1. Bei zugelassener Sprungrevision gehört eine Belehrung über das Erfordernis der Beibringung der Zustimmungserklärung… (Beschluss des BVerwG 2. Senat)

BVerwG 2. Senat, Beschluss vom 22.06.2022, AZ 2 C 12/21, ECLI:DE:BVerwG:2022:220622B2C12.21.0

Leitsatz

1. Bei zugelassener Sprungrevision gehört eine Belehrung über das Erfordernis der Beibringung der Zustimmungserklärung (§ 134 Abs. 1 Satz 3 VwGO) nicht zum notwendigen Inhalt einer Rechtsmittelbelehrung, weil § 58 Abs. 1 VwGO – anders als § 232 Satz 1 ZPO und § 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG – eine Belehrung über die Form nicht vorsieht.

2. Den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO an die Belehrung über den Rechtsbehelf wird auch im Anwendungsbereich des § 134 VwGO durch die Bezeichnung „Revision“ entsprochen. Denn die „Sprungrevision“ ist kein eigenständiger Rechtsbehelf neben der Revision, sondern – wie sich aus § 134 Abs. 2 Satz 1 VwGO ergibt – eine besondere Erscheinungsform der Grundsatz- und Divergenzrevision.

Verfahrensgang

vorgehend VG Gera, 1. September 2021, Az: 1 K 124/19 Ge, Urteil

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 1. September 2021 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 36 672,84 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der Kläger wendet sich in der Sache gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.

2

Der am 27. Juni 1959 geborene Kläger stand zuletzt als Brandmeister im Dienst der Beklagten. Mit Bescheid vom 9. März 2011 versetzte ihn die Beklagte wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand. Über den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch hat die Beklagte bisher nicht entschieden. Ein vom Kläger parallel geführtes, auf die finanzielle Abgeltung seines aufgrund der Dienstunfähigkeit nicht angetretenen Erholungsurlaubs gerichtetes Klageverfahren hatte teilweise Erfolg.

3

Im April 2018 erkundigte sich die (nunmehr) Prozessbevollmächtigte des Klägers erstmals bei der Beklagten nach dem Gang des Widerspruchsverfahrens. Hierauf teilte die Beklagte mit, der Kläger könne den Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht beanspruchen. Sein diesbezügliches Recht habe er verwirkt. Die daraufhin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 1. September 2021 und der Begründung ab, die Klage sei wegen Verwirkung des Klagerechts unzulässig. Im anlässlich der mündlichen Verhandlung erstellten Protokoll wird festgehalten: „Der Vertreter der Beklagten erklärt: Ich bin mit der Zulassung der Sprungrevision einverstanden“.

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Gegen das ihm am 6. September 2021 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. September 2021 die vom Verwaltungsgericht zugelassene (Sprung-)Revision eingelegt.

5

Mit Beschluss vom 22. Oktober 2021 hat das Verwaltungsgericht das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 1. September 2021 dahingehend berichtigt, dass es auf dessen Seite 2 heißen müsse: „Die Beteiligten sind mit der Einlegung der Sprungrevision einverstanden“.

6

Der Kläger hält die Revision für zulässig. Die Zustimmung der Beklagten zur Einlegung der Sprungrevision sei innerhalb der maßgeblichen Jahresfrist mit dem berichtigten Protokoll vorgelegt worden. Überdies ergebe sich aus der Rechtsprechung nicht, dass ein berichtigtes Protokoll nicht noch nach Ablauf der Revisionseinlegungsfrist vorgelegt werden könne. Jedenfalls sei ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II

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Die Revision des Klägers ist nach § 144 Abs. 1 VwGO durch Beschluss in der Besetzung des Gerichts nach § 10 Abs. 3 Halbs. 2 VwGO zu verwerfen, weil sie unzulässig ist. Der Kläger hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision nicht nach Maßgabe des § 134 VwGO form- und fristgerecht eingelegt, weil er innerhalb der Frist zur Einlegung der Revision die Zustimmung der Beklagten nicht vorgelegt hat (1.). Die Monatsfrist ist einschlägig, weil die dem Urteil des Verwaltungsgerichts beigegebene Rechtsmittelbelehrung den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO entspricht (2.). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht (3.).

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1. Nach § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht den Beteiligten gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 2 VwGO) die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Kläger und der Beklagte der Einlegung der Sprungrevision schriftlich zustimmen und wenn sie von dem Verwaltungsgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Die Zustimmung zu der Einlegung der Sprungrevision ist dem Antrag oder, wenn — wie hier — die Revision im Urteil zugelassen ist, der Revisionsschrift beizufügen (§ 134 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

9

In Bezug auf die Anforderungen des § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist anerkannt, dass die hiernach erforderliche Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils wirksam erteilt werden kann. Die Protokollierung der Erklärung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ersetzt die Schriftform und macht es entbehrlich, die Zustimmung nach § 134 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 VwGO der Revisionsschrift beizufügen (BVerwG, Urteile vom 7. Juni 2001 – 4 C 1.01 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 49 S. 2 und vom 23. März 2011 – 8 C 47.09 – Buchholz 452.00 § 124 VAG Nr. 1 Rn. 16; Beschluss vom 25. November 1992 – 4 C 16.92 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 40 S. 11). Denn in diesem Fall befindet sich das Protokoll der mündlichen Verhandlung und damit das Original der Zustimmungserklärung bereits bei Gericht und braucht deshalb nicht mehr für das Gericht beigefügt zu werden (vgl. Neumann/Korbmacher, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 134 Rn. 46).

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Der Umstand, dass es in der vorgenannten Konstellation entbehrlich ist, die Zustimmung beizufügen, ändert indes nichts daran, dass die Zustimmung innerhalb der Revisionsfrist vorliegen muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 1988 – 5 C 9.85 – BVerwGE 81, 81 <82> und vom 3. November 1992 – 9 C 6.92 – BVerwGE 91, 140 <141>; Beschluss vom 25. November 1992 – 4 C 16.92 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 40 S. 12; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 134 Rn. 14). Dies gilt entgegen der Auffassung des Klägers unabhängig von der jeweils zugrundeliegenden Fallgestaltung. Denn Erklärungen nach Ablauf der Revisionsfrist sind rechtlich ohne Bedeutung (BVerwG, Beschluss vom 25. November 1992 – 4 C 16.92 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 40 S. 12).

11

Die Zustimmung der Beklagten zur Einlegung der Sprungrevision ist vom Kläger jedoch nicht innerhalb der Revisionsfrist vorgelegt worden.

12

Der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist das vollständige Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. September 2021 ausweislich des anwaltlichen Empfangsbekenntnisses am 6. September 2021 zugestellt worden. Die Möglichkeit zur form- und fristgemäßen Einlegung der Revision unter Vorlage der Zustimmung der Beklagten zur Einlegung der Sprungrevision bestand somit bis Mittwoch, den 6. Oktober 2021 (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB).

13

Hieran fehlt es jedoch.

14

Ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung hat sich der Beklagtenvertreter zwar „mit der Zulassung der Sprungrevision einverstanden“ erklärt. Die darin zu sehende Zustimmung zur Zulassung der Sprungrevision reicht indes nicht aus (explizit zu der auch hier vorliegenden Konstellation BVerwG, Beschluss vom 25. November 1992 – 4 C 16.92 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 40 S. 11). Denn wegen des mit der Sprungrevision verbundenen Verlusts einer Tatsacheninstanz und der Bindung des Revisionsgerichts an die Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts ohne die Möglichkeit einer Verfahrensrüge muss die Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision eindeutig formuliert sein; die Zustimmung zur Zulassung dieses Rechtsmittels ist einer Auslegung als Zustimmung zu seiner Einlegung regelmäßig nicht zugänglich (BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2013 – 1 C 1.13 – BVerwGE 148, 297 Rn. 8 und vom 15. Dezember 1988 – 5 C 9.85 – BVerwGE 81, 81 <82>; s. auch BVerwG, Urteil vom 15. April 2019 – 1 C 46.18 – Buchholz 402.251 § 33 AsylG Nr. 1 Rn. 14). Ob der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Einlegung der Revision hat zustimmen wollen, kann dahinstehen. Denn eine solche Erklärung hat in dem Protokoll vom 1. September 2021 keinen Niederschlag gefunden, sodass insoweit das in § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO geforderte Merkmal der Schriftform nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1988 – 5 C 9.85 – BVerwGE 81, 81 <83>). In Anbetracht dessen verfängt der sinngemäße Einwand des Klägers nicht, in der mündlichen Verhandlung sei bereits „eine Entscheidung zugunsten der Sprungrevision getroffen“ worden.

15

Die mit Beschluss vom 22. Oktober 2021 erfolgte Berichtigung des Protokolls dahingehend, dass die „Beteiligten (…) mit der Einlegung der Sprungrevision einverstanden“ (sind), ändert hieran nichts, denn sie ist außerhalb der Monatsfrist zur Einlegung der Revision nach § 139 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfolgt. Eine Berichtigung der Niederschrift ist zwar grundsätzlich möglich; in diesem Falle muss die Protokollberichtigung jedoch innerhalb der Revisionsfrist nachgewiesen worden sein (BVerwG, Beschlüsse vom 17. Mai 1983 – 1 C 33.82 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 23 S. 7 f. und vom 11. Februar 1997 – 8 C 4.97 – juris Rn. 6 m. w. N.). Dies ist hier — wie sich aus Vorstehendem ergibt — nicht erfolgt.

16

2. Entgegen der Auffassung des Klägers genügt die dem angegriffenen Urteil beigegebene Rechtsmittelbelehrung den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO.

17

Nach § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

18

Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht zutreffend sowohl über das Rechtsmittel der Berufung als auch über das der Revision belehrt. Eine — hier unterbliebene — Unterrichtung über die Beibringung der Zustimmungserklärung im Falle der Sprungrevision gehört nicht zum notwendigen Inhalt einer Rechtsmittelbelehrung (BVerwG, Urteil vom 20. August 1993 – 8 C 14.93 – Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 62 S. 13; Beschluss vom 29. September 1962 – 2 C 173.62 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 5; Pietzner/Bier, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 134 Rn. 31), sodass deren Fehlen die Belehrung nicht „unrichtig“ macht und folglich die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht in Gang gesetzt wird.

19

Insbesondere aus der vom Kläger zitierten Gesetzesbegründung zu § 232 ZPO (vgl. BT-Drs. 17/10490 S. 14) und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 16. Juni 1998 – 5 AZR 67/97 – juris Rn. 22 f.) ergibt sich nichts anderes. Der Kläger nimmt nicht in den Blick, dass sowohl § 232 Satz 1 ZPO (im Grundsatz) als auch § 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG „seit jeher“ eine Belehrungspflicht hinsichtlich der Form des einzulegenden Rechtsmittels statuieren. Eine solche Vorgabe findet sich in § 58 Abs. 1 VwGO gerade nicht.

20

Darüber hinaus fehlt es der Rechtsmittelbelehrung auch nicht an der Bezeichnung des einschlägigen Rechtsbehelfs. Denn das Verwaltungsgericht hat neben der Berufung auch über die Möglichkeit der Revision belehrt. Dass es sich hierbei nicht des Begriffs der „Sprungrevision“ bedient hat, ist — anders als der Kläger meint — unschädlich. Denn die „Sprungrevision“, bei der es sich nach der Legaldefinition des § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO um eine „Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz“ handelt, ist kein eigenständiger Rechtsbehelf neben der Revision, sondern vielmehr — wie sich aus § 134 Abs. 2 Satz 1 VwGO ergibt — eine besondere Erscheinungsform der Grundsatz- und Divergenzrevision (vgl. Pietzner/Bier, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 134 Rn. 7; s. auch Neumann/Korbmacher, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 134 Rn. 6 f.).

21

3. Der von der Prozessbevollmächtigten des Klägers gestellte Antrag auf „Wiedereinsetzung hinsichtlich der Vorlage der Einverständniserklärung zur Einlegung der Sprungrevision“ bleibt ohne Erfolg.

22

Dabei bedarf es keiner Klärung, ob in den Fällen, in denen die Berichtigung des Protokolls nicht innerhalb der Frist zur Einlegung der Revision, sondern erst nach deren Ablauf erfolgt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO gewährt werden kann (zustimmend Pietzner/Bier, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 134 Rn. 26; offen gelassen von BVerwG, Beschlüsse vom 17. Mai 1983 – 1 C 33.82 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 23 S. 8, vom 25. August 1989 – 8 C 61.89 – juris Rn. 7 und vom 18. September 2008 – 2 C 125.07 – juris Rn. 13). Denn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 VwGO liegen nicht vor.

23

Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dem Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22. Oktober 2021 (eingegangen am 25. Oktober 2021) kann jedoch schon deshalb nicht entsprochen werden, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie ohne Verschulden an der Einhaltung der Revisionsfrist verhindert gewesen wäre.

24

Ein Verschulden i. S. v. § 60 Abs. 1 VwGO liegt vor, wenn der Betroffene diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falls zuzumuten war (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 1995 – 1 C 38.93 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 200 S. 20; Beschlüsse vom 28. Februar 2008 – 9 VR 2.08 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 262 Rn. 6 und vom 12. Oktober 2021 – 8 C 4.21 – juris Rn. 14). Ein Verschulden setzt mithin stets den Verstoß gegen eine individuelle Sorgfaltspflicht voraus, auf die der Beteiligte (oder sein Prozessbevollmächtigter) sich einstellen konnte (BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 2021 – 2 C 11.19 – Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 84 Rn. 6). Dabei ist dem Kläger ein Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2008 – 9 VR 2.08 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 262 Rn. 6; s. auch BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 2021 – 2 C 11.19 – Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 84 Rn. 14).

25

Orientiert an diesem Prüfungsmaßstab liegt ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten des Klägers vor. Denn sie hätte prüfen müssen, ob die innerhalb der Revisionsfrist beizubringende Erklärung des Rechtsmittelgegners ausreicht. Erforderlichenfalls hätte sie eine anderweitig gefasste Erklärung „anfordern“ müssen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Mai 1983 – 1 C 33.82 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 23 S. 8 und vom 25. August 1989 – 8 C 61.89 – juris Rn. 7). Hierzu bestand aufgrund der Übersendung des Protokolls seit dem 6. September 2021 Gelegenheit. Eine entsprechende Prüfung ist jedoch unterblieben.

26

Zu einer solchen Prüfung hat sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers offensichtlich erst durch das Schreiben des Vorsitzenden vom 12. Oktober 2021 veranlasst gesehen. Denn dem in der Prozessakte des Verwaltungsgerichts befindlichen Telefonvermerk lässt sich entnehmen, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 19. Oktober 2021 beim Verwaltungsgericht angerufen und mutmaßlich mitgeteilt hat, das Bundesverwaltungsgericht beanstande, dass nicht „die Zustimmung beider Seiten zur Einwilligung der Sprungrevision“ protokolliert worden sei. Im Nachgang hat sie zudem mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2021 um eine Berichtigung des Protokolls von Amts wegen gebeten.

27

Hinderungsgründe bestehen nicht. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in diesem Zusammenhang lediglich mitgeteilt davon auszugehen, dass eine versehentliche Nichtprotokollierung der Einverständniserklärung zur Einlegung der Revision nicht den Parteien des Rechtsstreits angelastet werden könne und insoweit die Verspätung entschuldigt sei. Damit hat sie sich jedoch lediglich im Irrtum über die sie als Prozessbevollmächtigte treffenden, in der Rechtsprechung hinreichend konturierten Obliegenheiten befunden, die — anders als von der Prozessbevollmächtigten nahegelegt — insbesondere nicht erst nach einem „rechtzeitigen Hinweis“ des Senats aufleben. Der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist folglich der Vorwurf eines Verstoßes gegen eine individuelle Sorgfaltspflicht zu machen, auf die sie sich einstellen konnte. Diesen Verstoß muss sich der Kläger zurechnen lassen.

28

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

29

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 i. V. m. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GKG.