Bediengerät für Spiele1. Die Kosten einer Mitwirkung eines beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreters in… (Beschluss des BPatG München 35. Senat)

BPatG München 35. Senat, Beschluss vom 16.12.2024, AZ 35 W (pat) 423/18, KoF 143/22, ECLI:DE:BPatG:2024:161224B35Wpat423.18.0

Leitsatz

Bediengerät für Spiele

1. Die Kosten einer Mitwirkung eines beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreters in einem Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht sind – im Gegensatz zum Tätigwerden eines europäischen Patentanwalts, der im Melderegister der Patentanwaltskammer nach § 15 Abs. 4 EuPAG eingetragen ist, – nicht erstattungsfähig (in Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 14. April 2020 – X ZB 2/18, GRUR 2020, 781 –; EPA-Vertreter).

2. Die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die dieser zur Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren entwickelt hat, gelten auch im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren und in einem entsprechenden Löschungsbeschwerdeverfahren. Einer Erstattung von Doppelvertretungskosten steht nicht im Weg, dass ggf. nur ein Verfahrensbevollmächtigter, der über eine Doppelqualifikation sowohl als Patent- als auch als Rechtsanwalt verfügt, mit der Vertretung beauftragt wurde; die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG wird hierbei nur einmal angesetzt (Fortführung von BPatG, Beschluss vom 17. Mai 2017 – 35 W (pat) 1/14, GRUR 2017, 1169 = BPatGE 56, 28, 34, und BPatG, Beschluss vom 22. Februar 2023 – 35 W (pat) 10/21, GRUR 2023, 910 –; Step-Gymnastik I). Die vorgenannte Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten führt auch nicht dazu, dass das gebrauchsmusterrechtliche Löschungsverfahren und das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren in Gebrauchsmustersachen insoweit i. S. d. Richtlinie 2004/48/EG unnötig kostspielige Rechtsbehelfe darstellen.

Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundespatentgerichts:
Rechtsbeschwerde zugelassen und eingelegt: X ZB 2/25 –

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Gebrauchsmuster …

(hier: Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluss)

beschlossen:

1. Auf die Erinnerung der Antragstellerin wird der Beschluss der Rechtspflegerin vom 12. Juli 2023 insoweit aufgehoben, als der darin festgesetzte Betrag der von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten 16.871.63 € übersteigt.

2. Die weitergehende Erinnerung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Antrag-stellerin zu tragen.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Mit der vorliegenden Rechtspflegererinnerung begehrt die Antragstellerin insoweit die Befreiung von gegen sie festgesetzten Kosten einer Gebrauchsmusterlöschungsbeschwerde, als sie die Kosten eines weiteren anwaltlichen Vertreters der Gegenseite (Doppelvertretungskosten) und Übersetzungskosten tragen soll.

2

Die Antragsgegnerin war Inhaberin des am 30. Juni 2016 nach Erreichen der maximalen, 10-jährigen Schutzdauer erloschenen Gebrauchsmusters … mit der Bezeichnung „… “ (Streitgebrauchsmusters). Die Antragstellerin hatte am 15. Oktober 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) den Antrag auf vollumfängliche Löschung des Streitgebrauchsmusters gestellt und nach Erlöschen des Streitgebrauchsmusters ihren Löschungsantrag in einen entsprechenden Feststellungsantrag umgewandelt. Gegen die Entscheidung der Gebrauchsmusterabteilung des DPMA vom 24. April 2018, mit der die Feststellung einer Teilunwirksamkeit des Streitgebrauchsmusters getroffen worden war, hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde ist mit einem rechtskräftig gewordenen Beschluss des erkennenden Senats vom 16. Juni 2020 zurückgewiesen worden, wobei der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt worden sind. Mit Beschluss vom 20. September 2022 ist ferner der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens auf 375.000 € festgesetzt worden.

3

Die Antragsgegnerin hat den deutschen Niederlassungsträger der Antragstellerin, die X … GmbH mit Sitz in B …, vor dem Landgericht wegen Verletzung des Streitgebrauchsmusters in Anspruch genommen. Das Verletzungsverfahren war im Jahr 2011 ausgesetzt worden und im Juli 2023 noch anhängig gewesen. Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren durch einen Anwalt vertreten lassen, der sowohl als Patentanwalt als auch als Rechtsanwalt zugelassen ist, sowie zusätzlich durch einen beim EPA zugelassenen Vertreter. Beide Vertreter haben für die Antragsgegnerin auch an der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat, die am 16. Juni 2020 stattfand, teilgenommen.

4

Mit Eingabe vom 14. November 2022 hat die Antragsgegnerin beim Bundespatentgericht einen Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt, mit dem sie für das Beschwerdeverfahren auf der Grundlage der bis 31. Dezember 2020 gültigen Gebührentabelle (vgl. § 13 RVG) erstattungsfähige Kosten i. H. v. insgesamt 16.913,06 € geltend macht. Der Betrag setzt sich aus den „1. Kosten für Patentanwalt“ und „2. Kosten für Rechtsanwalt“ (jeweils 6.852,50 €) zusammen, wobei der Betrag i. H. v. 6.852,50 € sich jeweils errechnet aus einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr nach Nr. 3510 VV RVG i. H. v. 3552,90 €, einer 1,2-fachen Terminsgebühr nach Nr. 3516 VV RVG i. H. v. 3.279,60 € sowie aus einer Post- und Telekommunikationspauschale i. H. v. 20,00 € nach Nr. 7002 VV RVG; zum anderen sind in dem beanspruchten Gesamtbetrag i. H. v. 16.913,06 € weitere Auslagen i. H. v. 3.208,06 € in Form von Übersetzungskosten enthalten. Der Betrag i. H. v. 3.208,06 € betrifft die Übersetzung (deutsch-englisch) von fünf Schriftstücken – und zwar von zwei Schriftsätzen der Antragstellerin vom 21. Juni 2019 bzw. 10. März 2020, vom Zwischenbescheid des Senats vom 2. Juni 2020, vom Protokoll über die mündliche Verhandlung und von der mit Gründen versehenen Entscheidung des Senats jeweils vom 16. Juni 2020. Die vorgelegten Rechnungen weisen Übersetzungskosten in tatsächlicher Höhe von 4.029,20 € aus; den als erstattungsfähig angesetzten, geringeren Betrag i. H. v. 3.208,06 € hat die Antragsgegnerin gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 JVEG errechnet, wobei sie ein erhöhtes Honorar i. H. v. 2,05 € für jeweils 55 angefangene Anschläge des schriftlichen Textes zugrunde gelegt hat. Auf die Übersetzung des Protokolls sind auf diese Weise 146,44 € entfallen.

5

In späteren Schriftsätzen hat die Antragsgegnerin vorgetragen, dass die von ihr geforderten Kosten einer Doppelvertretung auch deshalb gerechtfertigt seien, weil der für sie (auch im parallelen Verletzungsverfahren) tätig gewordene anwaltliche Vertreter über die Doppelqualifikation sowohl als Rechtsanwalt als auch als Patentanwalt verfüge.

6

Mit Beschluss vom 12. Juli 2023 hat die Rechtspflegerin des Senats zu Gunsten der Antragsgegnerin die erstattungsfähigen Kosten – antragsgemäß – in voller Höhe von 16.913,06 € festgesetzt und ausgesprochen, dass der genannte Betrag ab dem 14. November 2022 mit fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz zu verzinsen ist. In dem Beschluss wird u. a. die Kostenerstattungspflicht sowohl für den für die Antragsgegnerin tätig gewordenen Rechtsanwalt als auch für ihren beim EPA zugelassenen Vertreter („Kosten des europäischen Patentanwalts“) bejaht. Die Entscheidung wird damit begründet, dass ein Fall, der die Erstattung einer Doppelvergütung rechtfertige, hier gegeben sei. Ein kostenrechtlich relevanter Unterschied zwischen einen Patentanwalt und einem beim EPA zugelassenen Vertreter bestehe nicht. Demnach könne dahingestellt bleiben, ob die Erstattung doppelter Anwaltskosten auch darauf gestützt werde könnte, dass der tätig gewordene Rechtsanwalt über eine Doppelqualifikation sowohl als Rechtsanwalt als auch als Patentanwalt verfügt habe.

7

Gegen diesen Beschluss, der der Antragstellerin am 17. Juli 2023 zugestellt worden ist, hat diese am 27. Juli 2023 Erinnerung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass die Kosten einer Doppelvertretung bereits deshalb nicht erstattungsfähig seien, da weder vorgetragen und noch in sonstiger Weise ersichtlich geworden sei, dass die Antragsgegnerin für das Beschwerdeverfahren zwei anwaltliche Vertreter mit der Geschäftsbesorgung beauftragt habe. Die Antragstellerin ist ferner der Auffassung, dass für eine Erstattung der Kosten des mitwirkenden „europäischen Patentanwalts“ kein Raum sei. Der hier tätig gewordene europäische Patentanwalt habe nicht gemäß § 158 Abs. 1 PAO seine Aufnahme in die Patentanwaltskammer beantragt, und er dürfe gemäß § 157 Abs. 3 PAO und §§ 13, 20 EuPAG auch nur auf dem Gebiet seines Heimatrechts und des Völkerrechts vertreten. Da ein beim EPA zugelassener Vertreter einem deutschen Patentanwalt nicht gleichgestellt sei, könne die Antragsgegnerin eine etwaige, von ihr an diesen Vertreter gezahlte Vergütung nicht als notwendige Kosten ihrer Rechtsverfolgung geltend machen.

8

Die Erstattung von Rechts- und Patentanwaltskosten ergebe sich hier auch nicht aus dem weiteren, von der Antragsgegnerin genannten Grund der Vertretung durch einen sowohl als Patentanwalt als auch als Rechtsanwalt zugelassenen Verfahrensbevollmächtigten. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein Ersatz von Doppelvertretungskosten darauf gestützt werden könne, dass der hier tätige gewordene Vertreter sowohl die Zulassung als Rechtsanwalt als auch als Patentanwalt habe. Die Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten sei davon abhängig, dass ein Abstimmungsbedarf bestehe. Dieser habe nicht bestanden, da der betreffende anwaltliche Vertreter die beiden Verfahren in einer Person geführt habe. Eine solche Erstattung verstoße auch gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 2 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG („Durchsetzungsrichtlinie“), wonach „Rechtbehelfe … nicht unnötig kostspielig“ bzw. Prozesskosten „zumutbar und angemessen“ sein müssten. Im Übrigen werde generell bestritten, dass die Antragsgegnerin zusätzlich einen patentanwaltlichen Vertreter beauftragt habe; ferner werde bestritten, dass der patentanwaltliche Vertreter seine Kosten der Antragsgegnerin überhaupt in Rechnung gestellt habe, was nach der Rechtsprechung des EuGHs eine Erstattungsvoraussetzung sei.

9

Für eine Erstattung der geltend gemachten Übersetzungskosten bestehe ebenfalls keine Grundlage. Dass der Antragsgegnerin etwaige Übersetzungskosten entstanden seien, sei nicht belegt worden und werde bestritten. Die Antragsgegnerin wickle zudem ihre Geschäftstätigkeiten über ihre deutsche Konzerntochter, die Y … GmbH mit Sitz in F … ab, die über eine eigene, mit deutschen Juristen besetzte Rechtsabteilung verfüge. Übersetzungskosten könnten im Übrigen nur zu solchen Schriftstücken als erstattungsfähig anerkannt werden, die für das prozessuale Vorgehen der Partei von besonderer Bedeutung seien. Dies treffe aber weder auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2020 noch auf den Inhalt der dort getroffenen Entscheidung über die Beschwerde zu. Der nach § 11 JVEG zugrunde gelegte Faktor von 2,05 € pro 55 jeweils angefangene Anschläge sei zu hoch angesetzt worden. Angemessen sei lediglich der Faktor 1,55 €, da keine besonderen Erschwernisse vorgelegen hätten; der Text habe zudem in elektronisch editierbarer Form zur Verfügung gestanden und es habe lediglich eine Übersetzung ins Englische vorgenommen werden müssen.

10

Die Antragstellerin und Erinnerungsführerin beantragt (sinngemäß),

11

den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts vom 12. Juli 2023 abzuändern und die Kosten für das Beschwerdeverfahren ohne Berücksichtigung der Kosten eines mitwirkenden, weiteren anwaltlichen Vertreters und ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Übersetzungskosten festzusetzen.

12

Die Antragstellerin regt im Übrigen an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

13

Die Antrags- und Erinnerungsgegnerin beantragt,

14

die Erinnerung zurückzuweisen.

15

Die zusätzlichen Kosten für einen mitwirkenden „europäischen Patentanwalt“ seien im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren und einem entsprechenden Beschwerdeverfahren erstattungsfähig. Im vorliegenden Fall habe ein paralleler Verletzungsprozess vorgelegen, was nach einer typisierenden Betrachtungsweise zu einer Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten führe. Unabhängig davon rechtfertige aber auch die Doppelqualifikation eines der beiden anwaltlichen Vertreter, der sowohl als Rechtsanwalt und als auch als Patentanwalt zugelassen sei, die Erstattung dieser Kosten. Im Falle der Personenidentität des Vertreters sei möglicherweise der Einarbeitungs- und Gesprächsaufwand etwas geringer, nicht aber die sachlich-technische und rechtliche Arbeit. Es werde nochmals anwaltlich versichert, dass die Kosten des Rechtsanwalts und die des Patentanwalts zusammen mindestens den geltend gemachten Beträgen entsprochen hätten. Die Geltendmachung von rund 13.700 € Anwaltskosten für ein Beschwerdeverfahren der vorliegenden Art könne auch nicht als „unnötig kostspielig“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2004/48/EG angesehen werden.

16

Die Erstattungsfähigkeit der Übersetzungskosten könne ebenfalls nicht in Zweifel gezogen werden. Die Verfahrensführung habe ausschließlich bei der Antragsgegnerin, nämlich der auswärtigen Muttergesellschaft Z … Co., Ltd., gelegen; auch die anwaltliche Korrespondenz sei ausschließlich mit dieser geführt worden. Dagegen sei die Tochtergesellschaft Y … GmbH, deren Aufgabe sich im Produktvertrieb in Europa erschöpfe, nie Ansprechpartnerin des anwaltlichen Vertreters gewesen. Die Antragsgegnerin sei im Übrigen ihrer Verpflichtung, Verfahrenskosten möglichst niedrig zu halten dadurch nachgekommen, dass sie auf eine Übersetzung von der deutschen in die japanische Sprache verzichtet habe, was deutlich teurer gewesen wäre. Der Ansatz des Faktors von 2,05 € nach § 11 Abs. 1 Satz 3 JVEG sei auch gerechtfertigt, da die zu übersetzenden Texte nur in Papierform vorgelegen hätten, die tätig gewordenen, kanzleiangehörigen Übersetzer („Inhouse-Übersetzer“) über keine technische Zusatzausbildung verfügt und daher die durchgeführten Übersetzungen eine besondere Erschwernis aufgewiesen hätten.

17

Die zuständige Rechtspflegerin hat mit Bescheid vom 7. Dezember 2023 der Erinnerung der Antragstellerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des gegenseitigen Vorbringens wird auf den Akteninhalt verweisen.

II.

19

Die Erinnerung der Antragstellerin ist gemäß §§ 11 Abs. 2, 23 Abs. 1 Nr. 12, Abs. 2 RPflG i. V. m. §§ 103, 104 ZPO sowie § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG zulässig. In der Sache bleibt die Erinnerung jedoch weitgehend ohne Erfolg.

20

1. Die von der Antragstellerin mit ihrer Erinnerung beanstandeten Kosten sind mit dem angefochtenen Beschluss – jedenfalls im Ergebnis – weitüberwiegend zu Recht als erstattungsfähig festgesetzt worden. Es handelt sich hierbei um entstandene Kosten der Antragsgegnerin, die nach § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG und §§ 91 Abs. 1, 104 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und nicht unnötig kostspielig waren.

21

2. Patentanwalts- und Rechtsanwaltskosten

22

a) Die Antragsgegnerin legt ihrem Kostenfestsetzungsbegehren wahlweise zwei unterschiedliche Sachverhalte zugrunde. Zum einen beansprucht sie gemäß ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 14. November 2022 sowohl als „1. Kosten für Patentanwalt“ einen Ersatz jener Kosten, die ihr durch das Tätigwerden des beim EPA zugelassenen Vertreters als anwaltlicher Vertreter im Löschungsbeschwerdeverfahren angefallen sind, als auch als „2. Kosten für Rechtsanwalt“ einen Ersatz für jene Kosten, durch die Hinzuziehung des Rechtsanwalts entstanden sind, der für sie gleichzeitig das Verletzungsverfahren gegen den Niederlassungsträger der Antragstellerin vor dem Landgericht betrieben hat. Zum anderen folgt aus ihrem weiteren Vortrag, dass sie ihren auf Erstattung von Doppelvertretungskosten gerichteten Antrag, sofern sie mit ihrem Antrag auf Kostenerstattung für den beim EPA zugelassenen Vertreter nicht durchdringen sollte, auch auf das alleinige Tätigwerden des als Rechtsanwalt und Patentanwalt doppelqualifizierten Vertreters stützen möchte.

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b) Der Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe nicht hinreichend nachgewiesen, dass ihr die Kosten für die Beauftragung der beiden anwaltlichen Vertreter tatsächlich entstanden seien, ist nicht stichhaltig. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Antragstellerin ist davon auszugehen, dass im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens grundsätzlich nicht zu prüfen ist, ob die erstattungsberechtigte Partei ihrem Prozessbevollmächtigten die geltend gemachten Gebühren im Innenverhältnis nach den dort bestehenden vertraglichen Beziehungen tatsächlich schuldet (vgl. BGH, Beschl. vom 22.11.2006, Az. IV ZB 18/06, NJW-RR 2007, 422, 423). Unabhängig davon weisen hier die einschlägigen Gesamtumstände in diese Richtung. Die beiden für die Antragsgegnerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren tätig gewordenen Vertreter gehören einer gemischten Sozietät von Rechts- und Patentanwälten an, wobei diese Sozietät von der Antragsgegnerin auch in ihrer Gesamtheit, wie sich aus der bei den Akten befindlichen Vollmachtsurkunde (Bl. 96 d. A.) ergibt, bevollmächtigt worden war (vgl. zur rechtlichen Relevanz dieses Umstandes: BPatG BlPMZ 2016, 150, 153 – „Erstattungsfähigkeit der Kosten für mehrere Anwälte“); dieselbe Sozietät war für die Antragsgegnerin unstreitig auch im parallelen Verletzungsstreit vor dem Landgericht tätig geworden. Vor dem Hintergrund dieser Gesamtumstände war es für eine hinreichende Glaubhaftmachung im Sinne von § 104 Abs. 2 ZPO ausreichend, dass die Antragsgegnerin eine entsprechende anwaltliche Versicherung vorgelegt hat, wonach die beiden anwaltlichen Vertreter mit der Durchführung des hier in Rede stehenden Beschwerdeverfahrens beauftragt worden und die geltend gemachten Doppelvertretungskosten auch tatsächlich angefallen seien.

24

c) Die Antragstellerin beanstandet allerdings zu Recht, dass die Senatsrechtspflegerin ihr mit dem angefochtenen Beschluss die Kosten für das Tätigwerden eines beim EPA zugelassenen Vertreter auferlegt hat. Da es sich um ein Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht handelt, können diese Kosten aus Rechtsgründen nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin notwendige Kosten im Sinne von § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG und § 91 Abs. 1 Satz1 ZPO anerkannt werden können.

25

Im Beschluss der Rechtspflegerin wird – gestützt auf die BGH-Entscheidung „EPA-Vertreter“ vom 14. April 2020, Az.: X ZB 2/18 (vgl. GRUR 2020, 781, 783) – zu Recht davon ausgegangen, dass es Fälle geben kann, in denen ein beim EPA zugelassener Vertreter kostenrechtlich wie ein deutscher Patentanwalt behandelt werden darf; dies mag bei Patent- und Gebrauchsmusterstreitsachen im Sinne von § 143 Abs. 3 PatG bzw. § 27 Abs. 3 GebrMG der Fall sein, bei denen es um eine unterstützenden Mitwirkung eines „Patentanwalts“ geht und es daher in erster Linie auf die erforderliche technische Befähigung des „Mitwirkenden“ ankommt (vgl. BGH a.a.O.). Auch ein beim EPA zugelassener Vertreter wird regelmäßig über eine solche Befähigung verfügen, weshalb eine Kostenerstattung im Wege einer analogen Anwendung dieser Vorschriften hier grundsätzlich möglich erscheint.

26

Der hier zu entscheidende Fall zeichnet sich allerdings dadurch aus, dass die Antragsgegnerin die Erstattung von Kosten in Höhe von 6.852,50 € dafür verlangt, dass ein beim EPA zugelassener Vertreter für sie in einem Gebrauchsmusterlöschungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht betrieben hat. Wie sich aus § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG i. V. m. der abschließenden Regelung des § 97 Abs. 2 PatG ergibt, dürfen als geschäftsmäßige, anwaltliche Vertreter vor dem Bundespatengericht nur Personen auftreten, die entweder als Rechtsanwalt oder als Patentanwalt zugelassen sind. Zu den „Patentanwälten“ im Sinne dieser Vorschrift zählen zwar auch partiell zugelassene europäische Patentanwälte im Sinne von §§ 1 und 12 EuPAG (vgl. Schulte/
Rudloff-Schäffer, PatG mit EPÜ, 11. Aufl., § 25 Rn. 18) und dienstleistende europäische Patentanwälte im Sinne von §§ 13, 15 EuPAG, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, des EWR oder der Schweiz als Anwalt zugelassen sind und ihre Tätigkeit in Deutschland der Patentanwaltskammer (z. B. um vorübergehend als Inlandsvertreter tätig zu werden) angezeigt haben (vgl. Schulte/
Püschel, PatG mit EPÜ, 11. Aufl., § 97 Rn. 17; Bühring/
Braitmayer, GebrMG, 9. Aufl., § 28 Rn. 11); zu diesem Personenkreis zählt der für die Antragsgegnerin im hiesigen Beschwerdeverfahren aufgetretene Vertreter jedoch nicht. Er ist unstreitig nicht in dem von der Patenanwaltskammer nach § 15 Abs. 4 EuPAG geführten Melderegister eingetragen.

27

Mangels einer erkennbar ungewollten gesetzgeberischen Regelungslücke besteht hier, für eine analoge Anwendung von § 97 Abs. 2 PatG auf beim EPA zugelassene Vertreter(innen) – im Gegensatz zu § 143 Abs. 3 PatG und § 27 Abs. 3 GebrMG – kein Raum. Da der beim EPA zugelassene Vertreter das vorliegende Verfahren nicht für die Antragsgegnerin vor dem Bundespatentgericht betreiben durfte, mangelt es an einer Rechtsgrundlage, um die durch ihn verursachten Kosten zugunsten der Antragsgegnerin festsetzen zu können (vgl. auch:
Gruber in: GRUR Int. 2017, 859, 860).

28

d) Die Erinnerung der Antragstellerin erweist sich jedoch im Ergebnis als unbegründet, weil die Antragsgegnerin mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag jedenfalls insoweit durchdringt, als sie die Erstattung von Doppelvertretungskosten wahlweise auf das Tätigwerden ihres doppelqualifizierten Vertreters gestützt hat, der sowohl als Rechtsanwalt als auch als Patentanwalt zugelassen ist.

29

d1) Die Antragsgegnerin ist hier nicht gehindert, die von ihr geltend gemachten Verfahrens- und Terminsgebühr wahlweise auf einen anderen Sachverhalt zu stützen. Sie hat sinngemäß vorgetragen, dass der für sie tätig gewordene Rechts- und Patentanwalt gemeinsam mit dem beim EPA zugelassene Vertreter mit der Verfahrensführung im vorliegenden Löschungsbeschwerdeverfahren beauftragt worden sei. Im Kostenfestsetzungsverfahren gilt derselbe Streitgegenstandsbegriff wie im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren (vgl. OLG Koblenz, MDR 2011, 1323, 1324), was ebenso einschließt, dass es einem Kostengläubiger in analoger Anwendung von § 263 ZPO jederzeit freisteht, nicht zu erstattende Gebühren durch andere, angefallene Gebühr auszutauschen (vgl. BPatG, 3. Senat, BlPMZ 2020, 324, 225).

30

d2) Der Antragsgegnerin steht vorliegend eine Erstattung der Kosten einer Doppelvertretung zu, da zwischen den Beteiligten im Zeitraum von 2011 bis 2023 parallel zum vorliegenden Löschungsbeschwerdeverfahren ein das vorliegende Streitgebrauchsmuster betreffender Verletzungsstreit vor dem Landgericht anhängig war und die Mitwirkung des anwaltlichen Vertreters aus dem Verletzungsstreit „ex ante“ sachdienlich und vernünftig erschien.

31

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. GRUR 2023, 910 ff. – „Step-Gymnastik I“), eingeleitet mit dem Beschluss vom 17. Mai 2017 (35 W (pat) 1/14, GRUR 2017, 1169 ff.) ist die Anwendung der Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH zur Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren (vgl. dazu BGH GRUR 2013, 427 ff. – „Doppelvertretung im Patentnichtigkeitsverfahren I“; BGH GRUR 2023, 1807 f. -„Doppelvertretung im Patentnichtigkeitsverfahren II“) auch im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren angezeigt.

32

Grund hierfür ist, dass bei einem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren eine vergleichbare Sach- und Interessenlage gegeben ist, wenn neben diesem eine parallele Gebrauchsmusterstreitsache anhängig ist, bei der dasselbe Gebrauchsmuster betroffen ist und die parallelen Verfahren die gleichen Beteiligten betreffen oder zumindest – so wie hier – zumindest dort konzernverbundene Unternehmen der Beteiligten streiten. Entscheidend ist, dass zwischen den jeweils mandatierten Patent- bzw. Rechtsanwälten ein Abstimmungsbedarf vorliegt, wenn parallel zu einem Schutzrechtsbestandsverfahren auch ein Verletzungsverfahren geführt wird. Der erkennende Senat beurteilt den Abstimmungsbedarf in Bezug auf parallel anhängige Gebrauchsmusterlöschungsverfahren und Verletzungsprozesse als im Wesentlichen gleichartig zu dem Abstimmungsbedarf, wie er typischerweise bei der Führung von parallel anhängigen Patentnichtigkeitsverfahren und Patentverletzungsprozessen gegeben ist. Selbst bei „einfachen“ Verhandlungsstrategien ist eine konsistente, die wechselseitigen Auswirkungen von Löschungsverfahren und Verletzungsprozess hinsichtlich Sachvortrag, Auseinandersetzung mit Entgegenhaltungen und Antragsfassungen bzgl. des Gegenstands des betreffenden Streitgebrauchsmusters berücksichtigende Verfahrensführung erforderlich.

33

Ob beim Gebrauchsmusterlöschungsverfahren im Gegensatz zum Patent mehrheitlich bzw. typischerweise „einfache“ Verfahrensstrategien anzuwenden sind oder nicht, spielt für den Bedarf der Abstimmung keine entscheidende Rolle. Anzumerken ist vielmehr, dass auch in Gebrauchsmusterlöschungsverfahren typischerweise komplexe Fragen zur Schutzfähigkeit oder auch zur Zulässigkeit von – regelmäßig in Form mehrerer Hilfsanträge eingereichter – Anspruchsfassungen zu klären sind, wobei sich gerade bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit die Prüfungsmaßstäbe hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit einerseits und erfinderischem Schritt andererseits im Wesentlichen angeglichen haben (vgl. BGH GRUR 2006, 842 ff. – „Demonstrationsschrank“).

34

d3) Soweit der BGH in seinem Beschluss vom 1. April 1965, den die Antragstellerin zitiert hat (GRUR 1965, 621 ff. – „Patentanwaltskosten“), Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren als regelmäßig nicht berücksichtigungsfähig erachtet hat, ist diese Entscheidung überholt. Neben der bereits genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren ist zu berücksichtigen, dass zum damaligen Zeitpunkt nicht nur bei der Kostenentscheidung, sondern auch bei der Kostenfestsetzung eine Billigkeitsprüfung stattfand („zweite Billigkeitsprüfung“), die nach der jetzt geltenden Gesetzeslage nicht mehr möglich ist (vgl. Busse/
Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl., § 62 Rn. 1 und § 80 Rn. 41). Es kommt nach der jetzigen Gesetzeslage nur noch auf die Notwendigkeit der Kosten an. Wenn der Abstimmungsbedarf das entscheidende Kriterium ist, dann besteht aus den bereits genannten Gründen in dieser Hinsicht kein Unterschied mehr zwischen Patentnichtigkeitsverfahren und Gebrauchsmusterlöschungsverfahren im Falle eines parallelen Verletzungsverfahrens. Es macht daher keinen Unterschied, dass das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren vor dem Amt beginnt, da nach der Gesetzeslage auch hier die notwendigen Kosten gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 62 Abs. 2 Satz 1 PatG zu ersetzen sind.

35

Eine andere Betrachtungsweise gebietet daher auch nicht der Umstand, dass sich die Gebührenstruktur beim Patentnichtigkeitsverfahren von derjenigen beim Gebrauchsmusterlöschungsverfahren unterscheidet und es einem Beklagten eines Gebrauchsmusterverletzungsverfahrens grundsätzlich auch möglich wäre, den Einwand der Löschungsreife auch unmittelbar in diesem Verfahren zu erheben (vgl. dazu Bühring/
Braitmayer, GebrMG, 9. Aufl., § 17 Rn. 185). Es trifft zwar zu, dass das Gebrauchsmuster als rasches, kostengünstiges Schutzrecht konzipiert ist, wobei gerade die für den Löschungsantrag und für eine Beschwerde gegen einen über einen Löschungsantrag entscheidenden Beschluss zu entrichtenden Gebühren nach dem PatKostG bei weitem nicht kostendeckend sind, sondern sich eher im Bereich eines „symbolhaften Unkostenbeitrags“ befinden. Dies ändert aber nichts daran, dass, wie dargelegt, die beiderseitige Interessenlage der Beteiligten nicht anders im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren im Falle eines parallelen Verletzungsverfahrens dieselbe ist wie bei einem Patentnichtigkeitsverfahren. Ein sachlicher Differenzierungsgrund, weswegen die Erstattungsfähigkeit sog. Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren grundsätzlich anders zu beurteilen wäre als im Patentnichtigkeitsverfahren ist folglich nicht gegeben, jedenfalls nicht bei der geltenden Gesetzeslage. Liegt ein solcher Differenzierungsgrund nicht vor, ist der Senat dann letztlich auch daran gehindert, anders zu entscheiden. Eine grundsätzlich andere Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren wäre vielmehr Sache des Gesetzgebers.

36

d4) Darüber hinaus kommt es auch nicht darauf an, dass das vor dem Landgericht anhängig gewesene Verletzungsverfahren während der Löschungsbeschwerde offenbar ausgesetzt gewesen war und eine Wiederaufnahme des Verfahrens während des laufenden Beschwerdeverfahren nicht mehr stattgefunden hat. Es trifft zwar zu, dass in Fällen, in denen ein Verletzung- oder Verfügungsverfahren und ein Nichtigkeitsverfahren bzw. Gebrauchsmusterlöschungsverfahren sich nur kurze Zeit überschneiden, die Hinzuziehung des Rechtsanwalts nicht mehr im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO als eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Maßnahme bewertet werden kann (vgl. BPatGE 53, 173, 176 – „Doppelvertretungskosten im Nichtigkeitsverfahren VIII“). Diese Sichtweise kann aber nicht auf den vorliegenden Fall einer Aussetzung des Verletzungsverfahrens übertragen werden. Das Gebot, für eine konsistente, die wechselseitigen Auswirkungen von Löschungsverfahren und Verletzungsrechtsstreit berücksichtigende Verfahrensführung zu sorgen, fällt erst dann weg, wenn ein entsprechender Verfügungsantrag oder eine Verletzungsklage
abschließend erledigt sind. Eine Aussetzung stellt in diesem Sinne gerade keinen Fall einer Erledigung dar. Bei einer Aussetzung muss stets Sorge dafür getragen werden, dass das parallele Verletzungsverfahren wiederaufgenommen wird; dies führt dazu, dass bei der weiteren Führung des Löschungsverfahrens ggf. in vorausschauender Weise Handlungen vorbereitet werden müssen. Auch diese bedürfen der Abstimmung und erfordern damit das Zusammenwirken von Patentanwalt und Rechtsanwalt. Im Übrigen können im Aussetzungszeitraum zwischen den Beteiligten Vergleichsverhandlungen durchgeführt werden, die den Löschungs- und den Verletzungsstreit gleichermaßen betreffen.

37

d5) Darüber hinaus scheitert der Anspruch der Antragsgegnerin auf Erstattung von Doppelvertretungskosten auch nicht daran, dass dieser Anspruch hier auf das Tätigwerden (nur) einer Person gestützt wird, der über eine Doppelqualifikation als Rechtsanwalt und Patentanwalt verfügt hat.

38

d5a) Die von der Antragsgegnerin aufgeworfene Frage der Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten bei Vertretung durch einen sowohl als Patent- als auch als Rechtsanwalt qualifizierten Verfahrensbevollmächtigten wird in der Kommentarliteratur nicht einheitlich beantwortet (vgl. einerseits Busse/
Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl., § 80 Rn. 47, andererseits Bühring/
Braitmayer, GebrMG, 9. Aufl., § 17 Rn. 193; Schulte/
Püschel, PatG, 11. Aufl., § 80 Rn. 47; vermittelnd bzw. abwartend: Benkard/
Schwarz, PatG, 12. Aufl., § 80 Rn. 40). Der erkennende Senat hat zu dieser Streitfrage, worauf die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat, bereits in zwei früheren Entscheidungen Stellung genommen (vgl. GRUR 2017, 1169, 1171; und GRUR 2023, 910, 911 – „Step-Gymnastik I“ – jeweils m. w. N.) und in solchen Fällen sowohl die Kosten für einen Patentanwalt als auch die für einen Rechtsanwalt als notwendig und mithin erstattungs- bzw. berücksichtigungsfähige Kosten erachtet.

39

Die Senatsrechtsprechung orientiert sich an der Entscheidung des I. Zivilsenats des BGH, wonach ein als Rechtsanwalt und als Patentanwalt zugelassener Vertreter in einer Kennzeichenstreitsache eine gesonderte Vergütung nach § 140 Abs. 4 MarkenG verdient, wenn er in beiden Funktionen beauftragt und in beiden Funktionen tätig geworden ist (vgl. GRUR 2003, 639, 640 – „Kosten des PatentanwaltsI“). Dieser Sichtweise sind auch andere Gerichten im Zusammenhang mit den parallelen Regelungen des § 143 Abs. 4 PatG und § 27 Abs. 3 GebrMG gefolgt (vgl. OLG Saarbrücken, GRUR 2023, 1059, 1060 f. – „Patentanwaltskosten“ – m. w. N., vgl. auch in GRUR-Prax 2023, 336 mit Anmerkung
Zapp).

40

Die Antragstellerin geht fehl, indem sie meint, dass diese Rechtsprechung mit Art. 3 Abs. 1 Satz 2 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG („Durchsetzungsrichtlinie“) unvereinbar sei, wonach „Rechtbehelfe … nicht unnötig kostspielig“ sein dürfen bzw. Prozesskosten „zumutbar und angemessen“ sein müssen. Der EuGH hat sich zur Kostenerstattung in Kennzeichenstreitsachen, die die Sondervergütungsregelung des „mitwirkenden“ Patentanwalts nach § 140 Abs. 4 MarkenG betrifft, dahingehend geäußert, dass nur solche Regelungen geeignet sind, im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 Satz 2 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG zu stehen, die es einem Gericht verböten, die spezifischen Besonderheiten eines Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 2022, 853, 856; im Anschluss daran: BGH GRUR 2023, 446, 447 – „Kosten des Patentanwalts VII“). Dies trifft aber gerade nicht auf die vom BGH auf der Grundlage von § 84 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO richterrechtlich entwickelten Grundsätze zu, die – anders als die vergleichbaren gesetzlichen Regelungen von § 140 Abs. 4 MarkenG, § 143 Abs. 3 PatG oder § 27 Abs. 3 GebrMG – keinen „Automatismus“ vorsehen, sondern gerade je nach Einzelfall auch ein Absehen vom Ersatz einer Doppelvergütung möglich machen. So gilt beispielsweise, dass dann keine Doppelvergütung in Frage kommt, wenn ein paralleles Verletzungsverfahren nur kurzzeitig anhängig gewesen oder eine Inanspruchnahme aus dem mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Patent lediglich angekündigt worden war (vgl. BGH GRUR 2023, 1807 f. – „Doppelvertretung im Patentnichtigkeitsverfahren II“; GRUR-Prax 2024, 48 – mit Praxishinweis und Übersicht von
Zhu; vgl. BPatG, 3. Senat, Az.: 3 ZA (pat) 73/16, GRUR-Prax 2017, 542 – „Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren VIII“).

41

Die Frage, ob die Erstattung von Vertreterkosten angemessen oder unnötig kostspielig ist, kann auch nicht an der Höhe der im jeweiligen Verfahren zu entrichtenden Gerichtskosten gemessen werden. Diese sind im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren, wie ausgeführt (s. o. d3), zwar ausgesprochen niedrig und weit von einer Kostendeckung entfernt. Dies ändert aber nichts daran, dass die Frage der Angemessenheit von zu erstattenden Kosten auch nach der Durchsetzungsrichtlinie als solche und insbesondere dahingehend zu beurteilen sind, ob sie in Bezug auf die Einlegung von Rechtsbehelfen eine prohibitive Wirkung haben. Dies ist aber hier nicht der Fall.

42

d5b) Der Antragstellerin kann auch insoweit nicht zugestimmt werden, als sie bezogen auf den hier konkret vorliegenden Fall eine gesonderte Vergütung des anwaltlichen Vertreters im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG für unangemessen hält. Entgegen ihrer Auffassung trifft es nicht zu, dass die Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten zwingend davon abhängig wäre, dass ein besonderer Abstimmungsbedarf zwischen zwei Personen vorliege, weshalb ein solcher Anspruch im Falle einer Personenidentität ausgeschlossen sein müsse. Dem steht entgegen, dass, worauf die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat, die sachlich-technische Bewertungen und die rechtlichen Fragestellungen im Falle einer Parallelität von Gebrauchsmusterlöschungsverfahren und Verletzungsstreit stets anspruchsvoller und aufwendiger sind. Alleine der Umstand, dass im Falle der Personenidentität des Vertreters der Einarbeitungs- und Gesprächsaufwand möglicherweise etwas geringer sein dürfte, enthebt nicht von einer gesonderten Abstimmung des Vorgehens in beiden Verfahren. Im vorliegenden Fall ist daher von einer relevanten Mehrleistung des doppeltqualifizierten anwaltlichen Vertreters beim Abstimmungsbedarf auszugehen, wobei der konkrete Umfang seiner erbrachten Mehrleistung gemäß der hier vorzunehmenden typisierenden Betrachtungsweise dahingestellt bleiben kann (vgl. BGH GRUR 2023, 1807 f. – „Doppelvertretung im Patentnichtigkeitsverfahren II“).

43

d5c) Hinsichtlich der Post- und Telekommunikationspauschale i. H. v. 20,00 € nach Nr. 7002 VV RVG i. V. m. § 104 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt allerdings, dass Pauschale Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Ansicht des Senats bei einer bloßen Doppelqualifikation des Vertreters nicht doppelt angesetzt werden können (vgl. BPatG GRUR 2017, 1169, 1171). Die doppelte Vergütung bei einer Doppelvertretung gehört zwar wegen des o.g., mit erhöhtem Arbeitsaufwands verbundenem Abstimmungsbedarfs auch bei Verfahrensbevollmächtigten mit Doppelqualifikation zu den notwendigen Kosten, jedoch fallen beim Vertreter, der beide Qualifikationen in einer Person aufweist, nicht dadurch typischerweise doppelte Post- und Telekommunikationsdienstleistungen an, weshalb hier ein Verweis auf Sinn und Zweck einer pauschalisierten Aufwandsentschädigung zu keinem anderen Ergebnis führt.

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3. Übersetzungskosten

45

Die Erinnerung der Antragstellerin bleibt auch im Wesentlichen erfolglos, als sie sich gegen die zu ihren Lasten festgesetzten Übersetzungskosten wendet. Diese waren hier weitestgehend nach § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG und § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

46

a) Die Rechtspflegerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass die der deutschen Sprache unkundige Antragsgegnerin einen Anspruch auf Ersatz solcher Kosten hat, die ihr durch die Übersetzung von für den Fortgang des Verfahrens wesentlichen Schriftstücken entstanden sind (vgl. BPatGE 25, 4, 5; Bühring/
Braitmayer, GebrMG, 9. Aufl., § 17 Rn. 245; Zöller/
Herget, ZPO, 34. Aufl., § 91 Rn. 13.100). Dies gilt auch bei Übersetzungsdienstleistungen, die – so wie hier – vom eigenen Vertreter oder seiner Kanzlei (durch sog. „Inhouse-Übersetzer“) durchgeführt worden sind (vgl. Schulte/
Püschel, PatG, 11. Aufl., § 80 Rn. 89; Busse/
Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl., § 80 Rn. 54; BPatGE 33, 102, 104). Zur Feststellung der Notwendigkeit ist darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung – also bei objektiver Betrachtung „ex ante“ – als sachdienlich ansehen durfte (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2007, 428 f.). Das ist hier der Fall.

47

b) Die Antragstellerin kann nicht mit ihrem Vortrag durchdringen, dass die angefertigten Übersetzungen für die Antragsgegnerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung deshalb nicht notwendig gewesen seien, weil diese ihre Rechtsstreitigkeiten in Deutschland über deren deutsche Konzerntochter, die Y … GmbH mit Sitz in F … abwickle und diese über deutschsprachige Mitarbeiter verfüge. Der Einwand ist zwar insoweit beachtlich, als die Kosten der Korrespondenz zwischen einer Partei und ihrer ausländischen Muttergesellschaft nicht erstattungsfähig sind – was auch dann gilt, wenn sämtliche Entscheidungen in Patentsachen von der ausländischen Gesellschaft getroffen werden (vgl. Busse/
Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl., § 80 Rn. 54.; BPatG, Beschluss vom 23. November 1995, Az.: 3 Ni 52/93 (EU), GRUR 1996, 303, 303). Diese Rechtsprechung bezieht sich allerdings nur auf solche Fälle, in denen die auswärtige Agierende nicht selbst die Verfahrensbeteiligte ist.

48

Im vorliegenden Fall sind keine Umstände zu erkennen, die nahelegen könnten, dass die deutsche Konzerntochter der Antragsgegnerin das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren betrieben hätte oder dort in anderer Weise eingebunden gewesen wäre. Die Antragsgegnerin hat vielmehr hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihre Tochter, die Y … GmbH, ausschließlich für den Produktvertrieb in Europa zuständig ist und somit auch nie Ansprechpartnerin der anwaltlichen Vertreter für das vorliegenden Beschwerdeverfahren gewesen ist. Dies wird ferner auch durch die fünf Rechnungen belegt, die die Antragsgegnerin von ihren Vertretern für die durchgeführten Übersetzungsdienstleistungen erhalten und mit Schriftsatz vom 27. März 2023 in Kopie vorgelegt hat. Alle fünf Rechnungen sind an die auswärtige Antragsgegnerin adressierten, und nicht etwa an deren deutsche Tochter. Hier legt es auch die einfache anwaltliche Versicherung, die im Schriftsatz vom 27. März 2023 zu sehen ist, nahe, die Übersetzungskosten unmittelbar der Antragsgegnerin zuzuordnen. Letztlich erscheint der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch damit überwiegend wahrscheinlich, was hier ausreichend ist (vgl.
Hüßtege in Thomas/
Putzo, ZPO, 37. Aufl., § 104 Rn. 3 f. – m. w. N.).

49

c) Die Antragsgegnerin ist bei den Übersetzungskosten auch ihrer Verpflichtung, Verfahrenskosten möglichst niedrig zu halten (vgl. BPatGE 33, 102, 105; OLG Brandenburg, NJW-RR 2002, 1290, 1291; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2007, 428, 429), nachgekommen. Sie hat insbesondere auf deutsch-japanische Übersetzungen verzichtet, was zu einer Reduzierung der Übersetzungskosten beigetragen hat.

50

Die Antragsgegnerin war darüber hinaus aber nicht gehindert, alle Schritte zur vollen Wahrung ihrer berechtigten prozessualen Belange zu ergreifen (vgl. Zöller/
Herget, ZPO, 31. Aufl., § 91 Rn. 27 f.). Dies bedeutet, dass es ihr trotz ihrer Pflicht, kostensparend vorzugehen, gestattet war, zu allen Schriftstücken, die für ihr prozessuales Vorgehen von Bedeutung sein konnten, eine wörtliche Übersetzung anfertigen zu lassen. Dies trifft nicht nur auf die zwei bestimmenden Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 21. Juni 2019 und 10. März 2020 und auf den Zwischenbescheid des Senats vom 2. Juni 2020 zu, sondern auch und erst recht auf die mit Gründen versehene Entscheidung des Senats vom 16. Juni 2020 sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung gleichen Datums zu. Ohne eine wörtliche Übersetzung dieser Schriftstücke hätte sich für die Antragsgegnerin der Streitstoff nicht in der notwendigen Differenziertheit erschlossen. Hierbei stellt der Beschluss des erkennenden Senats vom 16.Juni 2020 keine Ausnahme dar. In diesem Zusammenhang hatte die Antragsgegnerin – worauf sie zu Recht hingewiesen hat – ein berechtigtes Interesse daran zu prüfen, ob einer der in Nummern 1 bis 6 von § 100 Abs. 3 PatG (i. V. m. § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG) genannten Rechtsbeschwerdegründe gegeben sein könnte.

51

d) Die zugunsten der Antragsgegnerin festgesetzten Übersetzungskosten sind auch der Höhe nach im weitaus überwiegenden Umfang gerechtfertigt. Die erstattungsfähigen Übersetzungskosten bestimmen sich – wovon beide Parteien und auch die Senatsrechtspflegerin übereinstimmend ausgegangen sind – nach einer entsprechenden Anwendung von § 11 Abs. 1 JVEG (vgl. Bühring/
Braitmayer, GebrMG, 9. Aufl., § 17 Rn. 246; Zöller/
Herget, ZPO, 34. Aufl., § 91 Rn. 13.100; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 493 ff.). Der Beschluss geht zu Recht davon aus, dass hier ein erhöhtes Honorar mit Faktor von 2,05 € für jeweils 55 angefangene Anschläge angesetzt werden durfte. Damit wird zwar der maximal mögliche Betrag ausgeschöpft, der nach der hier einschlägigen, bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung von § 11 Abs. 1 Satz 3 JVEG zuerkannt werden kann. Hierzu trägt bei, dass die Texte offensichtlich nicht in elektronisch editierbarer Form zur Verfügung standen; im wesentlich größerem Umfang schlägt hier aber die besondere Erschwernis zu Buche, dass die zu übersetzenden Texte viele Fachausdrücke aus dem Bereich der Spielkonsolen- und Unterhaltungstechnik enthielten, schwer zu lesen waren und damit die Übertragung ins Englische (selbst für einen technisch vorgebildeten) „Inhouse-Übersetzer“ überaus anspruchsvoll war. Unter solchen Umständen kann bei Texten, insbesondere aus dem Bereich der technischen Schutzrechte, der jeweilige Höchstrahmen des JVEG ausgeschöpft werde (vgl. BPatGE 27, 155, 156). Die Angemessenheit des hier für jeweils 55 angefangene Anschläge zugrunde gelegten maximalen Faktors von 2,05 € wird zusätzlich dadurch unterstrichen, dass zum Zeitpunkt der hier vorgenommenen Übersetzungen sich dieser Faktor bereits auf dem Prüfstand befand und unmittelbar danach mit Änderung des § 11 Abs. 1 Satz 3 JVEG zum 1. Januar 2021 auf 2,10 € erhöht worden war (vgl. Art. 6 Abs. 1 Nr, 10 des Gesetzes vom 21.12.2020, BGBl. I 3229).

52

Die vorstehenden Ausführungen treffen allerdings – wie die Antragstellerin zu Recht bemängelt hat – nicht auf die Übersetzung des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2020 zu. Hier hat es sein Bewenden mit einem erhöhten Grundhonorar von 1,75 € für jeweils angefangene 55 Anschläge. Das Protokoll wurde zwar auch hier den Übersetzer(inne)n nur in Papierform zur Verfügung gestellt, jedoch enthielt es weder rechtlich noch technisch schwierige Passagen und war gut lesbar. Der im angefochtenen Beschluss auf diese Übersetzung i. H. v. 146,44 € entfallende Betrag war daher entsprechend um 21,43 € auf angemessene 125,01 € zu reduzieren (vgl.: 3929 Anschläge / 55 x 1,75 € anstatt 3929 Anschläge / 55 x 2,05 €).

53

4. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Erinnerung i. H. eines Betrages von 41,43 € begründet ist, da die Antragstellerin einerseits zu Unrecht mit einer zusätzlichen Post- und Telekommunikationspauschale i. H. v. 20,00 € belastet wurde und andererseits von den Übersetzungskosten 21,43 € abzusetzen sind. Der insgesamt i. H. v. 16.913,06 € festgesetzte Betrag war entsprechend auf 16.871,63 € zu reduzieren.

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5. Der Senat hat im schriftlichen Verfahren entschieden, da gemäß §§ 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 128 Abs. 4 ZPO die Durchführung einer mündlichen Verhandlung weder vorgeschrieben ist noch angezeigt erschien. Vorliegend war es zudem nicht erforderlich, weitere Ermittlungen anzustellen oder auf ergänzenden Vortrag hinzuwirken.

55

6. Die über die Kosten des vorliegenden Erinnerungsverfahrens zu treffende Entscheidung (vgl. Bühring/
Braitmayer, GebrMG, 9. Aufl., § 18 Rn. 164; BPatG BlPMZ 2006, 415) stützt sich auf §§ 11 Abs. 2, 23 Abs. 1 Nr. 12 i. V. m. § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG und § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Da die Antragstellerin mit ihrem Rechtsbehelf nur verhältnismäßig geringfügig durchgedrungen ist, waren ihr die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordern könnte, sind nicht ersichtlich.

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7. Zulassung der Rechtsbeschwerde

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Im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren unterliegen Beschlüsse des Patentgerichts, mit denen über eine Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung entschieden wird, gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG und § 574 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 ZPO der Rechtsbeschwerde (vgl. BGH GRUR 2013, 427, 429 – „Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren“). Die Rechtsbeschwerde war vorliegend zuzulassen, da eine Entscheidung des BGH bezüglich der hier entscheidungserheblichen Fragen zur Fortbildung des Rechts erforderlich erscheint. Dies gilt zum einen für die Frage, ob die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH zur Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren auch im Rahmen eines Gebrauchsmusterlöschungsverfahren bzw. eines entsprechenden Beschwerdeverfahrens anzuwenden sind oder ob – auch mit Blick auf eine eventuelle europarechtliche Würdigung insbesondere nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG – eine andere Beurteilung i. S. e. sachlichen Differenzierungsgrundes in Betracht kommt, und ob dies auch dann der Fall ist, wenn es um die Erstattung von Doppelvertretungskosten auch bei einer Vertretung durch einen sowohl als Patent- als auch als Rechtsanwalt zugelassenen Verfahrensbevollmächtigten geht. Zum anderen erscheint die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch mit Blick auf die Frage, ob ein beim EPA zugelassener Vertreter mit Rücksicht auf die Entscheidung „EPA-Vertreter“ vom 14. April 2020, Az.: X ZB 2/18 (GRUR 2020, 781 ff.) auch im Rahmen eines Gebrauchsmusterlöschungsbeschwerdeverfahrens kostenrechtlich einem Patentanwalt gleichgestellt werden kann, geboten.

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