Beschluss des BSG vom 06.08.2025, AZ B 9 V 12/25 B

BSG, Beschluss vom 06.08.2025, AZ B 9 V 12/25 B, ECLI:DE:BSG:2025:060825BB9V1225B0

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28. Januar 2025 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten

Gründe

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I. Die Beteiligten streiten über die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folgen einer Gewalttat.

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Mit dem angefochtenen Urteil vom 28.1.2025 hat das LSG wie vor ihm das SG und der Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Beschädigtenversorgung nach einem GdS von 60 verneint.

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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt, weil das LSG einen Verfahrensfehler begangen habe.

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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil darin kein Verfahrensmangel ordnungsgemäß bezeichnet worden ist
(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

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1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne
(§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung dieses Verfahrensmangels
(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden. Daran fehlt es hier.

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a) Soweit der Kläger einen Besetzungsmangel beim LSG und damit einen Verstoß gegen sein Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art 101 Abs 1 Satz 2 GG rügt, verfehlt er diese Darlegungsanforderungen. Ein Beschwerdeführer, der eine Besetzungsrüge erhebt, muss die Tatsachen angeben, aus denen sich die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts ergibt. Handelt es sich dabei um gerichtsinterne Vorgänge, die ihm nicht ohne Weiteres bekannt sind, muss er insoweit eine Aufklärung durch zweckentsprechende Ermittlungen anstreben und ggf darlegen, dass er sich vergeblich um die Aufklärung dieser Tatsachen bemüht hat
(BSG Urteil vom 9.10.1987 – 9a RV 38/86 – juris RdNr 10; BSG Urteil vom 15.6.1988 – 7 RAr 50/86 – juris RdNr 18 mwN). Eine lediglich „auf Verdacht“ behauptete nicht vorschriftsmäßige Besetzung genügt nicht
(vgl BSG Beschluss vom 12.6.1992 – 7 RAr 18/92 ua – juris RdNr 14; BAG Beschluss vom 14.9.2016 – 4 AZN 540/16 – juris RdNr 11 mwN; ferner BVerwG Beschlüsse vom 30.11.2004 – 1 B 48/04 – juris RdNr 3 und vom 18.5.1999 – 11 B 37/98 – juris RdNr 7). Folglich muss der Beschwerdeführer vortragen, dass und ggf welche zweckdienlichen Ermittlungen er durchgeführt hat, indem er zB beim LSG den zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblichen Stand der Geschäftsverteilung einschließlich etwaiger Verhinderungen der geschäftsplanmäßig vorgesehenen Richter erfragt hat.

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Diesen Vortrag enthält die Beschwerde nicht. Sie führt nichts zum Geschäftsverteilungsplan und zur Frage der zur Entscheidung zuständigen Richter aus. Mit seinem Hinweis auf § 309 ZPO macht der Kläger sinngemäß geltend, über seine Klage hätten entgegen § 153 Abs 1 iVm § 129 SGG andere Richter entschieden als diejenigen, die laut Protokoll an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hätten. Wie sich indes aus dem von ihm eingereichten Protokoll der mündlichen Verhandlung ergibt, ist das Urteil in der mündlichen Verhandlung nach geheimer Beratung verkündet und damit wirksam geworden
(Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 132 RdNr 1a mwN). Ein Wechsel der Richterbank zwischen der Verhandlung der Streitsache und der Verkündung des Urteils ergibt sich aus dem Protokoll nicht.

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b) Mit seinem Hinweis auf § 315 ZPO rügt der Kläger der Sache nach einen Verstoß gegen § 153 Abs 3 Satz 1 SGG und damit einen absoluten Revisionsgrund
(§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 6 ZPO). Er macht sinngemäß geltend, das Urteil sei zumindest von einem Richter unterschrieben worden, der nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen habe
(vgl BSG Beschluss vom 1.8.2024 – B 5 R 35/24 B – juris RdNr 6 mwN). Indes fehlt es auch in dieser Hinsicht am erforderlichen Vortrag zu den erforderlichen sachdienlichen Ermittlungen des Klägers. Er legt nicht dar, die maßgebliche Originalfassung des Urteils in der Akte in Augenschein genommen und dort das Fehlen der erforderlichen Unterschrift festgestellt zu haben
(vgl BSG aaO). Ein Fehler allein in der übersandten Urteilsabschrift genügt zur Geltendmachung eines Verstoßes gegen § 153 Abs 3 Satz 1 SGG nicht.

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Was diesen Fehler in der Urteilsabschrift angeht, trägt der Kläger nicht vor, zunächst dessen Korrektur in der übersandten Fassung nach § 138 SGG verlangt zu haben, um den vermeintlichen Mangel des Urteils auf einfachere Weise als im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde zu beseitigen
(vgl BSG Beschluss vom 13.12.2023 – B 10 ÜG 1/23 B – juris RdNr 21 mwN; BVerwG Beschluss vom 20.5.2011 – 8 B 64/10 – juris RdNr 3 mwN). Ohnehin lassen Mängel in der Abschrift eines verkündeten Urteils, soweit sie schwerwiegend sind, lediglich die Zustellung unwirksam werden, berühren aber seine Wirksamkeit im Übrigen nicht
(vgl BSG Beschluss vom 24.07.2019 – B 5 R 31/19 B – juris RdNr 18 mwN; BVerwG aaO).

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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab
(vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

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2. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

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