Verhandlungstermin am 19. November 2024, 10.00 Uhr, Sitzungssaal E 101 – XI ZR 139/23, XI ZR 202/23 und XI ZR 205/23 – (Rückzahlung von Kontoführungsentgelten) (Pressemeldung des BGH)

Verhandlungstermin am 19. November 2024, 10.00 Uhr, Sitzungssaal E 101 – XI ZR 139/23, XI ZR 202/23 und XI ZR 205/23 – (Rückzahlung von Kontoführungsentgelten)

Ausgabejahr2024
Erscheinungsdatum21.08.2024

Nr. 167/2024

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat wird im Rahmen von drei Revisionen über die Rückzahlung von Kontoführungsentgelten zu entscheiden haben, die aufgrund einer unwirksamen Zustimmungsfiktionsklausel vereinbart wurden.

Sachverhalt:

Die Kläger begehren in den drei Klageverfahren jeweils Rückzahlung von geleisteten Kontoführungsentgelten. Nach einer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Sparkassen jeweils enthaltenen unwirksamen Regelung gilt die Zustimmung des Kunden zu angebotenen Änderungen von Vertragsbedingungen oder Entgelten für Bankleistungen als erteilt, wenn der Kunde der Beklagten seine Ablehnung nicht innerhalb einer bestimmten Frist anzeigt (Zustimmungs-fiktionsklausel).

In dem Verfahren XI ZR 139/23 informierte die Beklagte den Kläger im Oktober 2017 darüber, dass für sein Girokonto ab dem 1. Januar 2018 Kontoführungsentgelte zu zahlen seien. Sie erhob ab dem 1. Januar 2018 eine Grundgebühr für die Kontoführung in Höhe von monatlich 3,50 € und eine Gebühr für eine SparkassenCard in Höhe von jährlich 6 €. Der Kläger stimmte diesen Änderungen der Bedingungen nicht aktiv zu. Die Beklagte buchte die Entgelte in der Folgezeit vom Konto des Klägers ab. Im Juli 2021 widersprach dieser der Erhebung der Entgelte. Mit seiner Klage begehrt er Rückzahlung der in den Jahren 2018 bis 2021 erhobenen Entgelte in Höhe von insgesamt 192 €.

In dem Verfahren XI ZR 202/23 führte die Beklagte für den Kläger ein Girokonto, für das sie zunächst keine Entgelte berechnete. Am 23. Oktober 2007 schlossen die Parteien eine Rahmenvereinbarung über die Teilnahme des Klägers am Online-Banking, die sich auf alle bestehenden und zukünftigen Konten und Depots des Klägers bezieht und nach der ergänzend die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gelten. Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist das damals geltende Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten, in dem ein Kontoführungsentgelt in Höhe von monatlich 5,25 € bestimmt ist. Im weiteren Verlauf der Geschäftsbeziehung erhöhte die Beklagte – gestützt auf die Zustimmungsfiktionsklausel – das Kontoführungsentgelt, ohne dass der Kläger den geänderten Bedingungen aktiv zustimmte. Im Zeitraum von Januar 2003 bis Juni 2015 berechnete die Beklagte für die Kontoführung ein Entgelt in Höhe von monatlich 5,25 €, von Juli 2015 bis Juni 2019 in Höhe von monatlich 7,90 € und von Juli 2019 bis Dezember 2021 in Höhe von monatlich 9,90 €. Die Kontoführungsentgelte buchte sie jeweils am Monatsende von dem Girokonto des Klägers ab. Dieser widersprach im Jahr 2021 den ihm berechneten Entgelten. Mit seiner Klage begehrt er Rückzahlung der in den Jahren 2012 bis 2021 erhobenen Entgelte in Höhe von insgesamt 896,70 €.

In dem Verfahren XI ZR 205/23 führte die Beklagte für die Klägerin ein Girokonto, für das sie ebenfalls zunächst keine Entgelte berechnete. Im Verlauf der Geschäftsbeziehung erhob und erhöhte die Beklagte – gestützt auf die Zustimmungsfiktionsklausel – Kontoführungsentgelte, ohne dass die Klägerin den geänderten Bedingungen aktiv zustimmte. Im Zeitraum von Januar 2003 bis Juni 2015 berechnete die Beklagte der Klägerin für die Kontoführung ein Entgelt in Höhe von monatlich 5,25 €, von Juli 2015 bis Juni 2019 in Höhe von monatlich 7,90 € und von Juli 2019 bis November 2021 in Höhe von monatlich 9,90 €. Die Klägerin konnte die Entgelte den jeweils zum Monatsende erstellten Saldoabschlüssen entnehmen. Im Jahr 2021 widersprach sie den ihr berechneten Entgelten. Mit ihrer Klage begehrt sie Rückzahlung der in den Jahren 2012 bis 2021 erhobenen Entgelte in Höhe von insgesamt 886,80 €.

Prozessverlauf:

Die Kläger halten die Vereinbarungen über die Kontoführungsentgelte für unwirksam, weil sie ihnen nicht zugestimmt hätten. Die Beklagten haben jeweils die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Landgerichte haben entschieden, dass die Beklagten die Erhebung der Entgelte zwar nicht auf die unwirksame Zustimmungsfiktionsklausel stützen könnten. Dem Kontoinhaber sei es jedoch verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Entgeltabreden zu berufen, wenn er diese nicht innerhalb von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Abrechnung, in der das Entgelt erstmals geltend gemacht worden sei, beanstandet habe. Die vom Bundesgerichtshof im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung von Energielieferungsverträgen angewandte sogenannte „Dreijahreslösung“ sei auf die Rückforderung von Kontoführungsentgelten übertragbar. Danach habe der Kläger in dem Verfahren XI ZR 139/23 keinen Anspruch auf Rückzahlung von Entgelten, weil er deren Erhebung erst nach Ablauf von drei Jahren beanstandet habe. In dem Verfahren XI ZR 202/23 könne der Kläger Rückzahlung von 44 € beanspruchen. In dem Verfahren XI ZR 205/23 müsse die Beklagte 42 € an die Klägerin zurückzahlen.

Die Kläger verfolgen ihr Klagebegehren mit der Revision jeweils weiter, soweit die Landgerichte die Klagen abgewiesen haben. Sie wenden sich gegen die Anwendung der Dreijahreslösung.

Der XI. Zivilsenat wird über die drei Revisionen der Kläger am 19. November 2024 verhandeln.

Vorinstanzen in dem Verfahren XI ZR 139/23:

Amtsgericht Ingolstadt – Urteil vom 11. August 2022 – 13 C 1691/21

Landgericht Ingolstadt – Urteil vom 23. Juni 2023 – 13 S 1539/22 p

und

Vorinstanzen in dem Verfahren XI ZR 202/23:

Amtsgericht Wuppertal – Urteil vom 10. Januar 2023 – 35 C 323/21

Landgericht Wuppertal – Urteil vom 25. Oktober 2023 – 8 S 4/23

und

Vorinstanzen in dem Verfahren XI ZR 205/23:

Amtsgericht Wuppertal – Urteil vom 8. Dezember 2022 – 31 C 167/21

Landgericht Wuppertal – Urteil vom 25. Oktober 2023 – 8 S 1/23

Karlsruhe, den 21. August 2024

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