BAG 9. Senat, Urteil vom 05.07.2022, AZ 9 AZR 324/21, ECLI:DE:BAG:2022:050722.U.9AZR324.21.0
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Darmstadt, 22. Oktober 2019, Az: 4 Ca 172/18, Teilurteil
vorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 22. Dezember 2020, Az: 6 Sa 36/20, Urteil
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 22. Dezember 2020 – 6 Sa 36/20 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten – soweit für die Revision von Bedeutung – darüber, ob zwischen ihnen seit dem 3. Januar 2007 kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis besteht.
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Der Kläger schloss mit der I GmbH mit Wirkung zum 3. Januar 2007 einen Arbeitsvertrag. Sie war nicht im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.
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Der Kläger wurde seit dem 3. Januar 2007 ununterbrochen bis zum 30. April 2018 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilindustrie, in deren Betrieb in R eingesetzt. Dort war er innerhalb eines der Abteilung SPS zugeordneten Teams als Systemingenieur tätig. Den Teams gehören Mitarbeiter der Beklagten und Arbeitnehmer der I GmbH an. Die Kommunikation innerhalb der Abteilung SPS erfolgte größtenteils per E-Mails, die unmittelbar an alle dort eingesetzten Mitarbeiter gerichtet waren. Für die I GmbH nahm ein bei ihr angestellter Arbeitnehmer die Funktion eines sog. „Single Point of Contact“ gegenüber der Beklagten wahr.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei zum 3. Januar 2007 ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, weil er der Beklagten unerlaubt zur Arbeitsleistung überlassen worden sei. Er habe nach Arbeitsanweisungen der Beklagten mit den bei ihr angestellten Arbeitnehmern in demselben Team gearbeitet und sei in den Betrieb eingegliedert gewesen. Er hat behauptet, Weisungen von dem Mitarbeiter der Beklagten F erhalten zu haben, an den er auch berichtet habe. Weitere Vorgesetzte seien die Mitarbeiter der Beklagten Ge, G und H gewesen.
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Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten seit dem 3. Januar 2007 ein Arbeitsverhältnis besteht.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Kläger sei als Erfüllungsgehilfe der I GmbH im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags tätig gewesen, der am 30. April 2018 geendet habe. Weisungen seien dem Kläger lediglich sach- und ergebnisbezogen erteilt worden. Soweit E-Mails an das Team gerichtet worden seien, habe jeder Adressat aufgrund klar definierter Verantwortlichkeiten erkennen können, ob und inwieweit er angesprochen sei.
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Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag durch Teilurteil stattgegeben und den Rechtsstreit ausgesetzt, soweit die Parteien außerdem über Vergütung und Leistungen zur betrieblichen Altersversorgung streiten. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.
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A. Die Feststellungsklage ist zulässig.
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I. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Der danach erforderliche Gegenwartsbezug wird im vorliegenden Fall dadurch hergestellt, dass der Kläger mit der Feststellung, dass er zur Beklagten seit dem 3. Januar 2007 in einem Arbeitsverhältnis steht, die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt
(vgl. BAG 20. September 2016 – 9 AZR 735/15 – Rn. 23). Dies zeigt der auf Zahlung von Vergütung und Beiträgen zur betrieblichen Altersversorgung gerichtete Klageantrag, über den das Arbeitsgericht noch nicht entschieden hat.
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II. Der Feststellungsantrag genügt den Anforderungen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die essentialia negotii des Arbeitsvertrags
(vgl. dazu BAG 27. April 2021 – 9 AZR 343/20 – Rn. 41 mwN) können dem Klageantrag unter Berücksichtigung der Klagebegründung, die – wie bei anderen auslegungsbedürftigen Klageanträgen – zur Ermittlung des Inhalts des erstrebten Arbeitsverhältnisses herangezogen werden kann
(vgl. BAG 18. September 2018 – 9 AZR 20/18 – Rn. 18), entnommen werden. Der Antrag bezeichnet die Arbeitsvertragsparteien und den Beschäftigungsbeginn. Die Art der Arbeitsleistung sowie deren zeitlicher Umfang ergeben sich aus der Klagebegründung. Danach bezieht sich der Klageantrag auf eine Tätigkeit als Systemingenieur mit einer sich aus den Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie für das Land Hessen ergebenden wöchentlichen Arbeitszeit.
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B. Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der Antrag begründet ist.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zwischen den Parteien gelte gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG mit dem Beginn des Einsatzes des Klägers im Betrieb der Beklagten am 3. Januar 2007 ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen. Der Arbeitsvertrag mit der I GmbH sei unwirksam, weil der Kläger der Beklagten ohne die erforderliche Erlaubnis zur Arbeitsleistung überlassen worden sei. Die vom Kläger vorgetragenen E-Mails indizierten das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung. Sie enthielten neben projektbezogenen Weisungen ganz klar arbeitsrechtliche Weisungen. Für die Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beklagten und deren arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis spreche insbesondere, dass in den E-Mails generell nicht zwischen Arbeitnehmern der Beklagten und solchen von Fremdfirmen differenziert werde. So habe Herr G den Kläger in der E-Mail vom 6. Juni 2007 aufgefordert, Arbeitsplatz, Schrank, Büro etc. ordentlich aufzuräumen und ihm mit E-Mail vom 1. März 2008 für die Beklagte die Möglichkeit eingeräumt, an bestimmten Samstagen zu festgelegten Zeiten Überstunden zu leisten. In der E-Mail vom 23. Februar 2012 habe Herr G die Mitarbeiter der Fremdfirmen darauf angesprochen, dass die Urlaubsplanung innerhalb des Teams mit den Mitarbeitern der Beklagten und Mitarbeitern anderen Fremdfirmen abgestimmt werden müsse. In einer E-Mail „Hallo Team“ vom 30. März 2015 habe Herr F dazu aufgefordert, ihn oder Herrn G über die Abwesenheit aus gesundheitlichen- und anderen Gründen zu informieren, damit andere Teammitglieder informiert und alternative Lösungen gefunden werden könnten. Herr Ge habe in einer auch an den Kläger gerichteten und diesen betreffenden E-Mail vom 6. Juni 2013 aus Anlass des Weggangs eines Mitarbeiters Aufgaben und Verantwortlichkeiten zugeteilt. Danach habe der Kläger ausweislich der Rubriken „Spark (M300)“ und „GMDAT Legacy-Fahrzeuge“ das „Lead“ übernehmen sollen.
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II. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht dem Feststellungsantrag nicht stattgeben.
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1. Dies folgt nicht bereits daraus, dass das Landesarbeitsgericht bei der Feststellung, zwischen den Parteien bestehe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG seit dem 3. Januar 2007 ein Arbeitsverhältnis, auf das AÜG in der Fassung vom 21. Februar 2017
(Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21. Februar 2017; BGBl. I S. 258; im Folgenden AÜG 2017) abgestellt hat, obwohl die Neufassung des AÜG erst am 1. April 2017 in Kraft getreten ist. Das Landesarbeitsgericht hätte bei seiner Entscheidung zwar prüfen müssen, ob die Voraussetzungen von § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG nach Maßgabe der am 3. Januar 2007 geltenden Fassung (aF) des AÜG erfüllt waren. Der Rechtsfehler führt aber – für sich betrachtet – nicht schon zur Aufhebung des Berufungsurteils. Die in § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG angeordnete Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher kraft Gesetzes tritt – unabhängig davon, ob man die am 3. Januar 2007 geltende oder später in Kraft getretene Fassung des AÜG zugrunde legt – nur dann ein, wenn ein Arbeitnehmer durch seinen Vertragsarbeitgeber (Verleiher) einem Dritten (Entleiher) zur Arbeitsleistung überlassen wird, ohne dass der Verleiher über die erforderliche Verleiherlaubnis verfügt.
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2. Das Landesarbeitsgericht ist von den rechtlichen Grundsätzen ausgegangen, anhand deren der Senat die Arbeitnehmerüberlassung von der Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags abgrenzt.
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a) Eine Überlassung zur Arbeitsleistung iSd. § 1 Abs. 1 AÜG liegt vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen
(st. Rspr. vgl. nur BAG 20. September 2016 – 9 AZR 735/15 – Rn. 29; vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 20. Juli 2016 (BT-Drs. 18/9232 S. 19) zu der sich daran orientierenden Legaldefinition in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG 2017). Arbeitnehmerüberlassung iSd. AÜG ist durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Verfügung gestellt hat
(BAG 27. Juni 2017 – 9 AZR 133/16 – Rn. 26; 20. September 2016 – 9 AZR 735/15 – Rn. 29).
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b) Von Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom AÜG nicht erfasst
(BAG 21. März 2017 – 7 AZR 207/15 – Rn. 71, BAGE 158, 266; 27. Juni 2017 – 9 AZR 133/16 – Rn. 26; 20. September 2016 – 9 AZR 735/15 – Rn. 30; 18. Januar 2012 – 7 AZR 723/10 – Rn. 27).
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c) Der Werkbesteller kann, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werks erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis ist von der projektbezogenen werkvertraglichen Anweisung iSd. § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB zu unterscheiden. Die werkvertragliche Anweisung ist sachbezogen und ergebnisorientiert. Sie ist gegenständlich auf die zu erbringende Werkleistung begrenzt. Das arbeitsrechtliche Weisungsrecht ist demgegenüber personenbezogen, ablauf- und verfahrensorientiert. Es beinhaltet Anleitungen zur Vorgehensweise und weiterhin die Motivation des Mitarbeiters, die nicht Inhalt des werkvertraglichen Anweisungsrechts sind
(BAG 27. Juni 2017 – 9 AZR 133/16 – Rn. 28; allg. zum arbeitsvertraglichen Weisungsrecht vgl. BAG 1. Dezember 2020 – 9 AZR 102/20 – Rn. 35 ff., BAGE 173, 111).
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d) Der Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen dem Vertragsarbeitgeber und dem Dritten ist sowohl auf Grundlage der ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch unter Berücksichtigung der praktischen Durchführung des Vertrags zu bestimmen
(BAG 20. September 2016 – 9 AZR 735/15 – Rn. 32). Widersprechen sich beide, ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgeblich, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben
(vgl. BAG 21. März 2017 – 7 AZR 207/15 – Rn. 72, BAGE 158, 266 und nunmehr § 12 Abs. 1 Satz 2 AÜG 2017). Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp
(BAG 13. August 2008 – 7 AZR 269/07 – Rn. 15 mwN). Einzelne Vorgänge der Vertragsabwicklung sind zur Feststellung eines vom Vertragswortlaut abweichenden Geschäftsinhalts nur geeignet, wenn es sich dabei nicht um untypische Einzelfälle, sondern um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis handelt. Dafür ist nicht die Häufigkeit, sondern sind Gewicht und Bedeutung der behaupteten Vertragsabweichung entscheidend
(st. Rspr., vgl. nur BAG 27. Juni 2017 – 9 AZR 133/16 – Rn. 29; 21. März 2017 – 7 AZR 207/15 – aaO).
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e) Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher als zustande gekommen gilt
(vgl. BAG 10. Oktober 2007 – 7 AZR 448/06 – Rn. 19). Die Grundsätze der sekundären Darlegungslast können jedoch eine Abstufung der Darlegungs- und Beweislast verlangen. Kann eine darlegungspflichtige Partei die erforderlichen Tatsachen nicht vortragen, weil sie außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, genügt das einfache Bestreiten durch den Gegner nicht, wenn dieser die wesentlichen Umstände kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind. Hier kann von ihm das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden. Die Erleichterungen der sekundären Darlegungslast greifen aber nur ein, wenn die darlegungspflichtige Partei alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat und sie dennoch ihrer primären Darlegungslast nicht nachkommen kann
(vgl. BAG 3. Dezember 2019 – 9 AZR 78/19 – Rn. 17 mwN, BAGE 169, 26).
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f) Die Prüfung, ob ein Beschäftigter in einen bestimmten Betrieb eingegliedert ist und den Weisungen des Betriebsinhabers unterliegt, ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dem Berufungsgericht kommt dabei ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, der die revisionsrechtliche Überprüfung einschränkt. Dessen Würdigung ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob es den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungs- oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat
(vgl. zur Eingliederung BAG 24. Mai 2018 – 2 AZR 54/18 – Rn. 17; 13. Dezember 2016 – 1 ABR 59/14 – Rn. 26; zur Abgrenzung von Werk-/Arbeitsvertrag BAG 21. März 2017 – 7 AZR 207/15 – Rn. 72 f., BAGE 158, 266; zum Arbeitnehmerstatus vgl. BAG 30. November 2021 – 9 AZR 145/21 – Rn. 41; 1. Dezember 2020 – 9 AZR 102/20 – Rn. 40, BAGE 173, 111), oder ob die Revision zulässige und begründete Verfahrensrügen erhoben hat
(§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO; BAG 26. Oktober 2016 – 7 AZR 535/14 – Rn. 26).
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3. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hält das angefochtene Urteil einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat es versäumt, die Umstände, die es im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung gewürdigt hat, in nachvollziehbarer Weise festzustellen und zu gewichten.
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a) Sprechen einige Kriterien für die Annahme, der Kläger sei als Erfüllungsgehilfe der I GmbH im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags tätig geworden und andere für das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung, hat das Tatsachengericht eine umfassende Abwägung aller in die Entscheidung einzustellenden Gesichtspunkte vorzunehmen. Dabei hat es die seiner Entscheidung zugrunde liegenden Aspekte zu benennen, diese zu gewichten und schließlich im Wege der Abwägung nachvollziehbar zu erläutern, aus welchen Gründen es in der Gesamtbetrachtung zu dem von ihm gefundenen Ergebnis gelangt
(zur Feststellung des Arbeitnehmerstatus vgl. BAG 30. November 2021 – 9 AZR 145/21 – Rn. 50; 1. Dezember 2020 – 9 AZR 102/20 – Rn. 38, BAGE 173, 111).
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b) Das Landesarbeitsgericht hat einerseits angenommen, die E-Mails enthielten „ganz klar“ arbeitsrechtliche Weisungen und andererseits festgestellt, die E-Mails beinhalteten Weisungen, die als projektbezogen zu werten seien. Welches Gewicht es damit den abwägungsrelevanten Gesichtspunkten beigemessen hat, lässt sich in der gebotenen Klarheit der Begründung ebenso wenig entnehmen wie die Gründe, die für ein Überwiegen der Indizien sprechen, aus denen auf eine Arbeitnehmerüberlassung geschlossen werden soll. Die getroffenen Feststellungen ermöglichen es dem Senat auch nicht zu bewerten, ob es sich um einzelne Vorgänge der Vertragsabwicklung oder um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis handelt, die für eine Arbeitnehmerüberlassung sprechen
(vgl. BAG 27. Juni 2017 – 9 AZR 133/16 – Rn. 29).
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C. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der Senat daher nicht abschließend entscheiden, ob zwischen den Parteien seit dem 3. Januar 2007 ein Arbeitsverhältnis besteht. Das Landesarbeitsgericht wird im fortgesetzten Berufungsverfahren die für die Entscheidung erforderlichen Tatsachen vollständig festzustellen und abzuwägen haben.
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I. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass für die Beklagte erst dann Anlass besteht, zum Inhalt ihrer vertraglichen Vereinbarungen mit der I GmbH weiter vorzutragen, wenn der Kläger Indizien dargelegt hat, die die Würdigung rechtfertigen, er sei der Beklagten zur Arbeitsleistung überlassen worden, und er seiner primären Darlegungslast – trotz Ausschöpfung bestehender Erkenntnismöglichkeiten – nicht (weiter) nachkommen kann, weil ihm der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen nicht bekannt ist. Nur dann ist es Sache der Beklagten, den Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen konkret darzulegen und die Tatsachen vorzutragen, die gegen eine Arbeitnehmerüberlassung sprechen. Erforderlichenfalls ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag und Beweisantritt zu geben.
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II. Bei der erneuten Würdigung unter Berücksichtigung der vorgelegten E-Mails ist Folgendes zu beachten:
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1. Die Annahme, die E-Mails vom 1. März 2008 (Überstunden), vom 23. Februar 2012 (Urlaubsüberschneidungen) und vom 6. Juni 2013 (Zuweisung von Aufgaben) enthielten arbeitsrechtliche Weisungen, berücksichtigt deren Inhalt unzutreffend oder nicht vollständig. Eine Weisung an den Kläger, Überstunden an bestimmten Tagen zu leisten oder nicht zu leisten, ergibt sich aus der E-Mail vom 1. März 2008 nicht. Die E-Mail vom 23. Februar 2012 benennt zwar den Kläger im Verteiler, der Inhalt bezieht sich aber nicht auf ihn. Aus der E-Mail vom 6. Juni 2013 ergibt sich keine Änderung der Aufgaben des Klägers; diese werden dort lediglich im Rahmen einer tabellarischen Aufzählung der Zuständigkeiten genannt.
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2. Das Landesarbeitsgericht darf außerdem nicht nur den Vortrag des Klägers berücksichtigen, die Beklagte habe ihn mit E-Mail vom 6. Juni 2007 aufgefordert, Schrank, Büro etc. ordentlich aufzuräumen, und ihn mit E-Mail vom 30. März 2015 gebeten, die Mitarbeiter der Beklagten F oder G über die Abwesenheit aus gesundheitlichen- und anderen Gründen zu informieren. Es wird außerdem auf wesentlichen Vortrag der Beklagten eingehen müssen, den es bisher nicht gewürdigt hat, ohne dass erkennbar wäre, dass es diesen Vortrag von seinem Rechtsstandpunkt aus als unerheblich oder als offensichtlich unsubstanziiert angesehen hat (vgl. zur
st. Rspr., zB BVerfG 17. September 2020 – 2 BvR 1605/16 – Rn. 14 mwN; BAG 15. Juni 2021 – 9 AZR 413/19 – Rn. 60; 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 95, BAGE 147, 172). Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 19. Februar 2019 auf S. 21 f. unter vorsorglichem Beweisantritt vorgetragen, mit der E-Mail vom 6. Juni 2007 sei das anstehende sogenannte ILM (Information Life Cycle Management) durch M vorbereitet worden, das der Organisation von Daten und deren Löschung und damit der Prüfung von Prozess- bzw. Qualitätsstandards diene, die auch von den Mitarbeitern der Fremdfirmen einzuhalten seien. Sie hat zudem im Schriftsatz vom 19. Februar 2019 auf S. 17 darauf hingewiesen, dass der Kläger selbst nicht behauptet habe, dass sich für ihn aus der E-Mail vom 30. März 2015 Verpflichtungen ergäben, insbesondere Meldepflichten gegenüber der Beklagten.
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