Beschluss des BSG vom 21.07.2025, AZ B 12 BA 32/24 B

BSG, Beschluss vom 21.07.2025, AZ B 12 BA 32/24 B, ECLI:DE:BSG:2025:210725BB12BA3224B0

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 15. August 2024 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

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I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Sozialversicherungspflicht des Klägers aufgrund seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen.

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Der Kläger ist seit dem 25.8.2016 einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der beigeladenen GmbH, deren Stammkapital 100 000 Euro beträgt. Der Kläger hält 45 % des Stammkapitals, die weiteren Anteile halten zwei andere Gesellschafter zu 45 % und 10 %.

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Am 10.11.2017 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Er gab ua an, der Beigeladenen ein Darlehen in Höhe von 35 000 Euro gewährt und für deren Verbindlichkeiten in Höhe von 260 000 Euro gebürgt zu haben. Die Beklagte stellte gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen fest, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen seit dem 22.12.2016 (Nachträge zum Gesellschaftsvertrag) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei, in dem Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe
(Bescheid vom 7.2.2018; Widerspruchsbescheid vom 22.5.2018).

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Das SG hat die Klage abgewiesen
(Urteil vom 28.9.2022). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen
(Urteil vom 15.8.2024). Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

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II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

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1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – allgemeine Bedeutung hat und aus Grün-den der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt
(vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 – B 13 R 347/11 B – SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

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  • Der Kläger trägt vor, es stellten sich folgende Grundsatzfragen:
  • „1. Ist bei der Auslegung des Begriffs der Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV bei einem Minderheiten-Geschäftsführer-Gesellschafter das Anstellungsverhältnis oder das Bestellungsverhältnis nach dem GmbHG maßgeblich?
  • 2. Kann durch die vom BSG allgemein für ein Beschäftigungsverhältnis aufgestellten Kriterien, insbesondere des eigenen wirtschaftlichen Risikos, eine Ausnahme von dem Grundsatz begründet werden, wonach „in der Regel“ (BSG, Urteil vom 1. Februar 2022 – B 12 KR 37/19 R -, BSGE 133, 245-252, SozR 4-2400 § 7 Nr 61) die Möglichkeit, die eigene jederzeitige Abberufung zu verhindern, notwendige Bedingung für das Nichtvorliegen einer Beschäftigung eines Geschäftsführer-Gesellschafters ist?
  • 3. Kann die o.g. Ausnahme auf die Auslegung des Vertragsinhaltes des Anstellungsverhältnisses gemäß §§ 611 ff. BGB gestützt werden, insbesondere in Gestalt einer Entkopplung der Weisungsgebundenheit aus der Beschäftigung von der Weisungsgebundenheit aus dem Bestellungsverhältnis?
  • 4. Führt die Auslegung des § 7 I SGB IV durch das BSG, die nicht zwischen Anstellungsverhältnis und dem Rechtsverhältnis aus der Bestellung differenziert, sondern vielmehr einen extensiven Anwendungsbereich des Begriffs der Beschäftigung und unselbstständigen Arbeit losgelöst von den vorgefundenen arbeitsrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Begriffen schöpft, zu einer Divergenz zwischen den Bundesgerichten, die nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes (RsprEinhG) eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe erfordert?
  • 5. Ist die Unterscheidung zwischen Minderheitsgesellschaftern und Mehrheitsgesellschafter nach der bisherigen Rechtsprechung zu § 7 I SGB IV in Grenzfällen bei einem Gesellschafter mit dem größten Stimmanteil noch ein Unterschied von hinreichender Art und hinreichendem Gewicht, um eine Andersbehandlung zu rechtfertigen, Art. 3 Abs. 1 GG sowie verhältnismäßig am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG?
  • 6. Ist die o.g. Anwendung des § 7 SGB IV durch das BSG mit dem Wesentlichkeits- und Parlamentsvorbehalt vereinbar, insbesondere, müsste nicht der Gesetzgeber selbst eine hinreichend bestimmte Regelung für Geschäftsführer-Gesellschafter schaffen, statt dass die Rechtsprechung als Ersatzgesetzgeber wirkt?“

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Es kann dahingestellt bleiben, ob damit schon keine Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts mit höherrangigem Recht
(vgl BSG Beschluss vom 23.12.2015 – B 12 KR 51/15 B – juris RdNr 11 mwN) formuliert worden sind, sondern vielmehr nach dem Ergebnis eines Subsumtionsvorgangs im Einzelfall sowie der Auslegung früherer und neuerer Rechtsprechung des BSG gefragt worden ist. Jedenfalls ist die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Fragen nicht hinreichend dargelegt. Eine Rechtsfrage ist dann höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben
(BSG Beschluss vom 30.8.2016 – B 2 U 40/16 B – SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN).

9

Der Kläger zitiert zwar vereinzelt die Rechtsprechung des BSG zur Statusbeurteilung von GmbH-Geschäftsführern
(insbesondere BSG Urteil vom 1.2.2022 – B 12 KR 37/19 R – BSGE 133, 245 = SozR 4-2400 § 7 Nr 61). Es fehlt indes an Ausführungen dazu, inwiefern sich die von ihm aufgeworfenen Fragen 1 bis 3 nicht anhand dieser Rechtsprechung beantworten lassen sollen. Im Gegenteil beantwortet der Kläger die Frage nach den Voraussetzungen für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit eines GmbH-Gesellschafters im Anstellungsverhältnis zur GmbH selbst, indem er aufzeigt, dass es nach der Rechtsprechung des BSG bei Minderheits-Gesellschaftern vor allem auf die umfängliche Sperrminorität bei Gesellschafterbeschlüssen ankomme. Er legt aber nicht dar, inwiefern damit die aufgeworfenen Rechtsfragen aus seiner Sicht dennoch nicht geklärt sind, sondern verweist auf einen aus seiner Sicht bestehenden „dogmatische[n] Widerspruch“, weil das BSG für Gesellschafter-Geschäftsführer zwar allgemein auf das Arbeitsverhältnis abstelle, aber für Gesellschafter-Geschäftsführer autonome Kriterien aufgestellt habe, die sich auf das gesellschaftsrechtliche Bestellungsverhältnis bezögen. Inwiefern hier eine weitere Klärungsbedürftigkeit bestehen soll, wird nicht deutlich. Soweit der Kläger mit Frage 4 die Problematik aufwirft, ob das BSG von der Rechtsprechung des BAG und des BGH abweiche, legt er jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar. Er befasst sich weder mit der Gesetzeslage
(§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV: „insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“) noch mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zum fehlenden Gleichklang des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs mit dem Beschäftigtenbegriff nach § 7 SGB IV
(vgl zB BSG Urteil vom 24.10.2023 – B 12 R 9/21 R – BSGE 137, 93 – SozR 4-2400 § 7 Nr 70, RdNr 13 mwN) und der fehlenden Abdingbarkeit sozialversicherungsrechtlicher Normen nach dem Willen der Vertragsparteien
(vgl zB BSG Urteil vom 25.1.2001 – B 12 KR 17/00 R – juris RdNr 26; BSG Urteil vom 19.10.2021 – B 12 R 10/20 R – SozR 4-2400 § 7 Nr 59 RdNr 22).

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Auch die vom Kläger in den Fragen 5 und 6 aufgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken genügen den Darlegungsanforderungen nicht. Wird die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung – insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG – im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die in der Rechtsprechung anerkannten Sachgründe für die Regelung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungs- oder Grundrechtswidrigkeit zu behaupten
(stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 24.5.2017 – B 1 KR 79/16 B – juris RdNr 7 mwN). Der Kläger behauptet lediglich eine Verletzung von Art 3 und 12 GG, unterlässt aber die gebotene Auseinandersetzung mit der verfassungsrechtlichen Lage. Auch berücksichtigt der Kläger nicht die bereits vorliegende Rechtsprechung des BVerfG, ua zur Bestimmtheit von § 7 Abs 1 SGB IV
(BVerfG Kammerbeschluss vom 20.5.1996 – 1 BvR 21/96 – SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Mit den dortigen Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der gesetzlichen Anordnung einer Zwangsmitgliedschaft in einem Sozialversicherungssystem setzt sich der Kläger nicht hinreichend auseinander.

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Soweit der Kläger auf S 14 ff seiner Begründung Argumente des LSG als unrichtig bezeichnet, rügt er die inhaltliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen
(vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 – B 12 KR 62/04 B – SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).

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2. Der Kläger hat auch einen Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet. Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug
(vgl zB BSG Urteil vom 29.11.1955 – 1 RA 15/54 – BSGE 2, 81, 82; BSG Urteil vom 24.10.1961 – 6 RKa 19/60 – BSGE 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG
(vgl BSG Beschluss vom 14.5.2007 – B 1 KR 21/07 B – juris RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 28.5.1957 – 3 RJ 219/56 – SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 – 11 BA 166/78 – SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn er hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargelegt wird, sodass das BSG allein anhand der Beschwerdebegründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht. Diesen Anforderungen an die Bezeichnung eines entscheidungserheblichen Verfahrensmangels genügt die Beschwerdebegründung nicht.

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a) Soweit der Kläger einen Besetzungsmangel beim LSG und damit einen Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art 101 Abs 1 Satz 2 GG rügt, sind die Darlegungsanforderungen nicht erfüllt. Ein Beschwerdeführer, der eine Besetzungsrüge erhebt, muss die Tatsachen angeben, aus denen sich die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts ergibt. Handelt es sich dabei um gerichtsinterne Vorgänge, die ihm nicht ohne Weiteres bekannt sind, muss er insoweit eine Aufklärung durch zweckentsprechende Ermittlungen anstreben und ggf darlegen, dass er sich vergeblich um die Aufklärung dieser Tatsachen bemüht hat
(BSG Urteil vom 9.10.1987 – 9a RV 38/86 – juris RdNr 10; BSG Urteil vom 15.6.1988 – 7 RAr 50/86 – juris RdNr 18 mwN). Eine lediglich „auf Verdacht“ behauptete nicht vorschriftsmäßige Besetzung genügt nicht
(vgl BSG Beschluss vom 12.6.1992 – 7 RAr 18/92 ua – juris RdNr 14; BAG Beschluss vom 14.9.2016 – 4 AZN 540/16 – juris RdNr 11 mwN; ferner BVerwG Beschluss vom 30.11.2004 – 1 B 48.04 – juris RdNr 3; BVerwG Beschluss vom 18.5.1999 – 11 B 37.98 – juris RdNr 7). Folglich muss der Beschwerdeführer vortragen, dass und ggf welche zweckdienlichen Ermittlungen er durchgeführt hat
(vgl BSG Beschluss vom 2.4.2019 – B 9 V 33/18 B – juris RdNr 7). Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er beim LSG das Vorliegen etwaiger Erprobungsabordnungen der beteiligten Richter und deren Dauer zum Zeitpunkt der Beschlussfassung erfragt hat.

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b) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
(Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) in Gestalt einer Überraschungsentscheidung ist ebenfalls nicht dargetan. Sie liegt vor, wenn sich das Gericht ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte
(vgl BSG Urteil vom 16.3.2016 – B 9 V 6/15 R – SozR 4-3100 § 60 Nr 7 RdNr 26 mwN). Dieser Verfahrensmangel ist deshalb nur dann schlüssig bezeichnet, wenn im Einzelnen vorgetragen wird, aus welchen Gründen auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter aufgrund des bisherigen Prozessverlaufs nicht damit rechnen musste, dass das Gericht seine Entscheidung auf einen bestimmten Gesichtspunkt stützt
(zu den Anforderungen vgl etwa BSG Beschluss vom 7.6.2016 – B 13 R 40/16 B – juris RdNr 9).

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In der Beschwerdebegründung werden keine die Entscheidung des LSG tragenden Gesichtspunkte bezeichnet, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte oder zu denen sich der Kläger nicht hätte äußern können. Der Kläger trägt vor, das LSG habe gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen, indem es erst in seinen Urteilsgründen seine Weisungsgebundenheit für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit angenommen habe, da der „berechtigte Erwartungshorizont der Beteiligten“ bestimmt gewesen sei durch die Entscheidung des SG, das von einer Sperrminorität ausgegangen sei, die lediglich im Hinblick auf die Abberufung als Geschäftsführer nicht umfassend gewesen sei . Überraschend sei auch die Feststellung zum fehlenden Unternehmensrisiko. Es erschließe sich nach keiner denkbaren Betrachtungsweise, wie eine Bürgschaft in Höhe von ca 300 000 Euro oder mehr kein besonderes wirtschaftliches Risiko begründen solle.

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Dies reicht zur Darlegung einer Überraschungsentscheidung nicht. Es existiert grundsätzlich kein allgemeiner Verfahrensgrundsatz, der das LSG verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern
(vgl zB BSG Urteil vom 17.4.2013 – B 9 SB 3/12 R – juris RdNr 44). In der Beschwerdeschrift hätten daher besondere Gesichtspunkte angegeben werden müssen, die zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung ausnahmsweise eines vorherigen Hinweises des Gerichts auf seine Rechtsauffassung geboten hätte. Die Darlegung, dass das LSG im Hinblick auf die Frage der Sperrminorität von der Rechtsauffassung des SG abgewichen sei, ist nicht ausreichend. Damit wird keine besondere prozessuale Situation beschrieben. Davon abgesehen handelt es sich bei dem Angriff auf die vom LSG vorgenommene Bewertung der Indizien um eine Rüge der Beweiswürdigung, mit der eine Nichtzulassungsbeschwerde ebenso wenig begründet werden kann wie mit der inhaltlichen Unrichtigkeit. Durch eine Gehörsrüge können die Beschränkungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG grundsätzlich nicht unterlaufen werden
(vgl BSG Beschluss vom 22.11.2018 – B 13 R 297/17 B – juris RdNr 12).

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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen
(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

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