Hochrangige Konferenz zum Europäischen Haftbefehl mit Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und
EU-Justizkommissar Didier Reynders
Der Europäische Haftbefehl ist seit mehr als 15 Jahren ein wichtiges und erfolgreiches Instrument der strafrechtlichen Zusammenarbeit in der Europäischen Union. Aufgrund eines
EU-Haftbefehls kann schnell in der gesamten
EU gefahndet werden. Beschuldigte können schnell an den Mitgliedstaat überstellt werden, in dem die Tat von der Justiz verfolgt wird.
Zugleich gibt es Entwicklungen, die das gegenseitige Vertrauen in die Erfüllung rechtsstaatlicher Standards schwächen und damit die gegenseitige Anerkennung Europäischer Haftbefehle erschweren. Mehrfach hat der Europäische Gerichtshof hierzu in den vergangenen Jahren wesentliche Entscheidungen getroffen.
Über Perspektiven und Herausforderungen haben heute etwa 100 Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedstaaten und der
EU-Institutionen sowie Expertinnen und Experten aus der Justiz und der Wissenschaft im Rahmen einer hochrangigen Online-Konferenz der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft beraten.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt:
„Der Europäische Haftbefehl war eine Reaktion auf den Terror des 11. September 2001. Im Europa der offenen Grenzen mussten wir dringend dafür sorgen, effizient ermitteln und Tatverdächtige schnell festnehmen und überstellen zu können.
Der Europäische Haftbefehl bleibt eines der wichtigsten Instrumente der europäischen Strafverfolgung. Dieses Instrument lebt vom gegenseitigen Vertrauen in die Justizsysteme. Der Europäische Gerichtshof hat in den vergangenen Jahren klar aufgezeigt, dass rechtsstaatliche Defizite und menschenunwürdige Haftbedingungen Überstellungen ausschließen können. Hier zeigen sich die praktischen Auswirkungen, wenn am Fundament der Rechtsstaatlichkeit gesägt wird.
Effektive Strafverfolgung braucht hohe rechtsstaatliche Standards. Ein faires Verfahren, Beschuldigtenrechte und eine unabhängige Justiz können wir daher gar nicht hoch genug schätzen. Hier bleibt viel zu tun. Die Rechtsstaatlichkeit in Europa ist deshalb ein wesentlicher Schwerpunkt unserer Ratspräsidentschaft. Die Ergebnisse der heutigen Konferenz werden wir im Kreis der
EU-Justizministerinnen und -minister beraten.“
Der
EU-Kommissar für Justiz Didier Reynders erklärt:
„Der Europäische Haftbefehl ist unverzichtbar, damit Straftäter sich nicht der Strafverfolgung entziehen können, indem sie über europäische Grenzen flüchten. Probleme in der Umsetzung Europäischer Haftbefehle sind nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Meine Priorität ist, die vollständige und rechtmäßige Anwendung dieses wichtigen Instruments durch alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union sicherzustellen.
“
Diese Themen standen im Mittelpunkt der Onlinekonferenz:
- Rechtsstaatliche Bedenken und menschenunwürdige Haftbedingungen als Gründe für die Ablehnung der Vollstreckung von
EU-Haftbefehlen - Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die strafrechtliche Zusammenarbeit
- Das Verfahren zur Ausstellung und Entscheidung über
EU-Haftbefehle - Die Entscheidung über die Überstellung eigener Staatsangehöriger und von
EU-Bürgern an einen anderen
EU-Mitgliedstaat sowie über die Auslieferung an Drittstaaten
Auf der Basis der Erfahrungen aus der Praxis und der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wurden Herausforderungen bei der Anwendung des
EU-Haftbefehls benannt und Lösungen beraten.
Als Ergebnis der Fachkonferenz ist ein Bericht geplant, der als Grundlage für die künftige Arbeit auf dem Gebiet dienen soll. Ergebnisse sollen beim Rat der Justizministerinnen und Justizminister der
EU im Dezember 2020 erörtert werden.
Das Programm und weitere Informationen finden Sie
hier.