BSG 3. Senat, Urteil vom 18.04.2024, AZ B 3 KR 16/22 R, ECLI:DE:BSG:2024:180424UB3KR1622R0
§ 13 Abs 3 SGB 5, § 33 Abs 1 SGB 5, § 33 Abs 2 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB 5, § 14 Abs 4 HilfsMRL
Verfahrensgang
vorgehend SG Mainz, 8. Juli 2021, Az: S 16 KR 2386/19, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 7. April 2022, Az: L 5 KR 174/21, Urteil
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. April 2022 aufgehoben und das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 8. Juli 2021 sowie der Bescheid der Beklagten vom 13. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2019 und des Teilanerkenntnisses vom 6. März 2020 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 116 Euro zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Klägers in allen Rechtszügen.
Tatbestand
1
Im Streit steht die Erstattung weiterer Kosten für selbstbeschaffte Brillengläser in Höhe von 116 Euro.
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Der 2011 geborene Kläger ist bei der Beklagten familienversichert und wegen akkommodativen Strabismus (= Schielens) sowie Fehlsichtigkeit mit einer Sehhilfe versorgt. 2018 beantragte er bei der Beklagten unter Vorlage einer augenfachärztlichen Folgeverordnung eine Versorgung mit Bifokal-Kunststoffgläsern Typ Excellent mit bis zur Pupillenmitte hochgezogenem Nahteil. Die Verordnung wies für den Fernteil R Sphäre +7,5, Zylinder -2,5, L Sphäre +8,25, Zylinder -1,0 sowie für den Nahteil R Sphäre add, Zylinder +3, L Sphäre add, Zylinder +3 aus. Die vom Kläger beauftragte Optikerin veranschlagte hierfür Kosten von insgesamt 934 Euro.
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Die Beklagte bewilligte zunächst Kosten für zwei Gläser in Höhe von insgesamt 390 Euro. Sofern sich der Kläger für eine höherwertige Versorgung entscheide, habe er die Mehrkosten selbst zu zahlen
(Bescheid vom 13.11.2018). Der Kläger beschaffte sich die Brille im Folgenden selbst und zahlte für die neuen Brillengläser insgesamt 868 Euro, wobei 240 Euro für Härtung und Entspiegelung anfielen. Bei der Beklagten machte er die weiteren Kosten mit Ausnahme der Kosten für Härtung und Entspiegelung geltend. Die Brillengläser hätten mit einem Brechungsindex von 1,67 angefertigt werden müssen, um leichter zu sein. Dies sei notwendig, weil das Brillengestell sonst trotz Sportbügeln bei Bewegungen des Klägers verrutsche und die Brille nicht die ärztlich vorgeschriebene Wirkung erzielen könne. Die Beklagte lehnte eine weitergehende Kostenübernahme ab: Die Auswahl der optimalen Brillenfassung und deren richtige Anpassung stellten die originäre handwerkliche Aufgabe des Optikers dar. Es stünden zweckmäßige andere Möglichkeiten zur Verfügung, um ein Verrutschen zu vermeiden. Gläser mit einem geringeren Brechungsindex seien ausreichend
(Widerspruchsbescheid vom 26.11.2019).
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Nach Annahme eines Teilanerkenntnisses hat das SG die weitergehende Klage abgewiesen: Der Versorgungsanspruch nach § 33 Abs 2 Satz 1 SGB V für Versicherte bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres sei entsprechend § 33 Abs 1 Satz 4 iVm § 92 Abs 1 SGB V durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) konkretisiert. Die Hilfsmittel-Richtlinie bestimme abschließend die Voraussetzungen, unter denen eine Versorgung mit hochbrechenden Brillengläsern möglich sei. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor. Die Beschlüsse des GBA seien nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Anhaltspunkte dafür, dass die beim Kläger vorliegende Konstellation vom GBA nicht bedacht worden wäre und insoweit eine planwidrige Regelungslücke vorliege, seien nicht ersichtlich
(Urteil vom 8.7.2021). Die vom SG zugelassene Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg
(Urteil des LSG vom 7.4.2022).
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Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts
(§ 33 Abs 1 Satz 1, Abs 2 und § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V). Im Einzelfall habe eine erforderliche Versorgung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erfolgen, auch wenn die Verordnungsfähigkeit nach der Hilfsmittel-Richtlinie nicht gegeben sei. Zudem sei nicht berücksichtigt worden, dass nach § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen Rechnung zu tragen sei.
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- Der Kläger beantragt,
- das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. April 2022 aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 8. Juli 2021 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2019 und des Teilanerkenntnisses vom 6. März 2020 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm 116 Euro zu zahlen.
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- Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist begründet
(§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Zutreffend beansprucht er in dem geltend gemachten Umfang die Erstattung der Kosten für die von ihm selbstbeschafften hochbrechenden Brillengläser, die als therapeutische Sehhilfen zur Behebung des akkommodativen Schielens bei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres keiner Verordnungsbeschränkung hinsichtlich des Brechungsindex unterliegen.
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1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den Urteilen der Vorinstanzen der Bescheid vom 13.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.11.2019 sowie des vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 6.3.2020, durch den sie die beantragte Versorgung des Klägers mit Brillengläsern insoweit abgelehnt hat, als Mehrkosten durch die Wahl eines Brechungsindex von 1,67 statt 1,5 entstanden sind, die der Kläger verauslagt hat. Die Erstattung dieser Kosten macht er zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend
(§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG).
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2. Der Senat ist an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Insbesondere war die Berufung des Klägers aufgrund deren Zulassung durch das SG statthaft
(§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG).
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3. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist die hier allein in Betracht kommende Alt 2 des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V
(in der insoweit seither unveränderten Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Danach sind, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Dieser Anspruch auf Kostenerstattung besteht nur, wenn im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung die Voraussetzungen des primären Sachleistungsanspruchs vorlagen
(stRspr; vgl letztens etwa BSG vom 19.10.2023 – B 1 KR 16/22 R – vorgesehen für BSGE und SozR 4 RdNr 11 mwN).
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4. Der Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit Sehhilfen ergibt sich hier aus § 33 Abs 1 SGB V
(in der bei Selbstbeschaffung geltenden Fassung des HHVG vom 4.4.2017, BGBl I 778) iVm § 33 Abs 2 Satz 1 und 3 SGB V
(in der bei Selbstbeschaffung geltenden Fassung des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt BSG vom 7.10.2010 – B 3 KR 5/10 R – SozR 4-2500 § 33 Nr 32 RdNr 10). Nach § 33 Abs 2 Satz 1 SGB V haben Versicherte bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach § 33 Abs 1 SGB V. Nach dessen Satz 1 haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern
(Var 1), einer drohenden Behinderung vorzubeugen
(Var 2) oder eine Behinderung auszugleichen
(Var 3), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind, was beides vorliegend nicht zutrifft.
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Nach § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V bleibt für nicht durch § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V ausgeschlossene Hilfsmittel § 92 Abs 1 SGB V unberührt. Verwiesen ist damit auf die Richtlinien des GBA, hier die auf der Ermächtigung durch § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V beruhende Hilfsmittel-Richtlinie. Nach § 33 Abs 2 Satz 3 SGB V bestimmt der GBA in den Richtlinien nach § 92 SGB V – hier der Hilfsmittel-Richtlinie – zudem, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Therapeutische Sehhilfen dienen der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen
(vgl § 33 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V).
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5. Die hierin gesetzlich angelegte Unterscheidung zwischen allgemeinen und therapeutischen Sehhilfen
(vgl dazu BSG vom 23.6.2016 – B 3 KR 21/15 R – SozR 4-2500 § 33 Nr 49 RdNr 23; vgl zu deren Einführung im Zusammenhang mit der Begrenzung des Anspruchs auf Versorgung mit Sehhilfen für volljährige Versicherte BT-Drucks 15/1525 S 85) ist in der Hilfsmittel-Richtlinie des GBA näher ausgestaltet
(in der bei Selbstbeschaffung geltenden geänderten Fassung vom 19.7.2018, BAnZ AT 2.10.2018 B2). Deren nähere Bestimmungen stützen sich zum einen auf die allgemeine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass von Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten ua mit Hilfsmitteln
(§ 92 Abs 1 Satz 1 und 2 Nr 6 SGB V) und zum anderen auf die gesonderte gesetzliche Ermächtigung zur Bestimmung, „bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden“
(§ 33 Abs 2 Satz 3 SGB V; vgl zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Normgebung durch den GBA nur BSG vom 11.5.2017 – B 3 KR 6/16 R – SozR 4-2500 § 33 Nr 51 RdNr 46 ff). Dementsprechend unterscheidet die Hilfsmittel-Richtlinie zwischen Sehhilfen zur Verbesserung der Sehschärfe einerseits
(§ 12 Abs 1, §§ 13 bis 16 Hilfsmittel-Richtlinie) sowie therapeutischen Sehhilfen andererseits
(§ 12 Abs 2, § 17 Hilfsmittel-Richtlinie). Hiernach sind Brillengläser als Sehhilfen zur Verbesserung der Sehschärfe nach Maßgabe von § 13 iVm § 14 Hilfsmittel-Richtlinie verordnungsfähig, ua hochbrechende Kunststoffgläser mit einem Brechungsindex n ≥ 1,6 und n ≤ 1,67 bei Myopie/Hyperopie ≥ 10 dpt im stärksten Hauptschnitt, wofür bei Mehrstärkengläsern der Fernteil maßgeblich ist
(§ 14 Abs 4 Satz 3 und 4 Hilfsmittel-Richtlinie). Demgegenüber sind therapeutische Sehhilfen zur Behandlung einer Augenverletzung oder Augenerkrankung bei bestehender medizinischer Notwendigkeit in den durch § 17 Hilfsmittel-Richtlinie bestimmten Fällen verordnungsfähig, ua Kunststoff-Bifokalgläser mit extra großem Nahteil zur Behebung des akkommodativen Schielens bei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
(§ 17 Abs 1 Nr 8 Hilfsmittel-Richtlinie).
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6. Nach diesen Rechtsgrundlagen sind gesetzlich Krankenversicherte bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres – wie der Kläger – von der Krankenkasse mit Sehhilfen – unter Ausschluss der Kosten des Brillengestells
(§ 33 Abs 2 Satz 4 SGB V) – zu versorgen, soweit dies entweder zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung (therapeutische Sehhilfen) oder zum Ausgleich einer Behinderung (Sehhilfen zur Verbesserung der Sehschärfe) erforderlich ist.
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a) Ausgehend von der nach Funktionalität und schwerpunktmäßiger Zielrichtung bzw Zwecksetzung unterscheidenden Betrachtung dient ein Hilfsmittel nach der Rechtsprechung des Senats der „Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung“, wenn es im Rahmen eines medizinisch-therapeutischen Ansatzes im Schwerpunkt zur Behandlung einer Erkrankung eingesetzt wird
(vgl BSG vom 7.5.2020 – B 3 KR 7/19 R – SozR 4-2500 § 33 Nr 54 RdNr 15). Liegt es so, ist eine Sehhilfe zur Behandlung einer Augenerkrankung krankenversicherungsrechtlich auch dann keine Sehhilfe zum Behinderungsausgleich, wenn mit dem Ausgleich der Fehlsichtigkeit zugleich auch Zwecke des (unmittelbaren) Behinderungsausgleichs verfolgt werden. Deshalb kann Abgabeanforderungen für Brillengläser zur Verbesserung der Sehschärfe Bindungswirkung für die Versorgung mit therapeutischen Sehhilfen nur zukommen, soweit der Hilfsmittel-Richtlinie des GBA deren entsprechende Geltung in einer für die Zwecke der Massenverwaltung – nicht zuletzt im Interesse der anspruchsberechtigten Versicherten – hinreichend deutlichen Weise entnommen werden kann.
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b) Dafür findet sich indes in Bezug auf den hier streitbefangenen Brechungsindex keine ausreichende Grundlage. Den auf gesetzlichen Ermächtigungen, die sich zum Brechungsindex nicht verhalten, beruhenden näheren Bestimmungen der Hilfsmittel-Richtlinie des GBA sind Vorgaben zum Brechungsindex bei therapeutischen Sehhilfen zur Behebung des akkommodativen Schielens bei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres nach Wortlaut und Systematik nicht zu entnehmen. Während die Hilfsmittel-Richtlinie bei anderen Indikationen für therapeutische Sehhilfen zur Verordnungsfähigkeit im Weiteren auf die Modalitäten der Abgabe von Brillengläsern zur Verbesserung der Sehschärfe verweist, wenn zusätzlich die Notwendigkeit eines Refraktionsausgleichs besteht
(§ 17 Abs 1 Nr 1, 2, 3, 4, 6 und 16 Hilfsmittel-Richtlinie), enthält sie einen solchen Verweis beim akkommodativen Schielen nicht
(§ 17 Abs 1 Nr 8 Hilfsmittel-Richtlinie), obgleich auch insoweit regelhaft zugleich die Notwendigkeit eines Refraktionsausgleichs besteht. Eine entsprechende Anwendung der Vorgaben des § 14 Abs 4 Hilfsmittel-Richtlinie zum Brechungsindex im Rahmen des § 17 Abs 1 Nr 8 Hilfsmittel-Richtlinie scheidet angesichts der detaillierten und hoch ausdifferenzierten Regelungen der §§ 14 und 17 Hilfsmittel-Richtlinie aus. Danach unterliegt die Versorgung von Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres mit therapeutischen Sehhilfen zur Behebung des akkommodativen Schielens weder direkt noch mittelbar den Vorgaben der Hilfsmittel-Richtlinie für Sehhilfen zur Verbesserung der Sehschärfe.
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c) Ob die Vorgaben des § 14 Hilfsmittel-Richtlinie den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Fällen wie hier hinreichend Rechnung tragen, kann danach vorliegend offenbleiben. Dass diese besonderen Erfordernisse textlich erst nach der Selbstbeschaffung durch den Kläger Eingang in das Gesetz gefunden haben
(§ 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V idF des KJSG vom 3.6.2021, BGBl I 1444), wäre jedenfalls unbeachtlich. Denn diese Ergänzung war lediglich eine Klarstellung
(vgl BT-Drucks 19/26107 S 125 f); die besonderen Erfordernisse der Versorgung von Kindern und Jugendlichen waren schon zuvor im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt
(zB § 23 Abs 1 Nr 2 und § 26 SGB V; vgl zur Hilfsmittelversorgung bereits BSG vom 16.4.1998 –
B 3 KR 9/97 R – SozR 3-2500 § 33 Nr 27, juris RdNr 19; vgl im Zusammenhang hier zudem BT-Drucks 15/1525 S 85).
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7. Hiernach beansprucht der Kläger, bei dem nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG neben Fehlsichtigkeit ein akkommodativer Strabismus (= Schielen) vorliegt und für den deshalb eine Versorgung mit therapeutischen Sehhilfen erforderlich ist, zutreffend die Erstattung des noch streitbefangenen Betrags, der auf den hohen Brechungsindex der als therapeutische Sehhilfen selbstbeschafften Brillengläser zurückzuführen ist. Soweit die Beklagte Einwendungen hinsichtlich der Höhe der Kosten geltend gemacht hat, ist nicht ersichtlich, dass sich der Kläger im Rahmen der Selbstbeschaffung des für ihn geeigneten Hilfsmittels
(vgl zu kindgerechten Bedürfnissen BSG vom 23.7.2002 – B 3 KR 3/02 R – SozR 3-2500 § 33 Nr 46, juris RdNr 14) evident unwirtschaftlich verhalten hat
(vgl zu den Maßstäben insoweit BSG vom 17.12.2009 – B 3 KR 20/08 R – BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 36 <zu Festbetragshilfsmitteln>; BSG vom 12.9.2012 – B 3 KR 20/11 R – SozR 4-2500 § 33 Nr 39 RdNr 20).
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- Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
- Schütze
- Behrend
- Flint