Eine Forschungsgruppe der Europa-Universität Viadrina unter Leitung von Professorin Ulla Gläßer hat heute die Ergebnisse eines vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Auftrag gegebenen Forschungsvorhabens zu außergerichtlichen Beschwerdemechanismen im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte veröffentlicht.
Justizstaatssekretärin
Dr. Margaretha Sudhof erklärt:
„Die Studie zeigt deutlich: Außergerichtliche Beschwerdemechanismen haben einen Mehrwert. Nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Unternehmen selbst. Das gilt insbesondere dann, wenn sie unternehmensübergreifend ausgestaltet sind.
Für die Ausgestaltung solcher unternehmensübergreifenden Mechanismen macht die Studie praxistaugliche Vorschläge. Durch das Konzept „pick
& choose“ können Unternehmen diese als Hilfestellung in der Umsetzung des Sorgfaltspflichtengesetzes nutzen. Sie sind aber ausdrücklich auch als Anregung gedacht, größer zu denken und umfassende Mechanismen zu konzipieren, die als lernende Systeme mit dazu beitragen, dass Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Verantwortung gerecht werden können.
Die Studie erleichtert es Unternehmen und Betroffenen, das große Potential außergerichtlicher Beschwerdemechanismen noch stärker als bisher zu erkennen und zu nutzen.“
Zum Hintergrund:
Verstoßen Wirtschaftsunternehmen gegen ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten, muss für die Betroffenen ein effektiver Zugang zu Abhilfe gewährleistet sein. Das Abhilfesystem soll nach den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte neben dem gerichtlichen Rechtsschutz auch außergerichtliche Beschwerdemechanismen umfassen. In den auf nationaler wie auf internationaler Ebene geführten Diskussionen liegt der Fokus dabei in aller Regel auf dem gerichtlichen Rechtsschutz; eine systematische Analyse des Potentials außergerichtlicher Mechanismen und eine wissenschaftlich fundierte Ausarbeitung von Gestaltungsmöglichkeiten fehlte bisher. Diese Lücke schließt das von
BMJV in Auftrag gegebene Forschungsvorhaben.
Der Bericht der Forschungsgruppe bestätigt die große Bedeutung niedrigschwelliger außergerichtlicher Beschwerdemechanismen in Ergänzung des gerichtlichen Rechtsschutzes und plädiert für einen unternehmensübergreifenden Ansatz. Aufbauend auf
u.a. Erkenntnissen aus der alternativen Streitbeilegung (Alternative/Appropriate Dispute Resolution, ADR) und der Verbraucherschlichtung, bietet der Bericht praxisorientierte Leitlinien für die Institutionalisierung, Implementierung und Verfahrensgestaltung außergerichtlicher Beschwerdemechanismen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen entlang globaler Lieferketten. Die Studie spricht sich für eine Regelung der Qualität und Effektivität außergerichtlicher Beschwerdemechanismen sowie für die Schaffung von Anreizen für die Institutionalisierung von und Mitwirkung an unternehmensübergreifenden Beschwerdemechanismen aus.
Der Bericht kann
hier abgerufen werden.