BVerfG 2. Senat 2. Kammer, Nichtannahmebeschluss vom 07.12.2022, AZ 2 BvR 1404/20, ECLI:DE:BVerfG:2022:rk20221207.2bvr140420
Art 1 Abs 1 GG, Art 103 Abs 2 GG, § 15 StGB, § 211 StGB, § 222 StGB
Verfahrensgang
vorgehend BGH, 18. Juni 2020, Az: 4 StR 482/19, Urteil
vorgehend LG Berlin, 26. März 2019, Az: (532 Ks) 251 Js 52/16 (9/18), Urteil
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft den als „Ku’damm-Raser-Fall“ bekanntgewordenen Sachverhalt. Sie richtet sich gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. März 2019 und ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2020.
I.
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1. Im Februar 2017 verurteilte das Landgericht Berlin den Beschwerdeführer und einen Mitangeklagten im ersten Rechtsgang unter anderem wegen Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen. Auf die Revisionen beider Angeklagten hob der Bundesgerichtshof das Urteil im März 2018 auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück (BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17 -, BGHSt 63, 88).
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2. Im zweiten Rechtsgang verurteilte eine andere als Schwurgericht eingerichtete Strafkammer des Landgerichts den Beschwerdeführer und seinen Mitangeklagten mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil vom 26. März 2019 erneut wegen Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu lebenslangen Freiheitsstrafen.
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a) Nach den Feststellungen des Schwurgerichts fuhr der Beschwerdeführer Anfang des Jahres 2016 nachts mit seinem hochmotorisierten Kraftfahrzeug den Berliner Kurfürstendamm entlang. Er kam an einer roten Ampel zufällig neben dem späteren Mitangeklagten zum Stehen, der ihm flüchtig bekannt war. Die Männer vereinbarten spontan, ein Wettrennen bis zur nächsten roten Ampel – ein in der Raser-Szene sogenanntes Stechen – auszutragen. Der Kontrahent des Beschwerdeführers verfügte über das deutlich stärker motorisierte Fahrzeug und gewann das erste Stechen. Auch ein zweites Stechen entschied er für sich, denn er erreichte als erster die nächste rote Ampel.
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Der unterlegene Beschwerdeführer hielt an dieser Ampel nicht an, sondern überfuhr sie trotz des Haltesignals, um seinen Kontrahenten zu einer Wettfahrt über eine größere Distanz zu bewegen. Verärgert darüber, dass der Beschwerdeführer seine Niederlage nicht akzeptierte, setzte der Mitangeklagte ihm nach. Beide Männer waren sich nun einig, ein Autorennen in der Berliner Innenstadt auszutragen. Dementsprechend fuhren sie mit hohen Geschwindigkeiten für etwa eineinhalb Kilometer mehrspurige Hauptverkehrsstraßen entlang. Der Kontrahent des Beschwerdeführers ging in Führung und konnte sich in einer langgezogenen Kurve etwas absetzen. Beide Männer durchfuhren diese Kurve nahezu mit der dafür maximal möglichen Geschwindigkeit, wobei sie das Haltesignal einer Ampel missachteten. Als die Männer kurz nach dieser Kurve auf eine weitere ampelgeregelte, für sie nicht einsehbare Kreuzung (der von ihnen befahrenen Straße) mit einer anderen mehrspurigen Straße zufuhren, zeigte auch diese Ampel für sie Rotlicht. Dennoch setzten sie das Rennen fort.
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Vor dieser Kreuzung erkannte der Beschwerdeführer, dass er das Rennen nur durch eine weitere Beschleunigung und damit noch risikoreichere Fahrt als bislang würde gewinnen können. Um zu seinem Kontrahenten aufzuschließen, beschleunigte er sein Fahrzeug, indem er das Gaspedal voll durchtrat. Obwohl er wusste, dass er noch vor der Ampel habe anhalten können, beschloss er, das Haltesignal zu ignorieren und die Kreuzung zu durchfahren. Dabei erkannte er die Möglichkeit, dass Personenkraftwagen aus der Querstraße bei Grünlicht in die Kreuzung einfahren könnten, da trotz der Nachtzeit Fahrzeugverkehr in der Berliner Innenstadt herrschte. Er wusste zudem, dass er möglichen Querverkehr an der Kreuzung aufgrund der Sichtverhältnisse vor Ort erst würde wahrnehmen können, wenn es ihm selbst nicht mehr möglich sein würde, auf den Querverkehr durch Fahrmanöver zu reagieren und eine als möglich erachtete Kollision abzuwenden. Er erkannte weiter die Möglichkeit, dass die Insassen der querenden Fahrzeuge im Kollisionsfall zu Tode kommen könnten. Das nahm er jedoch in Kauf, um das Rennen zu gewinnen und das von einem Sieg ausgehende Gefühl der Überlegenheit und der Selbstwertsteigerung zu verspüren. Für sich selbst, den Mitangeklagten und dessen Beifahrerin erkannte er zwar im Falle einer Kollision mit querenden Personenkraftwagen ebenfalls die Möglichkeit einer Verletzung, rechnete jedoch im Hinblick auf die moderne Sicherheitsausstattung beider Fahrzeuge und auf die als möglich erkannte Unfallkonstellation – einen Aufprall der Fahrzeuge mit der Front in die weniger geschützte Seite querender Fahrzeuge – mit eher leichten Verletzungen.
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Als die beiden Männer, das Haltesignal der Ampel ignorierend, in die Kreuzung einfuhren, fuhr der leicht in Führung liegende Mitangeklagte mit einer Geschwindigkeit von etwa 130 km/h auf dem linken Fahrsteifen. Der Beschwerdeführer fuhr mit wenigstens 160 km/h auf dem rechten Fahrstreifen. Zur gleichen Zeit fuhr ein deutlich geringer motorisierter Geländewagen auf der den Fahrweg der beiden Männer querenden Straße mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 50 km/h bei Grünlicht in die Kreuzung ein. Mit wenigstens 160 km/h stieß der Beschwerdeführer ungebremst mit der Mitte der Fahrzeugfront seines Kraftwagens gegen diesen Geländewagen und drang wenigstens 50 cm tief in das Fahrzeug ein. Der Geländewagen drehte sich um die eigene Achse, hob ab und flog etwa 25 Meter durch die Luft. Er schlug mit der hinteren linken Ecke des Daches auf der Fahrbahn auf, wobei das Dach in den Fahrzeuginnenraum gedrückt wurde, rutschte auf der linken Fahrzeugseite liegend die Fahrbahn entlang und blieb 72 Meter vom Kollisionsort entfernt liegen. Das Fahrzeug des Beschwerdeführers wurde durch die Kollision mit dem Geländewagen abgelenkt und streifte das Fahrzeug des Mitangeklagten. Dessen Fahrzeug kollidierte in der Folge mit einem Ampelmast und danach mit der Granitumfassung eines Hochbeets, das auf einem Grünstreifen in der Fahrbahnmitte angelegt war. Das Fahrzeug des Beschwerdeführers kollidierte ebenfalls mit dieser Umfassung.
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Der Fahrer des Geländewagens starb noch an der Unfallstelle an den durch den Unfall verursachten inneren Verletzungen. Der Beschwerdeführer erlitt eine stark blutenden Kopfplatzwunde. Sein Mitangeklagter verspürte nach dem Unfall Schmerzen im Arm. Die Beifahrerin des Mitangeklagten erlitt unter anderem eine Lungenkontorsion, Prellungen und eine Kopfplatzwunde.
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b) Das Schwurgericht zeigte sich davon überzeugt, der Beschwerdeführer habe mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt, als er ab dem Ausgang der langgezogenen Kurve maximal beschleunigt und die Fahrt bis zum Unfall kontinuierlich mit voll durchgetretenem Gaspedal fortgesetzt habe. Ihm sei bewusst gewesen, dass die Gefährlichkeit seiner Handlungen kaum noch zu steigern gewesen sei, da ihm seine Geschwindigkeit und die baulichen Gegebenheiten vor Ort bekannt gewesen seien. Für ein Risikobewusstsein des Beschwerdeführers sprächen überdies seine Angaben gegenüber einer als sachverständige Zeugin vernommenen Verkehrspsychologin, der er berichtete, er vermeide es tagsüber an der Unfallstelle, bei Rotlicht in die Kreuzung einzufahren, nachts gehe er das Risiko aber ein. Dass der Beschwerdeführer sich des Unfallrisikos auch zur Nachtzeit bewusst gewesen sei, ergebe sich schon daraus, dass er als Ortskundiger wisse, dass es sich bei der als Rennstrecke genutzten Straßen um zentrale innerstädtische Hauptverkehrsadern Berlins handele. Die Verkehrslage habe der Beschwerdeführer überdies daran erkannt, dass er kurz vor der Kurve an einem Taxi vorbeigefahren sei, das an einer roten Ampel gewartet habe. Zudem seien die Ampeln nicht aus Gründen des mangelnden Verkehrsaufkommens zur Nachtzeit abgeschaltet gewesen. Ein als Sachverständiger gehörter Diplom-Ingenieur und ein als Zeuge vernommener Polizeibeamter hätten weiter bestätigt, dass Personenkraftwagen auch zu dieser Uhrzeit die als Rennstrecke genutzte Straße querten.
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Für den Beschwerdeführer habe es außerdem auf der Hand gelegen, dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch gewesen sei, ein Unfall werde für die Insassen des querenden Fahrzeugs tödlich enden. Es dränge sich förmlich auf, dass das Rasen mit hoher Geschwindigkeit über eine Kreuzung bei rotem Ampellicht bei einem frontalen Anprall des Fahrzeugs auf die relativ ungeschützte Fahrerseite eines von rechts querenden Fahrzeugs zu tödlichen Folgen für dessen Insassen führen könne. Dagegen seien keine tatsachenfundierten Umstände ersichtlich, die darauf schließen ließen, der Beschwerdeführer habe auf das Ausbleiben des von ihm als möglich erachteten tatbestandlichen Erfolgs ernsthaft vertraut. Die Gefährlichkeit der Tathandlung sei auch als Indiz für das Willenselement des bedingten Vorsatzes heranzuziehen. Weiter sei zu sehen, dass der Beschwerdeführer – wie von der vernommenen Verkehrspsychologin nachvollziehbar dargelegt – seinen Selbstwert über sein Kraftfahrzeug und seine Fahrweise definiere. Seine Ziele, durch den Gewinn des Rennens zu beweisen, dass er der bessere Fahrer sei, und das von einem Sieg ausgehende Gefühl der Überlegenheit und der Selbstwertsteigerung zu verspüren, seien derart wirkungsmächtige Handlungsmotive gewesen, dass der Beschwerdeführer den aus seinem Handeln resultierenden und von ihm erkannten tödlichen Gefahren für das Leben anderer Verkehrsteilnehmer gleichgültig gegenübergestanden habe.
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Keine andere Beurteilung gebiete der Blick auf die mit der Kollision einhergehende Eigengefährdung des Beschwerdeführers. Zwar könne bei riskanten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die nicht von vornherein auf die Verletzung einer Person oder die Verursachung eines Unfalls angelegt seien, eine vom Täter erkannte Eigengefährdung dafür sprechen, dass er auf einen guten Ausgang vertraue. Allerdings seien die konkret vorgestellten Gefahren für seine eigene körperliche Integrität zu bedenken. Bei der vorgestellten Unfallkonstellation seien diese – wie ein als Sachverständiger vernommener Diplom-Ingenieur ausgeführt habe – eher gering. Es liege auf der Hand, dass auch der Beschwerdeführer, obwohl er nicht über das Fachwissen des vernommenen Sachverständigen verfüge, in der konkreten Situation unschwer erfasst habe, dass für ihn ein Risiko, bei einer derartigen Kollision zu Tode zu kommen, im Gegensatz zu dem die Insassen querender Personenkraftwagen betreffenden Risiko, praktisch nicht bestanden habe, sondern dass er – auch im Hinblick auf sein mit Airbags ausgestattetes Fahrzeug und trotz des Umstands, dass er nicht angeschnallt gewesen sei – bei einer solchen Kollision eher leichtere Blessuren davontragen würde.
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Dass der Beschwerdeführer gegenüber den ihm unbekannten Tatopfern nicht negativ eingestellt gewesen sei und dass er sich keinen Vorteil aus dem Tod der Unfallgegner habe erhoffen können, zeige nur, dass ihm die Todesfolge gleichgültig oder sogar unwillkommen gewesen sei, ändere aber nichts an ihrer Billigung zum Erreichen des erstrebten Sieges beim Wettrennen. Ebenso spreche nicht gegen das Vorliegen des Willenselementes, dass der Beschwerdeführer – nach seinen Angaben gegenüber der Verkehrspsychologin – schon in der Vergangenheit zu schnell gefahren sei, rote Ampeln missachtet und an sogenannten Stechen teilgenommen habe, ohne dass andere Verkehrsteilnehmer zu Schaden gekommen seien. Die hier zu beurteilende Tat sei mit vorherigen Situationen schon deshalb nicht vergleichbar, weil der Beschwerdeführer am Tattag bis zu 100 km/h schneller gefahren sei als bei früheren Wettfahrten. Soweit im Gespräch mit der Verkehrspsychologin die Neigung des Beschwerdeführers zur Selbstüberschätzung in Bezug auf das eigene fahrerische Können zu Tage getreten sei, folge daraus kein ernsthaftes Vertrauen auf das Ausbleiben eines für andere tödlichen Unfalls. Sein Glaube daran, über überlegene Fahrfertigkeiten zu verfügen und nachts kilometerweit vorausblicken zu können, erscheine auch deshalb, weil der Beschwerdeführer im Jahr 2010 bei einem von ihm verschuldeten Unfall einen Totalschaden an seinem damaligen Fahrzeug verursacht habe, nur als der Ausdruck einer narzisstischen Selbstüberhöhungs- und Externalisierungstendenz. Bei dieser Tendenz handele es sich – nach den überzeugenden Ausführungen eines psychiatrischen Sachverständigen – nicht um eine psychische Störung gravierenden Ausmaßes. Sie rechtfertigte es mithin nicht, einen Ausschluss des Tötungsvorsatzes darauf zu stützen.
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c) Das Schwurgericht wertete den festgestellten Sachverhalt als Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und verhängte eine lebenslange Freiheitsstrafe. Es bejahte die Mordmerkmale der Heimtücke, der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln und der Tötung aus niedrigen Beweggründen.
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3. a) Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision stützte der Beschwerdeführer auf die allgemeine Sachrüge. Er machte im Wesentlichen geltend, die Urteilsgründe enthielten keine rechtsfehlerfreie, lückenlose und widerspruchsfreie Feststellung des Tötungsvorsatzes. Die Motivation des Beschwerdeführers, das begonnene Rennen unbedingt zu gewinnen, zur Bejahung des Tatvorsatzes heranziehen, überzeuge schon denklogisch nicht. Der Wille, das Rennen zu gewinnen, setze voraus, kollisionsfrei zu fahren. Ein Unfall schließe dieses Handlungsziel aus und könne deshalb nicht zum Zweck des Renngewinns einkalkulierend hingenommen werden. Außerdem unterscheide das Schwurgericht nicht zwischen Gefährdungs- und Verletzungsvorsatz, was dem Verschleifungsverbot widerspreche.
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b) Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof beantragte mit Zuschrift vom 23. September 2019 die Verwerfung der Revision durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin lasse keine Rechtsfehler erkennen. Den im Urteil getroffenen Feststellungen liege eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung zugrunde. Insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Tötungsvorsatz halte sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
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4. Mit angegriffenem Urteil vom 18. Juni 2020 änderte der Bundesgerichtshof den Schuldspruch dahin ab, dass der Beschwerdeführer wegen Mordes in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und mit fahrlässiger Körperverletzung schuldig ist und verwarf die Revision im Übrigen (BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 ff.).
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a) Der 4. Strafsenat betonte, gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Frage einer bedingt vorsätzlichen Tötung sei revisionsrechtlich nichts zu erinnern (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <50 f. Rn. 24>), denn das Gericht habe die maßgeblichen vorsatzrelevanten objektiven Tatumstände gesamtwürdigend betrachtet und sich mit den im konkreten Fall wesentlichen vorsatzkritischen Umständen hinreichend auseinandergesetzt (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <51 Rn. 25>).
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aa) Rechtsfehlerfrei habe das Schwurgericht das Wissenselement des bedingten Vorsatzes bejaht (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <51 Rn. 26 ff.>). Die Annahme, der Beschwerdeführer habe nach dem Durchfahren der Kurve das für ihn unkalkulierbare Risiko eines für die Unfallgegner tödlichen Unfalls erkannt, habe die Kammer tragfähig auf Äußerungen des Beschwerdeführers gegenüber einer Verkehrspsychologin und die von ihm wahrgenommene Verkehrssituation gestützt. Nicht zu beanstanden sei, dass es das Landgericht nicht als bedeutsam erachtet habe, dass der Beschwerdeführer seine fahrerischen Fähigkeiten überschätze, denn angesichts der fehlenden Sicht in die zu querende Straße sei für eine diesbezügliche Fehleinschätzung ohnehin kein Raum gewesen.
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bb) Ebenfalls nicht zu beanstanden sei die Beweiswürdigung hinsichtlich des Willenselements des Vorsatzes. Soweit das Landgericht aus der außergewöhnlichen Gefährlichkeit des Fahrverhaltens geschlossen habe, dass der Beschwerdeführer einen Unfall mit tödlichem Ausgang für die Insassen querender Fahrzeuge billigend in Kauf genommen habe, habe es sich ausreichend mit den maßgeblichen vorsatzkritischen Gesichtspunkten auseinandergesetzt (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <52 Rn. 30>).
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Insbesondere habe es die durch den Unfall drohende Gefahr für dessen eigene körperliche Integrität zutreffend als wesentlichen vorsatzkritischen Umstand in seine Betrachtung einbezogen (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <53 ff. Rn. 31 ff.>). Tragfähig sei das Landgericht jedoch davon ausgegangen, dass der ortskundige, mit maximaler Beschleunigung fahrende Beschwerdeführer, der das Haltesignal der Ampel, den auch zur Nachtzeit noch herrschenden Verkehr und die fehlende Einsehbarkeit in die Unfallkreuzung wahrgenommen habe, erkannt habe, dass es sich bei dem eingetretenen ungebremsten Frontalaufprall auf ein von rechts querendes Fahrzeug um ein mögliches – wenn nicht sogar naheliegendes – Unfallszenario gehandelt habe. Rechtsfehlerfrei habe das Landgericht weiter seine Annahme begründet, dass der Beschwerdeführer bei diesem von ihm als möglich erachteten Unfallszenario die Gefahr für seine eigene körperliche Integrität als gering eingeschätzt habe. Das gelte auch, obwohl der Beschwerdeführer nicht über das technische Wissen des von der Schwurkammer zur Eigengefahr gehörten Sachverständigen verfüge. Dass das Landgericht davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer habe sich in seinem mit moderner Sicherheitstechnik ausgestatteten Fahrzeug sehr sicher gefühlt und deshalb die Gefahr für seine eigene körperliche Integrität trotz Nichtanlegens eines Sicherheitsgurts als gering eingeschätzt, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Das Schwurgericht habe sich überdies hinreichend mit der Motivlage des Beschwerdeführers auseinandergesetzt (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <55 f. Rn. 41 ff.>). Nachvollziehbar sei es, das Ziel des Beschwerdeführers, das von einem Sieg ausgehende Gefühl der Überlegenheit und der Selbstwertsteigerung zu verspüren, als vorsatzbestätigend zu bewerten. Nicht zu beanstanden sei dabei, dass das Tatgericht nicht erörtert habe, dass die Verwirklichung des erkannten Risikos auch zu einem Unterliegen im Rennen und damit zum Verfehlen des Handlungsziels führen würde. Angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer das Risiko maximal gesteigert habe, um das Rennen zu gewinnen, sei die Wertung des Landgerichts nicht zu beanstanden, der unbedingte Wille zum Sieg sei als Handlungsmotiv derart wirkungsmächtig gewesen, dass ihm die weiteren als möglich erkannten, wenn auch unerwünschten Folgen letztlich gleichgültig gewesen seien.
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Es sei letztlich nicht durchgreifend rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht der Selbstüberschätzung des Beschwerdeführers bei der Prüfung des Willenselements keine vorsatzausschließende Wirkung beigemessen habe (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <57 f. Rn. 44 ff.>). Die Auffassung, die irrationale Selbstüberschätzung des Beschwerdeführers sei bedeutungslos, weil es sich dabei nicht um eine psychische Störung gravierenden Ausmaßes handele, sei zwar rechtlich bedenklich, denn auch psychische Beeinträchtigungen unterhalb der Schwelle der §§ 20, 21 StGB seien bei der Abgrenzung des bedingten Vorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit zu berücksichtigen. Die verkürzten Erwägungen des Landgerichts wirkten sich aber nicht aus, da es festgestellt habe, dem Beschwerdeführer sei es bewusst gewesen, dass er in der konkreten Fahrsituation bei ungebremster Fortsetzung der Rennfahrt auf querenden Verkehr nicht mehr kollisionsvermeidend habe reagieren können. Damit habe jede Grundlage für ein Vertrauen darauf gefehlt, er könne einen Unfall durch besondere Fahrmanöver vermeiden.
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b) Der Bundesgerichtshof beanstandete ebenfalls nicht die Einordnung der Tat als Mord (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <58 ff. Rn. 47 ff.>). Rechtsfehlerfrei habe das Gericht die Mordmerkmale der Heimtücke und der Tötung aus niedrigen Beweggründen bejaht. Dass die Würdigung, der Beschwerdeführer habe mit gemeingefährlichen Mitteln getötet, durchgreifende Rechtsfehler aufweise, sei daher unerheblich (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <58 f. Rn. 48 f.>).
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5. a) Der Beschwerdeführer legte gegen das Urteil Anhörungsrüge ein. Er machte geltend, der Bundesgerichtshof habe sein Revisionsvorbringen nicht vollständig berücksichtigt. Die Revisionsentscheidung habe insbesondere nicht Stellung genommen zu den Ausführungen in der Revisionsbegründung, die Vorsatzbestimmung durch das Landgericht laufe auf eine normative Zuschreibung hinaus, die sich von den subjektiven Besonderheiten des Einzelfalls löse.
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b) Der Bundesgerichtshof wies die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 13. August 2020 zurück. Bei der Revisionsentscheidung habe der Strafsenat weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem der Beschwerdeführer nicht gehört worden sei, noch habe er zu berücksichtigendes Vorbringen des Beschwerdeführers übergangen oder in sonstiger Weise dessen rechtliches Gehör verletzt.
II.
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Der Beschwerdeführer hat Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landgerichts vom 26. März 2019 und das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2020 erhoben. Er macht eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots und des Schuldgrundsatzes durch die Auslegung des Vorsatzbegriffs und die Beweiswürdigung zum Tatvorsatz geltend.
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1. Art. 103 Abs. 2 GG sei verletzt, weil die Auslegung des Vorsatzbegriffes, wie sie Schwurgericht und Bundesgerichtshof vorgenommen hätten, dazu führe, dass für den Handelnden im Voraus nicht erkennbar sei, welcher Tatbestand erfüllt und welcher Strafrahmen anwendbar sei. Im Ergebnis hätten die Gerichte den Vorsatz aus der objektiven Gefährlichkeit abgeleitet und mit dem Kriterium der Evidenz zu rechtfertigen gesucht. Evidenz sei aber immer das Ergebnis einer im Nachhinein vorgenommenen Wertung eines späteren Beurteilers und gerade nicht des Handelnden. Was dem im Nachhinein Wertenden als evident erscheine, könne der Handelnde zum Zeitpunkt seines Tuns nicht wissen. Daher sei eine derartige Vorsatzbestimmung mit dem Bestimmtheitsgebot nicht vereinbar.
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Durch die Ausrichtung des Vorsatzes an der objektiven Gefährlichkeit einer Handlung werde zudem eine klare Trennung zwischen Gefährdungs- und Verletzungsvorsatz unmöglich gemacht, was zum Verschleifen dieser beiden seit Dekaden bestehenden Vorsatzkategorien führe. Gerade die Abgrenzung zwischen den Gefährdungsdelikten der §§ 315c, 315d StGB und den Verletzungsdelikten der §§ 211, 212 StGB sei nicht mehr vorhersehbar. Folgte man der Ansicht, wonach sich der Verletzungsvorsatz maßgeblich aus der objektiv hohen Gefährlichkeit der Tathandlung ableiten lasse, sei in Zukunft kaum noch eine Situation vorstellbar, in der die vorsätzliche Schaffung einer konkreten Lebensgefahr im Rahmen des § 315c StGB nicht zugleich auch den Vorsatz hinsichtlich eines Verletzungs- oder Tötungsdelikts begründe.
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Die von den Gerichten vorgenommene normative Vorsatzbestimmung führe weiter dazu, dass derjenige, der vorsätzlich nur eine abstrakte Gefahr heraufbeschwöre, zwar sicher nach §§ 211, 212 StGB, unter Umständen aber nicht nach § 315c StGB verurteilt werden könne. Das belegten insbesondere die angegriffenen Entscheidungen, denn Landgericht und Bundesgerichtshof hätten hier den Vorsatz auf eine Zeit vorverlagert, zu der ein potentieller Unfallgegner noch nicht sinnlich wahrnehmbar gewesen sei. Damit seien sie von einer abstrakten Gefahr direkt zum Gefahrenerfolg übergangen, ohne dass es zuvor eine konkrete Gefahr gegeben hätte, während deren Eintritts der Fahrer noch handlungsfähig gewesen wäre. Diese Rechtsprechung missachte das aus Art. 103 Abs. 2 GG abgeleitete Gebot, verbleibende Unklarheiten über den Anwendungsbereich einer Norm durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen.
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2. Die rein normative Bestimmung des Tötungsvorsatzes durch Landgericht und Bundesgerichtshof verkenne überdies offensichtlich Inhalt und Tragweite des im Verfassungsrang stehenden Schuldgrundsatzes. Die Gerichte hätten sich erkennbar der Lehre von der Vorsatzgefahr angeschlossen, wonach Verletzungsvorsatz vorliege, wenn ein Täter Gefahren eingehe, die ein rational Handelnder nur eingehe, wenn er deren Verwirklichung wolle. Schreibe man einem Beschuldigten aber in einer Rückschau anhand der objektiven Gefährlichkeit einer Tathandlung Vorsatz zu, anstatt den Vorsatz individuell festzustellen und die Besonderheiten des jeweilig Handelnden zu erkennen, verliere man systematisch den individuell Handelnden aus dem Blick. Damit werde nicht mehr Wissen und Wollen eines bestimmten Täters, sondern eines „rational Handelnden“ bewertet und das verfassungsrechtliche Gebot, den Einzelnen nur nach seiner individuellen Schuld zu bestrafen, in systematischer Weise infrage gestellt.
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3. Letztlich hätten die Gerichte durch die Ausweitung des Tötungsvorsatzes das Gebot schuldangemessenen Strafens missachtet. Die normative Bestimmung des Tötungsvorsatzes führe dazu, dass eine Vielzahl von Fällen extrem gefährlichen Fehlverhaltens im Straßenverkehr von der absoluten Strafdrohung des § 211 StGB erfasst würden. Ohnehin entspringe die von den Gerichten vorgenommene Vorsatzauslegung dem Drang, einem Bestrafungswillen der Bevölkerung nachzukommen, die die Strafrahmenobergrenze für die fahrlässige Tötung für zu niedrig halte. Unabhängig davon, dass das kein tragfähiger Grund sei, im Fall des Beschwerdeführers die lebenslange Freiheitsstrafe als schuldangemessene Strafe anzusehen, sei es die Aufgabe des Gesetzgebers, zu entscheiden, ob er Strafbarkeitslücken schließe oder bestehen lasse, und nicht die Aufgabe der Strafgerichte.
III.
32
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Ihre Annahme ist auch nicht im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer weder in Art. 103 Abs. 2 GG (1.) noch in dem mit Verfassungsrang ausgestatteten Schuldgrundsatz (2.).
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1. Der Beschwerdeführer zeigt keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG auf.
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a) aa) Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Die Bedeutung dieser Verfassungsnorm erschöpft sich nicht im Verbot der gewohnheitsrechtlichen oder rückwirkenden Strafbegründung. Art. 103 Abs. 2 GG enthält für die Gesetzgebung ein striktes Bestimmtheitsgebot sowie ein damit korrespondierendes, an die Rechtsprechung gerichtetes Verbot strafbegründender Analogie (vgl. BVerfGE 75, 329 <340>; 126, 170 <194>; 130, 1 <43>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 88). Dabei ist „Analogie“ nicht im engeren technischen Sinn zu verstehen; ausgeschlossen ist vielmehr jede Rechtsanwendung, die – tatbestandsausweitend – über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht (vgl. BVerfGE 92, 1 <12>; 126, 170 <197>; 130, 1 <43>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 97).
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Gegenstand der Auslegung strafgesetzlicher Bestimmungen kann damit immer nur der Gesetzestext sein (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 2021 – 2 BvR 972/21 -, Rn. 13). Der mögliche Wortsinn des Gesetzes markiert die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation. Da Art. 103 Abs. 2 GG die Vorhersehbarkeit der Strafandrohung für den Normadressaten garantieren will, ist die Wortlautgrenze aus dessen Sicht zu bestimmen (vgl. BVerfGE 92, 1 <12>; 126, 170 <197>; 130, 1 <43>). Der Gesetzgeber hat zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er ein bestimmtes Rechtsgut, dessen Schutz ihm wesentlich und notwendig erscheint, gerade mit den Mitteln des Strafrechts verteidigen will (vgl. BVerfGE 130, 1 <43>; 153, 310 <339 f. Rn. 72>; BVerfGK 10, 442 <445>; 14, 177 <182>). Den Gerichten ist es verwehrt, seine Entscheidung zu korrigieren (vgl. BVerfGE 126, 170 <197>; 130, 1 <43>). Würde erst eine über den erkennbaren Wortsinn der Vorschrift hinausgehende Deutung zur Strafbarkeit eines Verhaltens führen, so müssen sie zum Freispruch gelangen und dürfen nicht korrigierend eingreifen (vgl. BVerfGE 64, 383 <393>; 126, 170 <197>; 130, 1 <43>). Dies gilt auch dann, wenn infolge des Bestimmtheitsgebots besonders gelagerte Einzelfälle aus dem Anwendungsbereich eines Strafgesetzes herausfallen, obwohl sie ähnlich strafwürdig erscheinen mögen wie das pönalisierte Verhalten. Es ist dann Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob er die Strafbarkeitslücke bestehen lassen oder durch eine neue Regelung schließen will (vgl. BVerfGE 92, 1 <13>; 126, 170 <197>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 97).
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Aus der Zielsetzung des Art. 103 Abs. 2 GG sind für die Gerichte Vorgaben für die Handhabung weit gefasster Tatbestände und Tatbestandselemente zu entnehmen. Sie dürfen nicht durch eine fernliegende Interpretation oder ein Normverständnis, das keine klaren Konturen mehr erkennen lässt, dazu beitragen, bestehende Unsicherheiten über den Anwendungsbereich einer Norm zu erhöhen (vgl. BVerfGE 92, 1 <19>; 126, 170 <198>). Andererseits ist die Rechtsprechung gehalten, verbleibende Unklarheiten über den Anwendungsbereich einer Norm durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen (Präzisierungsgebot; vgl. BVerfGE 126, 170 <198>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 98). Besondere Bedeutung hat diese Pflicht bei solchen Tatbeständen, die der Gesetzgeber im Rahmen des Zulässigen durch Verwendung von Generalklauseln verhältnismäßig weit und unscharf gefasst hat. Gerade in Fallkonstellationen, in denen der Normadressat nach dem gesetzlichen Tatbestand nur die bloße Möglichkeit einer Bestrafung erkennen kann und in denen sich erst aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt (vgl. BVerfGE 45, 363 <371 f.>; 126, 170 <199>), trifft die Rechtsprechung eine besondere Verpflichtung, an der Erkennbarkeit der Voraussetzungen der Strafbarkeit mitzuwirken (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 98).
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Den Strafgerichten ist es dabei nicht verwehrt, den Wortlaut einer Strafbestimmung weit auszulegen (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 99). Gerade wenn der Normzweck eindeutig und offensichtlich ist, kann eine daran orientierte weite Auslegung des Wortsinns geboten sein, denn unter dieser Voraussetzung kann der Normadressat das strafrechtlich Verbotene seines Handelns vorhersehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Dezember 2003 – 2 BvR 1107/03 -, Rn. 3; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 2021 – 2 BvR 972/21 -, Rn. 14). Dies zu gewährleisten, ist Sinn des Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 57, 250 <262>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 99). Allerdings sind die Strafgerichte verpflichtet, die einzelnen Tatbestandsmerkmale, mit denen der Gesetzgeber das unter Strafe gestellte Verhalten bezeichnet hat, nicht so zu definieren, dass die vom Gesetzgeber dadurch bewirkte Eingrenzung der Strafbarkeit im Ergebnis wieder aufgehoben wird. Einzelne Tatbestandsmerkmale dürfen – auch zum Schutz des Normadressaten – innerhalb ihres möglichen Wortsinns nicht so weit ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen, also zwangsläufig mit diesen mitverwirklicht werden (Verbot der Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen; vgl. BVerfGE 87, 209 <229>; 92, 1 <16 f.>; 126, 170 <198>; 130, 1 <43 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 99).
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bb) Bei der verfassungsgerichtlichen Überprüfung, ob die Strafgerichte diesen aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Vorgaben gerecht geworden sind, ist wegen des strengen Gesetzesvorbehalts auch eine strenge inhaltliche Kontrolle gefordert (vgl. BVerfGE 126, 170 <199>; 130, 1 <44>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juli 2015 – 2 BvR 2558/14 u.a. -, Rn. 65). Die Klärung der insoweit aufgeworfenen Fragen ist Sache des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 126, 170 <199>; 130, 1 <44>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 2021 – 2 BvR 972/21 -, Rn. 15).
39
Allerdings ist es auch bei der Rüge des Art. 103 Abs. 2 GG nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, seine Auffassung von der zutreffenden oder überzeugenden Auslegung des einfachen Rechts an die Stelle derjenigen der Strafgerichte zu setzen (vgl. BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Dezember 2000 – 2 BvR 1290/99 -, Rn. 19; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Dezember 2003 – 2 BvR 1107/03 -, Rn. 3; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 2021 – 2 BvR 972/21 -, Rn. 16). Es unterzieht ein – gegebenenfalls in höchstrichterlichen Obersätzen – gefestigtes Normverständnis einer Strafnorm einer inhaltlichen Kontrolle nur in dem Sinn, ob es zur Konturierung der Norm nicht evident ungeeignet ist (vgl. BVerfGE 26, 41 <43>; 126, 170 <200>).
40
b) Gemessen an diesen Maßstäben haben die Fachgerichte mit der Annahme, der Beschwerdeführer habe mit Tötungsvorsatz gehandelt, die Vorgaben des Art. 103 Abs. 2 GG nicht missachtet.
41
aa) Die Rüge, die Fachgerichte hätten eine dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG widersprechende Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit vorgenommen, dringt nicht durch. Unschädlich ist, dass das Strafgesetzbuch die Begriffe des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit zwar verwendet, aber keine die Rechtsanwendung anleitenden Definitionen für diese beiden Begriffe enthält. Auch vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes aus Art. 103 Abs. 2 GG ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, im Gesetz Definitionen für diese beiden Begriffe, insbesondere für die Rechtsfiguren des bedingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlässigkeit, vorzusehen (vgl. zur rechtswissenschaftlichen Diskussion dazu Vogel/Bülte, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl. 2020, vor § 15 Rn. 39 ff.). Art. 103 Abs. 2 GG schließt die Verwendung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe bis hin zu Generalklauseln im Strafrecht nicht von vornherein aus (vgl. BVerfGE 92, 1 <12>; 126, 170 <196>; 143, 38 <55 Rn. 41>; 153, 310 <341 Rn. 77>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 93). Gegen ihre Verwendung bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für eine Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt (vgl. BVerfGE 126, 170 <196 f.>; 143, 38 <55 Rn. 41>; 153, 310 <341 Rn. 77>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 95).
42
Jedenfalls bei Tötungsdelikten besteht für die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit eine solche gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung. Bedingter Tötungsvorsatz ist danach gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement) (stRspr; vgl. BGH, Urteil des 5. Strafsenats vom 22. April 1955 – 5 StR 35/55 -, BGHSt 7, 363 <368 f.>; Urteil des 1. Strafsenats vom 4. November 1988 – 1 StR 262/88 -, BGHSt 36, 1 <9>; Urteil des 4. Strafsenats vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11 -, BGHSt 57, 183 <186 Rn. 26>; Urteil des 4. Strafsenats vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17 -, BGHSt 63, 88 <93 Rn. 17>). Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten (stRspr; vgl. BGH, Urteil des 1. Strafsenats vom 4. November 1988 – 1 StR 262/88 -, BGHSt 36, 1 <10>; Urteil des 4. Strafsenats vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11 -, BGHSt 57, 183 <186 Rn. 26>; Urteil des 4. Strafsenats vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17 -, BGHSt 63, 88 <93 Rn. 17>).
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Bei der Annahme bedingten Vorsatzes müssen beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissenselement als auch das Willenselement, in jedem Einzelfall anhand einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden (stRspr; vgl. BGH, Urteil des 1. Strafsenats vom 4. November 1988 – 1 StR 262/88 -, BGHSt 36, 1 <10>; Urteil des 4. Strafsenats vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11 -, BGHSt 57, 183 <186 f. Rn. 26>; Urteil des 4. Strafsenats vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17 -, BGHSt 63, 88 <93 Rn. 18 f.>). Die objektive Gefährlichkeit einer Handlung ist dabei wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch das Willenselement des bedingten Vorsatzes (vgl. BGH; Urteil des 4. Strafsenats vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11 -, BGHSt 57, 183 <188 Rn. 29>; Urteil des 3. Strafsenats vom 16. Mai 2013 – 3 StR 45/13 -, juris, Rn. 8; Urteil des 4. Strafsenats vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17 -, BGHSt 63, 88 <93 f. Rn. 19>; Urteil des 2. Strafsenats vom 12. August 2020 – 2 StR 574/19 -, juris, Rn. 17). Sie und der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts sind nach ständiger Rechtsprechung jedoch keine allein maßgeblichen Kriterien für die Entscheidung, ob ein Angeklagter mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat; auch bei in hohem Maße gefährlichen Handlungen sind alle Umstände des Einzelfalls zu bedenken (vgl. BGH, Urteil des 3. Strafsenats vom 16. Mai 2013 – 3 StR 45/13 -, juris, Rn. 8; Urteil des 4. Strafsenats vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17 -, BGHSt 63, 88 <93 f. Rn. 19>; Urteil des 2. Strafsenats vom 12. August 2020 – 2 StR 574/19 -, juris, Rn. 17).
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Es ist weder dargetan noch aus sich heraus ersichtlich, dass diese den Vorsatzbegriff konkretisierende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar ist. Zwar ist diese gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung Kritik unterworfen, was sich darin zeigt, dass die Strafrechtswissenschaft vieldiskutierte Theorien zur Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit bildet (vgl. etwa den Überblick bei Kindhäuser/Hilgendorf, StGB, 9. Aufl. 2022, § 15 Rn. 102 ff.; siehe auch Vogel/Bülte, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl. 2020, § 15 Rn. 96 ff.; Fischer, StGB, 69. Aufl. 2022, § 15 Rn. 11 ff.; speziell zum Tötungsvorsatz vgl. Schneider, in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl. 2021, § 212 Rn. 74 ff.; zum Umgang mit sogenannten Raser-Fällen vgl. auch Kubiciel/Hoven, NStZ 2017, S. 439 ff.; Walter, NJW 2017, S. 1350 ff.; Puppe, JR 2018, S. 323 ff.; Schneider, NStZ 2018, S. 528 ff.; Schladitz, ZStW 2022, S. 97 ff.). Im Ergebnis zeigt die Diskussion jedoch nur auf, dass – auch vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgebots zulässige – Randunschärfen bei der Abgrenzung bestehen (vgl. BVerfGE 126, 170 <196>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 95; vgl. auch Vogel/Bülte, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl. 2020, vor § 15 Rn. 41). Damit umzugehen, obliegt der fachgerichtlichen Rechtsprechung und der Strafrechtswissenschaft und berührt die Gewährleistungen des Bestimmtheitsgebots nicht. Es ist auch mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, seine Auffassung von der zutreffenden oder überzeugenderen Auslegung des einfachen Rechts an die Stelle derjenigen der Fachgerichte zu setzen (vgl. BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Dezember 2000 – 2 BvR 1290/99 -, Rn. 19; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Dezember 2003 – 2 BvR 1107/03 -, Rn. 3; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 2021 – 2 BvR 972/21 -, Rn. 16).
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bb) Die angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts und insbesondere des Bundesgerichtshofs fügen sich in diese – dem aus Art. 103 Abs. 2 GG abgeleiteten Präzisierungsgebot entsprechende – ständige Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit ein und lassen damit den behaupteten Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot nicht erkennen. Ausdrücklich nehmen beide Entscheidungen diese ständige Rechtsprechung zum Ausgangspunkt ihrer weiteren Prüfung (vgl. etwa BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <59 f. Rn. 22 f.>). Dementsprechend haben sowohl Landgericht als auch Bundesgerichtshof – anders als der Beschwerdeführer meint – nicht nur auf die objektive Gefährlichkeit der Handlung abgestellt, sondern auf die wesentlichen in der Beweisaufnahme – nach Auffassung des Bundesgerichtshofs revisionsrechtlich rechtsfehlerfrei (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <50 f. Rn. 24>) – festgestellten Umstände des Einzelfalls, die Rückschlüsse auf das Wissens- und das Willenselement der inneren Tatseite zulassen.
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(1) Die Einschätzung des Bundesgerichtshofs, das Landgericht habe das Wissenselement revisionsrechtlich rechtsfehlerfrei bejaht (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <51 f. Rn. 26 ff.>), ist ihrerseits nachvollziehbar und frei von verfassungsrechtlichen Bedenken. Plausibel stellt der Strafsenat darauf ab, das Landgericht habe die objektive Gefährlichkeit der Wettfahrt als ersten Anhaltspunkt genommen, um sodann zusätzlich die Wahrnehmungen des Beschwerdeführers zur konkreten Verkehrssituation zu würdigen und die Äußerungen des Beschwerdeführers gegenüber einer Verkehrspsychologin in die Überlegungen miteinzubeziehen. Das gilt auch für den Hinweis darauf, dass es nicht zu beanstanden sei, dass das Landgericht auf der Ebene des Wissenselements der Selbstüberschätzung des Beschwerdeführers keine Bedeutung beigemessen habe. Nach dessen Feststellungen hat sich der Beschwerdeführer ein Unfallgeschehen vorgestellt, für das er nach dem Entschluss zum Weiterhandeln keine Abwendungsmöglichkeit mehr gesehen habe.
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(2) Dass der Bundesgerichtshof auch die Beweiswürdigung des Landgerichts zum voluntativen Vorsatzelement im Ergebnis nicht beanstandet hat (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <52 ff. Rn. 30 ff.>), begegnet vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgebots ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere in diesem Zusammenhang trifft der Beschwerdevortrag nicht zu, das Gericht habe nur auf die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung abgestellt und letztlich vom Taterfolg auf den Tatvorsatz geschlossen. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs, das Landgericht habe die Gefährlichkeit der Wettfahrt als wesentliches Indiz für das Vorliegen des Willenselements herangezogen und in eine Gesamtwürdigung mit weiteren vorsatzkritischen Gesichtspunkten einbezogen, ist vielmehr nachvollziehbar begründet.
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cc) Der Beschwerdevortrag ist jedenfalls nicht geeignet, die Auslegung des Vorsatzbegriffs und die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts darunter vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgebots verfassungsrechtlich in Zweifel zu ziehen. Im Ergebnis zielt er auf den Wunsch nach einer verfassungsgerichtlichen Neubewertung des festgestellten Sachverhalts anhand des einfachen Rechts ab. Damit legt der Beschwerdeführer den falschen Maßstab an, denn Art. 103 Abs. 2 GG berührt die Zuständigkeit der Fachgerichte für die Auslegung und Anwendung des Strafrechts innerhalb des Wortsinns der Straftatbestände nicht (vgl. BVerfGE 126, 170 <200>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 2021 – 2 BvR 972/21 -, Rn. 19).
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(1) Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, die „normative Vorsatzbestimmung“ durch den Bundesgerichtshof sei zu wenig auf den Einzelfall bezogen, nicht fassbar und daher zu unbestimmt, läuft das auf die Rüge hinaus, dass der Bundesgerichtshof von den Tatgerichten bei der Prüfung des Tatvorsatzes eine Gesamtwürdigung der festgestellten Beweisanzeichen verlange. Dieser Aspekt ist indes keine Frage der Bestimmtheit eines Strafgesetzes, sondern eine Frage der Würdigung festgestellter Beweistatsachen. Angesichts des Umstands, dass die Feststellung und Würdigung des Tatbestands Sache der Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht regelmäßig entzogen ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <92>; 30, 173 <196 f.>; 57, 250 <272>), vermag sein Vortrag, der im Ergebnis darauf abzielt, dass gewonnene Erkenntnisse anders zu würdigen seien, weil eine andere Beurteilung des Beweisergebnisses nähergelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre, keinen Verfassungsverstoß aufzuzeigen; damit setzt der Beschwerdeführer letztlich nur seine eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Juli 2007 – 2 BvR 496/07 -, juris, Rn. 6 f.). Angesichts der jeweils ausdifferenzierten Begründung der angegriffenen Entscheidungen ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass sich Tat- und Revisionsgericht so weit von der Verpflichtung entfernt haben, den Sachverhalt aufzuklären und die Gründe, die gegen einen möglichen Tötungsvorsatz des Beschwerdeführers sprechen, wahrzunehmen und zu erwägen, dass der rationale Charakter der angegriffenen Entscheidungen verloren gegangen wäre (vgl. BVerfGK 1, 145 <152>). Die Überlegungen, mit denen der Bundesgerichtshof – ausgehend von den Feststellungen und Wertungen des Landgerichts – weder die als möglich erkannte Eigengefährdung (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <53 ff. Rn. 31 ff.>) noch die Selbstüberschätzung des Beschwerdeführers (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <57 f. Rn. 44 ff.>) als durchgreifend vorsatzkritischen Umstand gewertet hat, sind plausibel und frei von verfassungsrechtlichen Bedenken. Verfassungsrechtlich tragfähig ist es ebenfalls, den unbedingten Willen des Beschwerdeführers zum Sieg als derart wirkungsmächtiges Handlungsmotiv anzusehen, dass ihm die weiteren als möglich erkannten – wenn auch unerwünschten – Folgen letztlich gleichgültig gewesen seien (vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 18. Juni 2020 – 4 StR 482/19 -, BGHSt 65, 42 <55 ff. Rn. 41 ff.>). Der behauptete Logikfehler liegt nicht vor, denn wer ein Risiko auf sich nimmt, um ein Ziel zu erreichen, kann es durchaus im Rechtssinne billigen, dass sich die unerwünschte, aber riskierte Gefahr realisiert und riskantes Verhalten nicht mit dem Erreichen des erhofften Ziels belohnt wird.
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(2) Der Rüge, die Gerichte hätten bei der Auslegung des Vorsatzbegriffes das aus dem Bestimmtheitsgrundsatz folgende Verschleifungsverbot missachtet, bleibt ebenfalls der Erfolg versagt. Dass ein tatsächlicher Umstand – wie hier die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung als wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch das Willenselement – Beweisbedeutung für unterschiedliche Tatbestandsmerkmale haben kann, führt nicht zu einer unzulässigen Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 122; vgl. auch Kuhlen, JR 2011, S. 246 <253>; Krell, ZStW 2014, S. 902 <910>; Saliger, in: Festschrift für Thomas Fischer, 2018, S. 523 <527>). Soweit der Beschwerdeführer die Frage der Abgrenzung zwischen Gefährdungs- und Verletzungsvorsatz aufwirft und eine Verschleifung zwischen §§ 315c, 315d StGB und §§ 211, 212 StGB behauptet, verlässt er die fallbezogene Diskussion, denn Tat- und Revisionsgericht haben ausführlich und in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erörtert, dass der Beschwerdeführer nicht nur die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer im Rechtssinne billigte, sondern auch deren Verletzung. Ohnehin missversteht der Beschwerdeführer insoweit Inhalt und Reichweite des Verbots der Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen. Danach dürfen einzelne Tatbestandsmerkmale eines Straftatbestandes innerhalb ihres möglichen Wortsinns nicht so weit ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen desselben Straftatbestandes aufgehen, also zwangsläufig mit diesen mitverwirklicht werden (vgl. BVerfGE 87, 209 <229>; 92, 1 <16 f.>; 126, 170 <198>; 130, 1 <43 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Februar 2022 – 2 BvL 1/20 -, Rn. 99). Auf das Verhältnis mehrerer selbstständiger Straftatbestände zueinander ist dies nicht übertragbar; insoweit stellen sich in erster Linie Konkurrenzfragen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Juli 2015 – 2 BvR 2558/14 u.a. -, Rn. 68). Schon daraus, dass Qualifikationstatbestände die Verwirklichung des Grundtatbestandes voraussetzen, ergibt sich, dass ein Verbot der Verschleifung von Straftatbeständen durch Art. 103 Abs. 2 GG nicht gewährleistet wird (vgl. Kuhlen, in: Festschrift für Ulfrid Neumann, 2017, S. 943 <952, 954>; Saliger, in: Festschrift für Thomas Fischer, 2018, S. 523 <534>). Es wirft demnach keine Verschleifungsfrage auf, dass ein mit Verletzungsvorsatz handelnder Täter nicht nur ein Verletzungsdelikt, sondern unter Umständen tateinheitlich dazu ein konkretes Gefährdungsdelikt verwirklichen kann.
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(3) Ebenfalls keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG zeigt der Beschwerdeführer auf, wenn er darauf abstellt, die Gerichte seien von einer abstrakten Gefahr direkt zum Gefahrenerfolg übergangen, ohne dass es zuvor eine konkrete Gefahr gegeben hätte. Er unterliegt bei seiner Argumentation schon einer Fehlvorstellung hinsichtlich des einfachen Rechts: Vorsatz muss zum Zeitpunkt der zum Taterfolg führenden Handlung vorliegen (stRspr, vgl. BGH, Urteil des 4. Strafsenats vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17 -, BGHSt 63, 88 <91 Rn. 13> m.w.N.). Führt die Tathandlung entgegen der Vorstellung des Handelnden nicht zur Tatbestandsverwirklichung, kann dieser unter Umständen einer versuchten Straftat schuldig sein. Das gilt nicht nur für Erfolgsdelikte, sondern auch für konkrete Gefährdungsdelikte. Ein Täter, der mit Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 22 StGB unmittelbar zur Verwirklichung eines konkreten Gefährdungsdelikts ansetzt, kann, sofern das Gesetz – wie etwa in § 315b Abs. 2, § 315c Abs. 2, § 353b Abs. 3 StGB oder gemäß § 23 Abs. 1 StGB für die Verbrechenstatbestände der § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c, § 306a Abs. 2 StGB – eine Versuchsstrafbarkeit vorsieht, eines versuchten konkreten Gefährdungsdelikts schuldig sein, wenn die vom Vorsatz umfasste konkrete Gefährdung ausbleibt.
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2. Einen Verstoß gegen das Schuldprinzip hat der Beschwerdeführer ebenfalls nicht dargetan.
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a) Das Strafrecht beruht auf dem im Verfassungsrang stehenden Schuldgrundsatz (vgl. BVerfGE 123, 267 <413>; 133, 168 <197 Rn. 53>; 140, 317 <343 Rn. 53>). Dieser den gesamten Bereich staatlichen Strafens beherrschende Grundsatz ist in der Garantie der Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen sowie im Rechtsstaatsprinzip (aa) verankert (vgl. BVerfGE 45, 187 <259 f.>; 86, 288 <313>; 95, 96 <140>; 120, 224 <253 f.>; 130, 1 <26>; 133, 168 <197 Rn. 53>; 140, 317 <343 Rn. 53>) und beschränkt den staatlichen Strafanspruch (bb).
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aa) Der Grundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“ setzt die Eigenverantwortung des Menschen voraus, der sein Handeln selbst bestimmt und sich kraft seiner Willensfreiheit zwischen Recht und Unrecht entscheiden kann (vgl. BVerfGE 140, 317 <343 Rn. 54>). Dem Schutz der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten (vgl. BVerfGE 45, 187 <227>; 123, 267 <413>; 133, 168 <197 Rn. 54>; 153, 182 <260 f. Rn. 206>). Deshalb bestimmt Art. 1 Abs. 1 GG auf dem Gebiet der Strafrechtspflege die Auffassung vom Wesen der Strafe und dem Verhältnis von Schuld und Sühne (vgl. BVerfGE 95, 96 <140>) sowie den Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 80, 367 <378>; 90, 145 <173>; 123, 267 <413>; 133, 168 <197 f. Rn. 54>; 140, 317 <343 Rn. 54>). Mit der Strafe wird dem Täter ein sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 95, 96 <140>; 110, 1 <13>; 133, 168 <198 Rn. 54>). Das damit verbundene Unwerturteil berührt den Betroffenen in seinem in der Menschenwürde wurzelnden Wert- und Achtungsanspruch (vgl. BVerfGE 96, 245 <249>; 101, 275 <287>; 140, 317 <343 f. Rn. 54>). Eine solche staatliche Reaktion wäre ohne Feststellung der individuellen Vorwerfbarkeit mit der Garantie der Menschenwürde und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 95, 96 <140>; 133, 168 <198 Rn. 54>; 140, 317 <344 Rn. 54>).
55
Der Schuldgrundsatz ist somit zugleich ein zwingendes Erfordernis des Rechtsstaatsprinzips. Das Rechtsstaatsprinzip ist eines der elementaren Prinzipien des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 133, 168 <198 Rn. 55>; 140, 317 <344 Rn. 55>). Es sichert den Gebrauch der Freiheitsrechte, indem es Rechtssicherheit gewährt, die Staatsgewalt an das Gesetz bindet und Vertrauen schützt (vgl. BVerfGE 95, 96 <130>). Das Rechtsstaatsprinzip umfasst als eine der Leitideen des Grundgesetzes auch die Forderung nach materieller Gerechtigkeit (vgl. BVerfGE 7, 89 <92>; 7, 194 <196>; 45, 187 <246>; 74, 129 <152>; 122, 248 <272>) und schließt den Grundsatz der Rechtsgleichheit als eines der grundlegenden Gerechtigkeitspostulate ein (vgl. BVerfGE 84, 90 <121>). Für den Bereich des Strafrechts werden diese rechtsstaatlichen Anliegen in dem Grundsatz aufgenommen, dass keine Strafe ohne Schuld verwirkt wird (vgl. BVerfGE 95, 96 <130 f.>; 133, 168 <198 Rn. 55>; 140, 317 <344 Rn. 54>). Dieses Prinzip ist durch verfahrensrechtliche Vorkehrungen sicherzustellen; Tat und Schuld müssen dem Täter prozessordnungsgemäß nachgewiesen werden (vgl. BVerfGE 9, 167 <169>; 74, 358 <371>; 133, 168 <199 Rn. 56>; 140, 317 <345 Rn. 57>).
56
bb) Gemessen an der Idee der Gerechtigkeit müssen auch Straftatbestand und Rechtsfolge sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 25, 269 <286>; 27, 18 <29>; 50, 205 <214 f.>; 120, 224 <241>; 140, 317 <344 Rn. 55>). Die Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen, hat mithin die Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 45, 187 <228>; 50, 5 <12>; 73, 206 <253>; 86, 288 <313>; 96, 245 <249>; 109, 133 <171>; 110, 1 <13>; 120, 224 <254>; 133, 168 <198 Rn. 55>; 140, 317 <344 Rn. 55>). Das Bundesverfassungsgericht hat dabei mehrfach betont, dass die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit der Verfassung vereinbar ist, wenn – wie durch das geltende Vollzugsrecht – ein sinnvoller Behandlungsvollzug sichergestellt und schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs, insbesondere deformierenden Persönlichkeitsveränderungen, entgegengewirkt wird (vgl. BVerfGE 45, 187 <253 ff.>; 86, 288 <312>; 109, 133 <150 f.>; 131, 268 <287>). Mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG wäre es allerdings unvereinbar, auch Tätern schwerster Straftaten zwangsweise die Freiheit zu entziehen, ohne dass für sie die Chance bestünde, je wieder die Freiheit zu erlangen (vgl. BVerfGE 45, 187 <228 f.>; 72, 105 <113>; 109, 133 <150>; 131, 268 <287>).
57
b) Der Beschwerdeführer zeigt eine sich an diesen Maßstäben orientierende Verletzung des Schuldgrundsatzes durch die Annahme eines Tötungsvorsatzes nicht auf.
58
aa) Für die Annahme, ein Täter habe bedingt vorsätzlich gehandelt, sind auf den konkreten Einzelfall bezogene Feststellungen zum Täterhandeln erforderlich, denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Tatgericht bei der Prüfung des voluntativen Elements des bedingten Vorsatzes alle objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Persönlichkeit des Täters, dessen psychische Verfassung bei der Tatbegehung und dessen Motivlage, in Betracht zu ziehen, wobei die in die Würdigung einzubeziehenden Umstände durch tatsächliche Feststellungen zu belegen sind (vgl. BGH, Urteil des 1. Strafsenats vom 4. November 1988 – 1 StR 262/88 -, BGHSt 36, 1 <10>; Urteil des 4. Strafsenats vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11 -, BGHSt 57, 183 <186 f. Rn. 26>; Urteil des 4. Strafsenats vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17 -, BGHSt 63, 88 <93 Rn. 18 f.>). Auch bei in hohem Maße gefährlichen Handlungen sind die Gefährlichkeit und der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts zwar wesentliche Indikatoren für das Vorliegen des Willenselements, entbinden das Tatgericht aber nicht davon, alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen (vgl. BGH, Urteil des 3. Strafsenats vom 16. Mai 2013 – 3 StR 45/13 -, juris, Rn. 8; Urteil des 4. Strafsenats vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17 -, BGHSt 63, 88 <93 f. Rn. 19>; Urteil des 2. Strafsenats vom 12. August 2020 – 2 StR 574/19 -, juris, Rn. 17). Da die individuelle Vorwerfbarkeit mithin Grundlage für die Bestimmung des Schuldgehalts und des Strafrahmens ist, begegnet die Rechtsprechung zur Abgrenzung von Eventualvorsatz zu bewusster Fahrlässigkeit auch im Hinblick auf das im Verfassungsrang stehende Schuldprinzip keinen Bedenken.
59
bb) Die angegriffenen Entscheidungen fügen sich in diese ständige Rechtsprechung ein. Ein Verstoß gegen den Schuldgrundsatz ist daher nicht erkennbar. Jedenfalls ist der Beschwerdevortrag nicht geeignet, die Urteile von Landgericht und Bundesgerichtshof im Hinblick auf das Schuldprinzip verfassungsrechtlich in Zweifel zu ziehen.
60
(1) Im Wesentlichen zielt die Argumentation des Beschwerdeführers darauf ab, das Landgericht habe – vom Bundesgerichtshof unbeanstandet – bei der Bejahung des Tötungsvorsatzes und der Einordnung der Tat als Mord nicht die Umstände des Einzelfalls zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht, sondern nach dem Leitbild eines rational Handelnden von der objektiven Gefährlichkeit der Wettfahrt auf den Tötungsvorsatz geschlossen. Die Prämisse dieser Argumentation ist indes unzutreffend, da das Landgericht bei der Beweiswürdigung nicht nur auf die konkrete Gefährlichkeit der konkreten Fahrt abgestellt, sondern die Persönlichkeit des Beschwerdeführers, seine Motivation für das maximale Beschleunigen nach der Kurvenausfahrt, seine grundsätzliche Einstellung zum Autofahren und seine Einschätzung des eigenen fahrerischen Könnens im Blick gehabt hat. In die Wertung hat das Schwurgericht weiter die sachverständige Expertise einer Verkehrspsychologin und eines Psychiaters einfließen lassen. Das Landgericht ist damit dem verfassungsrechtlichen Gebot gerecht geworden, den Schuldspruch auf Feststellungen zur individuellen Vorwerfbarkeit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat zu stützen (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 95, 96 <140>; 133, 168 <198 Rn. 54>; 140, 317 <344 Rn. 54>). Dass der Bundesgerichtshof die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht beanstandet hat, begegnet daher ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
61
(2) Auch die Zitate aus den angegriffenen Urteilen zeigen einen Verfassungsverstoß nicht auf. Der Versuch des Beschwerdeführers, mit ihnen zu belegen, dass die Gerichte nicht seine konkrete Handlung und seine Gedanken im Blick behalten, sondern auf die Gedankenwelt eines rational Handelnden zur Begründung individueller Schuld abgestellt hätten, gelingt schon deshalb nicht, weil er diese Zitate nicht in den Kontext zu den Passagen in den Urteilen stellt, die sich mit seiner Persönlichkeit befassen. Jedenfalls zielt dieser Beschwerdevortrag im Ergebnis nur darauf ab, dass es näher gelegen hätte, keinen Tötungsvorsatz anzunehmen, weil die objektive Gefährlichkeit der Handlungen nicht als derart starker Indikator dafür zu werten gewesen sei. Der Beschwerdeführer setzt damit lediglich seine eigene Würdigung der festgestellten Beweistatsachen an die Stelle der Würdigung des Schwurgerichts. Einen Verfassungsverstoß kann er damit nicht tragfähig begründen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Juli 2007 – 2 BvR 496/07 -, juris, Rn. 6).
62
(3) Die Rüge, die Einordnung der Tat als Mord führe zu einem Verstoß gegen das Gebot schuldangemessenen Strafens, dringt ebenfalls nicht durch. Ausgehend von der – unzutreffenden, nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechenden und hier auch nicht von Landgericht und Bundesgerichtshof zugrunde gelegten – Prämisse, alleine die objektive Gefährlichkeit einer Handlung genüge zur Begründung des Tötungsvorsatzes, stellt der Beschwerdeführer auf fiktive Vergleichsfälle ab, um zu belegen, dass die lebenslange Freiheitsstrafe in sogenannten Raser-Fällen generell und speziell in seinem Fall nicht schuldangemessen sei. Die Argumentation beachtet den für die Bestimmung der Strafhöhe geltenden Maßstab der individuellen Schuld eines eigenverantwortlich handelnden Täters nicht (vgl. BVerfGE 133, 168 <197 Rn. 54 f.>; 140, 317 <343 f. Rn. 53 ff.>), denn die auf die individuelle Schuld eines Täters gestützte Strafe entzieht sich grundsätzlich eines Vergleichs mit gegen andere Personen oder in anderem Zusammenhang verhängten Strafen.
63
Unabhängig davon, geht der Beschwerdeführer nicht auf die Argumentation ein, mit der die Gerichte, insbesondere der Bundesgerichtshof, die Mordmerkmale der Heimtücke und der Tötung aus niedrigen Beweggründen bejaht haben. Damit geht sein Vortrag, die mit der Einordnung seiner Tat als Mord einhergehende Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe verletze ihn in seinen verfassungsmäßigen Rechten, nicht über die allgemeine Behauptung eines Verfassungsverstoßes hinaus. Insofern wird er den Begründungs- und Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht gerecht (vgl. BVerfGE 130, 1 <21>; 140, 229 <232 Rn. 9>; 142, 234 <251 Rn. 28>; 149, 346 <359 Rn. 23>).
64
(4) Indem der Beschwerdeführer geltend macht, die – vom Bundesgerichtshof unbeanstandete – Vorsatzauslegung des Landgerichts sei Folge der als zu niedrig angenommenen Strafrahmenobergrenze für eine fahrlässige Tötung und entspringe dem Drängen, einem Bestrafungswillen der Bevölkerung nachzukommen, macht er in der Sache eine Entscheidung aus sachfremden Erwägungen und damit einen Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot geltend.
65
Willkür ist hier aber weder hinreichend substantiiert dargetan noch aus sich heraus ersichtlich. Angesichts des Umstands, dass das Landgericht als Tatgericht und der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner revisionsgerichtlichen Überprüfungskompetenz – in eingehender Auseinandersetzung mit der Rechtslage – die wesentlichen für und gegen einen Tötungsvorsatz des Beschwerdeführers sprechenden Umstände im Blick behalten haben, ist weder hinreichend substantiiert dargelegt noch aus sich heraus ersichtlich, dass die Rechtsauffassung der Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wäre und sich daher der Schluss aufdrängte, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>; 152, 345 <382 f. Rn. 99>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Mai 2020 – 2 BvR 2054/19 -, Rn. 35).
IV.
66
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
67
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.