Beschluss des BGH 5. Strafsenat vom 04.12.2024, AZ 5 StR 569/24

BGH 5. Strafsenat, Beschluss vom 04.12.2024, AZ 5 StR 569/24, ECLI:DE:BGH:2024:041224B5STR569.24.0

Verfahrensgang

vorgehend LG Bremen, 28. Februar 2024, Az: 9 KLs 21/20

Tenor

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 28. Februar 2024 im Strafausspruch aufgehoben.

Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

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Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen und Freiheitsstrafen verhängt von sieben Jahren und drei Monaten gegen den Angeklagten H.   , von sechs Jahren gegen den Angeklagten D.     , von fünf Jahren gegen den Angeklagten R.        , von drei Jahren gegen den Angeklagten S.        sowie von einem Jahr und neun Monaten gegen den Angeklagten B.           . Es hat die Vollstreckung der letztgenannten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt sowie Kompensations- und Einziehungsentscheidungen getroffen. Hiergegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen; die Angeklagten R.         und D.        beanstanden zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen erweisen sie sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Strafausspruch hält wegen eines Rechtsmangels bei der Strafrahmenbestimmung der auf die Sachrüge gebotenen Nachprüfung nicht stand.

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a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht für sämtliche Angeklagte das Vorliegen eines minder schweren Falles des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 2 BtMG verneint und den gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB verschobenen Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zur Anwendung gebracht hat, sind rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat die Nichtanwendung des besonderen Strafrahmens für minder schwere Fälle nur mit allgemeinen Strafzumessungsumständen begründet. Es hat dabei unter Missachtung der gebotenen Prüfungsreihenfolge nicht erkennbar bedacht, dass ein minder schwerer Fall auch dann anzunehmen sein kann, wenn zusätzlich zu den allgemeinen Milderungsgründen auch die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände in die gebotene Gesamtabwägung einbezogen werden. Erst wenn das Tatgericht die Anwendung des milderen Strafrahmens danach weiterhin nicht für gerechtfertigt hält, darf es seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 16. Januar 2024 – 5 StR 451/23 Rn. 5).

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b) Auf diesem Rechtsfehler beruht – auch eingedenk der nicht unangemessen erscheinenden Strafen – der Strafausspruch (§ 337 Abs. 1 StPO). Denn die Strafrahmenwahl und die Strafbemessung innerhalb dieses Rahmens ist originäre Aufgabe des Tatgerichts.

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c) Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, sofern sie zu den bereits getroffenen nicht in Widerspruch treten.

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2. Das neu mit der Sache befasste Gericht wird Gelegenheit haben, die Vorschrift des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG sorgfältiger als bislang geschehen in den Blick zu nehmen.

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a) Nach den Urteilsgründen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der geständige Angeklagte B.           bereits in seiner polizeilichen Vernehmung Angaben machte, die zur Aufklärung der Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus beitrugen. In einem solchen Fall ist eine ausdrückliche Erörterung von § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG rechtlich geboten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. August 2023 – 5 StR 177/23 Rn. 21, wistra 2024, 118; vom 12. Januar 2022 – 3 StR 394/21 Rn. 6).

8

b) Hinsichtlich des Angeklagten R.         teilen die Urteilsgründe mit, dass seine teilgeständigen Angaben im Ermittlungsverfahren und sein Bemühen um eine Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden „letztlich“ nicht die Voraussetzungen des § 31 BtMG erfüllt hätten, ohne diese Angaben und Bemühungen auszuführen. Auf dieser Grundlage vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob das Landgericht die Voraussetzungen der Vorschrift rechtlich zutreffend verneint hat (vgl. zu den Darstellungsanforderungen BGH, Urteil vom 14. August 2024 – 5 StR 424/23 Rn. 12 mwN).

Cirener                         Gericke                         Köhler

               von Häfen                      Werner

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