Das Einheitliche Patentgericht kommt (Pressemeldung des BMJV)

Deutschland ratifiziert das Protokoll über die vorläufige Anwendung des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht

Die Bundesregierung hat heute die Ratifikationsurkunde für das Protokoll über die vorläufige Anwendung zum Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht hinterlegt. Dies stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Errichtung des Einheitlichen Patentgerichts dar.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt hierzu:„Mit diesem Schritt sind wir der für innovative Unternehmen in Europa so wichtigen Europäischen Patentreform einen entscheidenden Schritt nähergekommen. Das Einheitliche Patentgericht wird kommen. Für die deutsche Industrie, die rund 40 Prozent aller aus Europa angemeldeten europäischen Patente hält, ist ein besserer Schutz ihrer Erfindungen im europäischen Binnenmarkt von besonderer Bedeutung. Dies gilt gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen, die wesentlich zum Innovationspotential unseres Landes beitragen.“

Die europäische Patentreform mit dem
EU-Einheitspatent sowie dem Einheitlichen Patentgericht als erstem grenzüberschreitend zuständigen Zivilgericht bildet den neuen Rechtsrahmen für einen einheitlichen europäischen Patentschutz. Dies ist von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung, da das Einheitliche Patentgericht über Rechtsverletzungen sowie die Wirksamkeit von Schutztiteln in einem Verfahren entscheiden und damit kostengünstig Rechtssicherheit im gemeinsamen Markt herstellen kann. Der Schutz von Erfindungen wird insbesondere für die auf zukunftsorientierten Innovationsfeldern tätigen kleinen und mittleren Unternehmen (sog. KMU) deutlich verbessert. Ihre grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Aktivitäten werden durch den erleichterten Zugang zum Patentschutz und durch die Vermeidung mehrfacher Prozessführung deutlich einfacher.

Bislang haben 15 Unterzeichnerstaaten das Übereinkommen selbst ratifiziert, nämlich Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, Malta, Portugal, Schweden, Finnland, Bulgarien, Estland, Italien, Lettland, Litauen und die Niederlande. Auf Grundlage dieser bereits erfolgten Ratifikationen wird das Übereinkommen in Kraft treten, wenn es auch von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert worden ist.

Allerdings muss vorher zunächst organisatorisch die Arbeitsfähigkeit des Einheitlichen Patentgerichts hergestellt werden. Dazu müssen unter anderem die Richterinnen und Richter des Einheitlichen Patentgerichts ausgewählt und ernannt werden und sekundäre Rechtsvorschriften, insbesondere die Verfahrensordnung, beschlossen sein. Dies wird auf der Grundlage des heute von Deutschland ratifizierten Protokolls über die vorläufige Anwendbarkeit des Übereinkommens geschehen. Sofern zwei weitere Staaten wie erwartet ihre förmliche Zustimmung zu dem Protokoll in den nächsten Wochen erklären, kann das Protokoll voraussichtlich im Herbst 2021 in Kraft treten und das Einheitliche Patentgericht als internationale Organisation entstehen. Der Abschluss der vorbereitenden Tätigkeiten wird einige Zeit dauern. Deutschland wird das Übereinkommen ratifizieren, sobald absehbar ist, dass das Einheitliche Patentgericht voll arbeitsfähig ist. Die Bundesregierung rechnet mit dem Inkrafttreten des Übereinkommens selbst ab Mitte 2022. Erst mit dem Inkrafttreten des Übereinkommens wird die gerichtliche Zuständigkeit auf das Einheitliche Patentgericht übergehen.

Der Deutsche Bundestag hatte nach einer ersten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im zweiten Anlauf am 26. November 2020 das Zustimmungsgesetz zum Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit seiner gesetzlichen Mitglieder mit den Stimmen von
SPD,
CDU, Bündnis 90/Die Grünen, Die LINKE und
FDP beschlossen und auch der Bundesrat hatte in seiner Sitzung am 18. Dezember 2020 dem Gesetz einstimmig zugestimmt. Seit dem 18. Dezember 2020 waren zwei weitere Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Nach der im Juli 2021 veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts konnte die – auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts zunächst aufgeschobene – Ausfertigung und Verkündung des angegriffenen Gesetzes mittlerweile erfolgen. Der Weg für eine deutsche Beteiligung an der europäischen Patentreform ist damit frei.