BSG 6. Senat, Urteil vom 14.07.2021, AZ B 6 KA 1/20 R, ECLI:DE:BSG:2021:140721UB6KA120R0
§ 96 SGG, § 131 Abs 3 SGG, § 141 Abs 1 SGG, § 153 Abs 1 SGG, § 106 SGB 5
Verfahrensgang
vorgehend SG Berlin, 22. Mai 2017, Az: S 87 KA 2509/15, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 13. November 2019, Az: L 7 KA 40/17, Urteil
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. November 2019 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen einen Richtgrößenregress für ärztliche Verordnungen aus dem Jahr 2003.
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Die Klägerin nimmt im Bezirk der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) als Vertragsärztin an der hausärztlichen Versorgung teil. Im Rahmen einer Richtgrößenprüfung setzte der Prüfungsausschuss gegen sie im Jahr 2007 einen Richtgrößenregress für Verordnungen aus dem Jahr 2003 in Höhe von 69 971,50 Euro fest. Auf den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin reduzierte der beklagte Beschwerdeausschuss den Regressbetrag mit Beschluss vom 12.5.2009 / Bescheid vom 1.7.2009 auf 50 922,15 Euro.
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Mit der dagegen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, dass der Bescheid des Beklagten insgesamt rechtswidrig und deshalb aufzuheben sei. Zur Begründung rügte sie, dass es an einer wirksamen Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2003 und damit an der erforderlichen rechtlichen Grundlage für den Regress fehle. Ferner sei das von dem Beklagten zugrunde gelegte Datenmaterial fehlerhaft. Außerdem legte die Klägerin die aus ihrer Sicht ergänzend zu berücksichtigenden Praxisbesonderheiten dar.
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Mit Urteil vom 25.1.2012 gab das SG dem Antrag der Klägerin, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, statt. Die Kosten des Verfahrens legte das SG dem Beklagten auf. In der Begründung führte das SG jedoch aus, dass der angefochtene Bescheid entgegen der Auffassung der Klägerin nicht deshalb rechtswidrig sei, weil es an einer wirksamen Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2003 fehlen würde. Auch seien die dem Regress zugrunde liegenden elektronisch übermittelten Verordnungsdaten nicht fehlerhaft. Erfolg habe jedoch „der Vortrag der Klägerin teilweise bezüglich der anzuerkennenden Praxisbesonderheiten“. Bei den Kosten für verordnete Thrombozytenaggregationshemmer (TAH) in Höhe von insgesamt 13 903,70 Euro habe der Beklagte nur insgesamt 50 % als Praxisbesonderheit anerkannt. Insoweit erweise sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Die dafür von dem Beklagten angegebene Begründung sei nicht ausreichend. Bei zusätzlicher Berücksichtigung aller TAH verbleibe ein Regressbetrag in Höhe von 45 317,56 Euro. Weiter heißt es in dem Urteil: „Ausgehend von diesen Berechnungen wird der Beklagte eine neue Entscheidung zu treffen haben.“ Das weitere Vorbringen bezüglich anzuerkennender Praxisbesonderheiten führe dagegen nicht zum Erfolg. Das betreffe die Kosten der parenteralen Ernährung, die der Beklagte bereits im gebotenen Umfang berücksichtigt habe. Von der Klägerin angegebene hohe Kosten für einzelne Patienten könnten ebenfalls nicht berücksichtigt werden, weil insoweit kein Zusammenhang mit einer besonderen Patientenstruktur hergestellt werden könne. Unrichtig sei auch die Annahme der Klägerin, dass sich bei der Behandlung von Frauen in höherem Lebensalter höhere Kosten ergeben würden.
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Gegen das ihm am 9.2.2012 zugestellte Urteil des SG legte allein der Beklagte Berufung ein. Anschließend änderte er mit Bescheid vom 30.3.2012 seinen Bescheid vom 1.7.2009 ab und reduzierte den Regressbetrag auf 44 463,07 Euro. In der Begründung des Bescheides führte er aus, dass er nach eingehender Beratung und unter Berücksichtigung der weiteren Begründung des Urteils des SG 100 % anstelle von ursprünglich nur 50 % der Verordnungskosten für TAH als Praxisbesonderheiten anerkenne. Eine Rechtsmittelbelehrung wurde dahingehend erteilt, dass der Bescheid nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden sei.
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Im Berufungsverfahren beantragte der Beklagte zunächst, das Urteil des SG vom 25.1.2012 aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen, als sie sich gegen den Bescheid vom 1.7.2009 in der Fassung des Bescheides vom 30.3.2012 richtet. Der Bescheid vom 30.3.2012 sei Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Daraufhin erklärte die Klägerin, dass sie ebenfalls Berufung eingelegt hätte, wenn sie innerhalb der Berufungsfrist Kenntnis von dem Bescheid vom 30.3.2012 erhalten hätte. Die Klageforderung habe sich insoweit erledigt, als der Beklagte den Bescheid vom 1.7.2009 geändert und weitere Verordnungskosten als Praxisbesonderheit anerkannt habe. Im Übrigen werde beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Mehr als 2 ½ Jahre nach Einlegung der Berufung, am 20.11.2014, erteilte der Berichterstatter des 7. Senats des LSG den Beteiligten den Hinweis, dass sich das Berufungsverfahren nach Auffassung des Senats durch die zusätzliche Anerkennung von Praxisbesonderheiten mit Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012 erledigt habe. Es seien exakt die im Urteil des SG aufgeführten zusätzlichen Praxisbesonderheiten anerkannt worden. Für den Beklagten verbleibe nach Erlass des Ausführungsbescheides keine Beschwer, die es rechtfertigen würde, das Berufungsverfahren weiter durchzuführen. Der Bescheid vom 30.3.2012 stehe auch nicht unter dem Vorbehalt einer anderweitigen rechtskräftigen Entscheidung, sondern sei unbedingt in Ausführung des erstinstanzlichen Urteils ergangen. Dieser Ausführungsbescheid sei nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden und wegen der Rechtskraftwirkung des erstinstanzlichen Urteils nicht eigenständig anfechtbar. Dieses Urteil sei, soweit es die Klägerin in den Entscheidungsgründen belaste, von der Klägerin nicht mit der Berufung angegriffen worden. Daraufhin erklärte der Beklagte die Rücknahme der Berufung. Einige Monate später belastete der Beklagte das Honorarkonto der Klägerin mit der in dem Bescheid vom 30.3.2012 festgesetzten Regressforderung in Höhe von 44 463,07 Euro.
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Am 27.5.2015 hat die Klägerin erneut Klage erhoben mit dem Begehren, den Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012 aufzuheben. Durch das Urteil des SG Berlin vom 25.1.2012, mit dem der Bescheid des Beklagten vom 1.7.2009 vollständig aufgehoben worden sei, sei sie nicht beschwert und habe deshalb – anders als der Beklagte – keine Berufung eingelegt. Der später ergangene Bescheid vom 30.3.2012 sei nach dem Inhalt der Rechtsmittelbelehrung und entgegen der Auffassung des LSG Gegenstand des damals anhängigen Berufungsverfahrens geworden. Da der Beklagte auf den Hinweis des Berichterstatters des LSG unmittelbar mit der Rücknahme der Berufung reagiert habe, habe sie keine Möglichkeit mehr gehabt, sich gegen den streitgegenständlichen Bescheid zu wehren. Daher sei Klage geboten. Soweit sich der Beklagte nun auf die Verfristung der neuen Klage berufe, sei das treuwidrig. In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Bescheid vom 30.3.2012 auch rechtswidrig.
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Der Beklagte hat dagegen geltend gemacht, dass die Klage wegen Verfristung unzulässig sei. Im Übrigen habe er das Urteil des SG vom 25.1.2012 akzeptiert und dem mit Bescheid vom 30.3.2012 Rechnung getragen. Zur Anerkennung weiterer Praxisbesonderheiten habe kein Anlass bestanden.
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Das SG (83. Kammer) hat zunächst dem Beklagten den Hinweis erteilt, dass der streitgegenständliche Bescheid vom 30.3.2012 entgegen der Auffassung des LSG aus dem vorangegangen Verfahren nach § 96 SGG Gegenstand des vorangegangenen Verfahrens geworden sei. Nach einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans des SG erteilte die nun zuständige Vorsitzende der 87. Kammer des SG den Beteiligten den Hinweis, dass die Rechtsmittelbelehrung zu dem Bescheid vom 30.3.2012, nach der dieser nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden sei, unzutreffend sei. Die vorliegende Klage sei wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig.
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Mit Gerichtsbescheid vom 22.5.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob der Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012 nach § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sei. Selbst wenn dies entgegen der Ansicht des LSG der Fall wäre, wäre die Klage bereits wegen der entgegenstehenden Rechtskraft des Urteils des SG Berlin vom 25.1.2012 nach Beendigung des Berufungsverfahrens unzulässig. Soweit der Bescheid jedoch nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sein sollte, sei die Klage mangels Einhaltung der Klagefrist unzulässig.
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Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das LSG mit Urteil vom 13.11.2019 zurückgewiesen. Die Klage sei unzulässig und jedenfalls unbegründet. Die Rechtsmittelbelehrung am Ende des Bescheides des Beklagten vom 30.3.2012 sei unrichtig gewesen, weil dieser Bescheid nicht nach § 96 SGG Gegenstand des damals anhängigen Berufungsverfahrens geworden sei. Der Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012 sei ein Ausführungsbescheid zum Urteil des SG Berlin vom 25.1.2012, der als solcher nicht § 96 SGG unterfalle. Der Bescheid setze die Vorgaben aus dem Urteil des SG vom 25.1.2012 nicht nur vorläufig um, sei ohne Vorbehalt ergangen und damit endgültig. Wegen der unrichtigen Belehrung mit dem Hinweis auf § 96 SGG sei für die Erhebung der Klage die Jahresfrist nach § 66 Abs 2 Satz 1 SGG maßgebend. Diese habe die Klägerin versäumt und auch die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nach § 67 SGG lägen nicht vor. Zudem spreche vieles dafür, dass die erst mehr als drei Jahre nach der Zustellung des Bescheides vom 30.3.2012 erhobene Klage verwirkt sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin gegen das Urteil des SG vom 25.1.2012 keine Berufung eingelegt habe, obwohl sie dazu befugt gewesen wäre. Sie sei durch dieses Urteil beschwert und hätte das dem Urteil auch entnehmen können. Zwar sei der Tenor des sozialgerichtlichen Urteils nicht hinter dem klägerischen Sachantrag im damaligen Verfahren zurückgeblieben. Der Bescheid des Beklagten sei vollumfänglich aufgehoben worden. Die Klägerin sei aber durch die Urteilsbegründung in materieller Hinsicht beschwert. Das SG habe den Beklagten nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe nur in geringem Umfang für nicht befugt gehalten, den Regress gegen die Klägerin in der angefochtenen Höhe festzusetzen. Im Übrigen habe das SG die von der Klägerin zur Begründung der Rechtswidrigkeit geltend gemachten Gesichtspunkte nicht für durchgreifend gehalten. Diese für die Klägerin nachteilige Rechtsauffassung der erstinstanzlichen Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen. Die Bindungswirkung erfasse die Beteiligten und auch die Gerichte in einem späteren Prozess über denselben Gegenstand. Dass das SG im Fall der Klägerin im Urteilstenor den Beklagten nicht ausdrücklich zur Neubescheidung verpflichtet habe, sei unerheblich. In der Sache liege gleichwohl eine Verurteilung zur Neubescheidung vor. Der Urteilstenor sei insoweit entsprechend auszulegen. Selbst wenn der Bescheid vom 30.3.2012 Gegenstand des damaligen Berufungsverfahrens geworden wäre, hätte die Klägerin keine weitere Reduzierung der Regressforderung über den im Urteil des SG vom 25.1.2012 vorgegebenen Umfang hinaus erreichen können. Die Klägerin könne nicht mehr mit Argumenten gehört werden, die sie bereits in vorangegangenen Klageverfahren erfolglos vorgebracht habe. Eine neue gerichtliche Prüfung sei wegen des Umfangs der Rechtskraft des Urteils des SG vom 25.1.2012 nicht eröffnet. Auch mit neu und erstmals im vorliegenden Klageverfahren vorgebrachten Einwendungen könne die Klägerin eine Rechtswidrigkeit des Bescheides des Beklagten vom 30.3.2012 nicht mit Erfolg begründen. Der Bescheid widerspreche nicht dem nach § 106 Abs 5a SGB V aF zu beachtenden Vorrang der Beratung vor einem Regress. Die rückwirkende Anordnung des § 106 Abs 5a Satz 7 SGB V erfasse allein Entscheidungen der Beschwerdeausschüsse, die nach dem 25.10.2012 ergangen seien. Zudem habe die Klägerin ihr Richtgrößenvolumen bereits seit dem Jahr 2000 überschritten und nicht erst im Jahr 2003. Die Klägerin könne sich im vorliegenden Verfahren auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das SG in einem anderen Verfahren, das Regresse für ihre Verordnungen aus dem Jahr 2002 zum Gegenstand gehabt habe, Praxisbesonderheiten in größerem Umfang anerkannt habe, als im Urteil vom 25.1.2012 für das hier maßgebende Jahr 2003.
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Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012 sei fristgemäß erhoben worden. Das LSG habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die dem Bescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft gewesen sei. Mit der Einbeziehung des Bescheides vom 30.3.2012 in das damalige Berufungsverfahren seien alle Fristen gehemmt gewesen. Erst mit der Rücknahme der Berufung habe der Lauf der Jahresfrist wieder begonnen und die Klage sei innerhalb dieser Jahresfrist erhoben worden. Im Übrigen sei fraglich, ob die Jahresfrist überhaupt beachtlich sei. Der unrichtige Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung, nach der der Bescheid Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden sei, sei einer Belehrung dahin gleichzustellen, dass ein selbstständiger Rechtsbehelf nicht gegeben sei. Damit laufe auch keine Rechtsmittelfrist. Die Annahme des LSG, dass der Bescheid vom 30.3.2012 nicht Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden sei, sei unzutreffend. Der genannte Bescheid sei kein Ausführungsbescheid zum Urteil des SG vom 25.1.2012. Das SG habe auf eine reine Anfechtungsklage entschieden. Ein Ausführungsbescheid könne jedoch nur auf ein entsprechendes Verpflichtungsurteil hin ergehen. Entgegen der Auffassung des LSG habe für eine Wiedereinsetzung kein Raum bestanden. Sie – die Klägerin – sei durch das Urteil des SG vom 25.1.2012 nicht beschwert gewesen. Nach der die Bindung des Urteils abschließend regelnden Vorschrift des § 141 Abs 1 Satz 1 SGG erstrecke sich die Rechtskraft des Urteils grundsätzlich nur auf die Urteilsformel. Die Klage sei auch nicht verwirkt. Der Bescheid vom 30.3.2012 sei Gegenstand des zum Zeitpunkt seines Erlasses anhängigen Berufungsverfahrens geworden. Die Klage sei auch begründet. Zu Unrecht habe das LSG angenommen, dass der Grundsatz „Beratung vor Regress“ hier nicht zur Anwendung komme. Eine Beratung vor Erlass des angegriffenen Bescheides habe nicht stattgefunden. Zudem stünde der Bescheid im Widerspruch zu den andere Verordnungszeiträume betreffenden Entscheidungen des Beklagten zur Anerkennung von Praxisbesonderheiten. Der Bescheid vom 30.3.2012 sei ferner rechtswidrig, weil die – überwiegend bereits im vorangegangenen Klageverfahren geltend gemachten – Praxisbesonderheiten weiterhin nicht vollständig berücksichtigt worden seien.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 13.11.2019 und den Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 22.5.2017 sowie den Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er verteidigt die Entscheidung des LSG. Die Klägerin habe nicht berücksichtigt, dass alleine er, der Beklagte, Berufung gegen das Urteil des SG vom 25.1.2012 eingelegt habe. Damit sei er Herr des Verfahrens gewesen. Er habe die Möglichkeit gehabt, die Berufung jederzeit zurückzunehmen, ohne dass zuvor ein entsprechender Hinweis des LSG ergehen müsse. Zur Wahrung ihrer Rechte hätte die Klägerin ebenfalls Berufung gegen das sozialgerichtliche Urteil einlegen müssen. Eine materielle Beschwer habe auf Seiten der Klägerin vorgelegen, auch wenn das SG – dem Antrag der Klägerin folgend – den ursprünglichen Bescheid vom 1.7.2009 aufgehoben habe. Auch bei einem stattgebenden Urteil auf eine Anfechtungsklage müssten zur Bestimmung der Tragweite der Rechtskraft der Urteilsformel die Entscheidungsgründe herangezogen werden. Dies bedeute für den vorliegenden Fall, dass die Klägerin mit einem Teil ihres jetzigen Vorbringens nicht mehr gehört werden könne. Entgegen der Auffassung der Klägerin komme die Regelung zum Vorrang der Beratung vor einem Regress nach § 106 Abs 5e Satz 1 und 2 SGB V in der seit 1.1.2012 geltenden Fassung hier nicht zur Anwendung.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das LSG hat die Berufung der Klägerin im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, weil die Klage aus zwei unterschiedlichen Gründen unzulässig ist.
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A. Die Klage ist nach § 202 Satz 1 SGG iVm § 17 Abs 1 Satz 2 GVG wegen anderweitiger Rechtshängigkeit
(§ 94 SGG) unzulässig.
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1. In dem unter dem Aktenzeichen L 7 KA 15/12 beim LSG Berlin-Brandenburg geführten Verfahren hatte das LSG zunächst allein über die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG vom 25.1.2012
(S 79 KA 507/09) zu entscheiden. Gegenstand der Entscheidung des SG, gegen die sich die Berufung richtete, war der Bescheid des Beklagten vom 1.7.2009. Mit diesem Bescheid hatte der Beklagte den vom Prüfungsausschuss auf 69 971,50 Euro festgesetzten Regress auf 50 922,15 Euro reduziert. Allein dieser Bescheid des Beklagten, nicht jedoch der vorangegangene Bescheid des Prüfungsausschusses war Gegenstand des Verfahrens vor dem SG
(vgl die stRspr BSG Urteil vom 9.3.1994 – 6 RKa 5/92 – BSGE 74, 59, 62 = SozR 3-2500 § 106 Nr 22 S 120 f; BSG Urteil vom 11.5.2011 – B 6 KA 13/10 R – BSGE 108, 175 = SozR 4-2500 § 106 Nr 32, RdNr 16 mwN).
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Mit Bescheid vom 30.3.2012 änderte der Beklagte den Bescheid vom 1.7.2009 ab und reduzierte den Regress nochmals auf nun 44 463,07 Euro. Der nach Einlegung der Berufung (5.3.2012) ergangene abändernde Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012 ist gemäß § 96 iVm § 153 Abs 1 SGG Gegenstand des unter dem Aktenzeichen L 7 KA 15/12 geführten Berufungsverfahrens geworden
(vgl im Einzelnen nachfolgend 2. und 3.). Dieses Verfahren konnte nach der Einbeziehung des Bescheides vom 30.3.2012 nicht mehr allein dadurch beendet werden, dass der Beklagte seine Berufung zurücknimmt
(nachfolgend 4.).
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2. Entgegen der Auffassung des LSG können die Voraussetzungen des § 96 SGG nicht mit der Begründung verneint werden, dass es sich bei dem Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012 um einen sog Ausführungsbescheid handeln würde. Richtig ist, dass ein neuer Bescheid nur dann in entsprechender Anwendung von § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens wird, wenn er den angefochtenen Bescheid ändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid, wenn in seine Regelung, den Verfügungssatz, eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird
(BSG Urteil vom 20.11.2003 – B 13 RJ 43/02 R – BSGE 91, 277 = SozR 4-2600 § 96a Nr 3, RdNr 7 = juris RdNr 16 mwN). Daran fehlt es bei einem Bescheid, der in Ausführung eines noch nicht rechtskräftigen Urteils eine nur vorläufige Regelung bezogen auf den Streitgegenstand trifft und vom Bestand dieses Urteils abhängt
(stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 21.2.1959 – 11 RV 724/58 – BSGE 9, 169, 170; BSG Urteil vom 21.10.1998 – B 6 KA 65/97 R – SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 191 f = juris RdNr 15; BSG Urteil vom 11.12.2007 – B 8/9b SO 20/06 R – SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 12 mwN). Durch einen vorläufig erlassenen Ausführungsbescheid will die Behörde in der Regel der ihr im Urteil auferlegten Verpflichtung ungeachtet der noch nicht eingetretenen Rechtskraft entsprechen. Zum Erlass eines Ausführungsbescheides besteht deshalb immer dann Anlass, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung entfaltet.
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Bei dem Bescheid vom 30.3.2012 handelt es sich nicht um einen bloßen Ausführungsbescheid in dem vorgenannten Sinne. Zwar hat sich der Beklagte bei seiner Entscheidung an den Vorgaben aus dem Urteil des SG vom 25.1.2012 orientiert. Er hat auf dieser Grundlage aber nicht nur eine vorläufige Regelung für die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens getroffen, sondern eine endgültige Regelung. Das kommt sowohl im Verfügungssatz als auch in der Begründung des Bescheides eindeutig zum Ausdruck, und so hat auch das LSG diesen Bescheid ausgelegt. Der Verfügungssatz enthält eine Regelung ohne jeden Hinweis auf eine Vorläufigkeit und in der Begründung des Bescheides führt der Beklagte aus, dass er die Entscheidung „nach eingehender Beratung“ und „unter Berücksichtigung der weiteren Begründung des Urteils vom 25.1.2012“ getroffen habe. Danach hat der Beklagte zwar das Urteil des SG berücksichtigt, auf dieser Grundlage aber eine eigenständige und endgültige Entscheidung getroffen, die nicht nur für die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens Geltung beansprucht. Damit übereinstimmend hatte der Beklagte in seiner Berufungsbegründung
(Schriftsatz vom 12.4.2012) ausgeführt, dass der Bescheid vom 30.3.2012 letztlich einem Anerkenntnis gleichkomme. Damit kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der Bescheid vom 30.3.2012 den von der Klägerin angefochtenen Bescheid vom 1.7.2009 ändert.
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3. Auch der Umstand, dass allein der Beklagte Berufung gegen das Urteil des SG vom 25.1.2012 eingelegt hatte, steht der Einbeziehung des Bescheides vom 30.3.2012 nicht entgegen. Die Anwendung des § 96 iVm § 153 Abs 1 SGG hängt nicht davon ab, ob die Berufung vom Empfänger des Bescheides oder von der Behörde eingelegt worden ist, die den Bescheid erlassen hat
(vgl bereits BSG Urteil vom 28.5.1957 – 2 RU 18/55 – BSGE 5, 158 = juris RdNr 20; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 96 RdNr 7). Daraus folgt auch, dass sich der Streitgegenstand des allein von dem Beklagten in Gang gesetzten Berufungsverfahrens durch die Einbeziehung des weiteren Bescheides ändern und auch erweitern kann. Die Rechtsfolge des § 96 SGG tritt ohne Rücksicht auf die Stellung der Beteiligten im Verfahren für alle die og Voraussetzungen erfüllenden Verwaltungsakte ein, die vom Zeitpunkt der Klageerhebung bis zum Abschluss des Verfahrens in der Berufungsinstanz erlassen werden
(vgl BSG Urteil vom 28.5.1957 – 2 RU 18/55 – BSGE 5, 158 = juris RdNr 20). Die Frage, ob die Klägerin eine Aufhebung oder auch nur eine Änderung des Bescheides vom 30.3.2012 zu ihren Gunsten erreichen konnte oder ob dem die Rechtskraftwirkung des Urteils des SG vom 25.1.2012 entgegenstand
(vgl dazu RdNr 28 ff), ist von der prozessual vorgelagerten Frage zu unterscheiden, ob der Bescheid gemäß § 96 iVm § 153 Abs 1 SGG Verfahrensgegenstand geworden ist, also ob die Frage der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides dem LSG überhaupt zur Entscheidung angefallen ist.
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4. Der Bescheid vom 30.3.2012 ist auch weiterhin Gegenstand des Verfahrens, das beim LSG unter dem Az L 7 KA 15/12 geführt worden ist. Die Rechtshängigkeit konnte allein durch die Rücknahme der Berufung durch den Beklagten nicht beendet werden. Das LSG hat über einen Bescheid, der gemäß §§ 96, 153 Abs 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, erstinstanzlich „auf Klage“ zu entscheiden
(vgl die stRspr; BSG Urteil vom 30.1.1963 – 2 RU 35/60 – BSGE 18, 231 = SozR Nr 3 zu § 541 RVO, SozR Nr 17 zu § 96 SGG = juris RdNr 24 bis 26; BSG Urteil vom 25.2.2010 – B 13 R 61/09 R – SozR 4-5050 § 22 Nr 10 RdNr 15; BSG Beschluss vom 23.9.2020 – B 5 RE 7/20 B – RdNr 6, jeweils mwN). Aus diesem Grund bietet auch § 153 Abs 4 SGG, der die Entscheidung über eine Berufung durch Beschluss zum Gegenstand hat, keine rechtliche Grundlage bezogen auf die Entscheidung über einen Bescheid, der gemäß §§ 96, 153 Abs 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist
(BSG Urteil vom 8.10.2019 – B 12 KR 8/19 R – BSGE 129, 186 = SozR 4-1500 § 153 Nr 18, RdNr 12 ff).
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Daraus folgt, dass durch die vom Beklagten im Verfahren zum Az L 7 KA 15/12 erklärte Rücknahme der Berufung nicht das beim LSG anhängige Klageverfahren beendet werden konnte. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich insofern von derjenigen, die dem Urteil des BSG vom 9.12.2016
(B 8 SO 1/15 R – juris) zugrunde lag: Dort hatte es das SG unterlassen, über Bescheide zu entscheiden, die nach § 96 SGG Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden waren. Der Kläger hatte dagegen Berufung eingelegt, jedoch nicht fristgemäß einen Antrag auf Ergänzung des Urteils nach § 140 SGG gestellt. In dieser Konstellation hatte die Rücknahme der Berufung durch den Kläger nach der genannten Entscheidung des BSG zur Folge, dass auch die Rechtshängigkeit der Klage gegen die Bescheide, über die das SG unter Verkennung des § 96 SGG nicht entschieden hatte, entfiel und dass diese Bescheide in Bestandskraft erwuchsen
(BSG Urteil vom 9.12.2016 – B 8 SO 1/15 R – juris RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 13.12.2018 – B 5 RE 1/18 R – BSGE 127, 147 = SozR 4-2600 § 6 Nr 18, RdNr 32; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 140 RdNr 3). Abweichend davon geht es vorliegend um einen Bescheid, der erst nach Einlegung der – allein vom Beklagten eingelegten – Berufung ergangen war und über den deshalb nach § 96 iVm § 153 Abs 1 SGG auf Klage zu entscheiden war. In dieser Situation kann die Rücknahme der Berufung durch den Beklagten nicht das beim LSG anhängige Klageverfahren beenden. Vielmehr bleibt die Rechtshängigkeit bezogen auf die Bescheide, die nach § 96 iVm § 153 Abs 1 SGG und damit einer auf Gesetz beruhenden
(vgl BSG Urteil vom 30.1.1963 – 2 RU 35/60 – BSGE 18, 231 = SozR Nr 3 zu § 541 RVO, SozR Nr 17 zu § 96 SGG = juris RdNr 24) vom Willen der Beteiligten unabhängigen
(vgl BSG Urteil vom 17.11.2005 – B 11a/11 AL 57/04 R – SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 21; BSG Urteil vom 8.10.2019 – B 12 KR 8/19 R – BSGE 129, 186 = SozR 4-1500 § 153 Nr 18, RdNr 12 mwN) Klageänderung Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sind, auch nach Rücknahme der Berufung bestehen.
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Wenn die Rücknahme der Klage, über die das LSG in erster Instanz zu entscheiden hat, zur Disposition des Beklagten (des Berufungsklägers) stünde, hätte dieser es in der Hand, effektiven Rechtsschutz gegen seinen Bescheid auszuschließen. Das wäre auch mit verfassungsrechtlichen Vorgaben
(Art 19 Abs 4 GG) nicht vereinbar. Zwar hatte die Klägerin die Möglichkeit, die Klage ausdrücklich auf die Anfechtung des Ausgangsverwaltungsakts zu beschränken
(vgl BSG Urteil vom 17.11.2005 – B 11a/11 AL 57/04 R – SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 22). Davon hat sie aber (bisher) keinen Gebrauch gemacht, sondern ganz im Gegenteil von Anfang an und durchgehend deutlich gemacht, dass sie sich – zunächst in dem unter dem Az L 7 KA 15/12 geführten Berufungsverfahren – und später auch mit einer gesonderten Klage gegen den aus ihrer Sicht insgesamt rechtswidrigen Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012 wendet. Das hat sie in Erwiderung auf die Berufungsbegründung des Beklagten in dem Verfahren zum Aktenzeichen L 7 KA 15/12 ua mit der Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass „auch sie Berufung“ gegen das Urteil des SG vom 25.1.2012 eingelegt hätte, wenn ihr der neue Bescheid vom 30.3.2012 innerhalb der Berufungsfrist zur Kenntnis gelangt wäre. Der behauptete Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf die Einlegung einer Berufung und dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von dem neuen Bescheid kann zwar nicht ohne Weiteres nachvollzogen werden. Ferner ist aus Sicht des Senats nicht auf Anhieb zu erklären, weshalb die Klägerin – wenn sie schon nicht Berufung eingelegt hat – auch keine Klage gegen den Bescheid vom 30.3.2012 erhoben hat, obwohl sie – allerdings offensichtlich irrtümlich aufgrund fehlender Berücksichtigung von § 153 Abs 1 SGG – zunächst davon ausgegangen war, dass Bescheide nur Gegenstand eines Berufungsverfahrens werden könnten, wenn sie vor Ablauf der Berufungsfrist ergangen sind
(vgl den Schriftsatz der Klägerin vom 9.7.2012, S 2). All dies ändert aber nichts daran, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran gelassen hat, dass ihrem Begehren mit dem Bescheid vom 30.3.2012 nicht vollständig Rechnung getragen worden ist. Dies findet in der Erhebung einer weiteren Klage mit demselben Klagegegenstand mehr als drei Jahre später am 27.5.2015 eine Bestätigung.
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Eine analoge Anwendung von § 171 SGG mit der Folge, dass das SG nach der Berufungsrücknahme über den während des Berufungsverfahrens ergangenen Änderungsbescheid zu entscheiden hat, scheidet ebenfalls aus. Nach dieser Vorschrift gilt: Wird während des Revisionsverfahrens der angefochtene Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt, so gilt der neue Verwaltungsakt als mit der Klage beim SG angefochten, es sei denn, dass der Kläger durch den neuen Verwaltungsakt klaglos gestellt oder dem Klagebegehren durch die Entscheidung des Revisionsgerichts zum ersten Verwaltungsakt in vollem Umfang genügt wird. § 171 SGG berücksichtigt, dass die Revisionsinstanz auf eine Rechtsprüfung beschränkt ist. Für das Berufungsverfahren trifft das nicht zu. Dass bei der aus § 153 Abs 1 SGG folgenden entsprechenden Anwendung des § 96 SGG im Berufungsverfahren eine Tatsacheninstanz entfällt, betrifft nicht allein die vorliegende Konstellation, sondern wird durch die entsprechende Geltung des § 96 SGG im Berufungsverfahren im Interesse der Prozessökonomie generell hingenommen.
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Der Bescheid vom 30.3.2012 ist damit auch nach der Rücknahme der Berufung durch den Beklagten weiterhin Gegenstand des beim LSG Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen L 7 KA 15/12 geführten Verfahrens; die im Jahr 2015 erneut erhobene Klage, über die hier zu entscheiden ist und mit der ebenfalls die Aufhebung dieses Bescheides geltend gemacht wird, ist daher nach § 202 Satz 1 SGG iVm § 17 Abs 1 Satz 2 GVG wegen anderweitiger Rechtshängigkeit
(§ 94 SGG) unzulässig.
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B. Die Klage ist außerdem – insoweit in Übereinstimmung mit der Entscheidung des LSG – auch deshalb unzulässig, weil das SG bereits mit Urteil vom 25.1.2012 über die Streitgegenstände entschieden hat, die die Klägerin im vorliegenden Klageverfahren geltend macht. Weil die Klägerin dagegen keine Berufung eingelegt hat, ist das Urteil, soweit es die Klägerin beschwert, rechtskräftig geworden. Eine neue Klage über einen Gegenstand, über den bereits rechtskräftig zwischen denselben Beteiligten entschieden worden ist, ist unzulässig
(BSG Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 17/13 R – SozR 4-1500 § 192 Nr 2 RdNr 17; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 141 RdNr 6a; zu § 121 VwGO vgl W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl 2021, § 121 RdNr 9).
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1. Rechtskräftige Urteile binden gemäß § 141 Abs 1 Nr 1 SGG die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Insoweit darf eine sachlich abweichende Entscheidung zwischen denselben Beteiligten nicht mehr ergehen
(BSG Urteil vom 9.12.1998 – B 9 V 45/97 R – SozR 3-1500 § 141 Nr 6 S 7 = juris RdNr 10; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 141 RdNr 6a). Die Rechtskraft schafft hierzu ein in jeder Verfahrenslage von Amts wegen zu beachtendes Hindernis für eine erneute gerichtliche Nachprüfung des Anspruchs, über den bereits bindend entschieden worden ist. Diese Bindungswirkung gilt nicht nur für die Beteiligten, sondern erfasst auch die Gerichte in einem späteren Prozess dieser Beteiligten über denselben
Gegenstand (vgl BSG Urteil vom 21.10.1958 – 6 RKa 9/58 – BSGE 8, 185 = juris RdNr 14 ff; BSG Urteil vom 27.6.2007 – B 6 KA 27/00 R – SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 21; BSG Beschluss vom 10.5.2017 – B 6 KA 58/16 B – ZMGR 2017, 248 = juris RdNr 7; ebenso zu § 121 VwGO: BVerwG Urteil vom 27.1.1995 – 8 C 8.93 – Buchholz 310 § 121 VwGO Nr 70 = NJW 1996, 737, 738 = juris RdNr 13 mwN).
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In dem Sonderfall eines Bescheidungsurteils, wie es bei nicht ordnungsgemäßer Ausübung des Beurteilungsspielraums durch die Prüfgremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung in entsprechender Anwendung von § 131 Abs 3 SGG ergeht
(vgl zB BSG Urteil vom 13.5.2020 – B 6 KA 3/19 R – MedR 2021, 279 = juris RdNr 14; ebenso zur Entscheidung der Zulassungsgremien über die Auswahl eines Praxisnachfolgers: BSG Beschluss vom 12.12.2018 – B 6 KA 23/18 B – juris RdNr 13 mwN) können die Rechtskraftwirkungen iS des § 141 Abs 1 SGG und ihre Grenzen regelmäßig nicht allein der Urteilsformel entnommen werden. Vielmehr bestimmt die in den Entscheidungsgründen des Urteils als maßgeblich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts die Reichweite von dessen Rechtskraft
(BSG Urteil vom 27.10.1976 – 2 RU 127/74 – BSGE 43, 1, 3 = SozR 1500 § 131 Nr 4 S 5;BSG Urteil vom 11.10.2017 – B 6 KA 37/17 R – BSGE 124, 218 = SozR 4-2500 § 87 Nr 35, RdNr 31; vgl auch BSG Urteil vom 18.8.2010 – B 6 KA 14/09 R – SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 14 f). Die Bindungswirkung eines Bescheidungsurteils erfasst dabei nicht allein die Gründe, aus denen das Gericht den angefochtenen Verwaltungsakt als rechtswidrig aufhebt. Die materielle Rechtskraft erstreckt sich vielmehr auch auf alle Rechtsauffassungen, die das Bescheidungsurteil der Behörde zur Beachtung bei Erlass des neuen Verwaltungsakts vorschreibt
(vgl BSG Urteil vom 18.8.2010 – B 6 KA 14/09 R – SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 14; ebenso BVerwGE 84, 157, 164 = NJW 1990, 2700, 2702). Aus diesem Grund kann ein Bescheidungsurteil auch den Kläger beschweren, nämlich dann, wenn die vom Gericht der Behörde zur Beachtung vorgegebene Rechtsauffassung sich nicht mit seiner eigenen deckt und für ihn ungünstiger ist
(vgl BSG Urteil vom 21.10.1998 – B 6 KA 65/97 R – SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 191 = juris RdNr 14; BSG Beschluss vom 12.12.2018 – B 6 KA 23/18 B – juris RdNr 13 mwN; ebenso zu § 121 VwGO: BVerwG Urteil vom 27.1.1995 – 8 C 8.93 – Buchholz 310 § 121 VwGO Nr 70 = NJW 1996, 737, 738 = juris RdNr 13 mwN).
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Dem entsprechend geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Rechtskraftwirkung eines Urteils, das den Beschwerdeausschuss zu erneuter Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet, die gerichtliche Prüfungskompetenz im nachfolgenden Klageverfahren über den neuen Bescheid beschränkt und dass der Kläger deshalb in einem nachfolgenden Verwaltungs- oder Klageverfahren mit Einwendungen, die vom Gericht in die für eine Neubescheidung als maßgeblich vorgegebene Rechtsauffassung nicht übernommen wurden, ausgeschlossen ist
(vgl BSG Urteil vom 27.6.2007 – B 6 KA 27/06 R – SozR 4-1500 § 141 Nr 1; BSG Beschluss vom 10.5.2017 – B 6 KA 58/16 B – ZMGR 2017, 248 = juris RdNr 7).
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2. Wenn der Beschwerdeausschuss von dem ihm in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung regelmäßig zukommenden Beurteilungsspielraum fehlerhaft Gebrauch gemacht hat, kann der Urteilsausspruch aufgrund der begrenzten Überprüfungsmöglichkeiten in aller Regel nur auf eine Aufhebung der Verwaltungsentscheidung bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Neubescheidung lauten
(BSG Urteil vom 31.7.1991 – 6 RKa 12/89 – BSGE 69, 138 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 = juris RdNr 20; BSG Beschluss vom 10.5.2017 – B 6 KA 58/16 B – ZMGR 2017, 248 = juris RdNr 6, 9). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der klagende Vertragsarzt regelmäßig kein Interesse an der Neubescheidung hat, sondern dass seinen Interessen durch die endgültige Aufhebung am umfassendsten Rechnung getragen würde. In Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung müssen neben den Interessen des Arztes, gegenüber dem der Regressbescheid ergeht, auch die der KÄV und der Verbände der Krankenkassen in den Blick genommen werden. Diese haben nach § 106a Abs 1 SGB V nicht nur das Recht, die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c SGB V zu beantragen, sondern auch das Recht, gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle den Beschwerdeausschuss anzurufen. In einem Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Prüfinstanzen in Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren sind sie nach ständiger Rechtsprechung gemäß § 75 Abs 2 SGG notwendig beizuladen
(zur KZÄV: BSG Urteil vom 31.7.1991 – 6 RKa 12/89 – BSGE 69, 138 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 = juris RdNr 18; BSG Urteil vom 29.10.1986 – 6 RKa 19/85 – juris RdNr 9; zu den Verbänden der Krankenkassen: BSG Urteil vom 31.7.1991 – 6 RKa 18/90 – BSGE 69, 147 = SozR 3-2500 § 106 Nr 7 = juris RdNr 8). Ferner ist zu berücksichtigen, dass die KÄV Schuldnerin der Honorarforderung des Arztes ist. Bei den im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen erlassenen Verwaltungsakten, die sich auf die Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungsweise und damit die Höhe des Honoraranspruchs beziehen, handelt es sich daher um Verwaltungsakte mit Doppelwirkung, in denen der Beschwerdeausschuss auch das Rechtsverhältnis zwischen Vertragsarzt und KÄV regelt
(vgl BSG Urteil vom 29.10.1986 – 6 RKa 19/85 – juris RdNr 9; BSG Urteil vom 31.7.1991 – 6 RKa 12/89 – BSGE 69, 138 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 = juris RdNr 18). Sowohl der Vertragsarzt, als auch die KÄV können daher durch Bescheide des Beschwerdeausschusses beschwert sein. In Fällen, in denen beide durch den Bescheid beschwert sind, können diesen auch beide mit entgegengesetztem Begehren mit der Klage angreifen. Wenn es – wie hier – um die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise des Arztes geht, gilt im Grundsatz nichts Anderes, wobei die wirtschaftliche Belastung idR nicht unmittelbar die KÄV trifft, sondern die Krankenkassen, die durch die ärztliche Verordnung und die in § 129 SGB V vorausgesetzten Normverträge verpflichtet werden, der Apotheke die an den Versicherten abgegebenen Arzneimittel zu vergüten
(vgl BSG Urteil vom 28.9.2010 – B 1 KR 3/10 R – BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 13). Daraus folgt auch, dass es nicht im Belieben des Beschwerdeausschusses steht, ob er nach einer Aufhebung seines Bescheides durch das Gericht erneut – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts – über den Regress entscheidet. Wenn er nach einer Verurteilung zur Neubescheidung zugunsten des Arztes von den Maßgaben aus der Entscheidung des Gerichts abweichen und zB auf die Festsetzung des Regresses vollständig verzichten würde, wären dadurch die KÄV bzw die Krankenkassen beschwert; sie könnten geltend machen, dass der Beschwerdeausschuss zu ihren Lasten von einer insoweit rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts abgewichen ist. Soweit der Senat in dem og Urteil vom 27.6.2007
(B 6 KA 27/06 R – SozR 4-1500 § 141 Nr 1 = juris RdNr 26) ausgeführt hat, dass eine Behörde befugt sei, von einer im Bescheidungsurteil entschiedenen Frage zugunsten des Klägers abzuweichen, ist klarzustellen, dass dies uneingeschränkt nur für ausschließlich bipolare Konstellationen gelten kann, aus den og Gründen jedoch nicht für Entscheidungen der Beschwerdeausschüsse, die zwangsläufig entweder den verordnenden Arzt oder aber die KÄV bzw die Krankenkassen belasten.
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3. Aufgrund des Urteils des SG vom 25.1.2012 war der Beklagte zur Neubescheidung über den gegenüber der Klägerin für Arzneimittelverordnungen im Jahr 2003 festzusetzenden Regress nach Maßgabe des Inhalts der Entscheidungsgründe verpflichtet. Zwar hat sich das SG im Tenor dieses Urteils darauf beschränkt, den Regressbescheid des Beklagten vom 1.7.2009 aufzuheben und dort keine Aussage zu der Frage getroffen, ob und mit welchen Maßgaben der Beklagte – wie das in Verfahren der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung die Regel ist – zur Neubescheidung verpflichtet ist. Es ist aber allgemein anerkannt, dass zur Auslegung eines unklaren Tenors auch die Entscheidungsgründe und sonstige Urteilsinhalte herangezogen werden können
(vgl zB BSG Urteil vom 8.2.2007 – B 9b SO 5/05 R – juris RdNr 11; BSG Urteil vom 9.12.2016 – B 8 SO 14/15 R – juris RdNr 10; BGH Beschluss vom 17.1.2017 – XI ZR 490/15 – NJW-RR 2017, 763 juris RdNr 2; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 136 RdNr 5c; zur Auslegung einer im Urteilstenor ausgesprochenen Revisionszulassung vgl BSG Urteil vom 21.4.1999 – B 5/4 RA 25/97 R – SozR 3-1500 § 160 Nr 28 = juris RdNr 17). Der Tenor war hier unter Berücksichtigung des Inhalts der Entscheidungsgründe im Sinne einer Verurteilung zur Neubescheidung auszulegen.
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Aus den oben dargelegten Gründen stellt die isolierte Aufhebung des Bescheides des Beschwerdeausschusses in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine seltene Ausnahme dar. Dass ein solcher Ausnahmefall hier nicht vorliegt und auch vom SG nicht angenommen wurde, folgt eindeutig aus dem Inhalt der Entscheidungsgründe des Urteils vom 25.1.2012. Danach hat der Beklagte den Regress lediglich in unrichtiger Höhe festgesetzt. Der Auffassung der Klägerin, dass es an der erforderlichen rechtlichen Grundlage für die Regressfestsetzung in Gestalt einer wirksamen Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2003 fehlen würde, folgt das SG ausdrücklich nicht. Dasselbe gilt für die von der Klägerin geltend gemachte Fehlerhaftigkeit der der Entscheidung des Beklagten zugrunde liegenden elektronisch übermittelten Verordnungsdaten. Bezogen auf den dritten von der Klägerin geltend gemachten Gesichtspunkt – die Anerkennung weiterer Praxisbesonderheiten – differenziert das SG: Die meisten der von der Klägerin geltend gemachten Gesichtspunkte (Kosten für parenterale Ernährung, hohe Verordnungskosten bei einzelnen Patienten insbesondere mit chronischen Erkrankungen, hoher Frauenanteil) sind nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe nicht geeignet, die Anerkennung von Praxisbesonderheiten zu begründen. Bezogen auf die Anerkennung der verordneten TAH in Höhe von (nur) 50 % als Praxisbesonderheit fehlt es jedoch nach Ansicht des SG mindestens an einer ausreichenden Begründung. Bei zusätzlicher Berücksichtigung aller TAH verbleibe ein Regressbetrag in Höhe von 45 317,56 Euro. Wörtlich formuliert das SG dazu in den Entscheidungsgründen: „Ausgehend von diesen Berechnungen wird der Beklagte eine neue Entscheidung zu treffen haben.“ Danach kann es keinem Zweifel unterliegen, dass es sich bei dem Urteil des SG vom 25.1.2012 – trotz der fehlenden Aufnahme der Verpflichtung zur Neubescheidung in den Tenor – um ein Bescheidungsurteil handelt.
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Nicht ganz eindeutig ist das Urteil des SG – auch unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe – allein bezogen auf die Frage, ob der Beklagte verpflichtet war, bei der Neubescheidung alle TAH als Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen und den Regressbetrag auf 45 317,56 Euro zu reduzieren oder ob es dem Beklagten die Möglichkeit eröffnen wollte mit geänderter Begründung nur einen Teil der TAH als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen. Darauf kommt es aber nicht mehr an, nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 30.3.2012 alle TAH als Praxisbesonderheit anerkannt und den Regressbetrag auf dieser Grundlage nach erneuter Berechnung auf 44 463,07 Euro – und damit sogar noch etwas niedriger als im Urteil des SG angenommen – festgesetzt hat.
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Damit weicht der Bescheid vom 30.3.2012 jedenfalls nicht zuungunsten der Klägerin von dem Urteil des SG ab. Allein darauf kommt es hier an. Soweit die Klägerin im vorliegenden Verfahren eine Änderung des Bescheides vom 30.3.2012 begehrt, die zu ihren Gunsten über die Maßgaben aus dem Urteil des SG vom 25.1.2012 hinausgeht, steht dem die aus der Rechtskraft folgende Bindungswirkung
(§ 141 Abs 1 SGG) dieses Urteils entgegen. Wenn das Gericht den Bescheid – wie hier – mit der Maßgabe aufhebt, dass der Beklagte über den Regress neu zu entscheiden hat und wenn es dabei der Rechtsauffassung des Klägers nicht in vollem Umfang folgt, so kann der Kläger bei der erneuten Bescheidung mit denjenigen Einwendungen, die das Gericht in seiner für die Neubescheidung für maßgeblich erklärten Rechtsauffassung nicht berücksichtigt hat, aufgrund der Bindungswirkung des rechtskräftig gewordenen Urteils nicht mehr gehört werden. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Senats selbst dann, wenn das Gericht zu einzelnen vom Kläger erhobenen Einwendungen in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich Stellung nimmt und sie damit nicht zum Inhalt seiner für die Neubescheidung maßgeblichen Rechtsauffassung macht
(BSG Urteil vom 27.6.2007 – B 6 KA 27/06 R – SozR 4-1500 § 141 Nr 1 = juris RdNr 23; BSG Beschluss vom 10.5.2017 – B 6 KA 58/16 B – ZMGR 2017, 248 = juris RdNr 7). Ein Kläger, der durch eine vom Gericht für die Neubescheidung als maßgeblich niedergelegte Rechtsauffassung beschwert ist, weil diese von seinem Standpunkt abweicht oder sein Vorbringen nicht vollumfänglich ausschöpft, muss Rechtsmittel einlegen, wenn er erreichen will, dass seine weitergehenden Positionen erneut gerichtlich überprüft werden. Denn nur das Rechtsmittelgericht kann ein ergangenes Bescheidungsurteil ändern und dabei der Behörde für die Neubescheidung eine andere Rechtsauffassung zur Beachtung vorgeben
(BSG Urteil vom 27.6.2007 – B 6 KA 27/06 R – SozR 4-1500 § 141 Nr 1 = juris RdNr 23; vgl BSG Urteil vom 18.8.2010 – B 6 KA 14/09 R – SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 14 f; BSG Urteil vom 11.12.2019 – B 6 KA 12/18 R – SozR 4-2500 § 87b Nr 22 RdNr 16). Gegen das Urteil des SG vom 25.1.2012 hat aber allein der Beklagte Berufung eingelegt. Infolgedessen sind die die Klägerin belastenden Maßgaben aus diesem Urteil in Rechtskraft erwachsen.
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5. Die Klägerin kann im vorliegenden Verfahren auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Bescheid gegen den in § 106 Abs 5e SGB V idF des GKV-VStG
(vom 22.12.2011, BGBl I 2983, 2997) verankerten Vorrang der individuellen Beratung vor einer Regressfestsetzung („Beratung vor Regress“) verstoßen würde. Nach § 106 Abs 5e Satz 1 und 2 SGB V erfolgt bei einer erstmaligen Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % abweichend von Abs 5a Satz 3 (Festsetzung eines Regresses) eine individuelle Beratung nach Abs 5a Satz 1 SGB V. Ein Erstattungsbetrag kann bei künftiger Überschreitung erstmals für den Prüfzeitraum nach der Beratung festgesetzt werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin ihr Richtgrößenvolumen im Jahr 2003 im Sinne dieser Vorschrift erstmalig
(zu diesem Tatbestandsmerkmal vgl BSG Urteil vom 22.10.2014 – B 6 KA 3/14 R – BSGE 117, 149 = SozR 4-2500 § 106 Nr 48, RdNr 62) um mehr als 25 % überschritten hat. Jedenfalls steht auch diesem Einwand der Klägerin die Rechtkraftwirkung des Urteils des SG vom 25.1.2012 entgegen. Zwar ist die rückwirkende Geltung der og Regelung zur Beratung anstelle eines Regresses für Verfahren, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren, erst mit der Anfügung des § 106 Abs 5 Satz 7 SGB V durch Art 12b Nr 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19.10.2012
(BGBl I 2192, 2226) und damit nach der Entscheidung des SG vom 25.1.2012 geregelt worden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Bindung an ein Bescheidungsurteil entfällt, wenn sich die entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtslage nachträglich ändert
(vgl zB BVerwG Urteil vom 8.12.1992 – 1 C 12.92 – BVerwGE 91, 256 = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr 63 = juris RdNr 13; BVerwG Urteil vom 27.1.1995 – 8 C 8.93 – Buchholz 310 § 121 VwGO Nr 70 = NJW 1996, 737 = juris RdNr 14, jeweils mwN). Durch die Anfügung des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V hat sich die Rechtslage aber nicht in einer für das vorliegende Verfahren entscheidungserheblichen Weise geändert. Wie das LSG bereits zutreffend unter Hinweis auf das Urteil des Senats vom 22.10.2014
(B 6 KA 8/14 R – SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 27 ff) dargelegt hat, betrifft die Neureglung nur Entscheidungen von Beschwerdeausschüssen, die nach dem 25.10.2012 ergangen sind. Maßgebend ist dabei der das Verwaltungsverfahren abschließende Bescheid und damit hier der Bescheid des Beklagten vom 1.7.2009. Wenn der das Verwaltungsverfahren abschließende Bescheid des Beschwerdeausschusses – wie hier – später aufgehoben wird und der Beschwerdeausschuss zur Neubescheidung verurteilt wird, so hat dies nach der Rechtsprechung des Senats selbst dann nicht die rückwirkende Geltung des § 106 Abs 5e SGB V zur Folge, wenn die Neubescheidung nach dem 25.10.2012 erfolgt ist
(BSG Urteil vom 22.10.2014 – B 6 KA 8/14 R – SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 43). Im Übrigen ist hier auch der Bescheid, den der Beklagte nach der Verurteilung zur Neubescheidung erlassen hat, bereits unter dem 30.3.2012 und damit nicht nach dem 25.10.2012 ergangen. Damit hat die Einfügung des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V keine für die Entscheidung maßgebende Änderung der Sach- oder Rechtslage bewirkt.
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5. Nichts anderes gilt im Ergebnis für den von der Klägerin geltend gemachten Umstand, dass das SG die Rechtslage bezogen auf einen Regressbescheid, der sich auf Verordnungen der Klägerin aus dem Jahr 2002 bezog, anders beurteilt haben soll, als das SG in seinem Urteil vom 25.1.2012 bezogen auf Verordnungen der Klägerin aus dem Jahr 2003. Das LSG hat in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar dargelegt, dass den unterschiedlichen Entscheidungen unterschiedliche Sachverhalte zugrunde lagen. Selbst wenn aber mit der Klägerin davon auszugehen wäre, dass das SG in verschiedenen Urteilen voneinander abweichende Rechtsauffassungen vertreten hätte, könnte das an der Rechtskraft des hier allein maßgebenden, die Verordnungen der Klägerin im Jahr 2003 betreffenden Urteils vom 25.1.2012, gegen das die Klägerin keine Rechtsmittel eingelegt hat, nichts ändern.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des von ihr ohne Erfolg geführten Rechtsmittels zu tragen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine eigenen Anträge gestellt haben
(§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSG Urteil vom 31.5.2006 – B 6 KA 62/04 R – BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).