BGH 5. Zivilsenat, Beschluss vom 30.01.2025, AZ V ZR 224/24, ECLI:DE:BGH:2025:300125BVZR224.24.0
Verfahrensgang
vorgehend OLG Celle, 26. Juni 2024, Az: 4 U 77/22, Urteil
vorgehend LG Hannover, 31. März 2022, Az: 21 O 12/21
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts Celle – 4. Zivilsenat – vom 26. Juni 2024 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Mit am 3. Dezember 2024 zugestelltem Beschluss vom 7. November 2024 hat der Senat den Antrag der Klägerin, einer GmbH, auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gegen das klageabweisende Urteil des Berufungsgerichts vom 26. Juni 2024 zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen, unter denen einer juristischen Person Prozesskostenhilfe gewährt werden kann, nicht vorliegen (V ZA 4/24). Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2024 hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und beantragt, ihr gegen die Versäumung der Einlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
II.
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Der zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 234 Abs. 1 ZPO) eingereichte Wiedereinsetzungsantrag ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor.
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1. Einer Partei, die ohne ihr Verschulden verhindert ist, eine Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels einzuhalten, ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 233 ZPO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist lediglich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellt, bei noch laufendem Prozesskostenhilfeverfahren schuldlos verhindert, die Rechtsmittelfrist einzuhalten, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe rechnen musste (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Februar 1985 – V ZR 281/84, VersR 1985, 454, 455; Beschluss vom 10. Oktober 2024 – V ZB 55/23, juris Rn. 5). Dementsprechend ist eine juristische Person schuldlos an der Einhaltung der Rechtsmittelfrist gehindert, wenn sie vernünftigerweise nicht damit rechnen muss, dass das Gericht ein allgemeines Interesse an der Rechtsverfolgung im Sinne von § 116 Abs. 1 Nr. 2 ZPO verneinen und Prozesskostenhilfe aus diesem Grund versagen wird.
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2. So ist es hier nicht.
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a) Auf die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO wurde die Klägerin mit Verfügung der Rechtspflegerin vom 31. Juli 2024 hingewiesen. Dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen im Sinne des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO zuwiderlaufen würde, hat die Klägerin innerhalb der ihr gesetzten Frist gleichwohl nicht dargetan und war auch nicht ersichtlich. Wegen der Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 7. November 2024 (V ZA 4/24, juris Rn. 4 f.) verwiesen. Die Klägerin musste deshalb damit rechnen, dass ihr Prozesskostenhilfe versagt wird.
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b) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, sie habe wegen des in Art. 47 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 22. Oktober 2011 (DEB, C-279/09, ECLI:EU:C:2010:811) auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vertrauen dürfen. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil es nicht um die Durchsetzung von durch das Unionsrecht verliehenen Rechten geht und Art. 47 Abs. 3 der EU-Grundrechtecharta deshalb nicht anwendbar ist (Art. 51 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta; vgl. EuGH, Beschluss vom 28. November 2013, C-258/13, Agrícola, ECLI:EU:C:2013:810 Rn. 19 u. 23).
Brückner Haberkamp Hamdorf
Malik Laube