BFH 2. Senat, Beschluss vom 30.05.2022, AZ II B 89/21, ECLI:DE:BFH:2022:B.300522.IIB89.21.0
§ 6 FGO, § 119 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO
Leitsatz
1. NV: Ein Beschluss, mit dem der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen wird, muss den Einzelrichter nicht namentlich benennen. Die Bestimmung im Mitwirkungsplan des Senats reicht aus.
2. NV: Ist ein solcher Beschluss ergangen, bleibt die Übertragung auf den Einzelrichter auch bei Änderungen des Mitwirkungsplans bestehen.
Verfahrensgang
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 24. September 2021, Az: 4 K 1579/20, Urteil
Tenor
Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 24.09.2021 – 4 K 1579/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
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Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hatten Klage wegen eines Einheitswert- und Grundsteuermessbescheids erhoben. Berichterstatter im Finanzgericht (FG) war zunächst Richter am Finanzgericht A.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt –FA–) verzichtete auf mündliche Verhandlung und stimmte auch der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter nach § 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu; dies wurde den Klägern zur Kenntnis gegeben. Sodann beschloss der Senat am 19.10.2020 (wörtlich): „Der Rechtsstreit wird gemäß § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.“
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Nachdem der Berichterstatter zur mündlichen Verhandlung im Januar 2021 geladen hatte, verzichteten auch die Kläger am 05.01.2021 auf mündliche Verhandlung. Mit Urteil vom 24.09.2021 wies das FG durch die Richterin am Finanzgericht B als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung die Klage ab.
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Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügen die Kläger den Verfahrensmangel der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 119 Nr. 1 FGO. Der Senat habe den Rechtsstreit dem Richter am Finanzgericht A als Einzelrichter übertragen. Entschieden habe das Gericht durch die Richterin am Finanzgericht B als Einzelrichterin. Ein Beschluss, dieser Richterin den Rechtsstreit zu übertragen, liege nicht vor. Das Gericht sei daher nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen.
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Das FA erachtet die namentliche Benennung des Einzelrichters in dem entsprechenden Übertragungsbeschluss nicht für erforderlich und die Zuständigkeit der Richterin am Finanzgericht B für gegeben.
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Im Internetauftritt des FG befinden sich die Geschäftsverteilungspläne für die Jahre 2021 und 2022 einschließlich der Änderungsmitteilungen (https://…). Zum Jahresbeginn 2021 waren Mitglieder des 4. Senats die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht C, der Richter am Finanzgericht A, der Richter am Finanzgericht D sowie die Richterin am Amtsgericht E. Mit der 3. Änderung der Geschäftsverteilung für das Jahr 2021 vom 23.06.2021 anlässlich u.a. der Versetzung des Richters am Finanzgericht A in den Ruhestand wurde mit Wirkung zum 01.07.2021 die Richterin am Finanzgericht B dem 4. Senat zugewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
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Die Beschwerde ist unbegründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor.
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1. Nach § 119 Nr. 1 FGO ist ein Urteil stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Das ist nicht deshalb der Fall, weil nicht der ursprüngliche nach dem Mitwirkungsplan des Senats zum Einzelrichter berufene Richter entschieden hat.
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a) Nach § 6 Abs. 1 FGO kann der Senat unter bestimmten Voraussetzungen einem seiner Mitglieder als Einzelrichter den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen. Die namentliche Benennung des Einzelrichters ist nicht erforderlich. Um welchen Richter es sich handelt, muss sich dann aus dem senatsinternen Mitwirkungsplan ergeben (vgl. etwa Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 22.09.2005 – V B 137-138/04, BFH/NV 2006, 559, unter II.2., am Ende; vom 30.11.2005 – XI B 199/04, juris, unter 3., und vom 22.01.2009 – VIII B 78/08, BFH/NV 2009, 779, die alle eine entsprechende Regelung als selbstverständlich voraussetzen). Das bedeutet, dass bei Änderungen des Mitwirkungsplans, die etwa auf einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans des Gerichts beruhen können, automatisch derjenige Richter neuer Einzelrichter ist, der nach dem neuen Mitwirkungsplan als Einzelrichter für die Sache zuständig ist. Der Beschluss betreffend die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter wird nicht gegenstandslos, sondern beansprucht Geltung auch unter dem neuen Mitwirkungsplan.
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b) Nach diesem Maßstab geht die Rüge der Kläger fehl. Der Beschluss vom 19.10.2020 hat ausdrücklich nicht einen bestimmten Richter, hier den Richter am Finanzgericht A, zum Einzelrichter bestimmt, sondern eine allgemein-abstrakte Übertragung auf den Einzelrichter vorgenommen. Damit war nach dem Eintritt des bisherigen Einzelrichters in den Ruhestand automatisch der durch den neuen Mitwirkungsplan hierzu bestimmte Richter zum Einzelrichter berufen.
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c) Dass es im 4. Senat des FG gar keinen Mitwirkungsplan gegeben hätte oder aber die Richterin am Finanzgericht B ihrerseits, anders als zuvor Richter am Finanzgericht A, nach dem Plan nicht zuständige Einzelrichterin für die Sache gewesen wäre, haben die Kläger selbst nicht behauptet. Dies liegt im Übrigen auch nicht nahe, da diese Richterin ersichtlich als Ersatz für den in den Ruhestand getretenen Kollegen in den Senat berufen wurde.
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d) Sonstige Mängel der Geschäftsverteilung oder des Mitwirkungsplans oder Verstöße hiergegen, die zu einer Verletzung des gesetzlichen Richters hätten führen können, haben die Kläger nicht dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.