BGH 8. Zivilsenat, Beschluss vom 14.10.2025, AZ VIII ZR 114/25, ECLI:DE:BGH:2025:141025BVIIIZR114.25.0
Verfahrensgang
vorgehend OLG Stuttgart, 25. März 2025, Az: 6 U 110/24, Urteil
vorgehend LG Ellwangen, 22. August 2024, Az: 4 O 72/24
Tenor
Die Anträge des Beklagten auf Beiordnung eines Notanwalts für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde werden zurückgewiesen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart – 6. Zivilsenat – vom 25. März 2025 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Gebührenstufe bis 155.000 € festgesetzt.
Gründe
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1. Der Antrag des Beklagten auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 78b Abs. 1 ZPO ist unbegründet.
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Nach dieser Vorschrift hat das Gericht, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag einen Notanwalt beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
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a) Der Antrag des Beklagten vom 11. September 2025 auf Beiordnung eines Notanwalts für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren, den dieser gestellt hat, nachdem zunächst Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof Dr. S. und sodann Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof Dr. H. das Mandat niedergelegt haben, ist bereits deshalb zurückzuweisen, weil er nicht – wie erforderlich – innerhalb der von dem Vorsitzenden bis zum 28. Juli 2025 verlängerten Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gestellt worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Oktober 2023 – VIII ZA 8/23, juris Rn. 1; vom 26. Januar 2023 – V ZR 101/22, juris Rn. 1).
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b) Die Beiordnung eines Notanwalts kommt vorliegend überdies auch deshalb nicht in Betracht, weil eine solche Beiordnung voraussetzt, dass die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden hat. Ihre diesbezüglichen Bemühungen hat die Partei dem Gericht – innerhalb der Rechtsmittelfrist (hier: innerhalb der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde) – substantiiert darzulegen und nachzuweisen. Darzulegen ist in diesem Zusammenhang, welche Rechtsanwälte aus welchen Gründen zur Übernahme des Mandats nicht bereit waren (siehe nur Senatsbeschluss vom 11. Februar 2025 – VIII ZA 16/24, juris Rn. 3 mwN). Diesen Anforderungen genügt der Notanwaltsantrag des Beklagten in mehrfacher Hinsicht nicht. Denn weder hat der Beklagte substantiierten Vortrag zu seinen vorstehend genannten Bemühungen gehalten noch hat er Nachweise für diese Bemühungen vorgelegt.
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c) Der Beiordnung eines Notanwalts steht schließlich auch der Umstand der hier erfolgten Mandatsniederlegungen entgegen. Hat die Partei – wie im vorliegenden Fall der Beklagte – zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn sie die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat (vgl. Senatsbeschluss vom 26. November 2024 – VIII ZR 144/24, juris Rn. 2 mwN). Die Partei hat innerhalb der für das beabsichtigte Rechtsmittel geltenden Frist darzulegen, dass die Beendigung nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 26. November 2024 – VIII ZR 144/24, aaO mwN).
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Nach diesen Grundsätzen kann dem Beklagten im Streitfall ein Notanwalt nicht bestellt werden. Es fehlt an hinreichendem Vortrag dazu, dass er die Niederlegungen des Mandats durch den zunächst beauftragten, die Nichtzulassungsbeschwerde für ihn einlegenden Rechtsanwalt Dr. S. und durch den im Anschluss hieran – nach der Niederlegung des Mandats durch Rechtsanwalt Dr. S. – beauftragten Rechtsanwalt Dr. H. nicht zu vertreten hat. Der Beklagte hat in seinem Notanwaltsantrag lediglich ausgeführt, beide vorgenannten Rechtsanwälte hätten das Mandat trotz vollständiger Zahlung der Gebühren ohne nachvollziehbare Begründung niedergelegt. Dem Vorbringen des Beklagten lässt sich damit weder der Grund für die jeweilige Niederlegung des Mandats durch seine Rechtsanwälte entnehmen noch ergibt sich hieraus, dass die Niederlegung nicht auf ein Verschulden des Beklagten zurückzuführen ist.
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d) Da die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde abgelaufen ist (siehe hierzu auch nachfolgend unter 2), kann weiterer berücksichtigungsfähiger Vortrag des Beklagten zu etwaigen vergeblichen Bemühungen, einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden, sowie zu den Gründen der beiden Mandatsniederlegungen nicht mehr erfolgen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 28. April 2020 – VIII ZR 300/18, FamRZ 2020, 1390 Rn. 6; vom 19. September 2023 – VIII ZR 114/23, juris Rn. 3).
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2. Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist bereits deshalb zurückzuweisen, weil er nicht – wie im hier vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erforderlich – durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gestellt worden ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO).
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Zudem ist der Wiedereinsetzungsantrag nicht innerhalb der hier geltenden Frist von einem Monat ab Behebung des Hindernisses gestellt worden (§ 234 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Der lediglich pauschale und zudem nicht glaubhaft gemachte Vortrag des Beklagten in seinem Wiedereinsetzungsantrag vom 11. September 2025, er sei „bis einschließlich 11. August 2025 aufgrund einer ärztlich dokumentierten Erkrankung verhandlungsunfähig gewesen“, vermag daran nichts zu ändern. Ungeachtet des Umstands, dass der Beklagte bis vier Tage vor dem Ende der Nichtzulassungsbeschwerdebegründungsfrist durch Rechtsanwalt Dr. S. anwaltlich vertreten war und ihm daher der Ablauf der Begründungsfrist am 28. Juli 2025 bekannt sein musste, war die einmonatige Wiedereinsetzungsfrist bei Eingang des Wiedereinsetzungsantrags des Beklagten am 11. September 2025 jedenfalls deshalb abgelaufen, weil Rechtsanwalt Dr. H. bereits mit Schriftsatz vom 7. August 2025 – und damit während der angeblichen Erkrankung des Beklagten – dessen anwaltliche Vertretung angezeigt und neben einem Antrag auf Verlängerung der (bereits abgelaufenen) Nichtzulassungsbeschwerdebegründungsfrist auch mitgeteilt hat, der Beklagte behalte sich für den Fall, dass die Verlängerung nicht gewährt werden sollte, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte nicht mehr gehindert, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen und die versäumte Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nachzuholen.
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3. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen, da die Frist zu deren Begründung verstrichen ist. Sie ist zwar form- und fristgerecht eingelegt, jedoch nicht innerhalb der von dem Vorsitzenden bis zum 28. Juli 2025 verlängerten Frist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. August 2024 – VIII ZR 50/24, juris Rn. 5 mwN; vom 26. November 2024 – VIII ZR 144/24, juris Rn. 7).
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Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde kann gleichzeitig mit der Zurückweisung des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts erfolgen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. August 2024 – VIII ZR 50/24, aaO Rn. 6 mwN; vom 26. November 2024 – VIII ZR 144/24, aaO Rn. 8). Auch ein etwaiger von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) im Hinblick auf die versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde verspräche keinen Erfolg, weil der Beklagte – wie vorstehend ausgeführt – weder rechtzeitig vor Fristablauf die Beiordnung eines Notanwalts beantragt noch die Voraussetzungen hierfür dargelegt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. August 2024 – VIII ZR 50/24, aaO mwN; vom 26. November 2024 – VIII ZR 144/24, aaO).
Dr. Bünger Kosziol Dr. Liebert
Dr. Schmidt Dr. Reichelt
