BVerwG 6. Senat, Beschluss vom 12.09.2025, AZ 6 B 20.25, 6 B 20.25 (6 B 23.24), ECLI:DE:BVerwG:2025:120925B6B20.25.0
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 13. Mai 2024, Az: 5 A 1218/22, Urteil
vorgehend VG Köln, 8. März 2022, Az: 13 K 326/21, Urteil
Tenor
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss des Senats vom 20. Mai 2025 – BVerwG 6 B 23.24 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.
Gründe
I
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Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 13. Mai 2024 – 5 A 1218/22 -. Der Senat hat ihre dagegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 20. Mai 2025 zurückgewiesen. Die erhobenen Rügen erfüllten keinen der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe. Hiergegen richtet sich die am 4. August 2025 erhobene Anhörungsrüge der Klägerin. Sie macht geltend, der Senat habe ihren Vortrag zu den Grundsatzrügen 7, 8 und 10 übergangen.
2
Die Beklagte ist der Anhörungsrüge entgegengetreten.
II
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Die zulässige Anhörungsrüge hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verfahren ist nicht – auch nicht hinsichtlich der Grundsatzrügen 7, 8 und 10 – fortzuführen. Denn der Senat hat bei seiner Entscheidung über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt (§ 152a Abs. 1 VwGO i. V. m. Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO).
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Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht. Er verlangt aber nicht, dass das Gericht den gesamten Vortrag der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung wiedergibt, zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung nimmt oder in der Sache deren Argumentation folgt. Es kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gründe beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 3. Juni 1987 – 1 BvR 313/85 – BVerfGE 75, 369 <381> und vom 19. Mai 1992 – 1 BvR 986/91 – BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 – 9 C 158.94 – BVerwGE 96, 200 <209 f.> und Beschluss vom 21. Juni 2007 – 2 B 28.07 – Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 6).
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Die Beschwerde macht zunächst geltend, der Beschluss verhalte sich nicht zu der mit der Grundsatzrüge 7 aufgeworfenen Frage, ob eine mehrdeutige Meinungsäußerung als Anhaltspunkt für eine verfassungsfeindliche Bestrebung gewertet werden dürfe, wenn sie auch in verfassungskonformer Weise ausgelegt werden könne. Dies trifft nicht zu. Der Beschluss befasst sich unter Rn. 19 mit der Grundsatzrüge 7 und gibt den Vortrag der Beschwerde unter Rn. 23 wieder. Er verneint eine revisionsgerichtliche Klärungsbedürftigkeit unter Verweis auf die bereits an früherer Stelle referierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die sich mit den aus Art. 5 Abs. 1 GG folgenden Anforderungen an die Auslegung von Meinungsäußerungen befasst. Auch aus dem neuerlichen Vortrag der Klägerin wird nicht deutlich, warum in Ansehung der in Rn. 15 und 16 wiedergegebenen Rechtsprechung ein erstmaliger oder erneuter Klärungsbedarf für den Umgang mit mehrdeutigen Äußerungen im Bereich des Verfassungsschutzrechts bestehen könnte. Vielmehr hatte die Klägerin in ihrer Beschwerde selbst eine Heranziehung der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingefordert.
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Die Klägerin sieht ihren Kernvortrag aus der Grundsatzrüge 8 übergangen. Mit der Teilfrage 8a) habe sie die Frage als klärungsbedürftig bezeichnet, ob bei einer Partei Äußerungen, die gerade kein politisches Ziel zum Ausdruck brächten, die Annahme eines generellen politischen Handlungsimpulses rechtfertigen könnten. Mit der Teilfrage 8b) sei es ihr um die Frage gegangen, ob Verhaltensweisen, die gegen eine Norm verstießen, die zu den Verfassungsgrundsätzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehört, als Anhaltspunkte dafür gewertet werden könnten, dass das handelnde Subjekt darauf ausgehe, den betreffenden Verfassungsgrundsatz zu beseitigen. Der Senat gehe auf die wirklich gestellten Fragen nicht ein. Auch dieses Vorbringen führt nicht auf einen Gehörsverstoß. Der Senat befasst sich mit der Grundsatzrüge 8 ab Rn. 31. Zur Teilfrage 8a) weist er auf den zwischen Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht unstreitigen und damit nicht mehr klärungsbedürftigen Ansatz hin, dass Äußerungen über politische Zielsetzungen in einem parteibezogenen Kontext ein Umsetzungswille immanent sei, sie also im Sinne der Fragestellung “
mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden„. Zur Teilfrage 8b) erläutert er, der Umstand, dass sich eine Partei im Falle einer Regierungsübernahme durch die Judikative gehindert sehen könnte, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen, erfordere keine Modifikation dieser Rechtsprechung. Dass mit diesen Erwägungen der Kern der in der Beschwerdeschrift ausdrücklich formulierten Fragen 8a) und 8b) nicht getroffen wäre, erschließt sich nicht. Vielmehr entfernt sich die Klägerin mit dem jetzigen Vortrag von ihrer ursprünglichen Fragestellung.
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Schließlich vermag auch das Vorbringen zur Behandlung der Grundsatzrüge 10 keinen Gehörsverstoß zu begründen. Die Klägerin rügt, der Senat habe unter Rn. 25 zu Unrecht angenommen, es handele sich um eine dem Revisionsgericht nicht zugängliche Frage der tatrichterlichen Würdigung, ob bestimmten Äußerungen ohne strafrechtliche Relevanz eine gegen das Menschenwürdegebot gerichtete Zielsetzung entnommen werden könne. Vielmehr sei dies eine Rechtsfrage. Dieses Vorbringen übergeht, dass der Senat den rechtlichen Aspekt dieser Frage bereits unter Rn. 15 als nicht klärungsbedürftig angesehen hat. Lediglich ergänzend hat er in Rn. 25 darauf hingewiesen, dass er die inhaltliche Richtigkeit der tatrichterlichen Würdigung nicht prüft. Ob diese Abgrenzung zwischen Maßstab und tatrichterlicher Würdigung im vorliegenden Fall zutreffend ist, bedarf hier keiner Klärung. Denn auch aus einer vermeintlich unzutreffenden Sachbehandlung ließe sich ein Gehörsverstoß nicht ableiten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
