Beschluss des BGH 2. Strafsenat vom 26.02.2025, AZ 2 StR 356/24

BGH 2. Strafsenat, Beschluss vom 26.02.2025, AZ 2 StR 356/24, ECLI:DE:BGH:2025:260225B2STR356.24.0

Verfahrensgang

vorgehend BGH, 19. Dezember 2024, Az: 2 StR 356/24
vorgehend LG Frankfurt, 29. November 2023, Az: 5/14 KLs 5/23

Tenor

Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2024 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe

1

Der Senat hat mit Beschluss vom 19. Dezember 2024 die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29. November 2023, durch das er wegen Tätigens von Insidergeschäften in 52 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 45.311.418,52 Euro gegen ihn angeordnet worden war, verworfen. Die Entscheidung ist den Verteidigern des Angeklagten am 3. Januar 2025 elektronisch zugegangen und dem Angeklagten am selben Tag postalisch zugeleitet worden.

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Der Verurteilte wendet sich mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 27. Januar 2025 gegen diesen Beschluss. Er beanstandet, der Senat habe seinen Anspruch „auf rechtliches Gehör in Bezug auf einen Beschluss des ersten Strafsenats vom 28. November 2024“ (1 StR 340/24), der in der Entscheidungsdatenbank des Bundesgerichtshofs am 21. Januar 2025 veröffentlicht worden sei, verletzt. Hierzu lässt er vortragen, der 1. Strafsenat habe „die zentrale Rechtsfrage des hiesigen Verfahrens im Sinne des Revisionsführers entschieden“, ohne dass der Senat „den Revisionsführer vor seiner – drei Wochen nach dem Beschluss des ersten Strafsenats ergangenen – Entscheidung […] zur inzwischen eingetretenen neuen Rechtslage sowie einer hieraus folgenden Anfrage- und Vorlagepflicht nach § 132 Abs. 2, 3 GVG angehört“ und sich mit derselben auseinandergesetzt habe, „obwohl der Revisionsführer seine Revision“ auch damit begründet habe, dass „die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Einziehung und (früher) Verfall“ der angeordneten Einziehung entgegenstehe. Im Ergebnis müsse „der Revisionsführer seit Kenntnis des Beschlusses des ersten Strafsenats also davon ausgehen, dass der Senat entscheidungserhebliches Vorbringen des Revisionsführers nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen“ habe.

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1. Die Anhörungsrüge ist unzulässig; im Übrigen wäre sie auch unbegründet.

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a) Der Vortrag des Verurteilten enthält bereits inhaltlich nicht die Behauptung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs. Wie sich aus seinem Vortrag ergibt, war es dem Senat bis zum 21. Januar 2025, ungeachtet einer fehlenden rechtlichen Notwendigkeit, tatsächlich nicht möglich, dem Verurteilten die Möglichkeit einzuräumen, zu einem bis dato unveröffentlichten und dem Senat bei seiner Entscheidung nicht bekannten Beschluss eines anderen Strafsenats des Bundesgerichtshofs Stellung zu nehmen. Der Sonderrechtsbehelf des § 356a StPO dient nach seinem Wortlaut und Normzweck indes allein der Durchsetzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nicht jedoch dazu, das Revisionsvorbringen nochmals − in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht – zur Überprüfung zu stellen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 1. Februar 2022 – 2 StR 447/21, Rn. 3 mwN; KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 356a Rn. 6 mwN).

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Ungeachtet dessen wahrt der Rechtsbehelf nicht die Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO. Eine nach Erlass der angegriffenen Entscheidung veröffentlichte Rechtsprechung eines anderen Senats des Bundesgerichtshofs setzt, entgegen der Ansicht des Verurteilten, die zuvor abgelaufene Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO nicht erneut in Gang.

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b) Die Anhörungsrüge wäre überdies unbegründet.

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aa) Der Anspruch des Verurteilten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt. Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem der Verurteilte nicht gehört worden ist, noch hat er zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen oder in sonstiger Weise seinen Gehörsanspruch verletzt. Der Senat hat sich in seiner Entscheidung vom 8. Februar 2023 (2 StR 204/22, wistra 2023, 466, 469 Rn. 34 ff.) ausführlich zu der vom Verurteilten in der Anhörungsrüge neuerlich aufgeworfenen Frage zur einziehungsrechtlichen Behandlung reinvestierter Taterträge bei Insidergeschäften verhalten und diese Rechtsfrage in seiner Entscheidung vom 6. Dezember 2023 (2 StR 471/22, BGHSt 68, 117 ff. Rn. 61) ebenso entschieden wie in dem hier beanstandeten Beschluss vom 19. Dezember 2024. Zur gegenläufigen Argumentation des Verurteilten hat der Generalbundesanwalt vor Erlass dieses Beschlusses ausführlich Stellung genommen.

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bb) Unabhängig davon betrifft die vom Verurteilten nunmehr zitierte Entscheidung des 1. Strafsenats weder die vorstehende Problematik noch führt sie zu einer „inzwischen eingetretenen neuen Rechtslage“.

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(1) Während der Senat in den oben zitierten Erkenntnissen entschieden hat, dass die Reinvestition von Taterträgen – bei der gebotenen tatbezogenen Betrachtung – die Einziehung des Veräußerungserlöses aus den einzelnen Insidergeschäften unberührt lässt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2023 – 2 StR 471/22, BGHSt 68, 117 ff. Rn. 61; Beschluss vom 8. Februar 2023 – 2 StR 204/22, wistra 2023, 466, 469 Rn. 34 ff.), mithin im Erkenntnisverfahren im Rahmen der jeweiligen Erwerbstat der tatsächliche Zufluss an den Verurteilten eingezogen werden kann, befasst sich die Entscheidung des 1. Strafsenats mit der (fehlenden) Möglichkeit, neben dem tatsächlichen Zufluss aus Betrugstaten die Ersparnis von Aufwendungen durch die Nichtabgabe von Steuererklärungen für diese Erträge einzuziehen. Die Frage der einziehungsrechtlichen Behandlung von ersparten steuerlichen Aufwendungen für eingezogene Taterträge ist indes nicht vergleichbar mit der einziehungsrechtlichen Behandlung von tatsächlich zugeflossenen Taterträgen aus weiteren Erwerbstaten, zu deren Durchführung der Täter vormalige Taterträge reinvestierte.

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(2) Der Beschluss des 1. Strafsenats vom 28. November 2024 (1 StR 340/24) führt auch nicht zu einer „neuen Rechtslage sowie einer hieraus folgenden Anfrage- und Vorlagepflicht nach § 132 Abs. 2, 3 GVG“. Dass die Tatbeute als „Substrat“ und die zugleich vom Täter durch nachfolgende Steuerverkürzung erzielte Ersparnis in Höhe der auf das Erlangte anfallenden Steuern nicht kumulativ eingezogen werden dürfen, hat der 1. Strafsenat bereits – auch unter Hinweis auf die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zum Verfall − in früheren Erkenntnissen entschieden (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 5. September 2019 – 1 StR 99/19, NJW 2019, 3798 f., und vom 19. September 2023 – 1 StR 281/23, NStZ-RR 2024, 79, jeweils mwN). Mit dieser Rechtsprechung hat sich der Senat im Übrigen bereits in seiner oben genannten Entscheidung vom 8. Februar 2023 (2 StR 204/22, wistra 2023, 466, 469 Rn. 35), die zudem das hiesige Verfahren gegen den Verurteilten betrifft, auseinandergesetzt.

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2. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2023 – 4 StR 149/23, Rn. 4).

Menges                        Zeng                        Meyberg

                 Grube                       Schmidt

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