BGH 2. Zivilsenat, Beschluss vom 28.06.2022, AZ II ZB 8/22, ECLI:DE:BGH:2022:280622BIIZB8.22.0
§ 6 Abs 2 S 2 Halbs 1 Nr 3 Buchst e GmbHG, § 265c StGB, § 265d StGB, § 265e StGB
Leitsatz
§ 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG verweist auch auf die §§ 265c bis 265e StGB.
Verfahrensgang
vorgehend OLG Düsseldorf, 21. Januar 2022, Az: I-3 Wx 227/21
vorgehend AG Duisburg, 10. November 2021, Az: 8 AR 814/21
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Januar 2022 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
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I. Der Antragsteller ist Gründungsgesellschafter und bestellter Geschäftsführer der c. UG (haftungsbeschränkt). Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 11. Juni 2021 meldete er die Gesellschaft, die abstrakte Vertretungsregelung und seine Bestellung zum Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister an. In der Anmeldung versicherte er u.a.:
„Es liegen keine Umstände vor, aufgrund derer ich nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG vom Amt eines Geschäftsführers ausgeschlossen wäre.
a)
Während der letzten 5 Jahre wurde ich nicht rechtskräftig verurteilt … nach § 263 StGB (Betrug), § 263a StGB (Computerbetrug), § 264 StGB (Subventionsbetrug), § 264a StGB (Kapitalanlagebetrug), § 265b StGB (Kreditbetrug), § 266 StGB (Untreue) oder § 266a StGB (Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt). Auch im Ausland wurde ich nicht wegen einer vergleichbaren Tat rechtskräftig verurteilt.“
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Das Registergericht hat den Eintragungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass sich die Versicherung nicht auf § 265c StGB (Sportwettbetrug), § 265d StGB (Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) und § 265e StGB (Besonders schwere Fälle des Sportwettbetrugs und der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) beziehe. Die Beschwerde des Antragstellers blieb ohne Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Eintragungsantrag weiter.
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II. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die dem Geschäftsführer obliegende Versicherung sei nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG auch auf die im Jahre 2017 eingeführten Straftatbestände des § 265c StGB (Sportwettbetrug), § 265d StGB (Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) und § 265e StGB (Besonders schwere Fälle des Sportwettbetrugs und der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) zu erstrecken. Dies folge bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Der Gesetzgebungsgeschichte lasse sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG eine statische Verweisung gewollt habe. Zudem habe der Gesetzgeber bei Schaffung der neuen Straftatbestände von einer Änderung dieser Vorschrift abgesehen.
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III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis des Beschwerdeführers ergibt sich daraus, dass seine Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts zurückgewiesen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2011 – II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 5; Beschluss vom 26. Juni 2018 – II ZB 12/16, ZIP 2018, 1591 Rn. 7; Beschluss vom 3. Dezember 2019 – II ZB 18/19, ZIP 2020, 73 Rn. 7).
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2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Der Beschluss des Beschwerdegerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand.
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a) Die angemeldete Eintragung kann nicht erfolgen, weil der Antragsteller entgegen § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG nicht versichert hat, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 1, Satz 3 GmbHG entgegenstehen. Die in der Anmeldung enthaltene Versicherung bleibt dahinter zurück, weil sie sich ausdrücklich auf die vor Inkrafttreten des 51. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 11. April 2017 (BGBl. I, S. 815) von dieser Verweisung erfassten Straftatbestände beschränkt.
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b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde enthält § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG keinen statischen Verweis, der sich einzig auf die bei Inkrafttreten der Vorschrift am 1. November 2008 (Gesetz vom 23. Oktober 2008 – MoMiG, BGBl. I, S. 2026) geltenden Straftatbestände der §§ 263 bis 264a StGB und §§ 265b bis 266a StGB bezieht.
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aa) Die Frage ist allerdings streitig. Eine Meinung geht wie das Beschwerdegericht aufgrund insbesondere des Wortlauts von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG davon aus, dass die Vorschrift auch auf die durch Gesetz vom 11. April 2017 neu in das Strafgesetzbuch eingefügten Vorschriften der §§ 265c bis 265e StGB verweist (sog. dynamische Verweisung: KG, ZIP 2019, 1909, 1910; OLG Oldenburg, ZIP 2018, 278, mit Ausnahme von § 265e StGB; aus dem Schrifttum etwa Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 6 Rn. 21; Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 6 Rn. 10; Bünten/Kürten, EWiR 2020, 105, 106; Klingen/Krasenbrink, EWiR 2022, 170, 171 f.; Klingen/Rossbroich, EWiR 2019, 169, 170; Oetker in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 6 GmbHG Rn. 29; Paefgen in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 6 Rn. 39; Scholz/U. Schneider/S. Schneider, GmbHG, 12. Aufl., § 6 Rn. 35a). Anderer Auffassung zufolge, die insbesondere mit der Entstehungsgeschichte von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG argumentiert, ist der mit Inkrafttreten des MoMiG gegebene Strafrechtsbestand festgeschrieben worden (sog. statische Verweisung: OLG Hamm, ZIP 2018, 2270; aus dem Schrifttum etwa DNotI, DNotI-Report 2017, 73, 74 f.; Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 6 Rn. 19; Floeth, EWiR 2018, 267, 268; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 6 Rn. 29; Knaier, DNotZ 2018, 542, 543 ff.; Melchior/Böhringer, GmbHR 2017, 1074, 1075; Weyand, ZInsO 2022, 6, 8; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., § 6 Rn. 5; BeckOK GmbHG/Wisskirchen/Hesser/Zoglowek, Stand 1.3.2022, § 6 Rn. 26).
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bb) Die erstgenannte Auffassung ist richtig (vgl. bereits BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2019 – II ZB 18/19, ZIP 2020, 73 Rn. 16; dazu Bochmann, EWiR 2020, 135, 136; Brand, GmbHR 2020, 200, 204). § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG verweist auch auf die durch Gesetz vom 11. April 2017 neu in das Strafgesetzbuch eingefügten Vorschriften der §§ 265c bis 265e StGB.
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(1) Der Wortlaut von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG ist eindeutig. Er schließt die §§ 265c, 265d und 265e StGB ein. Bei diesem Befund, der auch von der Gegenauffassung nicht in Abrede gestellt wird, bedeutete der Ausschluss dieser Vorschriften eine teleologische Reduktion (im Ansatz zutreffend OLG Hamm, ZIP 2018, 2270, 2271).
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Eine teleologische Reduktion kommt in Betracht, wenn der Wortlaut einer Norm mit Blick auf ihren Zweck zu weit gefasst ist. Sie setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine solche Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen (BGH, Urteil vom 30. September 2014 – XI ZR 168/13, BGHZ 202, 302 Rn. 13; Urteil vom 14. August 2019 – IV ZR 279/17, BGHZ 223, 57 Rn. 10; Urteil vom 7. April 2021 – VIII ZR 49/19, NJW 2021, 2281 Rn. 36; Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 57). Eine solche Regelungslücke kann sich auch aus der weiteren Rechtsentwicklung ergeben (BVerfGE 88, 145, 167).
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(2) Diese Voraussetzungen lassen sich nicht feststellen. Damit fehlt es an einer Rechtfertigung der Gegenauffassung. Denn wegen der Gesetzesbindung des Richters (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG, § 1 GVG) ist eine teleologische Reduktion nur gerechtfertigt, wenn ihre Voraussetzungen belegt sind (vgl. Brandenburg, Die teleologische Reduktion, 1983, S. 55, 58, 60).
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(a) Auf Überlegungen zu den subjektiven Vorstellungen der im Gesetzgebungsverfahren tätigen Personen kommt es insoweit nicht an. Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist vielmehr der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können (BVerfGE 1, 299, 312).
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Davon abgesehen bewegen sich die Versuche, das Vorstellungsbild der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen zu ermitteln, welche Straftatbestände nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG die Amtsunfähigkeit des Geschäftsführers begründen können sollen, weitgehend im Spekulativen. Es mag zwar sein, dass im Gesetzgebungsverfahren zum MoMiG „um jeden einzelnen Straftatbestand gerungen worden ist“ (Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 6 Rn. 29). Letztlich sind diese Tatbestände indes nicht, wie noch im Regierungsentwurf vorgesehen(BT-Drucks. 16/6140, S. 6), enumerativ benannt worden (vgl. Bünten/Kürten, EWiR 2020, 105, 106; Klingen/Rossbroich, EWiR 2019, 19, 170). Ob der Übergang zu einer Sammelverweisung ausschließlich redaktionelle Gründe hatte, kann angesichts der Unergiebigkeit der Gesetzesmaterialien allenfalls vermutet werden (vgl. Brand, GmbHR 2018, 1271, 1274; Knaier, DNotZ 2018, 542, 544). Was die spätere Einfügung der §§ 265c bis 265e StGB in das Strafgesetzbuch angeht, wird der Umstand, dass sich die Gesetzesmaterialien nicht zur Amtsunfähigkeit des Geschäftsführers verhalten, teils und bald als Beleg für den Willen des Gesetzgebers, eine statische Verweisung zu normieren (Floeth, EWiR 2018, 267, 268; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 6 Rn. 29; Wachter, GmbHR 2018, 311, 312), teils und bald als Argument dagegen angeführt (Klingen/Krasenbrink, EWiR 2022, 170, 172). Richtig ist, dass dem Schweigen der Gesetzesmaterialien in keiner Richtung Belastbares entnommen werden kann.
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(b) Aus dem Sinnzusammenhang, in die die §§ 265c, 265d und 265e StGB eingebettet sind, ergibt sich die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG ebenfalls nicht.
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Der Gesetzgeber hat mit den Vorschriften, wie sich aus der amtlichen Überschrift von § 265c StGB und im Übrigen ihrer systematischen Stellung im StGB ergibt, Betrugsunrecht sanktionieren wollen (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/8831, S. 1). Der MoMiG-Gesetzgeber wiederum hat mit § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG im Strafgesetzbuch strafbewehrtes Betrugsunrecht, das mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bestraft worden ist, umfassend in den Amtsunfähigkeitskatalog einbeziehen wollen. Dies steht aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift, der jedenfalls die seinerzeit geltenden Betrugstatbestände des Strafgesetzbuchs umfasste, auch für die Gegenauffassung außer Frage (vgl. DNotI, DNotI-Report 2017, 73, 74; Knaier, DNotZ 2018, 543, 544), und ist darüber hinaus durch Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren (Stellungnahme des Bundesrates zum MoMiG, BR-Drucks. 354/07 [B], S. 9 f.) unterlegt, wonach „Personen, die wegen (diesen) Vermögensdelikten zu hohen Strafen verurteilt worden sind, … per se nicht geeignet (sind), den Aufgabenbereich eines Geschäftsführers auszuüben“.
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde lässt sich auch der Binnensystematik von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GmbHG kein durchgreifendes Argument für eine statische Verweisung entnehmen. Der nicht durch Strafgesetze unterlegte Verweis auf die Insolvenzverschleppung in § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Buchst. a GmbHG erklärt sich daraus, dass auch Verurteilungen, die bis zum Inkrafttreten des MoMiG und damit des § 15a Abs. 4 InsO nach den bis dahin geltenden inhaltsgleichen Straftatbeständen (§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 401 Abs. 1 Nr. 2 AktG, §§ 130b, 177a HGB) erfolgten, erfasst werden sollten (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/6140, S. 32). Dieser redaktionelle Grund erlaubt aber nicht den Umkehrschluss darauf, dass sich § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Buchst. e GmbHG ausschließlich auf die bei Inkrafttreten des MoMiG geltenden Straftatbestände bezieht. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Buchst. b GmbHG mit den „§§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten)“ im Unterschied zu Buchst. e in Gänze auf einen Abschnitt des Strafgesetzbuchs (den 24.) verweist. Dieser Umstand erklärt sich daraus, dass Verurteilungen nach § 265 StGB (Versicherungsmissbrauch) als selbständigem Straftatbestand im Vorfeld des Betruges (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/9064, S. 20) und § 265a StGB (Erschleichen von Leistungen) als bloßem Auffangtatbestand zum Betrug (BVerfG, NJW 1998, 1135, 1136) keine Amtsunfähigkeit begründen können sollen. Das schloss eine Bezugnahme auf den gesamten 22. Abschnitt (Betrug und Untreue) des Strafgesetzbuchs in § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Buchst. e GmbHG von vornherein aus.
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(c) Teleologischer Reduktionsbedarf lässt sich weiterhin nicht damit begründen, dass die §§ 265c bis 265e StGB dem Schutz anderer Rechtsgüter als die bei Inkrafttreten des MoMiG in Bezug genommenen Straftatbestände dienen. Die §§ 265c bis 265e StGB sollen nach dem Willen des Gesetzgebers zwar die Integrität des Sports schützen (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/8831, S. 10). Nicht richtig ist aber, dass sie sich auf den Schutz dieses Rechtsguts beschränken oder der Schutz des Vermögens hinter diesem Rechtsgut wesentlich zurücktritt (so aber DNotI, DNotI-Report 2017, 73, 74 f.; Melchior/Böhringer, GmbHR 2017, 1074, 1075; Wachter, GmbHR 2018, 311, 313). Vielmehr wird Vermögensschutz in den Gesetzesmaterialien durchweg als gleichberechtigter Gesetzeszweck benannt (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/8831, S. 10, 15, 20; zum Vermögen als mitgeschütztem Rechtsgut eingehend BeckOK StGB/Bittmann/Großmann/Rübenstahl, Stand: 1.5.2022, § 265c Rn. 8 ff., § 265d Rn. 7 ff.). Mit dem intendierten Vermögensschutz ist ohne Weiteres vereinbar, dass das Handlungsunrecht der §§ 265c, 265d StGB durch die Manipulation des Wettbewerbs durch korruptive Absprachen zwischen Sportler oder Trainer und Vorteilsgeber geprägt ist. Ein ein Redaktionsversehen belegender Wertungswiderspruch, der zu einer Korrektur des Wortlauts des § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG nötigt, ist mit dem Verweis auf die §§ 265c bis 265e StGB mithin nicht verbunden (so auch Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 6 Rn. 29).
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(d) Schließlich teilt der Senat auch die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht, die für eine einschränkende Auslegung von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG angeführt werden (so aber DNotI, DNotI-Report 2017, 73, 75; Wachter, GmbHR 2018, 311, 313; Weyand, ZInsO 2022, 6, 8).
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Die Vorschrift greift als subjektive Berufswahlregelung in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ein. Der Eingriff ist aber angesichts des mit dem Geschäftsführeramt verbundenen erheblichen Missbrauchspotentials (BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2019 – II ZB 18/19, ZIP 2020, 73 Rn. 18) gerechtfertigt. Sowohl das durch § 265c und § 265d StGB sanktionierte Handlungsunrecht als auch der mit diesen Vorschriften intendierte Vermögensschutz lassen sich ohne Weiteres auf die Eignung des Geschäftsführers, fremdes Vermögen treuhänderisch und mithin uneigennützig zu verwalten, beziehen, die durch rechtskräftige Verurteilung widerlegt wird (Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 6 Rn. 21; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 6 Rn. 29). Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs wird durch das Erfordernis der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und die zeitliche Begrenzung der Amtsunfähigkeit auf fünf Jahre nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GmbHG gewahrt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2019 – II ZB 18/19, ZIP 2020, 73 Rn. 19).
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Ein Verstoß gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot nach Art. 103 Abs. 2 GG aufgrund der Strafbewehrung von falschen Angaben in der Versicherung (§ 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) ist mit dem Verweis (auch) auf die §§ 265c bis 265e StGB ebenso wenig verbunden. Das Bestimmtheitsgebot verlangt, den Wortlaut von Strafnormen so zu fassen, dass der Normadressat im Regelfall bereits anhand des Wortlauts der gesetzlichen Vorschrift voraussehen kann, ob ein Verhalten strafbar ist oder nicht (BVerfGE 143, 38 Rn. 38; 153, 310 Rn. 74 mwN). Dem wird die durch § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG mittelbar über § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG in das Strafgesetz implementierte Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG gerecht. Insoweit ist unerheblich, ob der Geschäftsführer (Liquidator, § 67 Abs. 3 GmbHG) als Adressat und Leser der Norm, worüber er sich bei lebensnaher Betrachtung ohnehin kaum Gedanken machen wird, nicht ohne Weiteres mit einem „dynamischen Verweis“ rechnet (so aber DNotI, DNotI-Report 2017, 73, 75). Da der Wortlaut von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG die §§ 265c bis 265e StGB zweifelsfrei umfasst, können in der Anmeldesituation schwerlich Unklarheiten über den Inhalt der Versicherung entstehen. Der zur Versicherung aufgerufene Geschäftsführer (Liquidator) kann ihren Inhalt dem im Anmeldungszeitpunkt geltenden Strafgesetzbuch entnehmen. Zweifel an dem Inhalt der Versicherung können bei ihm allenfalls aufkommen, wenn er nicht das aktuelle, sondern das bei Inkrafttreten des MoMiG geltende Strafgesetzbuch zu Rate zieht und die vorstehend nachgezeichnete Diskussion über die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion nachvollzieht. Die von der Rechtsbeschwerde herangezogene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit einer Blankettstrafnorm mit Art. 103 Abs. 2 GG (BVerfGE 153, 310 Rn. 78 ff.) führt zu keiner anderen Beurteilung. Eine Verweisung auf Rechtsvorschriften eines anderen Normgebers wie in dem dort vom Bundesverfassungsgericht überprüften Strafgesetz ist in § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG schon nicht enthalten.
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c) Soweit das Beschwerdegericht gemeint hat, die Versicherung sei auch auf § 265e StGB zu erstrecken, ist dies zwar überflüssig, wenn in der Anmeldung durch ausdrückliche Benennung der §§ 265c, 265d StGB oder eine sie einschließende Formulierung (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2010 – II ZB 5/10, ZIP 2010, 1337 Rn. 8 ff.) versichert wird, dass der Bestellung keine Verurteilungen nach diesen Vorschriften entgegenstehen, weil es sich bei § 265e StGB um eine auf diese Straftatbestände aufbauende Vorschrift der Strafzumessung handelt (OLG Oldenburg, ZIP 2018, 278). Darauf beruht die Beschwerdeentscheidung aber nicht, weil die Versicherung des Antragstellers ausdrücklich auch die Straftatbestände der §§ 265c, 265d StGB ausnimmt (§ 74 Abs. 2 FamFG).
- Born
- Wöstmann
- Bernau
- von Selle
- C. Fischer