BPatG München 28. Senat, Beschluss vom 16.12.2024, AZ 28 W (pat) 541/21, ECLI:DE:BPatG:2024:161224B28Wpat541.21.0
Tenor
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2019 103 573
(hier: Kostenentscheidung)
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 16. Dezember 2024 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richterinnen Uhlmann und Berner beschlossen:
Der Antrag der Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Gegen die für Waren der
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Klasse 06: Schalungen zum Betonieren von Wänden, Decken, Trägern, Unterzügen, Stützenschalungen und Säulenschalungen; vorgenannte Waren überwiegend aus Metall; Spannschlösser zum Verbinden von Betonschalungen und sonstiges Schalungszubehör aus Metall, nämlich Schalungsträger, Stützen und Richtstützen für Schalungen und zum Betonieren, Stützenköpfe aus Metall; Absperrgitter aus Metall; Absturzsicherungen aus Metall; Träger aus Metall; Deckenstützen aus Metall;
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Klasse 19: Schalungen zum Betonieren von Wänden, Decken, Trägern, Unterzügen, Stützenschalungen und Säulenschalungen; vorgenannte Waren überwiegend nicht aus Metall; Mehrschichtplatten aus Holz oder Kunststoff als Schalungsplatten für die Betonschaltechnik; Betonverschalungselemente nicht aus Metall; Holzstützen und Holzträger für Bauzwecke, insbesondere für Betonschalungen, Schalungsträger [nicht aus Metall], Stützen und Richtstützen [nicht aus Metall] für Schalungen und zum Betonieren;
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am 20. März 2019 angemeldete und am 2. April 2019 unter der Nummer 30 2019 103 573 in das bei dem Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragene Wortmarke
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MonoDec
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der Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin am 2. August 2019 beim Deutschen Patent- und Markenamt Widerspruch erhoben aus ihrer am 14. November 2013 unter der Nummer 011 577 211 eingetragenen Unionsmarke
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MONDECO
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die für Waren der
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Klasse 1: Kunstharze; Kunstharze, bestehend aus mineralischen Materialien; Thermoplaste und wärmehärtbare Kunststoffe im Rohzustand, Rohe Kunststoffe in Form von Pulver, Flüssigkeiten oder Pasten; Kunststoffe im Rohzustand in Form von Pulvern, Flüssigkeiten oder Pasten, bestehend aus mineralischen Materialien; Sperrhäute in Form von flüssigen chemischen Erzeugnissen zur Verwendung im Bauwesen;
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Klasse 2: Farben, Firnisse und Lacke; Farben, Firnisse, Lacke, bestehend aus mineralischen Materialien; Schützende und dekorative Oberflächenbeschichtungen; Schützende und dekorative Oberflächenbeschichtungen, bestehend aus mineralischen Materialien; Färbemittel, Färbearbeiten und Anstrichfarben; Material zur Bodenbeschichtungen (nicht aus Metall), bestehend aus Farben, Firnissen und Lacken;
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Klasse 19: Baustoffe; Bodenbeläge; Gewerbliche und kommerzielle Bodenbeläge; Verputzmittel;
Fußbodenbeschichtungen und Fußbodenbeläge; Fußbodenversiegelungen aus Harz; Estrichböden und Materialien dafür; Bindemittel für Estriche; Polymere zur Verbesserung von Sandaufbeton;
Klebemittel für Estriche; Beton; Estrichbeton; Zement und Zementprodukte; Fußbodenmörtel; Vergussmörtel;
Fußbodenversiegelungen aus Harz;
Antimikrobielle Bodenbeläge; Fugenlose Terrazzo-Bodenbeläge; Antistatische Bodenbeläge; Biozidwirksame Bodenbeläge; Polyurethan-Bodenbelag; Chemisch widerstandsfähige Bodenbeläge; Parkplatzdecken.
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Klasse 37: Bau-, Wartungs- und Reparaturarbeiten; Verlegen, Wartung und Reparatur von Bodenbelägen und Harzböden; Installation, Pflege und Reparatur von kommerziellen und gewerblichen Bodenbelägen; Damit im Zusammenhang stehende Informations- und Beratungsdienste;
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geschützt ist.
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Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat am 29. Oktober 2019 die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Die Widersprechende hat daraufhin eine eidesstattliche Versicherung ihrer Geschäftsführerin vom 2. September 2020 über die Benutzung der Widerspruchsmarke von 2014 bis 2019 in Großbritannien, Schweden und Polen nebst Anlagen vorgelegt.
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Mit Beschluss vom 4. Mai 2021 hat die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Widersprechende nicht glaubhaft dargelegt habe, dass die Widerspruchsmarke für die vom Verzeichnis umfassten und insbesondere entscheidungsrelevanten Waren benutzt worden sei. Die vorgelegten Benutzungsunterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung reichten nicht aus, da nicht klar sei, auf welche Waren des eingetragenen Warenverzeichnisses sich die eidesstattliche Versicherung beziehe. Unklar seien auch die in der Anlage vorgelegten tabellarischen Darstellungen von Warencodes. Die Benutzung als Warenmarke sei nicht nachgewiesen. Die in der eidesstattlichen Versicherung unter VI aufgeführten Anlagen seien nicht zur Akte gelangt und könnten deshalb nicht berücksichtigt werden.
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Gegen diesen ihr am 7. Mai 2021 zugestellten Beschluss hat die Widersprechende am 31. Mai 2021 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke zu verfügen. Zur Begründung hat sie die eidesstattliche Versicherung vom 2. September 2020 nebst allen Anlagen erneut vorgelegt und vorgetragen, die Unterlagen hätten der Markenstelle vollständig vorgelegen und deshalb auch berücksichtigt werden müssen. Die Widerspruchsmarke könne aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Unterscheidungskraft breiten Schutz beanspruchen, den die angegriffene Marke wegen der engen schriftbildlichen und klanglichen Ähnlichkeit nicht einhalte.
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Die Beschwerdegegnerin hat die Einrede der Nichtbenutzung aufrechterhalten und beantragt, der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
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Nach einem Ladungshinweis des Senats vom 16. September 2024 über die mangelnde Erfolgsaussicht der Beschwerde wegen fehlender Warenähnlichkeit hat die Beschwerdeführerin die Beschwerde zurückgenommen.
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Die Beschwerdegegnerin beantragt,
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die Kosten des Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.
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Sie trägt vor, die Beschwerdeführerin habe einen wegen der mangelnden Ähnlichkeit der Vergleichswaren von vorn herein so gut wie aussichtslosen Widerspruch gegen die angegriffene Marke erhoben. Dies habe die Markenstelle mit ihrem Beschluss deutlich gemacht. Die Beschwerdeführerin habe gleichwohl nichts unternommen, um die Benutzung weitergehend glaubhaft zu machen. Die Rücknahme der Beschwerde nach dem Hinweis des Senats zeige, dass der Beschwerdeführerin die Aussichtslosigkeit der Beschwerde bei ernsthafter Befassung mit der Sache schon bei Einlegung der Beschwerde von vorn herein bewusst gewesen sein müsse.
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Die Beschwerdeführerin beantragt,
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den Kostenauferlegungsantrag der Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Nach Rücknahme der Widersprüche in der Hauptsache ist nur noch über den Kostenantrag der Beschwerdegegnerin zu entscheiden. Der zulässige Kostenantrag ist unbegründet.
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Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG kann das Gericht in einem Verfahren, an dem mehrere Personen beteiligt sind, bestimmen, dass die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht.
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§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG geht im Grundsatz davon aus, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur; GRUR 1996, 399, 401GRUR 1996, 399, 401 – Schutzverkleidung). Solche Umstände sind insbesondere dann GRUR 1996, 399, 401 – Schutzverkleidung). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem Verfahrensgegner vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. BPatG, Beschluss vom 9.12.2020, 29 W (pat) 27/18BPatG, Beschluss vom 9.12.2020, 29 W (pat) 27/18 – LL/LL; BPatGE 12, 238, 240 – Valsette/Garsette; BPatG, Beschluss vom 9.12.2020, 29 W (pat) 27/18 – LL/LL; BPatGE 12, 238, 240 – Valsette/Garsette; Meiser in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 14. Auflage, § 71 Rn. 13). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen (BGH a. a. O. – Lewapur; a. a. O. – Schutzverkleidung).
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Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere war das Beschwerdevorbringen nicht von vornherein aussichtslos. Zwar fehlte es nach der im Ladungshinweis vom 16. September 2024 geäußerten vorläufigen Einschätzung des Senats an der für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG erforderlichen Ähnlichkeit zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und den Waren, zu deren Benutzung die Widersprechende vorgetragen hatte, sodass die Frage der Glaubhaftmachung der behaupteten Benutzung der Widerspruchsmarke im Ergebnis nicht mehr entscheidungsrelevant war. Dies lag aber wegen der Überschneidung der Warenverzeichnisse in der Warengruppe 19 nicht auf der Hand und ist weder von der Markenstelle noch von der Beschwerdegegnerin bis zum Hinweis durch das Gericht thematisiert worden.
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Da die Beschwerdeführerin ausführlich zu der Benutzung der Widerspruchsmarke vorgetragen hat, kann die Einlegung der Beschwerde nicht als von vornherein aussichtslos und mutwillig betrachtet werden, zumal die Beschwerde aus Sicht der Beschwerdeführerin auch dadurch veranlasst war, dass die Markenstelle einen Teil der von ihr als Anlage zur eidesstattlichen Versicherung im Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen mit der Feststellung, sie seien nicht eingereicht worden, ausdrücklich unberücksichtigt gelassen hat, obwohl sie ausweislich der Amtsakte vollständig vorlagen.
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Auch sonstige Anhaltspunkte in der Verfahrensführung, die eine Kostenauferlegung rechtfertigen könnten, fehlen.
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Daher bleibt es bei dem Grundsatz, dass jede Beteiligte ihre Kosten selbst zu tragen hat.