Beschluss des BGH 1. Strafsenat vom 13.12.2022, AZ 1 StR 284/22

BGH 1. Strafsenat, Beschluss vom 13.12.2022, AZ 1 StR 284/22, ECLI:DE:BGH:2022:131222B1STR284.22.0

Verfahrensgang

vorgehend LG München I, 25. Februar 2022, Az: 2 Ks 127 Js 123332/21

Tenor

Es wird davon abgesehen, den Angeklagten zu der Hauptverhandlung über seine Revision sowie die Revision der Staatsanwaltschaft München I gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25. Februar 2022 vorzuführen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vierzehn Jahren verurteilt. Der Angeklagte wendet sich mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision gegen seine Verurteilung. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch beschränkt. Sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts; insoweit wird insbesondere geltend gemacht, das Landgericht habe das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe zu Unrecht verneint und rechtsfehlerhaft von der Milderungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 2 StGB Gebrauch gemacht. Die Revisionshauptverhandlung ist auf den 24. Januar 2023 anberaumt.

2

Der in dieser Sache in Untersuchungshaft genommene Angeklagte hat mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 18. November 2022 beantragt, an der Hauptverhandlung teilnehmen zu können.

3

Der Senat hält die Vorführung des Angeklagten zum Termin nicht für geboten.

4

Die Revisionshauptverhandlung ist gemäß § 337 StPO auf die rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils beschränkt. Eine eigene Sachentscheidung des Senats entsprechend § 354 Abs. 1 StPO kommt nach Aktenlage nicht in Betracht. Besondere in der Person des Angeklagten liegende Umstände, die eine Vorführung angezeigt erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des Falles für den Angeklagten erfordert weder das Gebot der Waffengleichheit noch das Recht auf effektive Verteidigung seine Vorführung, da die Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung anwesend sein werden. Das Recht des Angeklagten auf Anwesenheit in der Verhandlung gemäß Art. 8 der Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren wird durch die der innerstaatlichen Umsetzung der Richtlinie dienende, dieser Entscheidung zugrunde gelegte Bestimmung des § 350 StPO gewahrt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Oktober 2019 – 1 StR 113/19 Rn. 2 mwN und vom 28. Mai 2020 – 3 StR 77/20; vgl. BT-Drucks. 19/4467, Seite 9 ff., 22 ff.).

  • Jäger
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