BGH 6a. Zivilsenat, Urteil vom 13.06.2022, AZ VIa ZR 680/21, ECLI:DE:BGH:2022:130622UVIAZR680.21.0
§ 194 Abs 1 BGB, § 199 Abs 1 BGB, § 826 BGB, § 852 S 1 BGB
Leitsatz
1. Die Beteiligung eines weiteren, im EU-Ausland ansässigen Zwischenhändlers neben dem inländischen Händler und Verkäufer schließt eine Vermögensverschiebung vom geschädigten Erwerber zum Hersteller eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Dieselfahrzeugs im Sinne von §§ 826, 852 Satz 1 BGB nicht aus. Erforderlich ist jedoch, dass der Fahrzeugerwerb durch den geschädigten Erwerber zu einem korrespondierenden Vermögenszuwachs beim Hersteller geführt hat. Das kommt nur dann in Betracht, wenn weder der inländische Händler noch der ausländische Zwischenhändler das Fahrzeug zuvor unabhängig von der Bestellung des Geschädigten auf eigene Kosten und eigenes Absatzrisiko erworben haben (Fortführung von BGH, Urteil vom 21. März 2022 – VIa ZR 275/21, WM 2022, 745 Rn. 27 f.).
2. Zur Verjährung des Anspruchs aus unerlaubter Handlung in einem sogenannten Dieselfall.
Verfahrensgang
vorgehend OLG Stuttgart, 18. November 2021, Az: 14 U 58/21
vorgehend LG Ravensburg, 13. April 2021, Az: 4 O 379/20
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. November 2021 aufgehoben mit Ausnahme der Zurückweisung der Berufung des Klägers betreffend den Klageantrag zu 3 und hinsichtlich des Klageantrags zu 1 mit der Maßgabe, dass eine Nutzungsentschädigung in Höhe von mindestens 10.715,70 € in Abzug zu bringen ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Kläger bestellte am 13. August 2014 bei einer deutschen Fahrzeughändlerin einen EU-Neuwagen (EU-Reimport) des Typs VW Tiguan zum Preis von 30.000 €. Das Fahrzeug wurde ihm am 25. Oktober 2014 mit einer EG-Übereinstimmungsbescheinigung und einer Laufleistung von 0 km übergeben. Die Fahrzeughändlerin hatte das Fahrzeug zuvor von einem Fahrzeughändler in einem anderen EU-Mitgliedstaat erhalten, der es von der Beklagten erworben hatte.
3
Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs und des darin verbauten Dieselmotors der Baureihe EA 189. Der Motor war mit einer Software ausgestattet, die hinsichtlich der Abgasrückführung zwischen Prüfstand und gewöhnlichem Fahrbetrieb unterschied, sodass die Emissionsgrenzwerte für Stickoxide nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) beanstandete die Software im Jahr 2015, woraufhin die Beklagte ein Software-Update entwickelte, das vom KBA zugelassen wurde. Die Beklagte informierte den Kläger im Februar 2016 über die Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sogenannten Dieselskandal.
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Mit der am 30. November 2020 erhobenen Klage hat der Kläger in erster Instanz zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 30.000 € nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.725,37 € Zug um Zug gegen „Rückgabe“ und Übereignung des Fahrzeugs zu verurteilen (Klageantrag zu 1) und den Annahmeverzug der Beklagten festzustellen (Klageantrag zu 2). Daneben hat er die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangt (Klageantrag zu 3). Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt, wobei er die im Rahmen des Klageantrags zu 1 anzurechnende Nutzungsentschädigung auf 5.627,40 € reduziert hat. Zudem hat er hilfsweise beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 7.500 € ohne Zug-um-Zug-Vorbehalt zu verurteilen (Klageantrag zu 1a). Das Berufungsgericht hat die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung auf den Hilfsantrag zur Zahlung von 2.250 € verurteilt.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte die vollständige Zurückweisung der Berufung des Klägers erreichen. Der Kläger hat Anschlussrevision eingelegt. Mit Ausnahme des Klageantrags zu 3 verfolgt er seine Berufungsanträge weiter, hinsichtlich des Klageantrags zu 1 mit der Maßgabe, dass eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 10.715,70 € abzuziehen sei.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers haben Erfolg. Sie führen im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
9
Die Beklagte sei dem Kläger dem Grunde nach gemäß §§ 826, 31 BGB zum Schadensersatz in Form der Rückgängigmachung des Kaufvertrags über das Fahrzeug verpflichtet. Dieser Anspruch sei jedoch verjährt, da der Kläger spätestens im Februar 2016 Kenntnis sowohl vom „Abgasskandal“ allgemein als auch von der Betroffenheit seines Fahrzeugs gehabt habe.
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Die Beklagte habe allerdings gemäß § 852 BGB den auf Kosten des Klägers erlangten Kaufpreis herauszugeben, soweit er ihr nach Abzug der Herstellungskosten und der Händlermarge verblieben sei. Dass der Kläger das Fahrzeug nicht direkt von der Beklagten, sondern über einen Händler als EU-Neuwagen erworben habe, schließe die Anwendung des § 852 BGB nicht aus. Durch den Verkauf des Fahrzeugs als EU-Reimport habe die Beklagte einen Vermögenszuwachs im Sinne des § 852 BGB erlangt. Auch wenn sie beim Verkauf eines Neufahrzeugs ins EU-Ausland den Kaufpreis unmittelbar von dem erwerbenden Händler erhalte, habe sie den Kaufpreis im vorliegenden Fall bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht auf dessen Kosten, sondern auf Kosten des Klägers erlangt. Die Beklagte habe in einer mit der Berufungserwiderung vorgelegten Anlage dargelegt, dass sie als Herstellerin jedes einzelne Kraftfahrzeug sowohl innerhalb als auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland an einen Vertragshändler übergebe, der es regelmäßig mit einer Händlermarge an den Endkunden verkaufe. Ein Unterschied zwischen einem Direkterwerb beim deutschen Vertragshändler und dem hiesigen Fall, bei dem das Fahrzeug über den Umweg eines ausländischen Vertragshändlers und eines Reimport-Unternehmens an den Endverbraucher übergeben werde, sei nicht ersichtlich. Vielmehr werde jedenfalls dann, wenn das vom Endverbraucher beim deutschen Verkäufer bestellte Fahrzeug ohne Papiere und Zulassung übergeben werde, das Fahrzeug vom deutschen Verkäufer lediglich „durchgereicht“, weshalb ein solcher Verkauf nicht außerhalb der Wertschöpfungskette der Beklagten erfolge.
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Erlangt im Sinne von § 852 Satz 1 BGB habe die Beklagte den mit dem Fahrzeug erwirtschafteten Gewinn. Deshalb seien von dem vom Kläger gezahlten Kaufpreis neben der Händlermarge auch die Kosten der Herstellung, Anmeldung und gegebenenfalls Überführung abzuziehen. Gemäß § 287 ZPO werde der Gewinn der Beklagten auf 7,5 % des Kaufpreises, also auf 2.250 € geschätzt. Diesen Betrag habe die Beklagte zu zahlen, ohne dass der Kläger im Gegenzug das Fahrzeug herauszugeben habe. Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs gehe somit ins Leere.
II.
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Die bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB auf sogenannten Restschadensersatz hat.
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1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 826 BGB auf Erstattung des von ihm für das Fahrzeug geleisteten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs hat, der bei Klageerhebung allerdings verjährt gewesen ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 24 ff. mwN, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ; Beschluss vom 15. September 2021 – VII ZR 294/20, juris Rn. 5 ff. mwN). Die Begründung und Verjährung eines solchen aus § 826 BGB hergeleiteten Anspruchs wird von den Parteien nicht in Zweifel gezogen.
14
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht zudem im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass § 852 Abs. 1 BGB auch in den Fällen des „VW-Abgasskandals“ zur Anwendung gelangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 51 ff.; Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 12). Insbesondere steht die normative Prägung des Schadens, den der Kläger mit dem „ungewollten“ Fahrzeugkauf erlitten hat, der Anwendung von § 852 Satz 1 BGB nicht entgegen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, aaO, Rn. 65 ff.; Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 57/21, aaO). Hieran hält der Senat auch in Anbetracht der – nicht näher begründeten – Beanstandung der Revision fest.
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3. Das Berufungsgericht hat aber keine Feststellungen getroffen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Beklagte im Zuge des Fahrzeugerwerbs des Klägers etwas auf dessen Kosten erlangt hat.
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a) Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er gemäß § 852 Satz 1 BGB auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus der unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Die Verweisung auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung bezieht sich nicht auf die tatbestandlichen Voraussetzungen, sondern auf die Rechtsfolgen. Der verjährte Deliktsanspruch bleibt als solcher bestehen und wird nur in seinem durchsetzbaren Umfang auf das durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten Erlangte beschränkt, soweit es nach Maßgabe der bereicherungsrechtlichen Vorschriften zu einer Mehrung des Vermögens des Ersatzpflichtigen geführt hat (BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 52 f. mwN).
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Das Merkmal „auf Kosten … erlangt“ in § 852 Satz 1 BGB knüpft dabei an die durch die unerlaubte Handlung bewirkte Vermögensverschiebung an. Es setzt voraus, dass die unerlaubte Handlung auf Seiten des Verletzten zu einem Vermögensnachteil und auf Seiten des Ersatzpflichtigen zu einem Vermögensvorteil geführt hat. Da es sich bei dem Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB um eine Fortsetzung des Schadensersatzanspruchs in anderem rechtlichen Kleid handelt, ist für die Vermögensverschiebung eine wirtschaftliche Betrachtung maßgebend. Es kommt deshalb nicht darauf an, auf welchem Weg die Vermögensverschiebung stattgefunden hat; insbesondere muss sie sich nicht unmittelbar zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem Verletzten vollzogen haben (BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 68 mwN; Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 14; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Februar 2022 – VII ZR 365/21, NJW 2022, 1311 Rn. 27 mwN).
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b) Liegt dem Neuwagenkauf eines nach § 826 BGB durch den Fahrzeughersteller Geschädigten bei einem Händler die Bestellung des bereitzustellenden Fahrzeugs durch den Händler bei dem Hersteller zugrunde und schließen der Hersteller und der Händler einen Kaufvertrag über das Fahrzeug, aufgrund dessen der Hersteller gegen den Händler einen Anspruch auf Zahlung des Händlereinkaufspreises erlangt, ist dem Grunde nach ein Anspruch aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB gegeben, weil der schadensauslösende Vertragsschluss zwischen dem Geschädigten und dem Händler einerseits und der Erwerb des Anspruchs auf Zahlung des Händlereinkaufspreises bzw. der Erwerb des Händlereinkaufspreises durch den Hersteller andererseits auf derselben, wenn auch mittelbaren Vermögensverschiebung beruhen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 14 mwN; Urteil vom 21. März 2022 – VIa ZR 275/21, WM 2022, 745 Rn. 27). Hat der Händler dagegen das Fahrzeug unabhängig von einer Bestellung des Geschädigten vor dem Weiterverkauf auf eigene Kosten und eigenes (Absatz-)Risiko erworben, fehlt es an dem für §§ 826, 852 Satz 1 BGB erforderlichen Zurechnungszusammenhang (BGH, Urteil vom 21. März 2022, aaO, Rn. 28).
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c) Für den hier vorliegenden Fall eines EU-Reimports gilt nichts anderes. Die Beteiligung eines weiteren, im Ausland ansässigen (Zwischen-)Händlers schließt eine Vermögensverschiebung vom geschädigten Endkunden zum Hersteller im Sinne von § 852 Satz 1 BGB nicht aus. Erforderlich ist jedoch auch in einem solchen Fall, dass der Fahrzeugerwerb durch den Geschädigten zu einem korrespondierenden Vermögenszuwachs beim Hersteller führte, was nicht der Fall ist, wenn einer der beteiligten Händler das Fahrzeug unabhängig von der Bestellung des Geschädigten vor dem Weiterverkauf auf eigene Kosten und eigenes (Absatz-)Risiko erworben hatte.
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d) Daran gemessen ergibt sich aus den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten eine Vermögensverschiebung im Sinne von § 852 Satz 1 BGB stattgefunden hat. Das Berufungsgericht hat nur festgestellt, dass die Beklagte „das streitgegenständliche Fahrzeug (…) an einen Vertragshändler in einem EU-Staat ausgeliefert“ habe. Zudem hat es angenommen, der Verkauf an den Kläger sei „nicht außerhalb der Wertschöpfungskette der Beklagten erfolgt“. Ob die Auslieferung durch die Beklagte an den ausländischen Fahrzeughändler eine Folge der Bestellung vom 13. August 2014 war oder – verbunden mit einer Verlagerung des Absatzrisikos – unabhängig davon erfolgte, geht daraus nicht hervor.
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e) Entgegen der Auffassung der Revision ist unter Berücksichtigung der bislang getroffenen Feststellungen eine entsprechende Vermögensverschiebung indessen auch nicht auszuschließen. Das Landgericht hat zwar ausgeführt, eine Anwendung des § 852 Abs. 1 BGB scheide in den Konstellationen aus, in denen der Händler das Absatzrisiko trage und der Weiterverkauf für die Wertschöpfungskette der Beklagten nicht mehr relevant sei. Konkret festgestellt hat es jedoch lediglich, dass die Beklagte das Fahrzeug in das EU-Ausland verkauft habe, von wo es reimportiert worden sei. Insbesondere zur zeitlichen Abfolge hat demzufolge auch das Landgericht keine Feststellungen getroffen.
III.
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Die Anschlussrevision ist ebenfalls begründet. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann der von dem Kläger verfolgte Zahlungsanspruch nicht verneint werden.
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1. Entgegen der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Rechtsauffassung ist allerdings nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht dem Zahlungsantrag des Klägers nicht auf der Grundlage des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV und den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 entsprochen hat.
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a) Auf diese Vorschriften kann der Kläger sein Begehren nicht stützen. Der Kläger macht als verletztes Schutzgut sein wirtschaftliches Selbstbestimmungsrecht und damit den Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrags geltend. Diese Interessen werden vom Schutzzweck der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV und den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht erfasst (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 72 ff.; Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 10 ff.; Beschluss vom 4. Mai 2022 – VII ZR 656/21, juris Rn. 1 ff.).
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b) Davon abgesehen stünde einem so begründeten Anspruch ebenfalls die von der Beklagten unbeschränkt erhobene Einrede der Verjährung entgegen, § 214 Abs. 1 BGB.
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aa) Der Verjährung gemäß §§ 194 ff. BGB unterliegt der materiell-rechtliche Anspruch nach § 194 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013 – XI ZR 42/12, NJW 2014, 314 Rn. 25). Dies ist der auf Schadensersatz gerichtete Anspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 1953 – I ZR 47/52, NJW 1953, 1180, 1181; Urteil vom 19. September 1963 – VII ZR 12/62, NJW 1963, 2315). Die unerlaubte Handlung liegt hier darin, dass die Beklagte durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch Fahrzeuge in Verkehr gebracht hat, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden, und sich insoweit die Arglosigkeit sowie das Vertrauen des Klägers in Bezug auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben gezielt zunutze gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 16; vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 33). An dieses Verhalten knüpft sowohl die Haftung aus § 826 BGB als auch die von der Anschlussrevision in den Raum gestellte Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV und den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 an. Für die Verjährung des darauf beruhenden einheitlichen materiell-rechtlichen Anspruchs gälten, selbst wenn dieser auch aus § 823 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt einer Schutzgesetzverletzung hergeleitet werden könnte, mithin keine anderen Voraussetzungen als die, die auf der Grundlage des § 826 BGB gelten und hier unstreitig erfüllt sind. Dies zeigt sich auch darin, dass das Anlaufen der Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht voraussetzt, dass der Gläubiger innerhalb eines einheitlichen materiell-rechtlichen Anspruchs die einschlägige Anspruchsgrundlage ermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 26).
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bb) Ohnedies ergibt sich daraus, dass der Bundesgerichtshof im Jahr 2020 grundsätzlich klargestellt hat, der Anspruch von im Zuge des sogenannten „Dieselskandals“ sittenwidrig vorsätzlich geschädigten Erwerbern könne nicht neben § 826 BGB auf § 823 Abs. 2 BGB und eine unionsrechtlich begründete Schutzgesetzverletzung gestützt werden (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 72 ff.), auch in Verbindung mit der von der Anschlussrevision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeführten Entscheidung des XI. Zivilsenats vom 28. Oktober 2014 (XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 ff.) nichts zu ihren Gunsten. Eine aus der Entscheidung des VI. Zivilsenats und der ihr folgenden höchstrichterlichen Rechtsprechung resultierende „zweifelhafte Rechtslage“ wäre – wenn denn, wie nicht, der Anspruch aus unerlaubter Handlung auch auf § 823 Abs. 2 BGB gestützt werden könnte und die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den mit § 823 Abs. 2 BGB begründeten Anspruch andere wären als für seine Herleitung aus § 826 BGB – für den Eintritt der Verjährung bedeutungslos, weil die Entscheidung des VI. Zivilsenats vom 25. Mai 2020 nach dem innerhalb des § 199 Abs. 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt erging (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014, aaO, Rn. 45; Urteil vom 17. Dezember 2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 28).
28
2. Die Anschlussrevision beanstandet indessen zu Recht die vom Berufungsgericht vorgenommene Bemessung des – insoweit revisionsrechtlich zu unterstellenden – Restschadensersatzanspruchs des Klägers aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, ist der Restschadensersatzanspruch des Fahrzeugkäufers nicht auf den vom Hersteller mit dem Fahrzeug erzielten, hier vom Berufungsgericht auf 2.250 € geschätzten Gewinn beschränkt (BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 81 ff.; Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 16 f.).
29
Erlangt im Sinne von § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB hat die Beklagte die von ihrem Vertragspartner, mithin von dem „zwischengeschalteten“ Fahrzeughändler aus einem anderen EU-Mitgliedstaat, ihr gegenüber erbrachte Leistung (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 82; Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 16). Dieser von der Beklagten erlangte Händlereinkaufspreis ist nicht um den ihr bei der Herstellung und Bereitstellung des Fahrzeugs entstandenen Aufwand zu kürzen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bestimmen solche Aufwendungen das nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB Erlangte nicht mit. Sie sind auch nicht nach § 818 Abs. 3 BGB berücksichtigungsfähig, weil der Beklagten im Falle eines bestehenden Restschadensersatzanspruchs des Klägers die Berufung auf eine mögliche Minderung ihrer Bereicherung nach § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1 BGB verwehrt ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, aaO, Rn. 86 ff.). Wie der ursprünglich bestehende Schadensersatzanspruch unterliegt der Restschadensersatzanspruch der Vorteilsausgleichung (vgl. zur Berechnung des Restschadensersatzanspruchs im Einzelnen BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 57/21, aaO, Rn. 16 f.).
30
3. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger könne nicht die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten verlangen, kann danach ebenfalls keinen Bestand haben (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 18). Ob der Kläger eine Herausgabe des Fahrzeugs in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 85; Urteil vom 21. Februar 2022 – VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 102 mwN), hat das Berufungsgericht nicht geprüft und kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.
IV.
31
Nach alledem ist das angefochtene Urteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- Menges
- Möhring
- Krüger
- Liepin
- Vogt-Beheim