1. Die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren hemmt die Verjährung nur, wenn der Schuldner aufgrund der Bezeichnung… (Urteil des BGH 7. Zivilsenat)

BGH 7. Zivilsenat, Urteil vom 14.07.2022, AZ VII ZR 255/21, ECLI:DE:BGH:2022:140722UVIIZR255.21.0

§ 204 Abs 1 Nr 3 BGB

Leitsatz

1. Die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren hemmt die Verjährung nur, wenn der Schuldner aufgrund der Bezeichnung des Anspruchs im Mahnbescheid erkennen kann, woraus der Gläubiger seinen Anspruch herleitet.

2. Die im Mahnbescheid nicht hinreichende Individualisierung des Anspruchs kann nachgeholt werden. Die Nachholung der Individualisierung hemmt die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB zwar nicht rückwirkend, aber ab dem Zeitpunkt ihrer Vornahme.

3. Für die nachträgliche Individualisierung des Anspruchs im Mahnverfahren ist ebenso wie für die Individualisierung im Mahnbescheid ausschließlich auf den Erkenntnishorizont des Schuldners abzustellen. Dementsprechend ist es ohne Bedeutung, ob die Individualisierung des Anspruchs durch an das Gericht gerichteten Schriftsatz oder außerhalb des Gerichtsverfahrens erfolgt.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Koblenz, 2. März 2021, Az: 3 U 1498/18
vorgehend LG Mainz, 15. November 2018, Az: 3 O 60/17

Tenor

Auf die für die Klägerin eingelegte Revision ihrer Streithelfer wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 2. März 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten – der Bundesrepublik Deutschland – Restwerklohn in Höhe von 677.347,64 €.

2

Die Beklagte beauftragte die Klägerin unter dem 22. Juli 2010 mit der Durchführung von Renovierungsarbeiten für die Kindertagesstätte Gebäude   , V.     , K.          mit einem Auftragsvolumen von 1.072.757,54 € netto. Die Parteien vereinbarten die Geltung der VOB/B. Der Kopf des Auftragsschreibens enthielt den Hinweis, bei der Rechnungsausstellung die Auftragsnummer „09A0634“ anzugeben.

3

Im Verlauf der Baumaßnahme kam es zu insgesamt 29 Nachträgen. Nachdem die Leistungen der Klägerin am 17. Januar 2013 unter Vorbehalt näher bezeichneter Mängel abgenommen worden waren, erstellte die Klägerin ihre Schlussrechnung unter dem 24. September 2013 über einen Gesamtbetrag von 2.080.970,07 €. Die Beklagte kürzte die Rechnungssumme mit der ersten Schlussrechnungsprüfung auf 1.399.834,78 €, die der Klägerin unter dem 13. Januar 2014 übermittelt wurde. Unter dem 15. Januar 2014 erhob die Klägerin gegen die Schlussrechnungsprüfung Widerspruch, den sie, nachdem die Beklagte unter dem 29. April 2014 die Massenermittlungen übersandt hatte, unter dem 27. Mai 2014 begründete. Mit der daraufhin durchgeführten zweiten Schlussrechnungsprüfung kürzte die Beklagte die Rechnung der Klägerin auf 1.403.622,93 € und zahlte den nach ihren Berechnungen unter Berücksichtigung bereits geleisteter Abschläge sich ergebenden Restbetrag von 3.788,15 € an die Klägerin.

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Am 30. Dezember 2016 hat die Klägerin gegen die Beklagte den Erlass eines Mahnbescheids in Höhe von 677.347,64 € beantragt. In dem Antrag hat sie die geltend gemachte Hauptforderung mit „Werkvertrag/Werklieferungsvertrag gemäß Restforderung aus Schlussrechnung SR 7804716 vom 24. September 2013“ bezeichnet. Die Bezeichnung „SR 7804716“ entspricht der Rechnungsnummer der von der Klägerin gestellten Schlussrechnung.

5

Der am 12. Januar 2017 erlassene Mahnbescheid ist der Beklagten am 14. Januar 2017 zugestellt worden. Das Amt für Bundesbau hat der Klägerin mit Schreiben vom 16. Januar 2017 mitgeteilt, die Forderung könne ohne Nennung der Baumaßnahme nicht zugeordnet werden. Nachdem die Klägerin mit E-Mail an die Beklagte vom 17. Januar 2017 ihre Angaben im Mahnbescheid ergänzt und eine Zuordnung der Forderung ermöglicht hatte, hat die Beklagte am 25. Januar 2017 Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt.

6

Die Beklagte verteidigt sich gegen die Klageforderung unter anderem mit der Einrede der Verjährung. Sie ist der Auffassung, der Mahnbescheid sei nicht hinreichend konkretisiert. Aufgrund der in dem Mahnbescheid allein mitgeteilten Schlussrechnungsnummer hätte die Klageforderung einem Bauvorhaben nicht zugeordnet werden können, da die Klägerin in dem Zeitraum von 2010 bis 2013 – was unstreitig ist – insgesamt 16 unterschiedliche Baumaßnahmen für die Beklagte in Rheinland-Pfalz realisiert habe.

7

Auf dieser Grundlage hat das Landgericht die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Zustellung eines Mahnbescheides gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB den Lauf der Verjährung des geltend gemachten Anspruchs nur hemme, wenn der Anspruch gemäß den Anforderungen des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinreichend individualisiert worden sei. Dies erfordere, dass die bezeichnete Forderung Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der Schuldner erkennen könne, welcher Anspruch durch den Mahnbescheid geltend gemacht werde, damit er beurteilen könne, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen wolle. Die zweite Voraussetzung liege nicht vor. Aufgrund der Umstände des Falles habe die Beklagte die im Mahnbescheid bezeichnete Forderung nicht zuordnen können. Angegeben sei allein die Rechnungsnummer der Klägerin. Angesichts der insgesamt 16 verschiedenen Bauvorhaben, die die Klägerin für die Beklagte in Rheinland-Pfalz im Zeitraum von 2010 bis 2013 realisiert habe, hätte dies eine Zuordnung nicht ermöglicht.

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Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 15. März 2019 hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass es erwäge, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

9

Nach Zustellung des Hinweisbeschlusses sind die Streithelfer der Klägerin – die Rechtsanwälte, die sie außergerichtlich und im Mahnverfahren gegenüber der Beklagten vertreten hatten – dem Rechtsstreit beigetreten und haben auf den Hinweisbeschluss erwidert. In dieser Erwiderung haben die Streithelfer der Klägerin vorgetragen, dass der Streithelfer zu 1 der beim Amt für Bundesbau zuständigen Referentin im Justiziariat, Frau L.   , am 29. Dezember 2016 eine E-Mail unter dem Betreff des konkreten Bauvorhabens geschrieben habe, in der er mitgeteilt habe, dass in dieser Sache ein Mahnbescheidsantrag gestellt worden sei.

10

Diesen Vortrag hat sich die Klägerin zu Eigen gemacht und vorgetragen, die E-Mail vom 29. Dezember 2016 sei ihr „bisher nicht bewusst“ gewesen.

11

Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 25. April 2019 die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

12

Auf die Beschwerde der Klägerin hat der Senat die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts durch Beschluss vom 17. Juli 2020 – VII ZR 111/19 (BauR 2020, 1679 = NZBau 2020, 573) gemäß § 544 Abs. 9 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Auf diesen Beschluss wird Bezug genommen.

13

Das Berufungsgericht hat nach neuer Verhandlung die Berufung der Klägerin durch das nunmehr angegriffene Urteil vom 2. März 2021 abermals wegen Verjährung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Streithelfer der Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

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Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

15

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

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1. Die Zustellung des Mahnbescheids am 12. Januar 2017 habe die Verjährung nicht gehemmt. Auf der Grundlage des substantiierten Bestreitens der Beklagten könne nicht davon ausgegangen werden, dass Frau L.   die für die Bearbeitung des Vergütungsanspruchs der Klägerin im Amt für Bundesbau zuständige Mitarbeiterin gewesen sei. Gleichwohl habe die Klägerin trotz eines entsprechenden Hinweises des Berufungsgerichts keinen geeigneten Beweis dazu angetreten, dass Frau L.   zuständig gewesen sei. Da die Klägerin beweisfällig geblieben sei, müsse davon ausgegangen werden, dass Herr Dr. B.  für den Empfang des Mahnbescheids zuständig gewesen sei. Diesem könne das Wissen von Frau L.   über die E-Mail vom 29. Dezember 2016 nicht zugerechnet werden.

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2. Für die Verjährungshemmung sei des Weiteren unerheblich, dass auf die Anfrage der Beklagten vom 16. Januar 2017 mit E-Mail der Klägerin vom 17. Januar 2017 die im Mahnbescheid bezeichnete Forderung konkretisiert worden sei und die Beklagte damit nachträglich den geltend gemachten Anspruch habe zuordnen können. Denn dieser außergerichtliche Vorgang vermöge die unzureichende Bestimmtheit des zugestellten Mahnbescheids nicht zu heilen. Vielmehr hätte die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche im Streitverfahren in nicht rechtsverjährter Zeit individualisieren müssen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 – XI ZR 466/07 Rn. 19 f., juris; BGH, Urteil vom 10. Juli 2008 – IX ZR 160/07 Rn. 16, juris). Die Anspruchsbegründungsschrift, in welcher der Anspruch hinreichend konkret umschrieben worden sei, sei allerdings erst am29. Juni 2017 bei Gericht eingegangen und damit in rechtsverjährter Zeit.

18

3. Als weiterer verjährungshemmender Tatbestand kämen nämlich lediglich Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB in Betracht, die allerdings nicht über einen ausreichenden Zeitraum geführt worden seien. Vom 1. Januar bis einschließlich 28. Juni 2017 seien es 179 Tage. Die maximale Hemmungsdauer durch etwaige Verhandlungen belaufe sich – wie das Berufungsgericht im Einzelnen ausführt – aber lediglich auf 166 Tage.

II.

19

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht wegen Verjährung abgewiesen werden.

20

1. Es kann dahinstehen, ob die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Beweisfälligkeit der Klägerin hinsichtlich der internen Zuständigkeit von Frau L.   beim Amt für Bundesbau einer rechtlichen Prüfung standhalten oder – wie die Revision rügt – auf Verfahrensfehlern beruhen. Jedenfalls nach den ansonsten vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Restwerklohns nicht verjährt.

21

2. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Individualisierung des im Mahnverfahren geltend gemachten Anspruchs durch E-Mail an die Beklagte vom 17. Januar 2017 in unverjährter Zeit nachgeholt (a). Damit hat die Klägerin – entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts – ab diesem Zeitpunkt die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt (b).

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a) Die Klägerin hat unstreitig mit E-Mail vom 17. Januar 2017 an die Beklagte ergänzende Angaben zu dem mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Anspruch gemacht und damit den Anspruch individualisiert. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch nicht verjährt, da die Verjährung des Anspruchs nach § 203 Satz 1 BGB zumindest im Zeitraum vom 29. April 2014 bis zum 27. Mai 2014 gehemmt war.

23

aa) Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert (§ 203 Satz 1 BGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Begriff „Verhandlungen“ weit auszulegen. Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruches oder dessen Umfang ein (BGH, Beschluss vom 17. Juni 2020 – VII ZR 111/19 Rn. 28, BauR 2020, 1679 = NZBau 2020, 573; Beschluss vom 8. Dezember 2011 – V ZR 110/11 Rn. 2, juris; Urteil vom 14. Juli 2009 – XI ZR 18/08 Rn. 16, BGHZ 182, 76). Das ist bei einem Schriftwechsel über die Richtigkeit einer Rechnung typischerweise der Fall (Grothe, NJW 2020, 3655). Nicht erforderlich ist, dass dabei Vergleichsbereitschaft oder Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird oder dass Erfolgsaussicht besteht (BGH, Beschluss vom 17. Juni 2020 – VII ZR 111/19 Rn. 28, BauR 2020, 1679 = NZBau 2020, 573; Beschluss vom 8. Dezember 2011 – V ZR 110/11 Rn. 2, juris; Urteil vom 14. Juli 2009 – XI ZR 18/08 Rn. 16, BGHZ 182, 76).

24

Auf dieser Grundlage durfte die Klägerin spätestens nach Zusendung der mehrfach angeforderten Massenermittlungen am 29. April 2014 davon ausgehen, die Beklagte lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des begehrten Restwerklohns ein. Die Hemmung dauerte zumindest bis zur Fertigung der Widerspruchsbegründung vom 27. Mai 2014, d.h. also mindestens 28 Tage.

25

bb) Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird nach § 209 BGB in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Restwerklohn von 677.347,64 € verjährte dementsprechend nicht mit Ablauf des 31. Dezember 2016 (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB), sondern zumindest nicht vor dem 29. Januar 2017.

26

b) Die – nicht näher begründete – Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin hätte die geltend gemachten Ansprüche im Streitverfahren in nicht rechtsverjährter Zeit individualisieren müssen, ist nicht haltbar.

27

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hemmt die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren die Verjährung nur, wenn der Schuldner aufgrund der Bezeichnung des Anspruchs im Mahnbescheid erkennen kann, woraus der Gläubiger seinen Anspruch herleitet. Wann dieser Anforderung genüge getan ist, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (BGH, Beschluss vom 17. Juni 2020 – VII ZR 111/19 Rn. 19, BauR 2020, 1679 = NZBau 2020, 573; Urteil vom 23. Januar 2008 – VIII ZR 46/07 Rn. 13, NJW 2008, 1220; Urteil vom 17. Dezember 1992 – VII ZR 84/92, BauR 1993, 225, juris Rn. 14). Für die Individualisierung der Forderung im Mahnbescheid ist deshalb ausschließlich auf den Erkenntnishorizont des Schuldners abzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 2017 – VIII ZR 217/16 Rn. 12, BauR 2017, 1406; Urteil vom 25. März 2015 – VIII ZR 243/13 Rn. 64, BGHZ 204, 325; Versäumnisurteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 229/09 Rn. 11, MDR 2010, 1097).

28

Des Weiteren entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die im Mahnbescheid nicht hinreichende Individualisierung des Anspruchs nachgeholt werden kann. Die Nachholung der Individualisierung hemmt die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB zwar nicht rückwirkend, aber ab dem Zeitpunkt ihrer Vornahme (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 – XI ZR 466/07 Rn. 20, NJW 2009, 56; Urteil vom 10. Juli 2008 – IX ZR 160/07 Rn. 16, NJW 2008, 3498). War zu diesem Zeitpunkt der mit dem Mahnbescheid geltend gemachte Anspruch noch nicht verjährt, wird mit der Nachholung der Individualisierung während des Mahnverfahrens die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt. Für die nachträgliche Individualisierung des Anspruchs im Mahnverfahren ist deshalb ebenso wie für die Individualisierung im Mahnbescheid ausschließlich auf den Erkenntnishorizont des Schuldners abzustellen. Dementsprechend ist es ohne Bedeutung, ob die Individualisierung des Anspruchs durch an das Gericht gerichteten Schriftsatz oder außerhalb des Gerichtsverfahrens erfolgt.

29

Soweit das Berufungsgericht für seine davon abweichende Rechtsauffassung auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verweist (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 – XI ZR 466/07 Rn. 20, NJW 2009, 56; Urteil vom 10. Juli 2008 – IX ZR 160/07 Rn. 16, NJW 2008, 3498), ist das unbehelflich. Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich nichts für die Meinung des Berufungsgerichts. In beiden in Bezug genommenen Entscheidungen erfolgte die Nachholung der Individualisierung zwar durch Schriftsatz im Prozess. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, eine Nachholung außerhalb des Gerichtsverfahrens sei nicht möglich.

III.

30

Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann daher keinen Bestand haben und ist aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da diese nicht zur Endentscheidung reif ist. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat.

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