Manhattan Bridge (Urteil des BGH 1. Zivilsenat)

BGH 1. Zivilsenat, Urteil vom 23.10.2024, AZ I ZR 112/23, ECLI:DE:BGH:2024:231024UIZR112.23.0

§ 15 Abs 1 Nr 1 UrhG, § 15 Abs 2 S 1 UrhG, § 15 Abs 2 S 2 Nr 2 UrhG, § 16 UrhG, § 19a UrhG

Leitsatz

Manhattan Bridge

1. Die unionsrechtlichen Grundsätze der Haftung von Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 = WRP 2021, 1019 –; YouTube und Cyando; BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 53/17, BGHZ 233, 373 [juris Rn. 17 f.] – uploaded II und BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15, BGHZ 234, 56 [juris Rn. 70 f.] – Youtube II) sind auf die Haftung von Online-Marktplätzen übertragbar.

2. Der Betreiber eines Online-Marktplatzes ist – wie der einer Video-Sharing- und Sharehosting-Plattform – grundsätzlich verpflichtet, nach einem klaren Hinweis auf eine Rechtsverletzung die dort eingestellten Angebote im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren auf gleichartige Verletzungen zu überprüfen und rechtsverletzende Inhalte zu sperren oder zu löschen. Bei Übertragung der für Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen geltenden Rechtsprechung muss den Besonderheiten von Online-Marktplätzen jedoch Rechnung getragen werden. Soweit nicht der angebotene Gegenstand selbst urheberrechtsverletzend ist, sondern das Angebot lediglich in einer urheberrechtsverletzenden Weise präsentiert wird, erstreckt sich die Prüfungspflicht des Plattformbetreibers im Regelfall allein auf gleichartig präsentierte Angebote, nicht aber auf jegliche Darstellungen des urheberrechtlich geschützten Werks.

3. Die Grundsätze der Haftung von Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke sind nicht auf eine Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks auf den Servern einer solchen Plattform übertragbar. Es verbleibt insoweit bei einer Haftung nach den strafrechtlichen Grundsätzen der Täterschaft und Teilnahme.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Nürnberg, 1. August 2023, Az: 3 U 2910/22, Endurteil
vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 15. September 2022, Az: 19 O 8496/21

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg – 3. Zivilsenat und Kartellsenat – vom 1. August 2023 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Beklagte wegen Vervielfältigens und/oder Vervielfältigenlassens des Lichtbildwerks „Manhattan Bridge“ verurteilt hat.

Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth – 19. Zivilkammer – vom 15. September 2022 auf die Berufung der Beklagten weitergehend abgeändert und die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen der Kläger 49 % und die Beklagte 51 %. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 28 % und die Beklagte 72 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland ansässiger Fotograf und behauptet, er habe eine mit „Manhattan Bridge“ betitelte Fotografie angefertigt.

2

Die Beklagte betrieb im maßgeblichen Jahr 2018 die Online-Handelsplattform R.   unter der Internetadresse www.r.   .de. Dritte konnten sich auf dieser Plattform registrieren und Waren zum Verkauf anbieten. Der Verkäufer M.   S.   bot unter der Bezeichnung „I. -M.  “ einen tragbaren Fernseher der Marke X.  an. Auf dem Produktbild war die Fotografie „Manhattan Bridge“ zu sehen, ohne dass der Kläger als Urheber benannt worden ist:

3

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 21. August 2018 ab.

4

Am 5. Oktober 2018 und 20. Oktober 2018 war auf www.r.   .de ein Angebot des Verkäufers „T.   N. GmbH“ unter der Bezeichnung „T. N. “ mit identischem Produktbild ohne Benennung des Klägers als Urheber abrufbar:

5

Von diesem Angebot hatte der Kläger im Zeitpunkt seiner Abmahnung vom 21. August 2018 bereits Kenntnis.

6

Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung der Vervielfältigung, öffentlichen Zugänglichmachung und/oder Verbreitung des Lichtbildwerks einschließlich unfreier Bearbeitungen davon in Anspruch genommen; zudem hat er Vernichtung von im Besitz der Beklagten befindlichen Vervielfältigungsstücken und Löschung von im Besitz der Beklagten befindlichen Daten des Lichtbildwerks, Auskunftserteilung, bezifferten Schadenersatz von 8.900 € nebst Zinsen, Feststellung der weiteren Schadenersatzpflicht der Beklagten und Erstattung von Abmahnkosten nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben.

7

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit das Landgericht sie zur Unterlassung der Vervielfältigung und/oder öffentlichen Zugänglichmachung des Lichtbildwerks einschließlich unfreier Bearbeitungen davon, Auskunftserteilung und bezifferten Schadensersatz von 6.675 € nebst Zinsen verurteilt sowie ihre weitere Schadensersatzpflicht festgestellt hat. Im Übrigen hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Nürnberg, GRUR 2023, 1453).

8

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, will die Beklagte die Abweisung der Klage auch hinsichtlich der vom Berufungsgericht zuerkannten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz erreichen.

Entscheidungsgründe

9

A. Das Berufungsgericht hat – soweit für das Revisionsverfahren relevant – angenommen, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich aus § 32 ZPO. Der sich gewöhnlich im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland aufhaltende Kläger könne urheberrechtlichen Schutz nach § 121 Abs. 4 Satz 1 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Berner Übereinkunft in ihrer am 24. Juli 1971 in Paris revidierten Fassung (RBÜ) für sich in Anspruch nehmen. Er könne sich zwar nicht auf die Urhebervermutung des § 10 Abs. 1 UrhG stützen, weil er nicht in der üblichen Weise auf den Vervielfältigungsstücken des Lichtbildwerks bezeichnet sei. Der Berufungssenat habe sich jedoch nach § 286 ZPO eine Überzeugung von der Urheberschaft des Klägers gebildet. Die Berufung greife die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nicht an, nach denen die Fotografie als Lichtbildwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG zu qualifizieren und ohne Zustimmung des Klägers zur Bebilderung von Verkaufsangeboten für einen tragbaren Fernseher verwendet worden sei. Dadurch sei ein Eingriff in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 15 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 2, § 19a UrhG erfolgt. Zudem sei ein Eingriff in das Vervielfältigungsrecht nach § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG zu bejahen, wenn – wie im vorliegenden Fall – die elektronische Datei eines Lichtbildwerks auf die Festplatte eines Servers hochgeladen werde, um sie auf diese Weise in das Internet einzustellen. Die Fotografie sei auch nicht lediglich unwesentliches Beiwerk im Sinn der Schrankenregelung des § 57 UrhG.

10

Die Beklagte sei zwar als Betreiberin einer Internetplattform nur mittelbare Verletzerin des Urheberrechts des Klägers. Sie hafte auch nach allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsätzen nicht als Täterin, denn es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass sie tatsächlich und nach außen sichtbar die inhaltliche Verantwortung für die auf der Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen oder den zurechenbaren Anschein erweckt habe, sich damit zu identifizieren. Es bestehe aber eine täterschaftliche Haftung der Beklagten wegen einer Verletzung von Verkehrspflichten für eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe. Das Urheberechts-Diensteanbietergesetz sei auf den Streitfall nicht anwendbar, weil die Verletzungshandlungen vor dessen Inkrafttreten am 1. August 2021 erfolgt sei.

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B. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg.

12

I. Das Berufungsgericht hat die Revision unbeschränkt zugelassen. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keine dahingehende Eingrenzung. Diese kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben; aufgrund des Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit muss sie jedoch für die Parteien zweifelsfrei zu erkennen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2023 – I ZR 79/22, ZfWG 2023, 262 [juris Rn. 9] mwN). Der vom Berufungsgericht angegebene Grund für die Revisionszulassung – nämlich die Frage, ob die Rechtsprechung zur Haftung von Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe auf Verkaufsplattformen wie die der Beklagten übertragbar sei – war nach dessen Rechtsstandpunkt sowohl für die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung wegen Vervielfältigung als auch wegen öffentlicher Zugänglichmachung des Lichtbildwerks des Klägers sowie – als Vorfrage – für die Zuerkennung der Folgeansprüche des Klägers entscheidend.

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II. Die Revision ist zulässig. Insbesondere sind die deutschen Gerichte für die Entscheidung über den Rechtsstreit international zuständig, was auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 53/17, BGHZ 233, 373 [juris Rn. 11] – upoladed II; Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15, BGHZ 234, 56 [juris Rn. 22] – YouTube II).

14

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich allerdings nicht – wie das Berufungsgericht angenommen hat – aus § 32 ZPO, sondern aus Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-Ia-Verordnung). Nach dieser Vorschrift sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen. Für Gesellschaften und juristische Personen bezeichnet Wohnsitz in diesem Sinn nach Art. 63 Abs. 1 Brüssel-Ia-Verordnung den satzungsmäßigen Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung. Danach kann die Beklagte, deren Sitz und Geschäftsanschrift sich in Deutschland befinden, vor den deutschen Gerichten verklagt werden. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass auch der Kläger seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat (zur Brüssel-I-VO vgl. EuGH, Urteil vom 17. März 2016 – C-175/15, EuZW 2016, 558 [juris Rn. 20] mwN – Taser International; vgl. auch BeckOK.ZPO/Antomo, 53. Edition [Stand 1. Juli 2024], Art. 1 Brüssel Ia-VO Rn. 15 f. mwN).

15

III. In der Sache hat die Revision teilweise Erfolg. Sie ist unbegründet, soweit das Berufungsgericht die Beklagte wegen öffentlicher Zugänglichmachung des Lichtbildwerks des Klägers zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung und zum Schadensersatz verurteilt hat (dazu B III 3). Soweit es eine Vervielfältigung des Lichtbildwerks des Klägers durch die Beklagte angenommen hat, ist die Revision jedoch begründet (dazu B III 4) und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Abweisung der Klage.

16

1. Die Begründetheit der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche ist nach deutschem Recht zu beurteilen.

17

a) Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-VO) ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird. Nach diesem Recht sind insbesondere das Bestehen des Rechts, die Rechtsinhaberschaft des Verletzten, Inhalt und Umfang des Schutzes sowie der Tatbestand und die Rechtsfolgen einer Rechtsverletzung zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2016, 1048 [juris Rn. 24] – An Evening with Marlene Dietrich; BGHZ 233, 373 [juris Rn. 11] – upoladed II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 31] – YouTube II). Die Anwendbarkeit der Rom-II-Verordnung ist nicht auf Fälle beschränkt, die eine Berührung zu einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufweisen (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Rom-II-Verordnung; vgl. auch MünchKomm.BGB/Junker, 8. Aufl., Art. 3 Rom II-VO Rn. 1 f.).

18

b) Da der im Vereinigten Königreich ansässige Kläger sich gegen eine Verletzung seines in Deutschland beanspruchten Urheberrechts wendet, ist im Streitfall deutsches Urheberrecht anzuwenden.

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2. Die Beklagte zieht in der Revisionsinstanz zu Recht nicht mehr in Zweifel, dass es sich bei der Fotografie „Manhattan Bridge“ um ein Lichtbildwerk handelt (§ 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG), der Kläger dessen Urheber ist (§ 7 UrhG) und er jedenfalls aufgrund seines gewöhnlichen Aufenthalts im Vereinigten Königreich auch in Deutschland hierfür Schutz beanspruchen kann (§ 121 Abs. 4 Satz 1 UrhG, Art. 3 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 RBÜ).

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3. Soweit das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten für eine öffentliche Zugänglichmachung des Lichtbildwerks des Klägers nach § 15 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 2, § 19a UrhG bejaht hat, hält dies der rechtlichen Nachprüfung stand.

21

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte hafte aufgrund der neueren Rechtsprechung zur urheberrechtlichen Intermediärshaftung wegen der Verletzung von Verkehrspflichten als Täterin einer Handlung der öffentlichen Wiedergabe. Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall eines Online-Marktplatzes übertragbar, über den Dritte ihre Produkte mittels des vom Plattformbetreiber zur Verfügung gestellten Shop-Systems zum Verkauf anböten. Entscheidend hierfür sei vor allem die zentrale Rolle des Betreibers der Plattform, auf der Nutzer urheberrechtlich geschützte Werke hochladen und abrufen könnten. Zwar bestehe die Hauptaufgabe eines Online-Marktplatzes in der Zusammenführung von Verkäufern und Käufern sowie der Abwicklung der einzelnen Verkäufe und – anders als bei Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen – nicht in der Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten. Im Streitfall seien jedoch zwei Angebote von Fernsehern, die mit dem urheberrechtlich geschützten Foto bebildert seien, über die Internetseite der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht worden. Ohne die Bereitstellung und Verwaltung einer Online-Verkaufsplattform wie die der Beklagten wäre es unmöglich oder zumindest komplexer, diese Inhalte frei zu teilen.

22

Zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führe weder, dass die Beklagte nicht unter den Geltungsbereich des neuen Urheberrechts-Diensteanbietergesetzes falle, noch, dass nicht alle der vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Fallgruppen für die Haftung von Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen auf Online-Verkaufsplattformen wie die der Beklagten übertragbar seien. Aufgrund der Eigenständigkeit der rechtlichen Voraussetzungen für eine Haftung für Markenrechtsverletzungen einerseits und Urheberrechtsverletzungen andererseits könne aus dem Urteil in der Sache „Louboutin“ des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2022 – C-148/21 und C-184/21, GRUR 2023, 250 = WRP 2023, 166) nicht der Schluss gezogen werden, dass es auch im Urheberrecht auf den – im Streitfall nicht gegebenen – Eindruck eines Vertreibens im eigenen Namen und für eigene Rechnung bei den angesprochenen Verkehrskreisen ankomme.

23

Es könne zwar nicht außer Acht gelassen werden, dass die Haftungserleichterungen des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG, ins deutsche Recht umgesetzt durch § 10 TMG, nach den Erwägungsgründen 42 und 43 der Richtlinie für Tätigkeiten rein technischer, automatischer und passiver Art greifen sollten. Die Beklagte habe aber Fernseher mit dem streitgegenständlichen Lichtbild gemäß ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen über das Unternehmen O.    auf den Internetseiten www.b.  .de und www.h.  .de bewerben lassen. Zudem habe ihr, ebenfalls nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, eine mit Eingang einer Kundenbestellung fällige Verkaufsgebühr zugestanden. Vor diesem Hintergrund habe sie nicht hinreichend bestritten, den Verkäufern Hilfestellung bei der Bewerbung der Verkaufsangebote geleistet zu haben.

24

Die Beklagte hafte als Täterin, weil sie trotz eines entsprechenden Hinweises nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, um den Zugang zu diesem Inhalt und kerngleiche Verletzungshandlungen zu verhindern. Der Kläger habe die Beklagte mit Schreiben vom 21. August 2018 auf das Angebot des Verkäufers „I. -M.  “ hingewiesen. Infolge dieses Hinweises hätte die Beklagte das Angebot löschen und im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren dafür Vorkehrungen treffen müssen, dass keine gleichartigen Verletzungshandlungen auf ihrer Homepage begangen würden. Sie habe nicht dargelegt, aus welchen Gründen eine Überprüfung bestehender oder zukünftiger Angebote nicht möglich gewesen wäre. Insbesondere hätte sie sich an den Verkäufer wenden können, um weitere Informationen etwa zur rechtsverletzenden Bilddatei einzuholen. Dies sei nicht erfolgt; vielmehr habe der Kläger kurze Zeit später, am 5. Oktober 2018 und 20. Oktober 2018 ein weiteres Verkaufsangebot eines anderen Verkäufers über einen Fernseher der Marke X.  mit der rechtsverletzenden Produktbebilderung auf der Plattform der Beklagten abrufen können.

25

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

26

b) Gemäß § 19a UrhG ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Bei dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung handelt es sich um ein besonderes Recht der öffentlichen Wiedergabe (vgl. § 15 Abs. 2 und 3 UrhG). Die im Streitfall in Rede stehende öffentliche Wiedergabe in Form der öffentlichen Zugänglichmachung fällt in den Anwendungsbereich von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, weil bei dem Abruf einer im Internet bereitgestellten Datei die Wiedergabe in Form der Zugänglichmachung gegenüber Mitgliedern der Öffentlichkeit erfolgt, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe in Form der Zugänglichmachung ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend sind. Da es sich um harmonisiertes Recht handelt, sind die entsprechenden Bestimmungen des deutschen Urheberrechtsgesetzes richtlinienkonform auszulegen (vgl. BGHZ 233, 373 [juris Rn. 17 f.] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 70 f.] – YouTube II; BGH, Urteil vom 27. Juni 2024 – I ZR 14/21, GRUR 2024, 1105 [juris Rn. 12] = WRP 2024, 1066 –; Internet-Radiorecorder II).

27

c) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich eine Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe. Ferner erfordert dieser Begriff eine individuelle Beurteilung. Im Rahmen einer derartigen Beurteilung sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden (st. Rspr.; vgl. nur EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 66 f.] = WRP 2021, 1019 –; YouTube und Cyando; Urteil vom 20. April 2023 – C-775/21 und C-826/21, GRUR 2023, 717 [juris Rn. 47 f.] = WRP 2023, 681 –; Blue Air Aviation/UCMR – ADA u.a.; Urteil vom 13. Juli 2023 – C-426/21, GRUR 2023, 1284 [juris Rn. 56 und 58] – Ocilion IPTV Technologies; vgl. auch BGHZ 233, 373 [juris Rn. 19] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 72] – YouTube II; BGH, GRUR 2024, 1105 [juris Rn. 48] – Internet-Radiorecorder II).

28

aa) Eine Öffentlichkeit der Wiedergabe liegt nur bei einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen vor, die gleichzeitig oder nacheinander Zugang zu demselben Werk haben (vgl. EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 69] – YouTube und Cyando; GRUR 2023, 717 [juris Rn. 54] – Blue Air Aviation/UCMR – ADA u.a., jeweils mwN; vgl. auch BGHZ 233, 373 [juris Rn. 20] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 73] – YouTube II; BGH, Beschluss vom 8. Februar 2024 – I ZR 34/23, GRUR 2024, 381 [juris Rn. 22 f.] = WRP 2024, 476 –; Seniorenwohnheim).

29

Für eine Einstufung als „öffentliche Wiedergabe“ im Sinn von Art. 3 Abs. 1 und 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/29/EG ist es weiterhin erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich vom bisher verwendeten unterscheidet, oder – ansonsten – für ein neues Publikum wiedergegeben wird, also für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte (vgl. EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 70] – YouTube und Cyando; vgl. auch BGHZ 233, 373 [juris Rn. 21] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 74] – YouTube II; BGH, GRUR 2024, 381 [juris Rn. 32] = WRP 2024, 476 –; Seniorenwohnheim).

30

bb) Zur Handlung der Wiedergabe hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass zwar der Betreiber einer Video-Sharing-Plattform oder Sharehosting-Plattform hinsichtlich der von seinen Nutzern bewirkten Zugänglichmachung potenziell rechtsverletzender Inhalte eine zentrale Rolle spielt, dass jedoch sowohl im Hinblick auf die Bedeutung der Rolle, die ein solches Tätigwerden des Betreibers einer Plattform bei der Wiedergabe durch den Nutzer dieser Plattform spielt, als auch im Hinblick auf dessen Vorsätzlichkeit zu beurteilen ist, ob das betreffende Tätigwerden unter Berücksichtigung des spezifischen Kontexts als Handlung der Wiedergabe einzustufen ist. Insbesondere kann ein Tätigwerden in voller Kenntnis der Folgen des betreffenden Verhaltens und mit dem Ziel, der Öffentlichkeit Zugang zu geschützten Werken zu verschaffen, zur Einstufung dieses Tätigwerdens als „Handlung der Wiedergabe“ führen. Um festzustellen, ob der Betreiber einer Video-Sharing-Plattform oder Sharehosting-Plattform in voller Kenntnis seines Verhaltens bei der unerlaubten Wiedergabe geschützter Inhalte durch Nutzer seiner Plattform tätig wird, um anderen Internetnutzern Zugang zu solchen Inhalten zu verschaffen, sind alle Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die die betreffende Situation kennzeichnen und es ermöglichen, direkt oder indirekt Schlussfolgerungen hinsichtlich der Frage zu ziehen, ob der Betreiber bei der unerlaubten Wiedergabe dieser Inhalte vorsätzlich tätig wird oder nicht (vgl. EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 77 bis 81 und 83] – YouTube und Cyando; vgl. auch BGHZ 233, 373 [juris Rn. 24] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 76] – YouTube II).

31

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zählen zu den insoweit maßgeblichen Gesichtspunkten die Tatsache, dass ein solcher Betreiber, obwohl er weiß oder wissen müsste, dass über seine Plattform im Allgemeinen durch Nutzer derselben geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden, nicht die geeigneten technischen Maßnahmen ergreift, die von einem die übliche Sorgfalt beachtenden Wirtschaftsteilnehmer in seiner Situation erwartet werden können, um Urheberrechtsverletzungen auf dieser Plattform glaubwürdig und wirksam zu bekämpfen, sowie die Tatsache, dass dieser Betreiber an der Auswahl geschützter Inhalte, die rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden, beteiligt ist, auf seiner Plattform Hilfsmittel anbietet, die speziell zum unerlaubten Teilen solcher Inhalte bestimmt sind, oder ein solches Teilen wissentlich fördert, wofür der Umstand sprechen kann, dass der Betreiber ein Geschäftsmodell gewählt hat, das die Nutzer seiner Plattform dazu anregt, geschützte Inhalte auf dieser Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich zu machen (vgl. EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 84] – YouTube und Cyando; vgl. BGHZ 233, 373 [juris Rn. 25] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 77] – YouTube II).

32

Der bloße Umstand, dass der Betreiber allgemein Kenntnis von der rechtsverletzenden Verfügbarkeit geschützter Inhalte auf seiner Plattform hat, genügt hingegen nicht, um anzunehmen, dass er mit dem Ziel handelt, den Internetnutzern Zugang zu diesen Inhalten zu verschaffen. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Betreiber, obwohl er vom Rechtsinhaber darauf hingewiesen wurde, dass ein geschützter Inhalt über seine Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde, nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um den Zugang zu diesem Inhalt zu verhindern (vgl. EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 85] – YouTube und Cyando; vgl. auch BGHZ 233, 373 [juris Rn. 26] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 78] – YouTube II).

33

Ob das fragliche Tätigwerden Erwerbszwecken dient, ist zwar nicht gänzlich unerheblich, doch allein die Tatsache, dass der Betreiber einer Video-Sharing-Plattform oder einer Sharehosting-Plattform Erwerbszwecke verfolgt, erlaubt weder die Feststellung, dass er hinsichtlich der rechtswidrigen Wiedergabe geschützter Inhalte durch einige seiner Nutzer vorsätzlich handelt, noch eine dahingehende Vermutung (vgl. EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 86] – YouTube und Cyando; vgl. auch BGHZ 233, 373 [juris Rn. 27] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 79] – YouTube II).

34

Es ist Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten, anhand dieser Kriterien zu bestimmen, ob diese Betreiber hinsichtlich der geschützten Inhalte, die von den Nutzern ihrer Plattform auf diese hochgeladen werden, selbst Handlungen der öffentlichen Wiedergabe im Sinn von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vornehmen (EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 90] – YouTube und Cyando; vgl. auch BGHZ 233, 373 [juris Rn. 28] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 80] – YouTube II).

35

d) Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Grundsätze der Haftung von Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen für eine öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke auf die Haftung von Online-Marktplätzen übertragbar sind.

36

aa) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat seine Maßstäbe für die Auslegung des Begriffs „öffentliche Wiedergabe“ zwar anlässlich von Fällen aufgestellt, bei denen die urheberrechtlich geschützten Inhalte über Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen zugänglich gemacht wurden. Die Maßstäbe sind jedoch nicht darauf beschränkt, weil sie unmittelbar das Tatbestandsmerkmal der „öffentlichen Wiedergabe“ konkretisieren und auch auf mittelbare Urheberrechtsverletzungen über Online-Marktplätze anwendbar sind. Etwaige Besonderheiten des Einzelfalls, die mit der von der Plattform allgemein oder im konkreten Fall eingenommenen Rolle zusammenhängen, können bei der Rechtsanwendung hinreichend berücksichtigt werden.

37

(1) So hat der Gerichtshof der Europäischen Union hervorgehoben, dass die Haftung des Plattformbetreibers unter Berücksichtigung von dessen Rolle bei der Wiedergabe durch den Nutzer und der Vorsätzlichkeit des Plattformbetreibers zu beurteilen ist (vgl. EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 68, 78 bis 81 und 83] – YouTube und Cyando; BGHZ 233, 373 [juris Rn. 24] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 81] – YouTube II). Entgegen der Auffassung der Revision können auch Online-Marktplätze eine zentrale Rolle für die vorsätzliche Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte spielen. Hierfür kommt es nicht auf deren Geschäftsmodell, sondern auf die faktische Rolle der Plattform und die damit verbundene Erhöhung des Risikos von Urheberrechtsverletzungen an. Ein nachweislich auf Urheberrechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell wäre bereits für sich genommen geeignet, eine Haftung des Plattformbetreibers zu begründen. Allerdings reicht allein der Umstand, dass das Geschäftsmodell nicht auf Urheberrechtsverletzungen angelegt ist, nicht für eine Haftungsbefreiung des Plattformbetreibers aus.

38

(2) Zudem hat der Gerichtshof der Europäischen Union auch für die Frage, ob Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr, der seit dem 17. Februar 2024 durch den im Wesentlichen gleich formulierten Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2022/2065 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste ersetzt worden ist, zu einer Haftungsbefreiung des Plattformbetreibers führt, nicht zwischen Online-Marktplätzen einerseits und Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen andererseits differenziert (vgl. einerseits EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 – C-324/09, GRUR 2011, 1025 [juris Rn. 111, 113 und 115 f.] = WRP 2011, 1129 –; L’Oréal u.a.; andererseits EuGH, GRUR 2021, 1054 [Rn. 117 f.] – YouTube und Cyando; ebenso wohl J. B. Nordemann, ZUM 2022, 806, 812). Nach diesen Vorschriften ist der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, unter bestimmten Voraussetzungen nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen verantwortlich. Der Gerichtshof hat insoweit angenommen, dass sich Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG (Art. 6 der Verordnung [EU] 2022/2065) zwar nicht tatbestandlich, aber doch faktisch ausschließen (vgl. EuGH, GRUR 2021, 1054 [Rn. 107 bis 109] – YouTube und Cyando). Die Haftungsbefreiung nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG (Art. 6 der Verordnung [EU] 2022/2065) setzt voraus, dass der Plattformbetreiber keine aktive Rolle spielt, die ihm in konkreter Weise Kenntnis der auf die Plattform hochgeladenen Inhalte oder eine Kontrolle über sie verschafft; nur dann ist er als „Vermittler“ im Sinn des Kapitels II Abschnitt 4 der Richtlinie 2000/31/EG („Vermittlungsdienst“ im Sinn von Art. 2 Buchst. g der Verordnung [EU] 2022/2065) anzusehen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 [juris Rn. 112 f. und 122 bis 124] – L’Oréal u.a.; GRUR 2021, 1054 [Rn. 105 f., 110 bis 118] – YouTube und Cyando). Für einen Online-Marktplatz hat der Gerichtshof der Europäischen Union dies dahingehend konkretisiert, dass der Plattformbetreiber keine neutrale Stellung einnimmt, sondern eine aktive Rolle spielt, wenn er Hilfestellung leistet, die unter anderem darin besteht, die Präsentation der betreffenden Verkaufsangebote zu optimieren oder diese Angebote zu bewerben (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 [juris Rn. 116] – L’Oréal u.a.).

39

bb) Das Berufungsgericht hat zudem zutreffend erkannt, dass die Auslegung des Begriffs der „Benutzung“ einer Marke im Sinn von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke (UMV) nach den vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Maßstäben (vgl. EuGH, GRUR 2023, 250 –; Louboutin) nicht auf den hier in Rede stehenden Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ im Sinn von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG übertragbar ist.

40

(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann davon ausgegangen werden, dass der Betreiber einer Online-Verkaufsplattform, die neben den eigenen Verkaufsangeboten dieses Betreibers einen Online-Marktplatz umfasst, ein Zeichen, das mit einer fremden Unionsmarke identisch ist, für Waren, die mit denjenigen identisch sind, für die diese Marke eingetragen ist, selbst benutzt, wenn Drittanbieter ohne die Zustimmung des Inhabers dieser Marke solche mit diesem Zeichen versehenen Waren auf dem betreffenden Marktplatz zum Verkauf anbieten, sofern ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Nutzer dieser Plattform eine Verbindung zwischen den Dienstleistungen dieses Betreibers und dem fraglichen Zeichen herstellt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn ein solcher Nutzer in Anbetracht aller Umstände des Einzelfalls den Eindruck haben könnte, dass dieser Betreiber derjenige ist, der die mit diesem Zeichen versehenen Waren im eigenen Namen und für eigene Rechnung selbst vertreibt. Insoweit ist relevant, dass dieser Betreiber die auf seiner Plattform veröffentlichten Angebote einheitlich präsentiert, indem er die Anzeigen für die im eigenen Namen und für eigene Rechnung verkauften Waren zusammen mit den Anzeigen für die von Drittanbietern auf dem betreffenden Marktplatz angebotenen Waren einblendet, dass er bei all diesen Anzeigen sein eigenes Logo als renommierter Vertreiber erscheinen lässt und dass er Drittanbietern im Rahmen des Vertriebs der mit dem fraglichen Zeichen versehenen Waren zusätzliche Dienstleistungen anbietet, die unter anderem darin bestehen, diese Waren zu lagern und zu versenden (vgl. EuGH, GRUR 2023, 250 [juris Rn. 54] – Louboutin).

41

(2) Der genannten Entscheidung kann nicht entnommen werden, dass für die Haftung von Online-Marktplätzen stets auf die Erweckung des Eindrucks eines eigenen Angebots abzustellen, während für die Haftung von Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen an die Verletzung von Verkehrspflichten anzuknüpfen wäre. Vielmehr handelt es sich jeweils um eigenständige Konkretisierungen der Verletzungstatbestände (vgl. hierzu auch Hofmann, GRUR 2023, 238; Bersem, GRUR 2023, 307; Stieper, EuZW 2023, 691 [zum vorliegend in der Revisionsinstanz nicht mehr streitgegenständlichen Verbreitungsrecht nach Art. 4 der Richtlinie 2001/29/EG beziehungsweise § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 UrhG]).

42

cc) Die seit dem 1. August 2021 geltenden Haftungsregelungen des Urheberrechts-Diensteanbietergesetzes für Diensteanbieter (§ 2 UrhDaG) wegen der öffentlichen Wiedergabe von Werken (§ 1 Abs. 1 UrhDaG) sind im Streitfall – unabhängig von ihrer zeitlichen Geltung – von vornherein nicht einschlägig, weil dieses Gesetz nach seinem § 3 Nr. 5 nicht für Online-Marktplätze anwendbar ist. Auch die Richtlinie (EU) 2019/790 über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt, deren Umsetzung das Urheberrechts-Diensteanbietergesetz dient, sieht nach ihrem Art. 2 Nr. 5 für Online-Marktplätze eine entsprechende Ausnahme ihres Anwendungsbereichs vor (vgl. hierzu Specht-Riemenschneider, GRUR 2021, 1066 f.; BeckOK.Urheberrecht/Oster, 43. Edition [Stand 1. August 2024], § 3 UrhDaG Rn. 7; Rauer in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl., § 3 UrhDaG Rn. 18 f.; Raue in Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 3 UrhDaG Rn. 7).

43

e) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte wegen der öffentlichen Zugänglichmachung des Lichtbildwerks des Klägers haftet, erweist sich ebenfalls als frei von Rechtsfehlern.

44

aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte als Plattformbetreiberin eine aktive Rolle eingenommen hat, so dass sie sich nicht auf die Haftungsbefreiung nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG (Art. 6 der Verordnung [EU] 2022/2065) berufen kann.

45

(1) Das Berufungsgericht hat auf die gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gestattete Bewerbung der Verkaufsangebote durch Einschaltung des Unternehmens „O.   “ auf den Internetseiten www.b.  .de und www.h.  .de unter Einblendung des Namens der Beklagten sowie ergänzend auf ihr eigenes wirtschaftliches Interesse am Erfolg der Verkaufsangebote wegen der Vereinbarung einer an sie zu zahlenden Verkaufsgebühr in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgestellt.

46

(2) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht den maßgeblichen Tatsachenstoff insoweit vollständig und verfahrensfehlerfrei gewürdigt (§ 286 ZPO). Das Bestreiten der Beklagten, die Bewerbung in Auftrag gegeben zu haben, ist bereits deswegen unerheblich, weil es sich allein auf eine Auftragserteilung an O.    im Einzelfall, nicht aber generell auf das Tätigwerden dieses Unternehmens bezieht. Letzteres reicht für die Bejahung einer aktiven Rolle der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Kontrolle über die Verkaufsangebote aus. Eine konkrete Kenntnis des Verkaufsangebots, die allein bei individueller Auftragserteilung unterstellt werden könnte, ist nicht erforderlich. Soweit die Beklagte ergänzend vorgebracht hat, es handele sich nicht um Werbeanzeigen für die Plattform der Beklagten, führt dies zu keiner für sie günstigeren Beurteilung. Ihre aktive Rolle wurde dadurch begründet, dass sie die angegriffenen Verkaufsangebote in einer Weise bewarb, die deren Verfügbarkeit auf ihrem Online-Marktplatz erkennbar machte.

47

bb) Das Erscheinen der vom Kläger angegriffenen Verkaufsangebote unter Verwendung seines Lichtbildwerks auf der Internetplattform der Beklagten stellt eine öffentliche Wiedergabe dieses Lichtbildwerks dar.

48

Wenn – wie im Streitfall – urheberrechtlich geschützte Inhalte auf einer Internetplattform zum Abruf durch deren Nutzer bereitgestellt werden, richtet sich dies an eine unbestimmte Zahl potentieller Adressaten und recht viele Personen (vgl. BGHZ 233, 373 [juris Rn. 20] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 73] – YouTube II).

49

Es handelt sich zudem um ein neues Publikum. Das Einstellen urheberrechtlich geschützter Inhalte ohne Zustimmung des Rechtsinhabers auf einer Webseite erfolgt selbst dann für ein neues Publikum, wenn diese Inhalte zuvor mit Zustimmung des Rechtsinhabers und ohne beschränkende Maßnahmen, die ein Herunterladen verhindern, auf einer anderen Webseite eingestellt worden sind. Soweit der angegriffenen Wiedergabe keine öffentliche Wiedergabe im Internet vorausgegangen ist, handelt es sich darüber hinaus um ein anderes technisches Verfahren (vgl. BGHZ 233, 373 [juris Rn. 22] – uploaded II; BGHZ 234, 56 [juris Rn. 75] – YouTube II).

50

cc) Die Beklagte hat darüber hinaus eine eigene Handlung der Wiedergabe vorgenommen.

51

(1) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwar nicht ersichtlich, dass über die Plattform der Beklagten im Allgemeinen durch ihre Nutzer geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht würden, die Beklagte dies wüsste oder wissen müsste und nicht die geeigneten und üblichen Sorgfaltsanforderungen entsprechenden Maßnahmen dagegen ergriffen hätte.

52

(2) Es liegt auch nicht so, dass die Beklagte an der Auswahl geschützter und rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachter Inhalte beteiligt gewesen wäre, auf ihrer Plattform Hilfsmittel zum unerlaubten Teilen solcher Inhalte angeboten hätte oder ein solches Teilen – insbesondere als Geschäftsmodell – wissentlich gefördert hätte.

53

(3) Jedoch hat die Beklagte nach einem klaren Hinweis des Klägers nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um den Zugang zu seinem Lichtbildwerk zu verhindern.

54

(a) Nach der Rechtsprechung des Senats muss ein Hinweis so konkret gefasst sein, dass der Adressat den Rechtsverstoß unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung feststellen kann. Der Umfang der vom Plattformbetreiber zu verlangenden Prüfung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Betreibers auf der anderen Seite (vgl. BGHZ 234, 56 [juris Rn. 115] – YouTube II unter Verweis auf EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 116] – YouTube und Cyando; zur Klarheit des Hinweises vgl. auch J. B. Nordemann, ZUM 2022, 806, 810).

55

Mit Blick auf Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen hat der Senat entschieden, dass die durch klare Hinweise auf Rechtsverletzungen ausgelösten Prüfungspflichten sich auch auf die Sperrung oder Löschung von gleichartigen Verletzungsformen beziehen. Der Plattformbetreiber muss nicht nur den Zugang zu dem als rechtsverletzend beanstandeten Inhalt sperren und die im konkreten Einzelfall beanstandete Datei löschen sowie den künftigen Upload identischer Dateien unterbinden, sondern auch das fortgesetzte öffentliche Zugänglichmachen rechtsverletzender Inhalte durch gleichartige Verletzungshandlungen im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren unterbinden. Bei urheberrechtlich geschützten Rechtspositionen sind solche Verletzungshandlungen gleichartig, die dieses Recht bezogen auf das im konkreten Fall geschützte Werk oder die geschützte Leistung erneut verletzen, ohne dass es darauf ankäme, welcher Nutzer eine Datei mit vergleichbarem rechtsverletzenden Inhalt hochgeladen hat (vgl. BGHZ 234, 56 [juris Rn. 118 bis 120] – YouTube II).

56

Auch der Betreiber eines Online-Marktplatzes ist grundsätzlich verpflichtet, nach einem klaren Hinweis auf eine Rechtsverletzung die dort eingestellten Angebote im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren auf gleichartige Verletzungen zu überprüfen und rechtsverletzende Inhalte zu sperren oder zu löschen. Bei Übertragung der für Video-Sharing- und Sharehosting-Plattformen geltenden Rechtsprechung muss den Besonderheiten von Online-Marktplätzen jedoch Rechnung getragen werden, die zwar eine zentrale Rolle für die Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte spielen können (vgl. Rn. 37), aber nicht hauptsächlich darauf ausgerichtet sind. Zudem sind die Gegebenheiten der geltend gemachten Rechtsverletzung zu berücksichtigen (zum Wettbewerbsrecht vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 – I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 [juris Rn. 38 bis 46] – Jugendgefährdende Medien bei eBay). Soweit nicht der angebotene Gegenstand selbst urheberrechtsverletzend ist (wie etwa im Fall der ohne Erlaubnis des Urhebers hergestellten Vervielfältigung eines Lichtbildwerks, die digital oder als Ausdruck zum Verkauf angeboten wird), sondern das Angebot lediglich in einer urheberrechtsverletzenden Weise präsentiert wird (wie im Streitfall), erstreckt sich die Prüfungspflicht des Plattformbetreibers im Regelfall allein auf gleichartig präsentierte Angebote, nicht aber auf jegliche Darstellungen des urheberrechtlich geschützten Werks.

57

(b) Entgegen der Auffassung der Revision war der Hinweis des Klägers hinreichend klar. Hierfür reicht die im Schreiben vom 21. August 2018 enthaltene Berühmung der Urheberschaft an der Fotografie „Manhattan Bridge“ unter Verweis auf ihre Veröffentlichung auf der Internetseite des Klägers aus. Der Umstand, dass das Berufungsgericht gemeint hat, der Kläger könne sich aufgrund der fehlenden Anbringung eines Urhebervermerks auf der Fotografie selbst nicht auf die Urhebervermutung des § 10 Abs. 1 UrhG stützen, steht der Klarheit des Hinweises im Streitfall nicht entgegen. Ein Plattformbetreiber darf zwar in der Regel auf einen Urhebervermerk vertrauen, dessen Richtigkeit nach § 10 Abs. 1 UrhG nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden kann. Jedoch kann sich die hinreichende Klarheit eines Hinweises auch aus anderen Umständen ergeben, wie etwa aus der Präsentation als eigenes Werk auf einer Internetseite. Die Revision rügt zwar die Unklarheit des Hinweises, verweist aber zugleich auf das Antwortschreiben der Beklagten vom 28. August 2018, in dem diese sich in keiner Weise auf eine unzureichende Nachprüfbarkeit der Angaben des Klägers berufen hat.

58

(c) In Anbetracht des hinreichend klaren Hinweises des Klägers hätte sich die Beklagte nicht darauf beschränken dürfen, auf die Unauffindbarkeit des im Schreiben des Klägers vom 21. August 2018 enthaltenen Angebots des Verkäufers „I. -M.  “ zu verweisen. Es hätte auch nicht ausgereicht, allein dieses Angebot – soweit noch vorhanden – zu sperren oder zu löschen. Vielmehr hätte die Beklagte auch nach anderen Verkaufsangeboten von Fernsehern der Marke X.  suchen müssen, die das Lichtbildwerk des Klägers enthalten. Die Beklagte macht nicht geltend, dass ihr dies nur mit unzumutbarem technischen oder wirtschaftlichen Aufwand möglich gewesen wäre. Dass sie das zum Zeitpunkt der Abmahnung vorhandene Angebot des Verkäufers „T. N. “ nicht gesperrt oder gelöscht hat, begründet daher ihre Haftung.

59

dd) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Kläger nicht nach § 242 BGB daran gehindert, sich auf die Haftung der Beklagten für eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe zu berufen. Insbesondere steht der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nicht entgegen, dass er im Schreiben vom 21. August 2018 das ihm bereits bekannte Angebot des Verkäufers „T. N. “ nicht benannt hat.

60

(1) Für urheberrechtliche Ansprüche gilt zwar das allgemeine Verbot unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB. Allerdings führt eine missbräuchliche außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs noch nicht dazu, dass der Unterlassungsanspruch nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden könnte und eine nachfolgende – für sich genommen nicht missbräuchliche – Klage unzulässig wäre. Insbesondere ist die für das Wettbewerbsrecht geltende Regelung des § 8c UWG (§ 8 Abs. 4 UWG in der bis 1. Dezember 2020 geltenden Fassung) nicht auf das Urheberrecht übertragbar (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 – I ZR 106/10, GRUR 2012, 176 [juris Rn. 15 bis 18] = WRP 2013, 336 –; Ferienluxuswohnung).

61

(2) Im Streitfall kommt hinzu, dass das Schreiben des Klägers vom 21. August 2018 bereits deswegen keine missbräuchliche außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs darstellen kann, weil es die Haftung der Beklagten – in Verbindung mit ihrer nachfolgenden Untätigkeit – erst begründet hat.

62

(3) Auch die nachfolgende gerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs wegen des noch im Oktober 2018 abrufbaren Angebots des Verkäufers „T. N. “ ist nicht rechtsmissbräuchlich. Es liegt in der Verantwortung der Beklagten als Plattformbetreiberin, nach einem klaren Hinweis auf eine Urheberrechtsverletzung die ihr zumutbaren Maßnahmen für die Sperrung oder Löschung gleichartiger Angebote zu ergreifen. Aufgrund des durch ihre Plattform geschaffenen Risikos für die Begehung von Urheberrechtsverletzungen haftet sie für die Verletzung von Verkehrspflichten nach einem solchen klaren Hinweis. Dem Kläger oblag in diesem Zusammenhang keine Obliegenheit gegenüber der Beklagten, ihr im Schreiben vom 21. August 2018 über das Angebot des Verkäufers „I. -M.  “ hinaus auch das ihm bereits bekannte Angebot des Verkäufers „T. N. “ zu benennen.

63

ee) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Widerrechtlichkeit der von der Beklagten begangenen Urheberrechtsverletzung nicht deswegen entfällt, weil das Lichtbildwerk des Klägers lediglich als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der öffentlichen Wiedergabe im Sinn des § 57 UrhG anzusehen wäre. Hierfür ist der Äußerungszusammenhang maßgeblich, der vom Durchschnittsbetrachter nach den Umständen unschwer als Ganzes wahrgenommen und beurteilt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2014 – I ZR 177/13, GRUR 2015, 669 [juris Rn. 22] = WRP 2015, 750 –; Möbelkatalog), vorliegend also das jeweilige Verkaufsangebot. Von Unwesentlichkeit im genannten Sinn ist auszugehen, wenn das Werk weggelassen oder ausgetauscht werden könnte, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele (vgl. BGH, GRUR 2015, 669 [juris Rn. 27] = WRP 2015, 750 –; Möbelkatalog). Diese Voraussetzung liegt im Streitfall offensichtlich nicht vor.

64

f) Gegen die vom Berufungsgericht zuerkannten Folgeansprüche auf Auskunftserteilung, bezifferten Schadensersatz und Schadensersatzfeststellung erhebt die Revision keine eigenständigen Rügen. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.

65

4. Die Revision hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten für eine Vervielfältigung des Lichtbildwerks des Klägers nach § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG angenommen hat.

66

a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Speicherung auf den Servern der Beklagten eine Vervielfältigung des Lichtbildwerks des Klägers darstellt. Als Vervielfältigung im Sinn des § 16 Abs. 1 UrhG ist jede körperliche Festlegung eines Werks anzusehen, die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Art mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbar zu machen (BGH, Urteil vom 5. März 2020 – I ZR 32/19, GRUR 2020, 738 [juris Rn. 19] = WRP 2020, 861 –; Internet-Radiorecorder I; Urteil vom 28. Juli 2022 – I ZR 141/20, GRUR 2022, 1427 [juris Rn. 73] = WRP 2022, 1125 –; Elektronischer Pressespiegel II; BGH, GRUR 2024, 1105 [juris Rn. 12] – Internet-Radiorecorder II). Gemäß § 16 Abs. 2 UrhG ist eine Vervielfältigung auch die Übertragung des Werks auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen (Bild- oder Tonträger), gleichviel, ob es sich um die Aufnahme einer Wiedergabe des Werks auf einen Bild- oder Tonträger oder um die Übertragung des Werks von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen handelt. Wird die elektronische Datei einer Fotografie auf die Festplatte eines Servers hochgeladen, um sie auf diese Weise in das Internet einzustellen, wird damit ein Vervielfältigungsstück des Lichtbilds hergestellt (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 [juris Rn. 35] = WRP 2015, 356 –; CT-Paradies).

67

b) Allerdings ist nicht die Beklagte, sondern sind allein die unter den Bezeichnungen „I. -M.  “ und „T. N. “ handelnden Verkäufer Hersteller der auf den Servern der Beklagten abgelegten Vervielfältigungsstücke des Lichtbildwerks des Klägers.

68

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Beurteilung der Frage, wer Hersteller einer Vervielfältigung ist, zunächst allein auf eine technische Betrachtung an. Die Vervielfältigung ist als körperliche Festlegung eines Werks ein rein technisch-mechanischer Vorgang. Hersteller der Vervielfältigung ist daher derjenige, der diese körperliche Festlegung technisch bewerkstelligt. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob er sich dabei technischer Hilfsmittel bedient, selbst wenn diese von Dritten zur Verfügung gestellt werden (vgl. BGH, GRUR 2024, 1105 [juris Rn. 15] – Internet-Radiorecorder II, mwN).

69

Für einen Internet-Video- oder Radiorecorder hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass allein der Nutzer als Hersteller anzusehen ist, wenn er eine Aufzeichnung unter Nutzung der vollständig automatisierten Vorrichtung des Anbieters des Internet-Recorders anfertigt, wobei seine Programmierung der Aufzeichnung einen Vorgang auslöst, der vollständig automatisiert ohne (menschlichen) Eingriff von außen abläuft. Die Aufzeichnung kann dem Anbieter des Internet-Recorders selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn dieser sich nicht darauf beschränkt, seinen Kunden lediglich einen Speicherplatz für die Aufzeichnung der Vervielfältigung zur Verfügung zu stellen, sondern ein Gesamtpaket von Leistungen anbietet (BGH, Urteil vom 22. April 2009 – I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 [juris Rn. 23] = WRP 2009, 1001 –; Internet-Videorecorder I; Urteil vom 11. April 2013 – I ZR 152/11, GRUR 2013, 618 [juris Rn. 11] = WRP 2013, 793 –; Internet-Videorecorder I; BGH, GRUR 2020, 738 [juris Rn. 27] – Internet-Radiorecorder I; GRUR 2024, 1105 [juris Rn. 16] – Internet-Radiorecorder II). Diese Maßstäbe stehen mit dem Unionsrecht im Einklang, insbesondere mit den Ausnahmen und Beschränkungen des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG, die in Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG erschöpfend aufgeführt sind (vgl. BGH, GRUR 2024, 1105 [juris Rn. 17 bis 26] – Internet-Radiorecorder II).

70

bb) Auf die Frage, wer Hersteller des Vervielfältigungsstücks einer Fotografie ist, das für die Bebilderung eines Angebots auf einer Online-Verkaufsplattform auf deren Servern erstellt wird, sind die genannten Maßstäbe grundsätzlich übertragbar.

71

(1) Das Berufungsgericht hat festgestellt, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte tatsächlich und nach außen sichtbar die inhaltliche Verantwortung für die auf der Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen oder den zurechenbaren Anschein erweckt habe, sich damit zu identifizieren. Die Beklagte biete nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen lediglich Links zu den Diensten der angeschlossenen Affiliate Stores – also den Verkäufern – an und sei weder dafür verantwortlich, die Affiliate Stores oder deren Leistungen zu prüfen oder zu bewerten. Sie biete in elektronischer Form Hilfe bei der Einrichtung eines Affiliate Stores an und führe für den Verkäufer den Datenimport, beispielsweise von Produktdetails und Bildern, auf ihre Internetseite durch. Der Verkäufer müsse jedoch garantieren, dass die genutzten Inhalte frei von Rechten Dritter seien oder er über entsprechende Rechte verfüge. Für die Rechtmäßigkeit der Speicherung und das Vorhalten der Daten sei allein der Verkäufer verantwortlich.

72

(2) Danach sind allein die Verkäufer Hersteller der auf den Servern der Beklagten abgelegten Vervielfältigungsstücke des Lichtbildwerks des Klägers. Die technische Unterstützung bei der Erstellung eines Affiliate Stores und der Import von Daten der Verkäufer reicht für die Annahme einer Herstellereigenschaft der Beklagten nicht aus. Zudem liegt die inhaltliche Verantwortung für die Ausgestaltung der Verkaufsangebote gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten bei den Verkäufern.

73

c) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Haftung von Plattformen für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke (vgl. zuvor Rn. 35 bis 38) nicht auf eine Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks auf den Servern einer Plattform übertragbar. Es verbleibt mit Blick auf die in Rede stehende Verletzung des Vervielfältigungsrechts bei einer Haftung nach den strafrechtlichen Grundsätzen der Täterschaft und Teilnahme. Fehlen die objektiven oder subjektiven Voraussetzungen einer Haftung als Täter oder Teilnehmer, kommt lediglich eine allein zur Unterlassung und Beseitigung verpflichtende Verantwortlichkeit als Störer in Betracht (vgl. BGH, GRUR 2020, 738 [juris Rn. 42] – Internet-Radiorecorder I). Soweit kein Eingriff in das Recht der öffentlichen Wiedergabe in Rede steht, sind diese Haftungsgrundsätze nach wie vor mit dem Unionsrecht vereinbar (vgl. EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 119 bis 143] – YouTube und Cyando).

74

aa) Die Beklagte haftet für die Vervielfältigung des Lichtbildwerks des Klägers weder als mittelbare Täterin noch als Mittäterin gemeinsam mit den Verkäufern, weil es ihr an der erforderlichen Tatherrschaft fehlt (zu den Voraussetzungen dieser Haftungstatbestände vgl. BGH, GRUR 2020, 738 [juris Rn. 42] – Internet-Radiorecorder I).

75

bb) Die Beklagte haftet auch nicht als Gehilfin der Verkäufer.

76

(1) Die Gehilfenhaftung setzt neben einer beihilfefähigen Haupttat eine objektive Beihilfehandlung und einen zumindest bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (vgl. BGH, GRUR 2020, 738 [juris Rn. 45] – Internet-Radiorecorder I; BGH, Urteil vom 6. Mai 2021- I ZR 61/20, GRUR 2021, 1303 [juris Rn. 34] = WRP 2021, 1455 –; Die Filsbacher; BGH, GRUR, 2024, 1105 [juris Rn. 32] – Internet-Radiorecorder II).

77

(2) Im Streitfall liegt eine beihilfefähige Haupttat vor. Die technische Unterstützung bei der Erstellung eines Affiliate Stores und der Import von Daten der Verkäufer durch die Beklagte kommt zudem als objektive Beihilfehandlung in Betracht. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte für einen das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließenden zumindest bedingten Vorsatz der Verantwortlichen der Beklagten zum Zeitpunkt der Herstellung der Vervielfältigung. Weder das Geschäftsmodell der Beklagten noch die Umstände der vom Kläger angegriffenen Verkaufsangebote deuten darauf hin. Es ist auch nicht zu erwarten, dass im Fall einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht hierzu weitere Feststellungen getroffen werden könnten.

78

cc) Die Beklagte ist auch nicht als Störerin wegen der auf ihren Servern abgelegten Vervielfältigungsstücke des Lichtbildwerks des Klägers verantwortlich.

79

(1) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Als Beitrag kann auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfungs- oder Überwachungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Prüfung oder Überwachung zur Verhinderung von Verletzungshandlungen Dritter zuzumuten ist. Das richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, Urteil vom 21. September 2017 – I ZR 11/16, GRUR 2018, 178 [juris Rn. 74] = WRP 2018, 201 –; Vorschaubilder III, mwN; Beschluss vom 13. September 2018 – I ZR 140/15, GRUR 2018, 1132 [juris Rn. 48] = WRP 2018, 1338 –; YouTube I).

80

Ist der Störer ein Diensteanbieter, dessen Dienst in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, kann er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich erst dann durch gerichtliche Anordnung zur Unterlassung verpflichtet werden, wenn es nach einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung erneut zu einer derartigen Rechtsverletzung gekommen ist, weil der Diensteanbieter nicht unverzüglich tätig geworden ist, um den rechtsverletzenden Inhalt zu entfernen oder den Zugang zu diesem zu sperren und dafür zu sorgen, dass es zukünftig nicht zu derartigen Rechtsverletzungen kommt (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 [juris Rn. 39] – Vorschaubilder I; BGH, GRUR 2018, 1132 [juris Rn. 49] – YouTube I, jeweils mwN).

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(2) Nach diesen Maßstäben ist die Beklagte gegenüber dem Kläger auch nicht als Störerin zur Unterlassung verpflichtet.

82

In derjenigen Handlung, die Gegenstand einer Abmahnung oder sonstigen Mitteilung ist, mit der der Betreiber der Internet-Plattform erstmalig Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt, liegt noch keine Verletzungshandlung, die einen Verletzungsunterlassungsanspruch begründet. Dafür ist vielmehr eine vollendete Verletzung nach Begründung der Pflicht zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 94/13, GRUR 2015, 1129 [juris Rn. 42] = WRP 2015, 1326 –; Hotelbewertungsportal, mwN).

83

Bei der vom Kläger beanstandeten Vervielfältigung seines Lichtbildwerks handelt es sich um einen mit der Erstellung der Vervielfältigung abgeschlossenen Vorgang. Der Kläger macht nicht geltend, dass es nach seinem Schreiben vom 21. August 2018 zu neuen Vervielfältigungen seines Lichtbildwerks gekommen wäre. Zu diesem Zeitpunkt waren ihm beide Produktangebote, für die Vervielfältigungen seines Lichtbildwerks auf den Servern der Beklagten abgelegt worden sind, bereits bekannt. Die Vervielfältigungen waren daher bereits zuvor hergestellt worden.

84

5. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – 283/81, Slg. 1982, 3415 [juris Rn. 21] = NJW 1983, 1257 –; Cilfit u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 – C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 [juris Rn. 43] – Doc Generici; Urteil vom 6. Oktober 2021 – C-561/19, NJW 2021, 3303 [juris Rn. 32 f.] – Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi). Es stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.

85

C. Auf die Revision der Beklagten ist das angefochtene Urteil daher teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit das Berufungsgericht die Beklagte wegen Vervielfältigens und/oder Vervielfältigenlassens des Lichtbildwerks „Manhattan Bridge“ verurteilt hat. Der Senat kann auch insoweit in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu erwarten sind und die Sache nach den getroffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Im Übrigen hat das Berufungsurteil Bestand. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

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