmen seiner Antragsbegründung angegriffenen Erwägungen des Oberlandesgerichts nicht in jeder Hinsicht. Jedoch stellen die in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung enthaltenen Angriffe des Klägers die Rechtsmäßigkeit der streitgegenständlichen Nebenbestimmungen zur Genehmigung im Ergebnis nicht in Frage.
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a) Gegen die Annahme des Oberlandesgerichts, die streitgegenständlichen Nebenbestimmungen seien nicht schon deshalb (formell) rechtswidrig, weil der Beklagte sie nachträglich erlassen habe, wendet sich der Kläger in seiner Antragsbegründung nicht.
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b) Soweit der Kläger rügt, die Beifügung einer Nebenbestimmung zu einer Genehmigung im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 NotarVO BW stehe entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht im Ermessen des Beklagten, trifft dies so nicht zu. Denn unabhängig davon, ob sich die Zulässigkeit solcher Nebenbestimmungen – wie der Kläger meint – nach § 36 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit § 64a Abs. 1 BNotO oder – wie das Oberlandesgericht angenommen hat – nach § 36 Abs. 2 VwVfG in Verbindung mit § 64a Abs. 1 BNotO richtet, steht dem Beklagten bei der Entscheidung über die Beifügung von Nebenbestimmungen zum Hauptverwaltungsakt grundsätzlich ein Entschließungs- und Auswahlermessen zu; dies gilt insbesondere auch für Absatz 1 (vgl. Kopp/Ramsauer/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 36 Rn. 44). Dass § 36 Abs. 1 VwVfG die Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen bei gebundenen Verwaltungsakten enger fasst als die Vorschrift des § 36 Abs. 2 VwVfG, die die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen zum Ermessensverwaltungsakt regelt, ändert daran nichts.
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c) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im oben dargelegten Sinne ergeben sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus, dass das Oberlandesgericht die Zulässigkeit der im Streit stehenden Nebenbestimmungen an § 36 Abs. 2 VwVfG und nicht an § 36 Abs. 1 VwVfG gemessen hat.
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aa) Im Ausgangspunkt teilt der erkennende Senat allerdings die Einschätzung des Klägers, die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nebenbestimmungen richte sich nach § 36 Abs. 1 VwVfG und nicht – wie das Oberlandesgericht angenommen hat – nach § 36 Abs. 2 VwVfG.
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(1) Ob sich die Zulässigkeit einer Nebenbestimmung nach § 36 Abs. 1 VwVfG oder § 36 Abs. 2 VwVfG bestimmt, ist davon abhängig, ob es sich beim Hauptverwaltungsakt, hier also bei der Genehmigung, um eine gebundene Entscheidung, dann Absatz 1, oder eine Ermessensentscheidung, dann Absatz 2, handelt (vgl. nur Kopp/Ramsauer/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 36 Rn. 7).
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(2) Bei der nach § 12 Abs. 2 NotarVO BW zu treffenden Entscheidung über die Genehmigung der Beschäftigung eines juristischen Mitarbeiters handelt es sich um eine gebundene Entscheidung (vgl. Diehn, BNotO, 2. Aufl. § 25 Rn. 33). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, nach dem die Genehmigung der Beschäftigung zu erteilen
„ist“, wenn sie die persönliche Amtsausübung der Notarin oder des Notars nicht gefährdet und ihr auch sonstige Belange einer geordneten Rechtspflege nicht entgegenstehen. Dass der Verordnungsgeber auf Tatbestandsebene mit dem Begriff der „sonstigen Belange einer geordneten Rechtspflege“ einen unbestimmten Rechtsbegriff gewählt hat, ändert am fehlenden Ermessen der Justizverwaltung bei der Entscheidung über einen Genehmigungsantrag nichts. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz liegt auch kein Fall des sogenannten Organisationsermessens vor. Dieses betrifft die im Hinblick auf die Wahrnehmung originärer Staatsaufgaben durch Notare der Justizverwaltung zustehende Organisationsgewalt, die sich insbesondere auf die Errichtung, Ausgestaltung und Einziehung von Notarstellen (vgl. etwa Senat, Beschlüsse vom 20. Juli 2020 – NotZ (Brfg) 4/19, juris Rn. 15; vom 5. März 2012 – NotZ (Brfg) 5/11, ZNotP 2012, 192 Rn. 14; vom 26. November 2007 – NotZ 6/07, ZNotP 2008, 89 Rn. 17; BVerfGK 15, 355, 361, juris Rn. 42; jeweils mwN), aber etwa auch auf die Genehmigung von Notar-Sozietäten (vgl. Senat, Beschluss vom 26. November 2007 – NotZ 6/07, ZNotP 2008, 89 Rn. 17; BVerfG aaO; jeweils mwN) bezieht. Um eine solche in die Organisationsgewalt der Justizverwaltung fallende Organisationsentscheidung geht es bei der Entscheidung über die Erteilung einer Beschäftigungsgenehmigung gemäß § 12 Abs. 2 NotarVO BW aber nicht.
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bb) Die streitgegenständlichen Nebenbestimmungen genügen in der Sache aber den Anforderungen des § 36 Abs. 1 VwVfG.
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(1) Sie werden von § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG getragen. Denn erst durch sie wird sichergestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass der Genehmigung erfüllt werden.
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(a) Der erkennende Senat teilt die Auffassung des Beklagten, dass ohne die genannten Nebenbestimmungen die für die Erteilung der Beschäftigungsgenehmigung gemäß § 12 Abs. 2 NotarVO BW, § 25 Abs. 2 BNotO erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt wären, weil der Beschäftigung des K. die Belange einer geordneten Rechtspflege entgegenstünden.
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(aa) Belange einer geordneten Rechtspflege stehen der Beschäftigung eines juristischen Mitarbeiters durch einen Notar jedenfalls dann entgegen, wenn diese dazu führt, dass die Amtsführung des Notars nach den konkreten Umständen des Einzelfalles nicht mehr in vollem Umfang den sich aus §§ 14 ff. BNotO ergebenden Anforderungen genügt. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn durch die Beschäftigung des konkreten juristischen Mitarbeiters entgegen § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO der Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit des Notars erweckt wird. Dabei liegt ein Verstoß gegen § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO schon dann vor, wenn die nur mögliche Gefahr besteht, dass der Anschein von Abhängigkeit oder Parteilichkeit entstehen könnte. Hierfür genügt, dass bei der fragenden Öffentlichkeit begründete Zweifel entstehen könnten, ob die Verfolgung anderer Zwecke Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Amtsträgers nachteilig beeinflussen (Senat, Beschluss vom 31. Juli 2000 – NotZ 13/00, BGHZ 145, 59, 62 f.). Denn Unabhängigkeit und Unparteilichkeit sind die wichtigsten Prinzipien des notariellen Berufsrechts und rechtfertigen überhaupt erst das Vertrauen, das dem Notar entgegengebracht wird; sie bilden das Fundament des Notarberufs (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 23. November 2015 – NotSt (Brfg) 5/15, DNotZ 2016, 311 Rn. 16; vom 26. November 2012 – NotSt (Brfg) 2/12, DNotZ 2013, 310 Rn. 17; jeweils mwN). Die mögliche Gefahr des Anscheins von Abhängigkeit oder Parteilichkeit des Notars kann dabei – wie § 14 Abs. 4 Satz 2 BNotO zeigt – auch durch das Verhalten eines Mitarbeiters des Notars begründet werden.
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(bb) Die Beschäftigung des K. durch den Kläger verstieße damit gegen § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO, wenn durch die Aufsichtsbehörden nicht hinreichend sichergestellt wäre, dass K. seine Tätigkeit für den Kläger ausschließlich an dessen Amtsinteresse orientiert und er sich dabei nicht (auch) von sachfremden eigenen wirtschaftlichen Interessen leiten lässt. Denn angesichts des weit überdurchschnittlichen und – nach den vom Kläger nicht in Frage gestellten Feststellungen des Oberlandesgerichts – aus der örtlichen Presse öffentlich bekannten Engagements von K. im Immobilienbereich drängt sich der Öffentlichkeit die Frage geradezu auf, ob K. nicht auch deshalb beim Kläger mitarbeitet, um sich hierdurch diesbezügliche persönliche Vorteile, etwa bei der Beurkundung von Grundstücksgeschäften oder im Hinblick auf sich aus seiner Tätigkeit für den Kläger ergebende Informationen über den regionalen Immobilienmarkt, zu verschaffen. Ob der dahingehende Anschein sich bei näherer Prüfung erhärten würde, ist für die Frage eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO – wie gezeigt – unerheblich.
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(b) Mit den streitgegenständlichen Nebenbestimmungen hat der Beklagte die danach einer Genehmigung der Beschäftigung des K. entgegenstehenden Hinderungsgründe beseitigt, die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen einer solchen Genehmigung also im Sinne von § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG sichergestellt.
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Die Auflage, keine Beurkundungen von Grundstücksgeschäften vorzunehmen, an denen der juristische Mitarbeiter K. oder von ihm zu vertretende Gesellschaften als Vertragspartei beteiligt sind, ist geeignet, den Anschein zu beseitigen, K. könne es bei seiner Tätigkeit für den Kläger auch um persönliche Vorteile bei der Beurkundung eigener Grundstücksgeschäfte gehen und sich davon leiten lassen.
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Der Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, K. halte seine Zusagen nicht ein, keinen gewerblichen Immobilienhandel zu betreiben und seine Tätigkeit als juristischer Mitarbeiter des Klägers nicht für Zwecke seiner „Nebentätigkeit“ zu nutzen, also ihm in seiner Eigenschaft als juristischer Mitarbeiter des Klägers bekannt gewordene Umstände nicht für die Akquisition oder Durchführung von Grundstücksgeschäften im eigenen Interesse zu nutzen, ist geeignet, die grundsätzliche Möglichkeit eines Widerrufs der Genehmigung in einem solchen Fall verbindlich festzulegen und damit künftigen Streit über die Frage zu vermeiden, ob ein Widerruf in einem solchen Fall über § 12 Abs. 6 Satz 3 NotarVO BW möglich ist. Auch dies trägt dazu bei, vor den Augen der fragenden Öffentlichkeit den Anschein zu vermeiden, K. nehme bei seiner Tätigkeit für den Kläger auch das amtsfremde persönliche Interessen wahr, Erkenntnisvorteile für sein Engagement auf dem Immobilienmarkt zu gewinnen.
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(2) Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte sein ihm nach § 36 Abs. 1 VwVfG zustehendes Auswahl- und Entschließungsermessen (vgl. Kopp/Ramsauer/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 36 Rn. 44) fehlerhaft ausgeübt hätte.
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(a) Die streitgegenständlichen Nebenbestimmungen sind zur Herstellung der Genehmigungsvoraussetzungen nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich und angemessen. Sie stellen sich insbesondere gegenüber der Alternative, von den angeordneten Nebenbestimmungen abzusehen und dem Kläger die beantragte Beschäftigungsgenehmigung wegen dann entgegenstehender Belange einer geordneten Rechtspflege zu versagen, als das mildere Mittel dar. Die Nebenbestimmungen belasten den Kläger im Übrigen nur geringfügig: Die Auflage, keine Grundstücksgeschäfte des K. zu beurkunden, nimmt dem Kläger nur einige wenige andernfalls gegebene Beurkundungsmöglichkeiten. Der Widerrufsvorbehalt greift erst dann, wenn K. sich seiner Zusicherung zuwider und damit treuwidrig verhält, und führt auch in diesem Falle gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG in Verbindung mit § 64a Abs. 1 BNotO nur dazu, dass der Beklagte über den Widerruf der erteilten Beschäftigungsgenehmigung nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden kann.
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(b) Soweit der Kläger meint, der Widerrufsvorbehalt sei deshalb nicht erforderlich, weil § 12 Abs. 6 Satz 3 NotarVO BW ohnehin die Möglichkeit vorsehe, die Genehmigung zu widerrufen, wenn Tatsachen bekannt würden, die die Versagung der Genehmigung rechtfertigten, verkennt er, dass ein Widerruf auf der Grundlage von § 12 Abs. 6 Satz 3 NotarVO BW nur auf nachträglich bekannt gewordene Tatsachen gestützt werden kann, der angefochtene Widerrufsvorbehalt jedoch nicht dazu dient, dem vorzubeugen (siehe zur Unzulässigkeit eines solchen Vorbehalts BVerwGE 153, 301 Rn. 17 ff). Vielmehr ist er erforderlich, um erst die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Genehmigung zu schaffen, nämlich um den ansonsten bereits zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bestehenden Anschein einer mit § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO unvereinbaren Nebentätigkeit des Mitarbeiters K. auszuräumen. Ohne diesen Vorbehalt, der genau auf die in concreto der Genehmigungserteilung entgegenstehenden Verhaltensweisen zugeschnitten ist, wäre der aufgrund der Umstände des vorliegenden Einzelfalls objektiv bestehende „böse Anschein“ nicht beseitigt. Dass der Beklagte die ihm gegenüber von K. unter dem 23. November 2018 abgegebene Zusicherung allein nicht als ausreichend hierfür angesehen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ohne die Absicherung durch den Widerrufsvorbehalt handelte es sich um eine bloße Absichtserklärung, der nach dem Maßstab der Vermeidung eines objektiv „bösen Anscheins“ eine hinreichende Verbindlichkeit nicht zukäme.
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(c) Entgegen der Auffassung des Klägers folgt ein Ermessensfehler des Beklagten in Bezug auf die Auflage schließlich nicht daraus, dass der Beklagte bei seiner Entscheidung sich aus § 17 Abs. 1 Satz 2 BNotO in Verbindung mit dem Erlass der Notarkammer Baden-Württemberg vom 19. Mai 1999 sowie §§ 3, 6 f. BeurkG ergebende Wertungen übergangen hätte.
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2. Auch ist die Berufung nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 BNotO zuzulassen. Besondere, also überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art vermag der Senat nicht zu erkennen.
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3. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger weiter auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 BNotO.
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a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn es im konkreten Fall auf eine Tatsachen- oder Rechtsfrage ankommt, die über den von der ersten Instanz entschiedenen Fall hinausgeht und an deren Klärung daher im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts auch für vergleichbare Fälle ein Interesse besteht (vgl. nur Senat, Beschluss vom 22. März 2021 – NotSt (Brfg) 4/20, WM 2021, 1255 Rn. 4, mwN). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
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aa) Der vom Kläger in der Antragsbegründung insoweit zunächst aufgeworfenen Frage, ob die Beifügung von Nebenbestimmungen zu einer Genehmigung nach § 12 Abs. 2 NotarVO BW im Ermessen der Justizverwaltung steht, fehlt bereits die Klärungsbedürftigkeit. Sie lässt sich auf der Grundlage der allgemeinen Grundsätze ohne weiteres – wie oben dargestellt – beantworten.
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bb) Auch der weiteren vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob der Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit des Notars entsteht, wenn dieser in wenigen Fällen Rechtsgeschäfte eines juristischen Mitarbeiters beurkundet, an denen zwar andere Personen beteiligt sind, die aber keiner gewerblichen oder sonstigen beruflichen Betätigung dienen und die für den Notar nur geringe wirtschaftliche Bedeutung haben, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der Kläger legt schon nicht dar, warum diese, von ihm ersichtlich auf die konkreten Umstände des Streitfalls zugeschnittene Frage darüberhinausgehende Bedeutung haben soll.
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4. Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 BNotO zuzulassen. Die vom Kläger als von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts divergierend dargestellte Erwägung des Berufungsgerichts, eine Nebenbestimmung wie ein Widerrufsvorbehalt sei zur Aufrechterhaltung der Voraussetzungen jedenfalls dann zulässig, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung bereits konkret zu erwarten sei, dass die Anspruchsvoraussetzungen alsbald wegfallen werden, ist schon nicht entscheidungserheblich (vgl. Kopp/Schenke/Schenke, VwGO, 26. Aufl., § 124 Rn. 11).
- Herrmann
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