BGH Kartellsenat, Beschluss vom 19.12.2024, AZ KZR 60/23, ECLI:DE:BGH:2024:191224BKZR60.23.0
Verfahrensgang
vorgehend BGH, 1. Oktober 2024, Az: KZR 60/23, Urteil
vorgehend OLG Stuttgart, 6. April 2023, Az: 2 U 58/22
vorgehend LG Stuttgart, 14. Februar 2022, Az: 53 O 263/21, Urteil
Tenor
Der Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 9. Juli 2024 auf Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Revisionsverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
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I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Ersatz kartellbedingten Schadens wegen der Beschaffung von 38 Lastkraftwagen in Anspruch. Das Berufungsgericht hat die Klage wegen 14 Beschaffungsvorgängen abgewiesen und die Sache wegen der 24 weiteren Beschaffungsvorgänge an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der Revision hat der Kläger seine Zahlungsansprüche wegen der 14 abgewiesenen Beschaffungsvorgänge und haben die auf Seiten der Beklagten beigetretenen Streithelferinnen zu 3, 4 und 7 ihren Antrag auf Klageabweisung hinsichtlich der weiteren Beschaffungsvorgänge weiterverfolgt. Die Beklagte ist der Revision des Klägers entgegengetreten; ihr Prozessbevollmächtigter hat gesonderte Streitwertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren beantragt.
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II. Über einen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG auf Festsetzung des Werts des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit ist auch beim Bundesgerichtshof gemäß § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 1 RVG durch den Einzelrichter zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 9. August 2021 – GSZ 1/20, WM 2022, 250 Rn. 8 ff.).
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III. Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Nach § 33 Abs. 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbständig fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert berechnen oder es an einem solchen Wert fehlt. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
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1. Grundsätzlich bestimmt sich in gerichtlichen Verfahren der Gegenstandswert für die Tätigkeit des Anwalts nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG). Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Wert gerichtlich festgesetzt, ist diese Festsetzung gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Anwalts maßgeblich. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Gegenstand der gerichtlichen mit dem der anwaltlichen Tätigkeit identisch ist. Nur wenn der Gegenstandswert der gerichtlichen Tätigkeit nicht mit der anwaltlichen Tätigkeit übereinstimmt, kann eine gesonderte Festsetzung nach § 33 RVG verlangt werden (BGH,
Beschluss vom 22. Juni 2023 – KZR 42/20, juris Rn. 3 mwN).
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2. Der Senat hat den Wert des Streitgegenstands für die Revisionsinstanz mit Beschluss vom 9. Juli 2024 auf 193.517,74 € festgesetzt. Dieser Streitwert weicht vom Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers nicht ab. Diese beschränkt sich nicht auf die 14 Beschaffungsvorgänge, wegen denen der Kläger mit der Revision seine Zahlungsansprüche weiterverfolgt hat. Sie umfasst auch die 24 weiteren Beschaffungsvorgänge, wegen denen die Streithelferinnen zu 3, 4 und 7 mit der von ihnen eingelegten Revision ihre Klageabweisungsanträge weiterverfolgt haben.
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a) Der Streitwert einer Nebenintervention stimmt mit dem Streitwert der Hauptsache überein, wenn der Nebenintervenient am Prozess im gleichen Umfang beteiligt ist, wie die Partei, der er beigetreten ist. Seine Angriffs- und Verteidigungsmittel betreffen den Erfolg dieser Partei und zwar in voller Höhe des gegen sie geltend gemachten Anspruchs und unabhängig davon, ob er selbst Anträge gestellt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 – X ZR 109/12, juris Rn. 6; OLG Stuttgart, Beschluss vom 6. Juni 2019 – 12 U 48/16, juris Rn. 11, 13).
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b)
Der Bundesgerichtshof hat dies zwar für die hier vorliegende Fallgestaltung, dass allein ein Nebenintervenient – hier die Streithelferinnen zu 3, 4 und 7 – selbständig ein Rechtsmittel – hier die auf Klageabweisung gerichtete Revision wegen der 24 weiteren Beschaffungsvorgänge – eingelegt hat, offengelassen (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 – X ZR 109/12, juris
Rn. 7). Insoweit kann aber nichts Anderes gelten, wenn sich ein Rechtsanwalt im Revisionsverfahren für die Partei bestellt, auch wenn er (nur) der Revision des Gegners entgegentritt. Auch in diesem Fall betrifft die Revision des Nebenintervenienten den Erfolg der Partei in voller Höhe des gegen sie geltend gemachten Anspruchs (vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. Juni 2023 – KZR 42/20, juris Rn. 4).
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3. Aus § 89a Abs. 3 GWB kann sich nichts Anderes ergeben, weil danach lediglich die Ausgleichspflicht, nicht aber der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit betroffen ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 9. November 2021 – 13 U 120/16, NJW-RR 2021, 568 Rn. 21; Schmidt in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl., § 89a GWB Rn. 25; Rombach in BeckOK Kartellrecht, Stand 1.10.2024, § 89a GWB Rn. 47). Dahinstehen kann daher, ob die Regelung auch zugunsten des Beklagten gilt (vgl. Rombach in BeckOK Kartellrecht, Stand 1.7.2024, § 89a GWB Rn. 42).
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IV. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 RVG).
Roloff