BVerwG 2. Senat, Beschluss vom 04.09.2025, AZ 2 B 25.25, ECLI:DE:BVerwG:2025:040925B2B25.25.0
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 19. Februar 2025, Az: 31 A 704/22.O, Urteil
vorgehend VG Düsseldorf, 2. Februar 2022, Az: 31 K 2240/19.O, Urteil
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Februar 2025 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1
Der Beklagte wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
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1. Der 19.. geborene Beklagte steht als Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11 LBesO) im Dienst des Klägers. Zuletzt war er beim Polizeipräsidium in der Funktion eines „Wachdienstführers“ eingesetzt. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts wurde er wegen des Besitzes kinder- und jugendpornographischer Schriften zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten wegen des Besitzes von 39 Bilddateien und drei Videodateien jugendpornographischen Inhalts aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Beklagte habe durch den Besitz jugendpornographischer Schriften ein schwerwiegendes einheitliches außerdienstliches Dienstvergehen begangen, das nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher Gesichtspunkte zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führe.
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2. Die nicht ausdrücklich auf einen bestimmten Zulassungsgrund gestützte Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 67 Satz 1 LDG NRW i. V. m. § 132 VwGO) hat keinen Erfolg.
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a) Die Beschwerde ist bereits unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Nach dieser Vorschrift muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), oder der Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) bezeichnet werden. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde beschränkt sich darauf, die angefochtene Entscheidung im Stil einer allgemeinen Urteilskritik als „fehlerhaft“ zu rügen und ihre inhaltliche Richtigkeit anzuzweifeln. Anders als die Vorschriften über die Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kennt das Revisionszulassungsrecht den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel aber gerade nicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Dezember 2023 – 2 B 45.22 – NVwZ-RR 2024, 519 Rn. 16 und vom 18. Dezember 2024 – 2 B 21.24 – juris Rn. 7 m. w. N.).
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b) Selbst wenn man der Beschwerde bei wohlwollender Auslegung die Rüge eines Verfahrensmangels entnehmen sollte, bliebe sie ohne Erfolg. Das Vorbringen unter II. der Beschwerdebegründung, das Gericht habe zu Unrecht eine Heilung des ursprünglichen Bestimmtheitsmangels der Disziplinarklage angenommen, führt nicht auf einen Verfahrensfehler des Gerichts. Die Möglichkeit einer Beseitigung wesentlicher Mängel der Klageschrift ist in § 54 LDG NRW vorgesehen; warum sie hier nicht in Betracht kommen sollte, wird nicht dargelegt.
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Soweit der Schriftsatz unter III. moniert, dass das Oberverwaltungsgericht eine eigene Beweisaufnahme unterlassen habe, ist bereits nicht klar, worauf sich der Vortrag bezieht. In der Passage auf Seite 23 des Urteilsabdrucks, auf die zweimal verwiesen wird, finden sich die behaupteten gerichtlichen Zitate von „Vermutungen eines Ermittlungsbeamten“ nicht. Die „eigene Wertung“ des Berufungsgerichts, die von der Beschwerde kritisiert wird, betrifft die erst- und zweitinstanzliche Einschätzung, dass nur ein Teil der strafrechtlich abgeurteilten Tathandlungen für das Disziplinarverfahren relevant ist. Den vorsätzlichen Besitz von kinderpornographischen Bilddateien hat das Berufungsgericht dem Beklagten nicht vorgeworfen. Inwiefern diese rechtliche Bewertung einen den Beklagten belastenden Verfahrensmangel darstellen sollte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
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Soweit die Beschwerde schließlich unter IV. eine unterbliebene Aufklärung der vom Beklagten reklamierten Verminderung der Schuldfähigkeit rügt, übersieht sie, dass sich das Berufungsgericht eingehend mit Fragen der verminderten Schuldfähigkeit auseinandergesetzt hat. Das Berufungsurteil hat zunächst die anerkannten Milderungsgründe (UA S. 40 ff.), insbesondere eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB, und sodann weitere entlastende Gesichtspunkte wie krankhafte Beeinträchtigungen der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit unterhalb der Schwelle der §§ 20, 21 StGB (UA S. 46 ff.) geprüft und – mangels konkreter Anhaltspunkte bzw. entsprechenden Vortrags – verneint. Einen förmlichen Beweisantrag im Sinn des § 86 Abs. 2 VwGO hat der anwaltlich vertretene Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Dem auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellten Hilfsbeweisantrag war aus Sicht des Berufungsgerichts nicht nachzukommen, weil es ihn mangels hinreichender vom Beklagten benannter Anknüpfungstatsachen als unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag eingestuft hat (UA S. 44). Hierzu hat die Beschwerde nichts vorgetragen, was die Annahme eines Aufklärungsmangels nach § 86 Abs. 1 VwGO begründen könnte.
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3. Die Kostenerhebung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Werts des Streitgegenstands bedarf es nicht, weil für das Beschwerdeverfahren Festgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 Satz 1 LDG NRW erhoben werden.
