Novellierung des Rechts der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Strafgesetzbuch (Pressemeldung des BMJV)

Bund-Länder-Arbeitsgruppenbericht veröffentlicht

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Prüfung des Novellierungsbedarfs im Recht der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß
§ 64 des Strafgesetzbuches (
StGB) hat ihre Arbeiten abgeschlossen und heute ihren Bericht auf der
Homepage des Bundesjustizministeriums veröffentlicht.

Bundesjustizminister
Dr. Marco Buschmann erklärt hierzu:

„In den letzten Jahren ist die Zahl der Straftäterinnen und Straftäter, die in einer Entziehungsanstalt nach
§ 64 Strafgesetzbuch untergebracht sind, ganz erheblich gestiegen. Waren 1995 noch knapp 1400 Personen in einer Entziehungsanstalt untergebracht, so hat sie sich im Jahr 2019 mit 4300 Personen schon mehr als verdreifacht, mit weiter steigender Tendenz. Die Kliniken sind überlastet, und zunehmend sind offenbar auch Personen untergebracht, die in der Entziehungsanstalt gar nicht richtig aufgehoben sind, sondern zum Teil sogar den Therapieverlauf der wirklich behandlungsbedürftigen Personen behindern.

Die Behandlung der Straftäterinnen und Straftäter in den Entziehungsanstalten sollte sich daher wieder stärker auf diejenigen Personen konzentrieren, die wirklich eine Therapie brauchen. Nur so lassen sich gute Behandlungserfolge erreichen und eine weitere Überlastung der Kliniken vermeiden.

Aus diesem Grund ist es gut, dass die Bund-Länder-Arbeitsgruppe nun einen umfassenden Bericht mit konkreten Regelungsvorschlägen vorgelegt hat. Diese bieten eine sehr gute Grundlage für die Überarbeitung des Sanktionenrechts im Bereich des Maßregelvollzugs. Ich werde zeitnah einen Entwurf vorlegen, in den die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe einfließen werden.“

Im Maßregelvollzug erfolgt die freiheitsentziehende Unterbringung insbesondere von psychisch kranken oder suchtkranken Straftätern. Dieser Maßregelvollzug kann neben die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe treten oder anstelle dieser vollzogen werden. Unter bestimmten Umständen werden Straftäterinnen und Straftäter mit einer psychischen Störung nach
§ 63 Strafgesetzbuch (
StGB) in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, suchtkranke Straftäterinnen und Straftäter nach
§ 64
StGB in einer Entziehungsanstalt.

In den letzten Jahren ist ein kontinuierlicher Anstieg der Zahl der Personen zu verzeichnen, die in einer Entziehungsanstalt gemäß
§ 64
StGB untergebracht sind. Dieser Anstieg ist vor allem in den letzten Jahren in vielen Ländern verbunden mit einem deutlichen Anstieg der durchschnittlichen Unterbringungsdauer sowie einem deutlichen Wandel in der Struktur der Klientel. Dies hat vielfach zu einer Überlastung der Krankenhäuser des Maßregelvollzugs geführt.

Auf Bitten der Gesundheits- und der Justizministerkonferenz wurde im Oktober 2020 durch das Bundesministerium der Justiz unter Co-Vorsitz der Länder Hamburg und Nordrhein-Westfalen eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Prüfung eines Novellierungsbedarfs bei den Regelungen zur Unterbringung nach
§ 64
StGB eingerichtet. Nach gut einem Jahr und sechs Sitzungen hat die Arbeitsgruppe im November 2021 ihre Arbeiten erfolgreich abgeschlossen.

Das Ergebnis der Arbeiten ist ein Bericht, der einen Regelungsvorschlag mit einer umfangreichen Begründung enthält. Dessen Kernanliegen ist es, eine stärkere Fokussierung der Unterbringung auf wirklich behandlungsbedürftige und behandlungsfähige Straftäterinnen und Straftäter zu erreichen und so zur Entlastung der Entziehungsanstalten – zumindest im Sinne eines Abbremsens des langjährigen Anstiegs der Unterbringungszahlen – beizutragen. Erreicht werden soll dies unter anderem, indem die Anordnungsvoraussetzungen nach
§ 64
StGB in mehrfacher Hinsicht enger gefasst und der regelmäßige Zeitpunkt einer Reststrafaussetzung an den bei der reinen Strafvollstreckung üblichen Zweidrittelzeitpunkt angepasst werden.

Der Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe kann
hier abgerufen werden.

Das Bundesministerium der Justiz wird einen Referentenentwurf erarbeiten, in den die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe einfließen.