Beschluss des BPatG München 29. Senat vom 04.12.2024, AZ 29 W (pat) 578/24

BPatG München 29. Senat, Beschluss vom 04.12.2024, AZ 29 W (pat) 578/24, ECLI:DE:BPatG:2024:041224B29Wpat578.24.0

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2023 103 169.0

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 4.Dezember 2024 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, des Richters Posselt und der Richterin Akintche

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 vom 19. August 2024 aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Die am 1. März 2023 farbig angemeldete Wort-/Bildgestaltung

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soll für Waren und Dienstleistungen aus den Klassen 16, 28 und 41 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen werden. Als Anmelder ist in Feld (3) des Anmeldeformulars Folgendes wiedergegeben: …, DE-50170 Kerpen“.

3

Nach Beanstandungen vom 17. April 2023, 4. Juni 2023, 12. Juli 2023 und 14. September 2023 hat die Markenstelle für Klasse 28 mit Beschluss vom 19. August 2024 die Anmeldung gemäß §§ 36 Abs. 4, 36 Abs. 1 Nr. 2, 32 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) MarkenV zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Verein „X … e.V.“ ausweislich des Registerauszugs des Amtsgerichts … vom 17. April 2023 seinen Sitz in der Stadt „Nürnberg“ habe. Demgegenüber sei in Ziffer 3 des Anmeldeformulars als Sitz die Stadt „Kerpen“ mit einer dortigen Adresse aufgeführt. Den mehrfachen Aufforderungen und Fristsetzungen der Markenstelle, die Anmelderdaten zum Sitz in Nürnberg nachzureichen, sei der Anmelder nicht nachgekommen. Dieser habe geltend gemacht, dass Nürnberg zwar als Satzungssitz festgelegt sei, der Verwaltungssitz und die Geschäftsadresse jedoch in Kerpen sei. Den Vorschlag der Markenstelle, die Sitzangabe „Nürnberg“ um die Postleitzahl des dortigen Amtsgerichts zu ergänzen oder auch deren spätere Anregung, die Vereinsregistereintragung bezüglich des Sitzes auf die Geschäftsadresse des Anmelders von „Nürnberg“ zur Adresse in „Kerpen“ abzuändern und dem DPMA eine entsprechende Mitteilung hierüber zukommen zu lassen, habe der Markenanmelder abgelehnt und um Entscheidung nach Aktenlage gebeten. Die Markenanmeldung sei daher zurückzuweisen.

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Gegen diesen Beschluss hat der Anmelder Beschwerde eingelegt.

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Der Senat hat mit gerichtlichem Schreiben vom 6. November 2024 darauf hingewiesen, dass die Eingabe einer Geschäftsadresse bei den Anmelderangaben, die vom im Vereinsregister registrierten Sitz abweiche, nach der Markenverordnung nicht vorgesehen sei. Der Beschwerdeführer sei im Vereinsregister mit dem Sitz „Nürnberg“ erfasst, dieser gehöre daher gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) MarkenV zu den zwingenden Angaben. Befänden sich aber im Vereinsregister keine weiteren Angaben zum Sitz, so könne der Anmelder allein mit dem Vereinssitz – mithin ohne Postleitzahl etc. – erfasst und so im Markenregister abgebildet werden. Erkläre sich der Anmelder mit einer solchen Erfassung einverstanden, könne der Beschluss aufgehoben und die Sache zur weiteren Bearbeitung an das DPMA zurückverwiesen werden.

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Der Beschwerdeführer hat sich mit Schriftsatz vom 29. November 2024 damit einverstanden erklärt, dass im Markenregister entsprechend dem Vorschlag des Senats die Anmelderangaben „X … e.V., Nürnberg“ ohne weitere Zusätze aufgenommen werden.

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Der Anmelder beantragt zuletzt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 vom 19. August 2024 aufzuheben und die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverweisen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die Beschwerde des Anmelders ist gemäß §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässig. Sie führt in der Sache zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG zur Zurückverweisung an das DPMA zur weiteren Prüfung der Markenanmeldung.

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1. Nach § 36 Abs. 4 MarkenG ist eine Anmeldung zurückzuweisen, wenn sonstige Mängel im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht innerhalb einer vom DPMA gesetzten Frist beseitigt werden. Gemäß §§ 32 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) MarkenV muss die Anmeldung, wenn der Anmelder eine juristische Person ist, den Namen, die Rechtsform sowie die Anschrift des Sitzes der juristischen Person enthalten. Ist die juristische Person in einem Register eingetragen, müssen die Angaben nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) 3. HS MarkenV dem Registereintrag entsprechen; hierbei handelt es sich um eine zwingende Vorschrift („müssen“ die Angaben dem Registereintrag entsprechen). Bei den vorgenannten Angaben zum Anmelder handelt es sich um ein sonstiges Anmeldeerfordernis im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 MarkenG.

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2. Die Markenstelle ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die verfahrensgegenständliche Anmeldung einen sonstigen Mangel gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG aufgewiesen hatte.

13

Anmelder ist vorliegend ein eingetragener Verein, dessen Satzung nach § 57 Abs. 1 BGB den Sitz des Vereins enthalten muss. Da es sich bei einem eingetragenen Verein um eine juristische Person handelt, sind daher sowohl der Name und die Rechtsform als auch gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) 3. HS MarkenV die Sitzanschrift entsprechend dem Registereintrag anzugeben. Der Beschwerdeführer und Anmelder ist im Vereinsregister mit dem Sitz „Nürnberg“ (ohne Angabe von Straße, Hausnummer, Postleitzahl) erfasst (Amtsgericht Nürnberg … ). Dieser Satzungssitz gehört mithin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) MarkenV zu den zwingenden Anmelderangaben. In dem Anmeldeformular ist aber die Geschäftsanschrift des Anmelders in Kerpen aufgeführt, so dass die Markenstelle zu Recht diesen Mangel beanstandet hatte.

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Die zusätzliche Eingabe einer Geschäftsadresse bei den Anmelderangaben, die vom im Vereinsregister registrierten Sitz abweicht, ist nach der Markenverordnung im Übrigen nicht vorgesehen. Diese Geschäftsadresse könnte allenfalls als Zustelladresse aufgebaut werden (vgl. § 5 Abs. 2 MarkenV); die Aufnahme der Geschäftsadresse ist registerrelevant allerdings nicht mehr möglich, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Vertreter benannt ist, weil dieser dann automatisch auch im Feld „Zustelladresse“ zu erfassen ist.

15

Die Erfassung des Anmelders mit der Adresse in Kerpen ist – weil diese nicht dem im Vereinsregister aufgeführten Sitz „Nürnberg“ entspricht – nicht möglich.

16

3. Entgegen der Auffassung der Markenstelle ist allerdings bei den Anmelderdaten vorliegend nicht zwingend auch eine Anschrift oder auch nur eine Postleitzahl zu fordern.

17

In der Satzung eines Vereins muss als Sitz keine genaue Adresse genannt werden, die Ortsangabe – hier Nürnberg – ist ausreichend. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Verein gerade an diesem Ort postalisch erreichbar ist, da gemäß § 15 der Vereinsregisterverordnung (VRV) die Erreichbarkeit des Vereins durch Mitteilung einer ladungsfähigen Anschrift gesichert werden kann (vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 21. Aufl., 2021; Leuschner in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, § 24 Rn. 8).

18

Befinden sich im Vereinsregister zum gemäß § 3 Satz 3 Nr. 2 in Spalte 2 b VRV zu erfassenden Sitz keine weiteren Angaben, so ist auch bei einer Markenanmeldung der Anmelder entsprechend der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) 3. HS MarkenV, wonach die Angaben dem Registereintrag entsprechen müssen, mit diesem Vereinssitz zu erfassen; der Markenanmelder kann (und muss) allein mit dem Sitz, mithin ohne Zusätze (wie Straße, Hausnummer und Postleitzahl), im Markenregister abgebildet werden.

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Ein solches Vorgehen sieht im Übrigen die Hausverfügung Nr. 24 „Einheitliche Datenerfassung für die elektronische Datenverarbeitung des Deutschen Patent- und Markenamts (Stand 19. September 2019) auch als Ausnahme vor, vgl. dort Ziffer 4.2.1: „Liegt bei juristischen Personen der Handelsregisternachweis vor, dass die Angabe einer geographischen Postleitzahl nicht möglich ist, so kann der Sitz des Anmelders ohne Postleitzahl erfasst werden.“.

20

Der Anmelder hat sich im Beschwerdeverfahren mit der Aufnahme der Anmelderangaben „X … e.V., Nürnberg“ ohne weitere Zusätze einverstanden erklärt. Das Anmeldeerfordernis nach §§ 32 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) 3. HS. MarkenV ist daher erfüllt, so dass ein sonstiger Mangel im Sinne des §§ 36 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 MarkenG nicht (mehr) vorliegt.

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Der angefochtene Beschluss war deshalb aufzuheben und die Sache gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG zur weiteren Prüfung an das DPMA zurückverweisen.

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