Beschluss des BGH 13. Zivilsenat vom 08.04.2025, AZ XIII ZB 21/24

BGH 13. Zivilsenat, Beschluss vom 08.04.2025, AZ XIII ZB 21/24, ECLI:DE:BGH:2025:080425BXIIIZB21.24.0

Verfahrensgang

vorgehend LG Hamburg, 26. Februar 2024, Az: 329 T 10/24
vorgehend AG Hamburg, 25. Januar 2023, Az: 219d XIV 183/23

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg – Zivilkammer 29 – vom 26. Februar 2024 wird auf Kosten der Vertrauensperson des Betroffenen mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass diese auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe

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I.    Der Betroffene, ein tunesischer Staatsangehöriger, reiste am 15. Januar 2021 nach Deutschland ein und stellte unter einem Aliasnamen als vorgeblich algerischer Staatsangehöriger einen Asylantrag. Gegenüber der beteiligten Behörde erklärte er am 26. März 2021, nicht freiwillig auszureisen. Seit dem 17. April 2021 hielt er sich in seiner zugewiesenen Unterkunft nicht mehr auf und war – abgesehen von Zeiträumen, in denen er sich in Untersuchungshaft befand – unbekannten Aufenthalts. Mit Bescheid vom 3. Mai 2021 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) das Asylverfahren ein und drohte dem Betroffenen zugleich die Abschiebung nach Algerien mit der Maßgabe an, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden könne, in den er einreisen dürfe.

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Am 15. November 2023 wurde der Betroffene festgenommen. Das Amtsgericht ordnete am 16. November 2023 auf Antrag der beteiligten Behörde Abschiebungshaft bis zum 11. Januar 2024 an. Mit Schreiben vom 24. Dezember 2023 hat sich der Rechtsbeschwerdeführer als Person des Vertrauens (im Folgenden: Vertrauensperson) benannt und beantragt, die Haft nach § 426 Abs. 2 FamFG aufzuheben und festzustellen, dass diese ab Eingang des Schreibens rechtswidrig war. Am 11. Januar 2024 wurde der Betroffene nach Tunesien abgeschoben.

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Das Amtsgericht hat den Antrag der Vertrauensperson mit Beschluss vom 25. Januar 2024 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 26. Februar 2024 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Vertrauensperson mit der Rechtsbeschwerde, mit der sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und festzustellen, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 16. November 2023 den Betroffenen für die Zeit ab dem 24. Dezember 2023 in seinen Rechten verletzt hat.

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II.    Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

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1.    Das Beschwerdegericht hat – soweit erheblich – angenommen, das Amtsgericht habe die Sicherungshaft zu Recht angeordnet. Der Betroffene sei aufgrund der rechtskräftigen Abschiebungsandrohung im Beschluss des Bundesamts vom 3. Mai 2021, der dem Betroffenen gemäß § 10 AsylG und durch Übergabe zugestellt worden sei, vollziehbar ausreisepflichtig. Der Haftantrag enthalte die gemäß § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG erforderlichen Angaben, insbesondere sei die Erforderlichkeit einer Haftdauer von acht Wochen hinreichend dargelegt. Das Amtsgericht habe zu Recht Fluchtgefahr angenommen.

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2.    Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist die Vertrauensperson rechtsbeschwerdebefugt. Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht nach dem Wortlaut des Tenors die „Beschwerde des Betroffenen“ zurückgewiesen hat. Aus dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung erschließt sich, dass damit die Beschwerde der Vertrauensperson gemeint war. Die Vertrauensperson hat die Beschwerde im eigenen Namen eingelegt. Auch den Haftaufhebungsantrag gemäß § 426 Abs. 2 FamFG hat sie im eigenen Namen gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2023 – XIII ZB 9/20, FamRZ 2023, 1655 Rn. 14; vom 10. Oktober 2023 – XIII ZB 53/22, NJW 2024, 680 Rn. 9 mwN).

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3.    Die Beurteilung durch das Beschwerdegericht hält der rechtlichen Überprüfung stand.

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a)    Die Rüge der Rechtsbeschwerde, die Beschwerdeentscheidung sei bereits deshalb aufzuheben, weil sie nicht die erforderlichen elektronischen Signaturen aufweise, greift nicht durch. Zwar gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine ohne Unterschrift ergangene Entscheidung als nicht im Sinne von § 72 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 547 Nr. 6 ZPO mit Gründen versehen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2006 – V ZR 243/04, NJW 2006, 1881 Rn. 15). Der handschriftlich unterschriebene Beschluss vom 26. Februar 2024 genügt aber den gesetzlichen Anforderungen. Mit ihm liegt eine formell ordnungsgemäße Entscheidung des Beschwerdegerichts vor (§ 69 Abs. 3, § 38 Abs. 1 und 3 Satz 2 FamFG). Der Beschluss wurde auch nach § 14 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 130b Satz 1 ZPO, § 298a Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß in ein elektronisches Dokument übertragen. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, fehlt es nicht an dem gemäß § 14 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 130b Satz 1 ZPO, § 298a Abs. 2 Satz 4 ZPO erforderlichen, mit qualifizierter elektronischer Signatur des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle versehenen Übertragungsnachweis. Der Übertragungsnachweis befindet sich – wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt – bei den Akten. Sie rügt lediglich, daraus gehe nicht hervor, dass die signierende Person Urkundsbeamter der Geschäftsstelle sei. Dies führt aber nicht zur Fehlerhaftigkeit des Übertragungsnachweises. § 298a Abs. 2 Satz 4 ZPO schreibt zwar eine qualifizierte elektronische Signatur des Übertragungsnachweises durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, nicht aber die (zusätzliche) Angabe vor, als solcher zu handeln. Ein solches Erfordernis lässt sich auch nicht aus Sinn und Zweck des Übertragungsnachweises ableiten. Dieser soll das bei der Übertragung angewandte Verfahren und die bildliche und inhaltliche Übereinstimmung dokumentieren. Dadurch wird sichergestellt, dass der Übertragungsvorgang sowohl für das Gericht als auch die Parteien und übrigen Beteiligten nachvollziehbar ist und es einer gesonderten Beglaubigung nicht mehr bedarf (Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 28. April 2017, BT-Drucks. 18/12203, S. 80 f.). Die Beteiligten können anhand des Namens der signierenden Person überprüfen, ob die Anforderungen des § 298a Abs. 2 Satz 4 ZPO erfüllt sind. Dass die signierende Person nicht ordnungsgemäß mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle im Sinne von § 153 GVG betraut worden wäre, legt die Rechtsbeschwerde nicht dar (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2014 – 3 StR 489/14, NStZ 2015, 473, 474 [juris Rn. 11]).

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b)    Der Haftanordnung lag ein zulässiger Haftantrag zugrunde.

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aa)    Die Zulässigkeit des Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zu den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung gehören unter anderem Darlegungen zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG). Diese Darlegungen dürfen zwar knapp gehalten sein; sie müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte ansprechen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 15. September 2011 – V ZB 123/11, InfAuslR 2012, 25 Rn. 8; vom 12. November 2019 – XIII ZB 5/19, InfAuslR 2020, 165 Rn. 8; vom 14. Juli 2020 – XIII ZB 74/19, juris Rn. 7; vom 25. Oktober 2022 – XIII ZB 116/19, NVwZ 2023, 1523 Rn. 7). Dazu müssen die Darlegungen auf den konkreten Fall bezogen sein und dürfen sich nicht in Leerformeln erschöpfen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2011 – V ZB 311/10, FGPrax 2012, 82 Rn. 13; NVwZ 2023, 1523 Rn. 7 mwN; vom 20. Dezember 2022 – XIII ZB 40/20, juris Rn. 7).

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bb)    Diesen Maßgaben entspricht der Haftantrag, insbesondere enthält er hinreichende Angaben zur erforderlichen Dauer der Haft. Er begründet die beantragte Haftdauer damit, dass der Betroffene auf dem Luftweg nach Tunesien abgeschoben werden solle. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens, der begangenen Straftaten sowie der bestehenden Drogenabhängigkeit müsse er zwingend von der Bundespolizei und einem Arzt begleitet werden. Für die Organisation einer begleiteten Rückführung würden erfahrungsgemäß sechs Wochen benötigt. Aufgrund der zahlreichen Sperrtage in den Herkunftsländern in der letzten Dezemberwoche und der ersten Januarwoche 2024 müsse die beantragte Haftdauer auf acht Wochen ausgedehnt werden. Der Ausländerbehörde liege eine Zusage der tunesischen Behörden zur Ausstellung eines Passersatzpapieres vor. Ein Flug werde am heutigen Tag, unmittelbar nach der Anhörung angefordert.

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cc)    Diese Angaben sind ausreichend. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde bedurfte es keiner genaueren Ausführungen zur Frequenz möglicher Flugverbindungen und zur Buchungslage. Ist eine Abschiebung mit Sicherheitsbegleitung vorgesehen, kann sich die beteiligte Behörde ohne nähere Erläuterungen auf eine Auskunft der zuständigen Stelle oder – wie hier – entsprechende eigene Erfahrungswerte berufen, wonach ein Zeitraum von bis zu sechs Wochen erforderlich ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 22. März 2022 – XIII ZB 17/20, juris Rn. 9 mwN; vom 20. September 2018 – V ZB 4/17, InfAuslR 2019, 23 Rn. 11). Ist ein längerer Zeitraum erforderlich, bedarf es einer auf den konkreten Fall bezogenen Begründung, die dies nachvollziehbar erklärt (vgl. BGH, Beschluss vom 31. August 2021 – XIII ZB 12/20, juris Rn. 11 mwN). Dem ist die beteiligte Behörde dadurch nachgekommen, dass sie auf die zahlreichen Sperrtage im Herkunftsland nach Ende des Sechswochen-Zeitraums in der letzten Dezemberwoche 2023 und der ersten Januarwoche 2024 hingewiesen hat. Das erlaubte dem Haftgericht konkrete Nachfragen und genügte deshalb den Anforderungen des § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2024 – XIII ZB 65/22, NVwZ-RR 2024, 524 Rn. 10 mwN).

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c)    Entgegen der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht das Vorliegen einer wirksam zugestellten Abschiebungsandrohung gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 AufenthG zu Recht bejaht. Der übersetzte Bescheid des Bundesamts vom 3. Mai 2021 ist dem Betroffenen nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts am 28. Februar 2022 in der Untersuchungshaft übergeben worden. Einer dadurch bewirkten Zustellung steht nicht entgegen, dass es an der gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 VwZG erforderlichen Bestätigung des Betroffenen durch Empfangsbekenntnis fehlt. Mit der Übergabe wurde ein etwaiger Zustellungsmangel gemäß § 8 VwZG, der neben § 10 AsylG anwendbar ist, geheilt (vgl. BGH, Beschluss vom 31. August 2021 – XIII ZB 97/19, NVwZ-RR 2022, 115 Rn. 12, 17; Preisner in BeckOK AuslR, 43. Ed. [1.1.2025], § 10 AsylG Rn. 16; Smollich in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl., § 5 VwZG Rn. 2). Am Zustellungswillen bestehen vorliegend keine Zweifel (vgl. BGH, NVwZ-RR 2022, 115, 116 Rn. 19; BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2006 – 6 B 65/05, NVwZ 2006, 943 Rn. 7, 8).

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Der Wirksamkeit der Abschiebungsandrohung steht gemäß § 59 Abs. 2 AufenthG ferner nicht entgegen, dass sie Algerien und nicht Tunesien als Zielstaat benennt (vgl. Hocks in Hofmann, Ausländerrecht, 3. Aufl., § 59 Rn. 19, 20). Zwar muss dem Betroffenen vor der Abschiebung der Zielstaat bekannt gegeben und die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes ermöglicht werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2000 – 9 C 42.99, BVerwGE 111, 343 [juris Rn. 14]). Dies betrifft jedoch die Rechtmäßigkeit der Abschiebung, die nicht Gegenstand des Haftaufhebungsverfahrens, sondern vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2024 – XIII ZB 67/20, juris Rn. 9). Der Haftrichter hat nur die Vollziehbarkeit der
Ausreisepflicht, nicht aber zu prüfen, ob die Ausländerbehörde die Abschiebung zu Recht betreibt.

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d)    Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht seine Aufklärungspflicht nach § 26 FamFG nicht dadurch verletzt, dass es der Rüge der Vertrauensperson nicht nachgegangen ist, der zum Anhörungstermin hinzugezogene Dolmetscher sei nicht gemäß § 189 Abs. 2 GVG allgemein beeidigt gewesen. Eine möglicherweise unterbliebene Vereidigung des Dolmetschers führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Sicherungshaft.

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aa)    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt allein der Umstand, dass eine Beeidigung des Dolmetschers unterblieben ist, nicht zu einem Verstoß gegen Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG (BGH, Beschluss vom 6. April 2017 – V ZB 59/16, InfAuslR 2017, 292 Rn. 9 bis 11 mwN). Verfahrensfehler bei der Durchführung der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 420 Abs. 1 FamFG verletzen den Betroffenen in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nur, wenn sie nicht nur den formal ordnungsmäßigen Ablauf der Anhörung, sondern deren Grundlagen betreffen und ihr den Charakter einer „Nichtanhörung“ verleihen (BGH, Beschlüsse vom 18. Februar 2016 – V ZB 23/15, InfAuslR 2016, 235 Rn. 26 mwN; vom 20. Mai 2016 – V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 10; vom 6. April 2017, InfAuslR 2017, 292 Rn. 11). Zu diesen Grundlagen zählt die unterbliebene Beeidigung des Dolmetschers nicht (BGH, InfAuslR 2017, 292 Rn. 11). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend die Übertragung durch den Dolmetscher insgesamt unzuverlässig und daher als Grundlage für die gerichtliche Entscheidung ungeeignet war (vgl. BGH, InfAuslR 2017, 292 Rn. 11), sind nicht ersichtlich. Ausweislich des Protokolls hat der im Anhörungstermin anwaltlich vertretene Betroffene erklärt, ihm sei der Haftantrag übersetzt worden und er habe dies verstanden; er sei bereit über den Antrag zu verhandeln, wolle sich zur Sache aber nicht äußern. Die Übertragung wurde im Anhörungstermin weder vom Betroffenen noch seiner anwesenden anwaltlichen Bevollmächtigten beanstandet.

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bb)    Anders als die Rechtsbeschwerde meint, steht dieser Beurteilung nicht entgegen, dass die Vereidigung des Dolmetschers im Strafverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine wesentliche und unverzichtbare Förmlichkeit des Verfahrens darstellt (BGH, Urteil vom 8. März 1968 – 4 StR 615/67, BGHSt 22, 118 [juris Rn. 3]), deren Nichtbeachtung einen relativen Revisionsgrund begründet (BGH, Beschluss vom 9. September 2024 – 2 StR 431/23, StraFo 2025, 27 [juris Rn. 16 mwN]). Im Gegensatz zur Strafprozessordnung ist in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – mithin auch in Freiheitsentziehungssachen (§ 23a Abs. 2 Nr. 6 GVG, § 415 FamFG) – die Beeidigung des Dolmetschers gemäß § 189 Abs. 3 GVG nicht erforderlich, wenn die Beteiligten darauf verzichten. § 189 Abs. 3 GVG trägt der charakteristischen – mit dem Strafverfahren nicht vergleichbaren – Verfahrenssituation in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Rechnung und soll die Heranziehung von Personen als Dolmetscher erleichtern, die das Vertrauen der Beteiligten genießen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 7. September 2007, BT-Drucks. 16/6308, S. 320 f.). Die Vereidigung des Dolmetschers ist hier damit gerade keine unverzichtbare Förmlichkeit des Verfahrens (Grotkopp, Abschiebungshaft, 1. Aufl., Rn. 469; Kaniess, Abschiebungshaft, 2024, Kapitel 13 Rn. 61).

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e)    Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht nicht das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) des Betroffenen verletzt, indem es den Vortrag der Vertrauensperson in der am 3. März 2024 eingegangenen Ergänzung der Beschwerdebegründung nicht berücksichtigt hat. Nachdem der Beschluss des Beschwerdegerichts vom 26. Februar 2024 der Vertrauensperson am 2. März 2024 mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden war, war er gemäß § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG erlassen und gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 FamFG wirksam. Damit war das Beschwerdegericht weder verpflichtet noch befugt, das weitere Vorbringen zu berücksichtigen (vgl. Jokisch in Sternal, FamFG, 21. Aufl., § 38 Rn. 90). Ohne Belang ist, dass der elektronische Übertragungsnachweis der handschriftlich unterschriebenen Entscheidung (§ 14 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 130b Satz 2, § 298a Abs. 2 Satz 4 ZPO) auf den 5. März 2024 datiert.

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f)    Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts war von Amts wegen zu korrigieren, da die Vertrauensperson Antragsteller im Haftaufhebungsverfahren und Beschwerdeführer war. Ein Verschlechterungsverbot gilt insoweit nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1962 – V C 62.61, BVerwGE 14, 171, 174 f. [juris Rn. 17]; BGH vom 24. November 1980 – VIII ZR 208/79, WM 1981, 46 [juris Rn. 22]). Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

Roloff                          Picker                          Vogt-Beheim

             Holzinger                      Kochendörfer

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