Nichtannahme einer offensichtlich unzureichend substantiierten Verfassungsbeschwerde (§§ 23 Abs 1 S 2, 92 BVerfGG) und Ablehnung eines nicht nachvollziehbar begründeten eA-Antrags – Auferlegung einer Missbrauchsgebühr (Nichtannahmebeschluss des BVerfG 2. Senat 1. Kammer)

BVerfG 2. Senat 1. Kammer, Nichtannahmebeschluss vom 06.12.2022, AZ 2 BvR 1959/22, ECLI:DE:BVerfG:2022:rk20221206.2bvr195922

§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 34 Abs 2 Alt 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG

Verfahrensgang

vorgehend LG Berlin, 19. Oktober 2022, Az: 584 StVK 203/22 Vollz, Beschluss

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde ist, ohne dass es auf den Nachweis der Vollmacht gemäß § 22 Abs. 2 BVerfGG ankommt, nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde genügt offensichtlich nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, aus Sachverhaltsfragmenten und der angegriffenen Entscheidung Relevantes für die verfassungsrechtliche Prüfung herauszusuchen (vgl. BVerfGE 80, 257 <263>; 83, 216 <228>).

2

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

II.

3

Die Auferlegung der Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG.

4

Die Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind missbräuchlich erhoben worden. Ein Missbrauch liegt vor, wenn eine Verfassungsbeschwerde oder ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, durch erkennbar substanzlose Verfassungsbeschwerden oder völlig aussichtslose einstweilige Rechtsschutzanträge an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert zu werden, mit der Folge, dass anderen Bürgern der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann (vgl. BVerfGK 3, 219 <222>; 6, 219 <219 f.>; 10, 94 <97>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. September 2018 – 1 BvQ 70/18 -, Rn. 6; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 7. Mai 2020 – 1 BvR 275/20 -, Rn. 8; Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Januar 2021 – 2 BvR 2115/20 -, Rn. 4, und vom 8. März 2022 – 2 BvR 302/22 -, Rn. 4; stRspr).

5

Die Erhebung der völlig unzureichend begründeten Verfassungsbeschwerde sowie des nicht nachvollziehbar begründeten einstweiligen Rechtsschutzantrags bei nicht erkennbarer Eilbedürftigkeit mussten von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden. Die Verfassungsbeschwerde genügt den Begründungs- und Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG offensichtlich nicht.

6

Spätestens nach Erhalt des Beschlusses der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Juli 2022 – 2 BvR 901/22 u.a. -, in dem ihm bereits eine Missbrauchsgebühr angedroht worden war, musste von dem Beschwerdeführer erwartet werden, dass er vor Einlegung einer weiteren Verfassungsbeschwerde diese hinsichtlich der Mindestanforderungen an deren Begründung überprüft und insbesondere auch vor einer Inanspruchnahme verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes die Voraussetzungen eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG sorgfältig prüft. Stattdessen hat er das Bundesverfassungsgericht erneut mit der verfahrensgegenständlichen, offensichtlich unzureichend begründeten Verfassungsbeschwerde, die trotz fehlender erkennbarer Eilbedürftigkeit wiederum mit einem einstweiligen Rechtsschutzantrag verbunden ist, angerufen.

III.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Dies gilt auch hinsichtlich des Ausspruchs über die Missbrauchsgebühr (vgl. BVerfGE 133, 163 <167 Rn. 10>).