Auseinandersetzung mit nationalsozialistischem Unrecht und dem Unrecht der SED-Diktatur in der juristischen Ausbildung (Pressemeldung des BMJV)

Das Bundesministerium der Justiz veranstaltet am 30. und 31. Januar 2023 eine Arbeitstagung zur juristischen Ausbildung, bei der es um die Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrecht und dem Unrecht der
SED-Diktatur gehen wird.

Die Veranstaltung wird in Kooperation mit der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz, dem Justizministerium Nordrhein-Westfalen und der Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung in Berlin ausgerichtet und findet im Haus der Wannsee-Konferenz statt.

Bundesjustizminister
Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Die nationalsozialistische Pervertierung des Rechts, die am 30. Januar vor 90 Jahren ihren Lauf nahm, zeigt: Wenn Juristinnen und Juristen jede beliebige politische Idee in Paragraphen gießen und sie vollstrecken, dann droht höchste Gefahr. Es gibt Güter, die nicht zur politischen Disposition stehen. Auch für schleichende Wege zum Unrecht muss die juristische Ausbildung sensibilisieren, für die allmähliche Veränderung der Mentalität, die entstehende Strukturen des Unrechts trägt. Wie wir einen solchen wachen und aufmerksamen Geist schulen, das erkundet diese morgen beginnende Tagung. Ich danke allen Beteiligten!“

Der Bundesgesetzgeber hat
§ 5a des Deutschen Richtergesetzes (
DRiG) im Jahr 2021 reformiert und die Befassung mit dem nationalsozialistischen Unrecht und dem Unrecht der
SED-Diktatur sowie den daraus gewonnenen Erkenntnissen zu den obligatorischen Inhalten der juristischen Ausbildung gemacht. Denn die juristische Ausbildung darf sich nicht darauf beschränken, Rechtskenntnisse und Methodenhandwerk zu vermitteln.

Auf Einladung des Bundesministeriums der Justiz werden sich die für die Juristenausbildung zuständigen Vertreterinnen und Vertreter der Landesjustizministerien über mögliche Wege der Implementierung des neuen
§ 5a
DRiG in die juristische Ausbildung austauschen. Dadurch soll diese wichtige Reform mit Leben erfüllt werden.

Dabei geht es nicht um die bloße Erweiterung des historischen Faktenwissens, sondern angehende Juristinnen und Juristen sollen durch ihre juristische Ausbildung befähigt werden, das positive Recht und die Rechtspraxis kritisch zu reflektieren und die Ideologieanfälligkeit des Rechts und sein Missbrauchspotential zu erkennen. Sie sollen in die Lage versetzt werden, Gefährdungen demokratischer Freiheiten und der Bedrohung von Grundrechten zu erkennen und diesen aktiv und engagiert entgegenzutreten. Denn Demokratie und Rechtsstaat sind nicht selbstverständlich.

Die Tagung beginnt auf den Tag genau 90 Jahre nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und findet in der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz statt, also dem Ort, an dem die „Endlösung der Judenfrage“ beraten und im Einzelnen koordiniert wurde. Tag und Ort der Veranstaltung nehmen Bezug auf die verbrecherische Politik des Nationalsozialismus, die auch und gerade in der Sprache und mit den Techniken des Rechts vorbereitet, vollzogen und gerechtfertigt wurde. Beamte in Ministerien entwarfen die Rassegesetze; Zivilrichter trieben die Entrechtung von Jüdinnen und Juden voran, indem sie Vorschriften des Vertrags- und Familienrechts im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie auslegten; Richter an den Straf- und Sondergerichten instrumentalisierten das Strafrecht zum Kampf gegen politische Gegner des nationalsozialistischen Regimes.