BGH 9. Zivilsenat, Urteil vom 26.09.2024, AZ IX ZR 146/22, ECLI:DE:BGH:2024:260924UIXZR146.22.0
Leitsatz
Nimmt ein Gläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Luftfahrtunternehmens die Umbuchung eines bereits vor der Eröffnung gebuchten Flugs vor, bleibt der geänderte Beförderungsanspruch Insolvenzforderung.
Verfahrensgang
vorgehend LG Frankfurt, 14. Juni 2022, Az: 2-24 S 223/21, Urteil
vorgehend AG Frankfurt, 7. Oktober 2021, Az: 32 C 4025/20 (86)
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juni 2022 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 7. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Am 16. August 2018 buchte der Kläger bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen für sich und seine Ehefrau Flüge von Frankfurt am Main nach Windhuk in Namibia und von Windhuk zurück nach Frankfurt am Main zu einem Gesamtpreis von 1.799,96 €. Der Kläger bezahlte den Flugpreis vollständig. Die Flüge sollten im August 2019 stattfinden.
2
Am 1. Dezember 2019 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet. Die Beklagte setzte den Flugbetrieb fort. Am 4. März 2020 erfolgte unter derselben Buchungsnummer eine erneute Umbuchung durch den Kläger auf Flüge für sich und seine Ehefrau von Frankfurt am Main nach Varadero in Kuba am 6. März 2020 und von Varadero zurück nach Frankfurt am Main am 24. März 2020 zu einem Gesamtpreis von nunmehr 2.057,40 € inklusive einer Umbuchungsgebühr von 280 €. Der Kläger entrichtete die zusätzlich angefallenen Kosten. Die Beklagte erteilte dem Kläger eine Buchungsbestätigung und beförderte ihn und seine Ehefrau am 6. März 2020 nach Varadero. Am 20. März 2020 annullierte die Beklagte den für den 24. März 2020 vorgesehenen Rückflug von Varadero nach Frankfurt am Main wegen der Covid-19-Pandemie. Die Beklagte wies auf die Luftbrücke des Auswärtigen Amtes hin, sie kümmerte sich nicht um eine Ersatzbeförderung. Der Kläger buchte daraufhin seinerseits noch am 20. März 2020 Rückflüge mit der Fluggesellschaft Air Canada mit einem Umsteigeaufenthalt in Montreal (Kanada) zu einem Preis von 4.067,72 €. Darüber hinaus wendete er weitere 158,70 € für die kanadischen Visa auf, die für die Einreise in Kanada erforderlich waren. Der Kläger meldete seine Forderungen nicht zur Insolvenztabelle an. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten wurde, nachdem ein Insolvenzplan zustande gekommen war, mit Beschluss vom 26. November 2020 aufgehoben. Nach dem Insolvenzplan erhalten Gläubiger im Rang des § 38 InsO auf ihre quotenberechtigten Forderungen eine Basisquote in Höhe von 0,1 %.
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Der Kläger verlangt Erstattung der für die Ersatzbeförderung aufgewendeten Kosten in Höhe von 4.226,42 € nebst Zinsen seit dem 12. Oktober 2020 sowie Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten über 492,54 €. Das Amtsgericht hat der Klage nur in Höhe der Planquote von 4,23 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung weiterer 4.222,19 € nebst Zinsen sowie Freistellung des Klägers von Honoraransprüchen seines Prozessbevollmächtigten für die vorgerichtliche Tätigkeit über 492,54 € verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe
4
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
I.
5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Anspruch aus Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46 S. 1; im Folgenden: Fluggastrechteverordnung oder Fluggastrechte-VO) zu, weil es insofern an einer bestätigten Buchung im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Fluggastrechte-VO fehle und die Beförderungsansprüche mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens untergegangen seien. Allerdings folge der geltend gemachte Erstattungsanspruch aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB. Dieser Anspruch stelle eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 InsO dar. Zwar sei § 103 Abs. 1 InsO aufgrund der vollständigen Erfüllung des Beförderungsentgelts durch den Kläger vor Insolvenzeröffnung nicht anwendbar. Bei dem geltend gemachten Anspruch handele es sich aber um einen Anspruch aus einem von Treu und Glauben gemäß § 241 Abs. 2 BGB geprägten gesetzlichen Schuldverhältnis, das durch den Hinflug nach Varadero neu begründet worden sei. Das durch den Hinflug nach Varadero erweckte Vertrauen habe die Beklagte sodann durch Annullierung des Rückflugs nach Frankfurt am Main enttäuscht.
II.
6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der Kläger kann keine über die vom Amtsgericht zuerkannten Forderungen hinausgehenden Ansprüche geltend machen.
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1. Grundlage des klägerischen Begehrens auf Erstattung der Kosten des vom Kläger gebuchten Rückflugs von Varadero nach Frankfurt am Main mit der Fluggesellschaft Air Canada ist die geltend gemachte Verletzung der Pflicht zur Organisation eines Ersatzflugs aus dem Luftbeförderungsvertrag beziehungsweise aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Fluggastrechte-VO (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 – C-83/10, Rodríguez, NJW 2011, 3776 Rn. 44; BGH, Urteil vom 28. August 2012 – X ZR 128/11, NJW 2013, 378 Rn. 33 f zu Art. 9 Fluggastrechte-VO).
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2. Die auf dieser Grundlage geltend gemachten Ansprüche stellen nur Insolvenzforderungen nach § 38 InsO dar. Sie können gemäß §§ 254, 254b InsO nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nur nach Maßgabe des Insolvenzplans zuerkannt werden.
9
a) Die Frage, ob Ansprüche Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeiten darstellen, richtet sich, auch soweit Rechte nach der Fluggastrechteverordnung inmitten stehen, nach deutschem Insolvenzrecht. Die Fluggastrechte-Verordnung sagt nichts dazu, wie Ansprüche aus ihr in der Insolvenz des Luftfahrtunternehmens zu behandeln sind. Auch im Übrigen gibt es keine europarechtlichen Vorschriften zur Qualifizierung von Forderungen gegen einen insolventen Schuldner. Vielmehr ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (EuInsVO; ABl. L 141 S. 19), dass für das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen das Insolvenzrecht des Mitgliedsstaates gilt, in dessen Hoheitsgebiet das Verfahren eröffnet wird. Dies ist im Streitfall Deutschland, so dass allein das deutsche Recht maßgeblich ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2023 – IX ZR 90/22, WM 2023, 882 Rn. 11 zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Fluggastrechte-VO; vom 9. März 2023 – IX ZR 91/22, ZIP 2023, 975 Rn. 16 zu Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Fluggastrechte-VO). Das Insolvenzstatut bestimmt insbesondere über die Auswirkungen des Insolvenzverfahrens auf laufende Verträge (Art. 7 Abs. 2 Buchst. e EuInsVO) sowie darüber, welche Forderungen als Insolvenzforderungen anzumelden sind und wie Forderungen zu behandeln sind, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen (Art. 7 Abs. 2 Buchst. g EuInsVO). Das deutsche Insolvenzrecht regelt somit die insolvenzrechtlichen Auswirkungen von nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorgenommenen Änderungen an vor dessen Eröffnung erfolgten Flugbuchungen. Dies gilt auch, soweit die Beklagte für die Flüge jeweils Buchungsbestätigungen nach der Fluggastrechteverordnung ausgestellt hat.
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b) Nach deutschem Recht richtet sich die Frage, ob eine Forderung eine Insolvenzforderung oder eine Masseverbindlichkeit ist, zunächst nach den Vorschriften der Insolvenzordnung, insbesondere nach den §§ 38, 54f InsO. Zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Vermögensansprüche sind gemäß § 38 InsO Insolvenzforderungen, die nur nach den Vorschriften der Insolvenzordnung verfolgt werden können (§ 87 InsO). Dies gilt auch für Beförderungsansprüche, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sind; sie sind von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners an nicht mehr durchsetzbar (BGH, Urteil vom 5. Mai 2022 – IX ZR 140/21, WM 2022, 1375 Rn. 13; vom 9. März 2023 – IX ZR 91/22, WM 2023, 820 Rn. 17). Sekundäransprüche, die aus der Nichterfüllung insolvenzbedingt nicht durchsetzbarer Ansprüche folgen, begründen keine Masseverbindlichkeiten (BGH, Urteil vom 5. Mai 2022, aaO Rn. 13; vom 9. März 2023 – IX ZR 150/21, WM 2023, 880 Rn. 11; vom 9. März 2023 – IX ZR 90/22, WM 2023, 882 Rn. 12).
11
Die ursprünglichen Beförderungsansprüche des Klägers aus seiner Buchung im August 2018 wurden vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten begründet. Sie waren damit gemäß § 38 InsO zunächst nur Insolvenzforderungen. Der Flugbeförderungsvertrag unterfiel nicht einem Wahlrecht der Beklagten aus §§ 279, 103 InsO, weil der Kläger den Flugpreis bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig bezahlt hatte. Erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene kostenpflichtige Umbuchungen ändern hieran nichts.
12
c) Die Fortsetzung des Flugbetriebs wertete die Insolvenzforderungen des Klägers weder für sich genommen noch in Verbindung mit etwaigen Erklärungen der Beklagten, der Flugbetrieb werde fortgesetzt, zu Masseforderungen auf (BGH, Urteil vom 9. März 2023 – IX ZR 90/22, WM 2023, 882 Rn. 13 mwN). Gleiches gilt für die Durchführung des Hinflugs; die allein auf eine teilweise Erfüllung gestützte Erwartung, der Insolvenzverwalter werde auch die restliche Insolvenzforderung vollständig befriedigen, genügt nicht, um den das Insolvenzrecht beherrschenden Gleichbehandlungsgrundsatz hinter den Individualinteressen zurücktreten zu lassen (BGH, Urteil vom 9. März 2023 – IX ZR 150/21, WM 2023, 880 Rn. 12 ff).
13
d) Die Beförderungsansprüche des Klägers sind nicht infolge der Umbuchungen nachträglich zu Masseverbindlichkeiten geworden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO).
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aa) Zwar kann eine Insolvenzforderung durch Vereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgläubiger zu einer Masseverbindlichkeit werden (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2023 – IX ZR 90/22, WM 2023, 882 Rn. 14 ff). Eine solche Vereinbarung hat nicht nur für die Parteien der schuldumschaffenden Vereinbarung Auswirkungen, sondern auch für die übrigen Beteiligten des Insolvenzverfahrens. Sie erfordert angesichts ihrer einschneidenden Wirkungen, dass die Anforderungen an eine Schuldumschaffung (Novation) erfüllt sind oder die Vereinbarung in einer der Novation vergleichbaren Weise zur Begründung einer Masseverbindlichkeit führt (BGH, Urteil vom 9. März 2023, aaO Rn. 16).
15
Eine schuldumschaffend wirkende Novation setzt den Willen der Parteien voraus, das alte Schuldverhältnis durch ein neues zu ersetzen und damit zugleich das alte Schuldverhältnis aufzuheben, so dass die Beteiligten nicht mehr darauf zurückgreifen können (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2023 – IX ZR 90/22, WM 2023, 882 Rn. 17 mwN). Entsprechend gilt für eine schuldumschaffende Vereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und einem Insolvenzgläubiger, dass diese keinen Zweifel daran lassen darf, dass eine (Neu-)Begründung der Verbindlichkeit als nunmehr gemäß § 53 InsO aus der Insolvenzmasse vorweg zu berichtigende Masseverbindlichkeit gewollt ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2023, aaO Rn. 19).
16
bb) Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen einer solchen schuldumschaffenden Vereinbarung nicht erfüllt. Die nach Insolvenzeröffnung erfolgte Umbuchung genügt den für eine Novation seitens des Bundesgerichtshofs aufgestellten Maßstäben nicht. Es fehlt insbesondere an dem Willen, das alte Schuldverhältnis aufzuheben, so dass die Parteien hierauf nicht zurückgreifen können.
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Umbuchungen sind Änderungen hinsichtlich des Reisetermins, des Reiseziels, des Ortes des Reiseantritts, der Unterkunft oder der Beförderungsart (vgl. MünchKomm-BGB/Tonner, 9. Aufl., § 651h Rn. 32). Sie ändern den bestehenden Vertrag lediglich ab, heben ihn aber weder auf noch ersetzen sie ihn durch einen neuen Vertrag (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1992 – VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152, 169 f; OLG Köln, RRa 2009, 18, 19; FG Köln, DStRE 1999, 877, 878; vgl. auch van Bühren/Richter/Richter, 4. Aufl., VBRR 2008/2018 Abs. 1 Ziff. 1 VB-Reiserücktritt Rn. 20; MünchKomm-BGB/Tonner, aaO; Staudinger/Kaiser, BGB, 2016, § 651a Rn. 200). Das zeigt sich darin, dass am Vertrag nur einzelne Änderungen vorgenommen werden, die übrigen Vertragsbestimmungen aber unverändert bleiben. So führt eine Umbuchung, wenn der Fluggast das ursprünglich vereinbarte Entgelt bereits bezahlt hat, nicht dazu, dass nunmehr ein erneuter Anspruch auf Bezahlung des Entgelts entsteht. Vielmehr beschränkt sich der Zahlungsanspruch auf durch die Umbuchung etwa entstandene zusätzliche Forderungen. Auch der Rechtsverkehr sieht Umbuchungen, bei denen eine gewählte Beförderungsleistung durch eine andere Beförderungsleistung ersetzt wird, regelmäßig als bloße Änderung des bestehenden Vertrags an. Allgemeine Geschäftsbedingungen der Fluggesellschaften räumen dem Kunden in Abhängigkeit vom gewählten Tarif vielfach Umbuchungsmöglichkeiten zu abgestuften Bedingungen ein; dem wird eine (ersatzlose) Stornierung des Vertrags durch den Kunden gegenübergestellt, die für diesen regelmäßig nur zu wesentlich ungünstigeren Bedingungen möglich ist.
18
Daran gemessen, stellen selbst weitreichende Änderungen wie der Austausch des Flugziels oder eine erhebliche Verschiebung des Reisezeitraums wegen der unverändert fortbestehenden Anbindung an das ursprüngliche Vertragsverhältnis keine Novation dar. Die Umbuchungsgebühr ist ein vertraglich vereinbartes Entgelt für das Recht des Fluggasts, eine grundsätzlich verbindlich gebuchte Flugleistung durch eine andere ersetzen zu dürfen. Eine darüber hinausgehende Abänderung des Schuldverhältnisses dahingehend, dass der bislang nicht durchsetzbare Beförderungsanspruch nunmehr verbindlich vorab aus der Masse zu erfüllen sein und Sekundäransprüche eine Masseverbindlichkeit darstellen sollen, kann der Vereinbarung und Zahlung einer Umbuchungsgebühr nicht beigemessen werden. Die Schuldnerin hatte keinen Anlass, eine solche Erklärung abzugeben. Der Kläger hatte keinen durchsetzbaren Anspruch auf die ursprüngliche Beförderungsleistung; der Wert dieses Anspruchs beschränkte sich auf eine bei Anmeldung zur Tabelle zu erwartende Insolvenzquote. Eine Aufwertung einer Insolvenzforderung zu einer voll werthaltigen Masseverbindlichkeit durfte der Kläger im Gegenzug für die im Verhältnis zum Flugpreis untergeordnete Umbuchungsgebühr, die überdies das Entgelt für eine andere Leistung der Beklagten darstellte, nicht erwarten.
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Auch aus der Erteilung einer Buchungsbestätigung für den umgebuchten Flug folgt nichts anderes. Eine Buchungsbestätigung stellt einen Beleg dafür dar, dass die (Um-)Buchung akzeptiert und registriert wurde (vgl. Art. 2 Buchst. g Fluggastrechte-VO). Eine Aussage zu insolvenzbedingten Einschränkungen der Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche trifft sie nicht. Einer Buchungsbestätigung kann insbesondere nicht entnommen werden, dass ein Anspruch, der vor der Abänderung aufgrund der Insolvenz der Beklagten nur eine Insolvenzforderung darstellt, zu einer Masseverbindlichkeit (konstitutiv) aufgewertet werden sollte.
20
e) Der Insolvenzplan gilt auch für während des Insolvenzverfahrens abgeänderte Insolvenzforderungen. Der Insolvenzplan regelt unter C.VI.1., dass die Gläubiger im Rang des § 38 InsO auf ihre quotenberechtigten Forderungen eine „Basisquote“ in Höhe von 0,1 % erhalten. Die Kürzung knüpft somit allein an den Rang der Forderung an.
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3. Der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der aufgewendeten Kosten für die Rückbeförderung des Klägers und seiner Ehefrau durch eine andere Fluggesellschaft als die Beklagte kann nicht darauf gestützt werden, dass die Beklagte den Kläger anlässlich der Umbuchung darüber hätte aufklären müssen, dass trotz der kostenpflichtigen Umbuchung des Klägers der Anspruch auf die umgebuchte Beförderungsleistung nur nach Maßgabe der Bestimmungen über Insolvenzforderungen durchsetzbar ist. Es kann dahinstehen, ob es eine solche Aufklärungspflicht überhaupt gibt, welche Voraussetzungen an sie zu stellen sind und ob sich eine entsprechende Aufklärung auf die Entscheidung des Klägers, den Flug umzubuchen, ausgewirkt hätte. Dass der Beförderungsanspruch Insolvenzforderung bleibt und der Kläger eine Umbuchungsgebühr bezahlt, reicht jedenfalls nicht aus, um eine Aufklärungspflicht zu begründen.
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Soweit der Beförderungsanspruch trotz der Umbuchung nur eine Insolvenzforderung darstellte, begründete dies schon deshalb keine Aufklärungspflicht, weil sich die Rechtslage durch die Umbuchung nicht zum Nachteil des Klägers veränderte. Das Risiko, ob die Beklagte den Flug durchführte, blieb unverändert.
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Ebenso wenig begründen die wegen der Umbuchung erbrachten zusätzlichen Leistungen des Klägers eine Aufklärungspflicht. Führt die Beklagte den Flug durch, erhält der Kläger die versprochene Leistung. Storniert die Beklagte den Flug oder verweigert sie die Beförderung, könnte der Kläger einen etwaigen Anspruch auf Erstattung des Entgelts (etwa aus Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Fluggastrechte-VO) hinsichtlich des Entgelts, dessen Zahlung auf einer Abrede mit der eigenverwaltenden Schuldnerin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruht, nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 270 Abs. 1 Satz 2 InsO als Masseverbindlichkeit beanspruchen. Der Erstattungsanspruch wäre insoweit teilbar. Ein solcher Anspruch auf Erstattung wird nicht geltend gemacht.
III.
24
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Er weist die Berufung des Klägers gegen das amtsgerichtliche Urteil zurück.
Schoppmeyer Schultz Selbmann
Harms Kunnes