BVerwG 6. Senat, Beschluss vom 09.06.2022, AZ 6 VR 2/21, ECLI:DE:BVerwG:2022:090622B6VR2.21.0
Tenor
Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom … wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren auf 15 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1
Der Antragsteller beantragt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat – jetzt Bundesministerium des Innern und für Heimat – (BMI) vom …, mit der er als Ersatzorganisation des verbotenen Vereins W. e.V. verboten und aufgelöst wurde.
2
Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, der am … gegründet und am … in das Vereinsregister eingetragen wurde. Nach § 2 Abs. 1 seiner Vereinssatzung ist Zweck des Antragstellers die Unterstützung des Zusammenlebens von deutschen und libanesisch-stämmigen Familien in Form von verschiedenen Projekten. Als solche listet die Satzung die Förderung des Verständnisses und Zusammenlebens, die Förderung der libanesischen Kultur, die Organisation von Nachhilfeunterricht und die Förderung der arabischen Sprache auf. Darüber hinaus werden humanitäre Projekte für den Libanon als Vereinszweck genannt und hierzu ergänzend ausgeführt „Unterstützung von Hilfsprojekten im Libanon unabhängig vom Ort und von der Religionsgemeinschaft; medizinische Projekte, Patenschaftsprojekte für Waisenkinder, Behindertenprojekte“. Bei Auflösung des Vereins soll das Vereinsvermögen an das I. e.V. fallen.
3
Mit Verfügung vom … verbot das BMI den Spendensammelverein W. e.V. – zu diesem Zeitpunkt umbenannt in F. e.V. – weil er sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtete. Als Vereinszwecke nannte die Satzung des W. e.V. „die Unterstützung der Familien und Kinder von Kriegsgefallenen, Verstorbenen und Körperbehinderten, vor allem solcher im Libanon“. Als weiterer Zweck war die „Organisation und Schaffung von Nachhilfemöglichkeiten insbesondere für Schüler mit sogenanntem Migrationshintergrund unabhängig vom jeweils besuchten Schultyp“ genannt. Diese Ziele sollten laut Satzung durch Patenschaftsprojekte, medizinische Projekte und Behindertenprojekte sowie durch die Förderung von Schülern und Studenten und Nachhilfeunterricht verwirklicht werden. Das Verbot des W. e.V. wurde mit den Spendenleistungen des Vereins an die S. Stiftung im Libanon begründet. Diese Stiftung sei Teil des sozialen Netzwerkes der Hizb Allah und unterstütze Waisenkinder und Hinterbliebene von Kämpfern der Hizb Allah. Ihre Tätigkeit ziele darauf ab, durch das Inaussichtstellen sozialer Absicherung der Hinterbliebenen von Hizb Allah-Kämpfern die Bereitschaft zu militärischem oder terroristischem Kampf zu wecken und zu stärken. Die Hizb Allah sei als völkerverständigungswidrige Organisation anzusehen, weil sie das Existenzrecht des Staates Israel offen in Frage stelle und zu dessen gewaltsamer Beseitigung aufrufe. Mit Urteil vom 16. November 2015 – 1 A 4.15 – (BVerwGE 153, 211) bestätigte das Bundesverwaltungsgericht das Vereinsverbot. Eine hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos (BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 2019 – 1 BvR 385/16 – NVwZ 2020, 226).
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Mit streitgegenständlicher Verfügung vom … stellte das BMI fest, dass der Antragsteller sowie zwei weitere Vereine Ersatzorganisationen des verbotenen W. e.V. sind, verbot sie und löste sie auf. Die Verwendung ihrer Kennzeichen wurde ebenso verboten wie ihre Internetauftritte und Kanäle in sozialen Netzwerken. Ihr Vermögen und – unter bestimmten Voraussetzungen – Sachen Dritter wurden beschlagnahmt und zugunsten des Bundes eingezogen. Darüber hinaus wurde die Beschlagnahme und Einziehung von Forderungen Dritter gegen den Antragsteller und die beiden anderen Vereine angeordnet. Zur Begründung führte das BMI im Wesentlichen aus, der Antragsteller sowie die weiteren Vereine verfolgten als organisatorisches Gesamtgefüge die völkerverständigungswidrigen Bestrebungen des W. e.V. weiter. Sie seien in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu dem Verbot des W. e.V. gegründet worden, wiesen personelle Verflechtungen mit dem W. e.V. auf und träten nach Art der Betätigung und Zielsetzung funktionell an die Stelle des verbotenen Vereins. Die Satzungen des W. e.V. und des Antragstellers stimmten formell und inhaltlich weitgehend überein. Ein wesentliches Ziel des Antragstellers – wie des W. e.V. – sei es, durch Spendensammlungen und die Vermittlung von Patenschaften die Familien der „Märtyrer“ der Hizb Allah zu unterstützen. Die aktuellen sowie ehemaligen Führungspersonen des Antragstellers und der beiden anderen Vereine sowie die maßgeblichen Akteure im Vereinsumfeld seien mehrheitlich bereits beim W. e.V. aktiv gewesen oder durch Betätigungen in Hizb-Allah-nahen Vereinen bekannt. Die handelnden Akteure verstünden sich als Nachfolge des W. e.V. und handelten in dem Bewusstsein, die durch das Verbot des Vereins W. e.V. entstandene Lücke in der Patenschaftsvermittlung und Spendenakquise auffüllen zu wollen. Die Aktivitäten des Antragstellers erfolgten nicht für die Vereinsarbeit in Deutschland, sondern kämen überwiegend dem Libanon, insbesondere der S. Stiftung und damit der Hizb Allah zugute. Es bestehe auch eine ideologische Nähe der Vereine zur Hizb Allah. Das Verbot der Ersatzorganisationen sei auch verhältnismäßig und genüge den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention.
5
Am 18. Juni 2021 hat der Antragsteller Klage gegen die Verfügung vom … erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung seines Antrags führt er im Wesentlichen aus: Die Verfügung sei formell rechtswidrig, weil der Antragsteller nicht zuvor angehört und sie zudem an die falsche Adresse zugestellt worden sei. Das Verbot sei auch materiell rechtswidrig. Der Antragsteller sei keine Ersatzorganisation des W. e.V. Er habe keine Spenden gesammelt, um diese in den Libanon zu überführen und an die S. Stiftung oder andere Organisationen zu übergeben, sondern ausschließlich Spenden zur Finanzierung seines Moscheeprojekts in Ga. eingenommen. Dies könne durch seine Kontounterlagen nachgewiesen werden. Es habe keinerlei Geldfluss in den Libanon gegeben. Aus der Verbotsverfügung ergebe sich auch nicht, wer wann wieviel Geld in den Libanon überführt haben solle. Zudem sei die Annahme unzutreffend, er habe Vereinsaktivitäten erst nach dem rechtskräftigen Verbot des W. e.V. aufgenommen. Die ihm, dem Antragsteller, zugrundeliegende Gemeinde sei seit 2010/2011 aktiv und habe Veranstaltungen zu Ashura/Muharram abgehalten sowie Arabisch- und Islamunterricht für Kinder und Jugendliche angeboten. Zu den von der Antragsgegnerin angeführten personellen Verflechtungen sei anzumerken, dass nicht automatisch von der Beteiligung des Ho. auf die Absicht geschlossen werden dürfe, Spenden für den Libanon zu sammeln. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass vermeintliche Mitglieder des W. e.V. im Zeitpunkt des Bestehens des W. e.V. eine konkurrierende Organisation mit angeblich identischen Zielen gründen sollten. Zudem sei bei einigen seiner Gründungsmitglieder unklar, warum die Antragsgegnerin von ihrer Mitgliedschaft im W. e.V. ausgehe. Die von der Antragsgegnerin angeführten Gespräche über Geldtransfers in den Libanon hätten private Übersendungen betroffen, die nicht in Zusammenhang mit Vereinstätigkeiten gestanden hätten. Das Verbot sei zudem unverhältnismäßig. Die Gesamtabwägung aller Interessen müsse zu seinen Gunsten ausgehen.
6
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung vom … anzuordnen.
7
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
8
Sie erachtet die streitgegenständliche Verfügung als rechtmäßig und das öffentliche Interesse an der Vollziehung für überwiegend.
9
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und des anhängigen Klageverfahrens (BVerwG 6 A 6.21) sowie der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
II
10
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist statthaft, soweit die Verfügung vom … nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 8 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz – VereinsG) vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593) i. d. F. des Gesetzes vom 30. November 2020 (BGBl. I S. 2600) sofort vollziehbar ist, und auch im Übrigen zulässig. Er ist jedoch unbegründet. Bei der im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung gebührt dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verbotsverfügung der Vorrang vor dem Interesse des Antragstellers am Aufschub der Vollziehung. Dies folgt daraus, dass die erhobene Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird (1.) und Gründe, von der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 8 Abs. 2 Satz 3 VereinsG abzusehen, nicht ersichtlich sind (2.).
11
1. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung entfiele, wenn die vom Antragsteller erhobene Klage gegen die Verbotsverfügung voraussichtlich Erfolg hätte (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. April 1995 – 1 VR 9.94 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 21 S. 41 und vom 21. September 2020 – 6 VR 1.20 – juris Rn. 10). Hiervon ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht auszugehen. Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass die Verbotsverfügung in § 8 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 3 VereinsG ihre rechtliche Grundlage findet. Die Verfügung ist wirksam (a)) und nach der hier allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Erlasses weder formell (b)) noch materiell-rechtlich zu beanstanden (c)).
12
a) Die angefochtene Verfügung ist gegenüber dem Antragsteller wirksam geworden. Die Zustellung wurde auf Ersuchen der Antragsgegnerin im Wege der Amtshilfe durch Landesbehörden bewirkt. Etwaige Mängel der von § 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 3 Abs. 4 VereinsG geforderten Zustellung als besonders formalisierter Form der Bekanntgabe (Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 41 Rn. 56), die nach § 7 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 LVwZG RP und § 6 Abs. 2 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) vom 12. August 2005 (BGBl. I S. 2354) i. d. F. des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745) an den gesetzlichen Vertreter des Antragstellers zu bewirken war, sind jedenfalls nach § 1 Abs. 1 LVwZG RP i. V. m. § 8 VwZG geheilt worden. Denn der 1. Vorsitzende des Antragstellers, Herr K., hat unstreitig Kenntnis von der Verbotsverfügung erlangt.
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b) Durchgreifende Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Verfügung vom … bestehen nicht.
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aa) Die Zuständigkeit des BMI ergibt sich aus § 8 Abs. 2 Satz 2, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VereinsG. Hiernach ist das BMI Verbotsbehörde für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Zuständigkeitsbegründend ist danach unter anderem bereits, dass die betroffene Vereinigung über das Gebiet eines Bundeslandes hinaus durch nicht ganz unbedeutende Tätigkeiten anhaltend in Erscheinung tritt, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese für sich genommen den Verbotstatbestand erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. August 2009 – 6 A 3.08 – BVerwGE 134, 275 Rn. 12). Dies ist hier bereits deshalb der Fall, weil der Antragsteller, der seinen Sitz in Rheinland-Pfalz hat, auch in anderen Bundesländern Veranstaltungen organisiert und beworben hat, so z. B. in den Jahren 2015 und 2016 die Vorführung des Films „Die Prinzessin von Rom“ in Niedersachsen (H.), Nordrhein-Westfalen (O.) und B. Zudem hat er, wie die nachstehenden Ausführungen aufzeigen, Spendengelder in den Libanon transferiert und ist auch damit außerhalb von Rheinland-Pfalz tätig geworden.
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bb) Eine vorherige Anhörung des Antragstellers war nicht erforderlich. Das in § 28 Abs. 1 VwVfG zum Ausdruck kommende rechtsstaatliche Gebot, dem Betroffenen vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, gilt nicht zwingend in jedem Fall. Eine Anhörung vor Erlass eines solchen Verwaltungsakts ist etwa gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG entbehrlich, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Im Fall eines Vereinsverbots ist es demgemäß sowohl einfachgesetzlich als auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, von einer Anhörung abzusehen, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass sonst aufgrund des mit der Anhörung verbundenen „Ankündigungseffekts“ Beweismittel und Vermögenswerte beiseitegeschafft und dem behördlichen Zugriff entzogen werden (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 1 BvR 1474/12 u. a. – BVerfGE 149, 160 Rn. 161; BVerwG, Urteile vom 13. Januar 2016 – 1 A 2.15 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 69 Rn. 34 und vom 26. Januar 2022 – 6 A 7.19 – juris Rn. 36; Beschluss vom 21. September 2020 – 6 VR 1.20 – juris Rn. 11 f.). Diese Grundsätze gelten auch bei dem Verbot einer Ersatzorganisation (vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 28. Oktober 1999 – 1 A 4.98 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 31 S. 19). Die Entscheidung über den Verzicht auf die Anhörung steht im behördlichen Ermessen, bedarf einer Abwägung aller dafür und dagegen sprechenden Gesichtspunkte sowie einer Begründung, die erkennen lässt, auf welchen Erwägungen das Absehen von der Anhörung beruht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2022 – 6 A 7.19 – juris Rn. 36; VGH Kassel, Beschluss vom 23. September 2011 – 6 B 1701/11 – NVwZ-RR 2012, 163 <164> m. w. N.).
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Dies zugrunde gelegt konnte das BMI rechtsfehlerfrei von einer Anhörung des Antragstellers absehen. Die in der angefochtenen Verfügung angegebene Begründung der Ermessensentscheidung trägt. Die Annahme des BMI, der mit dem Verbot bezweckte Erfolg einer Zerschlagung der Vereinsstrukturen und der Sicherstellung des Vereinsvermögens wäre durch die mit der Anhörung verbundene Unterrichtung der Betroffenen über das bevorstehende Verbot gefährdet, weil Infrastruktur und Vermögen des Antragstellers vor dem Zugriff geschützt worden wären, begegnet keinen Bedenken. Soweit der Antragsteller dagegen einwendet, sein Hauptvermögen sei ein Grundstück, das er kaum innerhalb kürzerer Zeit hätte verwerten können, ist bereits nichts dafür ersichtlich, dass dieser Umstand dem BMI bei Erlass der Verfügung bekannt war oder hätte bekannt sein müssen und damit vom ihm zu berücksichtigen gewesen wäre. Überdies steht der Einwand des Antragstellers der Annahme einer Gefahr des Beiseiteschaffens von weiterem Vermögen und Unterlagen des Vereins nicht entgegen.
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c) In materieller Hinsicht findet das Verbot des Antragstellers bei der allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung seine Grundlage in § 8 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 VereinsG.
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aa) Gemäß § 8 Abs. 1 VereinsG ist es verboten, Organisationen zu bilden, die verfassungswidrige Bestrebungen (Art. 9 Abs. 2 GG) eines nach § 3 VereinsG verbotenen Vereins an dessen Stelle weiterverfolgen (Ersatzorganisation) oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen. § 8 Abs. 2 Satz 1 VereinsG bestimmt, dass gegen eine Ersatzorganisation, die Verein im Sinne des Vereinsgesetzes ist, zur verwaltungsmäßigen Durchführung dieses Verbots nur auf Grund einer besonderen Verfügung vorgegangen werden kann, in der festgestellt wird, dass sie Ersatzorganisation des verbotenen Vereins ist. Für die Ersatzorganisationen gelten die §§ 3 bis 7 und §§ 10 bis 13 VereinsG entsprechend (§ 8 Abs. 2 Satz 2 VereinsG).
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Eine Ersatzorganisation ist ein Personenzusammenschluss, der an Stelle der aufgelösten Vereinigung deren verfassungsfeindliche Nah-, Teil- oder Endziele ganz oder teilweise, kürzere oder längere Zeit, örtlich oder überörtlich, offen oder verhüllt, weiterverfolgt oder weiterverfolgen will (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1961 – 3 StR 25/61 – BGHSt 16, 264 <266 f.> zum Begriff der Ersatzorganisation i. S. d. § 46 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG; Albrecht, in: Albrecht/Roggenkamp, VereinsG, 1. Aufl. 2014, § 8 Rn. 8; Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, VereinsG § 8 Rn. 3). Beide sind organisatorisch nicht „dasselbe“, wollen aber funktionell „dasselbe“ (BVerwG, Gerichtsbescheid vom 28. Oktober 1999 – 1 A 4.98 – Buchholz 402.45 Nr. 31 S. 19). Auf die Form und die räumliche Ausdehnung der neuen Organisation kommt es dabei nicht entscheidend an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. März 1957 – 1 BvB 2/51 – BVerfGE 6, 300 <307>). Dem Zweck des Verbots von Ersatzorganisationen entsprechend, eine Umgehung des Vereinsverbots durch die Gründung von neuen Organisationen zu verhindern, ist der Begriff nicht eng auszulegen. Ausreichend ist, dass der verbotene Verein und die Ersatzorganisation die gleiche Zielrichtung verfolgen. Dabei folgt aus dem Hinweis auf Art. 9 Abs. 2 GG in § 8 Abs. 1 VereinsG, dass „verfassungswidrige Bestrebungen“ im Sinne des § 8 Abs. 1 VereinsG alle drei Verbotstatbestände des § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG bzw. des Art. 9 Abs. 2 GG einschließen und damit auch die Bildung von Ersatzorganisationen strafgesetz- oder völkerverständigungswidriger Vereine verboten ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. September 1995 – 1 VR 2.95 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 23 S. 65 f.; BT-Drs. 4/430 S. 18).
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Ob der neu geschaffene Verein die Funktion des bereits verbotenen Vereins übernimmt, ist u. a. anhand der in der Organisation wirksamen Kräfte, ihrer Betätigung, ihrer Ziele, der von ihr Angesprochenen und der Geschehensabläufe zwischen Verbot der Vereinigung und Bildung der neuen Organisation zu beurteilen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf einzelne Kriterien an, vielmehr sind die Umstände in ihrer Gesamtheit zu würdigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. September 1995 – 1 VR 2.95 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 23 S. 67 und Gerichtsbescheid vom 28. Oktober 1999 – 1 A 4.98 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 31 S. 19; BVerfG, Beschluss vom 21. März 1957 – 1 BvB 2/51 – BVerfGE 6, 300 <307>; siehe auch BT-Drs. 4/430 S. 18).
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Die Fortführung einer bestehenden Organisation als Ersatzorganisation ist deren Bildung gleichgestellt und folglich ebenso verboten. Eine derartige Fortführung kann insbesondere durch die Unterwanderung eines bereits bestehenden Vereins geschehen (vgl. BT-Drs. 4/430 S. 18). Wird im Hinblick auf ein befürchtetes Vereinsverbot ein anderer Verein sozusagen „auf Vorrat“ gegründet, damit dieser dann die Bestrebungen fortsetzen kann, so handelt es sich noch nicht zwingend um eine Ersatzorganisation i. S. d. § 8 Abs. 1 VereinsG. Das Vorliegen einer Ersatzorganisation ist in einem solchen Fall aber dann zu bejahen, wenn eine vorsorglich gegründete und bislang nicht oder nicht einschlägig aktive Vorratsvereinigung nach dem Verbot des ursprünglichen Vereins eingesetzt wird, um nunmehr mit ihr die verfassungswidrigen Bestrebungen des verbotenen Vereins an dessen Stelle weiterzuverfolgen.
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bb) Hiervon ausgehend erweist sich die Annahme der Antragsgegnerin, der Antragsteller sei Ersatzorganisation des verbotenen Vereins W. e.V., auf Grundlage der gebotenen summarischen Prüfung als tragfähig. Dies ergibt sich anhand einer Gesamtwürdigung der folgenden Umstände:
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(1) Für die Übernahme der Funktion des verbotenen W. e.V. durch den Antragsteller spricht bereits ein Vergleich der beiden Vereinssatzungen. Er zeigt, dass sich die Ziele des W. e.V. und des Antragstellers weitestgehend entsprechen und Vereinszweck die Unterstützung von Hilfsprojekten im Libanon ist. Insbesondere die konkrete Zweckverfolgung durch Patenschaftsprojekte, medizinische Projekte und Behindertenprojekte ist in beiden Satzungen übereinstimmend aufgeführt. Zudem sehen beide Satzungen vor, dass das Vereinsvermögen bei Auflösung an das I. e.V. fällt. Dass es sich bei letzterem – so der Antragsteller – um einen bloßen Zufall handeln soll, betrachtet der Senat angesichts der folgenden weiteren Umstände, insbesondere der Beteiligung von Vertretern des W. e.V. an der Gründung des Antragstellers (siehe dazu sogleich unter (2)), als nicht plausibel.
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(2) Die Umstände der Gründung des Antragstellers sprechen ebenfalls dafür, dass dieser gemeinsam mit anderen Vereinen die Funktion des W. e.V. übernehmen sollte und hierfür von dem W. e.V. gegründet worden ist. So hatte der W. e.V. offenbar eine aktive Rolle bei der Gründung des Antragstellers. Dies geht aus einem am 14. Februar 2014 zwischen Ch., einem Gründungsmitglied des Antragstellers, und Gh., dem 2. Vorsitzenden des W. e.V., geführten Telefongespräch hervor, nach dem der Vorstand des W. e.V. mit der Fertigstellung der Satzung des Antragstellers befasst war. Zudem wurde die Frage, wer als Gründungsmitglied des Antragstellers aufgenommen werden könne, zwischen den beiden Gesprächspartnern erörtert.
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Die Annahme, dass der Antragsteller und weitere Vereine gegründet wurden, um bei staatlichem Vorgehen gegen den W. e.V. einen Ersatz für diesen zu haben, wird auch durch ein früheres Gespräch zwischen den beiden Vorstandsmitgliedern des W. e.V. – Ka. und Gh. – vom 18. Juli 2013 gestützt, in dem diese die Idee von Ho. erörterten, als Reaktion auf die Kündigung des Vereinskontos durch die kontoführende Bank statt eines Umzugs und einer Umbenennung des W. e.V. insgesamt fünf selbstständige Vereine an fünf verschiedenen Standorten zu gründen. Hierbei ging es – anders als der Antragsteller geltend macht – nicht um allgemeine Überlegungen zur Zukunft des Vereins, sondern vielmehr – wie sich etwa aus den Erörterungen zur Beobachtung durch den Verfassungsschutz und zur Gefahr, dass der Verein „dicht gemacht“ werde, ergibt – gezielt um die Frage, wie auf die Gefahr des staatlichen Einschreitens gegen den W. e.V. und die damit einhergehende Kündigung des Vereinskontos reagiert werden sollte. Diesen Plänen entsprach offensichtlich die Gründung des Antragstellers und weiterer Vereine. Soweit der Antragsteller vorbringt, in diesem Gespräch dürfte es um den Aufbau selbstständiger Niederlassungen des W. e.V. gegangen sein, steht dies der Annahme, dass der Antragsteller eine dieser selbstständigen Organisationen darstellt, nicht entgegen.
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Diese Bewertung wird auch gestützt durch eine Äußerung Ka., der von 2013 bis zur Rechtskraft des Verbots 1. Vorsitzender des W. e.V. war, bei einem Treffen von Vertretern libanesischer Vereine im März 2017. Laut einem Behördenzeugnis (zu dessen Beweiskraft vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2022 – 6 A 7.19 – juris Rn. 55) des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) erklärte Ka. bei diesem Treffen, es gebe mittlerweile „vier Vereinsvertretungen“ des W.-Projekts in Deutschland und er könne für alle sprechen. Der Umstand, dass Ka. kein Mitglied des Antragstellers war und – wie der Antragsteller geltend macht – nicht für diesen sprechen könne, ist insoweit nicht entscheidend; jedenfalls ergibt sich aus der Äußerung Ka., dass aus Sicht des W. e.V. eine Fortsetzung seiner Tätigkeit durch andere Organisationen erfolgen sollte.
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(3) Auch die personellen Verflechtungen zwischen dem Antragsteller und dem W. e.V. bieten deutliche Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller gegründet wurde, um für den Fall eines Verbots des W. e.V. dessen Tätigkeiten fortzuführen. Mehrere Gründungsmitglieder des Antragstellers gehörten zum Zeitpunkt der Gründung auch dem W. e.V. an. So wurde in der Gründungsversammlung am … Ho. zum 1. Vorsitzenden des Antragstellers gewählt. Er war zuvor – was der Antragsteller nicht in Abrede stellt – Gründungsmitglied des W. e.V. und von 1997 bis 2006 1. Vorsitzender des W. e.V., danach 2. Vorsitzender bis 2013. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand des W. e.V. war er als Vereinsmitglied weiter maßgeblich in die Vereinsarbeit eingebunden; so fand etwa die Vorstandssitzung vom 18. Januar 2014, in der über die Änderung des Vereinsnamens beraten wurde, in seiner Wohnung in G. statt. Ho. hatte das Amt des Vorsitzenden des Antragstellers bis zum April 2019 inne; danach bezog er jedenfalls teilweise ein Gehalt vom Antragsteller und war über diesen krankenversichert. Zum 2. Vorsitzenden des Antragstellers wurde in der Gründungsversammlung C. gewählt. Er war zu diesem Zeitpunkt Mitglied des W. e.V. Dies wird dadurch belegt, dass er in einer dem Protokoll der Mitgliederversammlung des W. e.V. am 22. Februar 2014 beigefügten Teilnahmeliste als „Unterzeichnender“ aufgeführt wird. Dass es sich bei den in dieser Liste aufgeführten Personen nicht um Mitglieder des Vereins, sondern lediglich um Personen gehandelt haben könnte, die Patenschaften übernommen hatten, wie der Antragsteller geltend macht, ist nicht ersichtlich. Das Versammlungsprotokoll spricht davon, dass zu dem Treffen fünf Vorstandsmitglieder und 70 Mitglieder erschienen seien; weitere Personengruppen werden nicht erwähnt. Die Gesamtzahl von 75 anwesenden Mitgliedern entspricht der Anzahl der in der Liste aufgeführten Personen. Die dargestellte Besetzung des Vorstands des Antragstellers macht deutlich, dass frühere Funktionäre bzw. Mitglieder des W. e.V. maßgeblichen Einfluss auf die Angelegenheiten des Antragstellers hatten.
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Darüber hinaus gehörte Ch., der Vater des C., zu den Gründungsmitgliedern des Antragstellers. Er war zum Zeitpunkt der Gründung des Antragstellers ebenfalls Mitglied des W. e.V. und zudem am 26. Januar 2013 in den Vorstand des W. e.V. gewählt worden. Ch. war kein Vorstandsmitglied des Antragstellers, nach Angaben des Antragstellers aber beauftragt, bestimmte Aufgaben, etwa im Bereich Finanzen und Außenvertretung wahrzunehmen. Hinzu kommt ein weiteres Gründungsmitglied des Antragstellers, das zum Zeitpunkt der Gründung des Antragstellers Mitglied des W. e.V. war. K., der Gründungsmitglied des Antragstellers und seit April 2018 dessen 1. Vorsitzender ist, hatte jedenfalls Beziehungen zum W. e.V. Dabei kann offen bleiben, ob sich aus dem an den W. e.V. gerichteten „Spardosenantrag“ ein Beleg für die Mitgliedschaft K. ergibt. Jedenfalls wird hieraus deutlich, dass K. an den Spendensammelaktionen des W. e.V. beteiligt war und Verbindungen zu dessen Vereinstätigkeit hatte.
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Der vom Antragsteller angesichts dieser personellen Verflechtungen geäußerte Einwand, es sei nicht nachvollziehbar, dass Mitglieder des W. e.V. im Zeitpunkt seines Bestehens eine konkurrierende Organisation mit identischen Zielen gründen sollten, verfängt nicht. Die dargestellten Verbindungen lassen sich schlüssig damit erklären, dass gerade kein konkurrierender Verein gegründet wurde, sondern sich unter der neuen Organisation des Antragstellers Mitglieder und Funktionäre des W. e.V. sammeln und die Tätigkeiten des W. e.V. bei Bedarf weiterführen sollten. Hierfür spricht auch, dass der Antragsteller auf seiner Facebook-Seite am 7. Februar 2015 einen Aufruf für die Teilnahme an einem Taklif-Fest veröffentlichte. Hierbei wurde das Logo des W. e.V. (zu diesem Zeitpunkt bereits umbenannt in F. e.V.) gezeigt und auf diesen für weitere Informationen verwiesen, wobei der vom Antragsteller eingestellte Text stets von „wir“ und „unserer Veranstaltung“ sprach. Das zeigt, dass die beiden Vereine im Verständnis des Antragstellers gleichzusetzen waren. Diese Annahme wird durch weitere ähnliche Aufrufe des Antragstellers zur Teilnahme am Taklif-Fest vom 24. Mai 2015 und 25. Mai 2015 gestützt.
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(4) Überwiegendes spricht auch für die Annahme, dass der Antragsteller – wie der W. e.V. – Spenden gesammelt und Patenschaften der Hizb Allah-nahen S. Stiftung vermittelt hat.
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Dass der Antragsteller die Vermittlung von Patenschaften fortgeführt hat, wird durch den „Arbeitsplan für die Region Mitte 2018 – Mitte“ belegt, der bei der Auswertung der beim Vollzug des Vereinsverbots beschlagnahmten Asservate aufgefunden wurde. Er weist als Ziel für 2018 die Erhöhung des Ertrags von Patenschaften aus, was unter anderem durch den Erwerb neuer Patenschaften und die Intensivierung der Patenschaftsabgaben im Ramadan verwirklicht werden sollte. Erwartet wurden 73 000 $ im Jahr 2018. Die Angabe des Antragstellers, er habe keine Kenntnis von den Unterlagen und könne sich nicht erklären, wie sie in den Räumlichkeiten des Ch. bzw. Ho. hätten aufgefunden werden können, verfängt nicht. Aus dem Beschlagnahmeprotokoll des Polizeipräsidiums M. vom 19. Mai 2021 ergibt sich, dass bei der Anschrift von Ch. diverse Unterlagen beschlagnahmt wurden. Diese wurden dem BfV nach dessen Erklärung vom 25. November 2021 in zwei Kisten zur Asservatenauswertung übersandt. Durch zuständige Mitarbeiter des Fachreferates sei dabei in einer der beiden Kisten, neben Vereinsflyern und Spendenquittungen, eine Klarsichtfolie mit den drei Dokumenten „Landkarte Mitte“, „Arbeitsplan für die Region Mitte 2018“ und „Arbeitsplan für die Teilregion 2018 – M1“ im Original aufgefunden und mit der internen laufenden Nummer 1205-07/1-009 versehen worden. Angesichts dieser detaillierten Schilderung erscheint es nicht plausibel, dass die Unterlagen sich nicht in den Räumlichkeiten des Ch. befunden hatten. Auch der Einwand, es handle sich möglicherweise um Unterlagen des W. e.V., führt nicht zu entsprechenden Zweifeln. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der im Jahr 2014 verbotene W. e.V. vor Rechtskraft des Verbots im Jahr 2015 bereits Planungen für das Jahr 2018 gemacht haben soll.
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Die Behauptung des Antragstellers, er habe – abgesehen von einer Spendendosenaktion im Jahr 2021 – keine Spenden zur Verwendung im Libanon gesammelt, ist bereits deshalb unschlüssig, weil die Unterstützung von Hilfsprojekten im Libanon nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f seiner Satzung Vereinszweck ist. Dass der Antragsteller in einem Zeitraum von sieben Jahren zwischen seiner Gründung und dem Erlass des streitgegenständlichen Verbots allein Spenden für sein Moscheebauprojekt eingeworben haben soll, wie er behauptet, erscheint vor diesem Hintergrund unplausibel. Auch aus den vom Antragsteller vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich nicht, dass er allein Spenden für den Moscheebau in Ga. gesammelt hat. Vielmehr weist der überwiegende Teil der als Spende bezeichneten Gutschriften keinen Verwendungszweck oder aber einen nicht den Moscheebau betreffenden wie „Corona“ oder die Hilfe für Opfer der Explosion in Beirut auf. Darüber hinaus gibt es Bareinzahlungen in erheblicher Höhe, bei denen sich ein Spendenverwendungszweck nicht feststellen lässt.
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Soweit sich den vorgelegten Kontounterlagen jedenfalls für den erfassten Zeitraum vom 6. Februar 2018 bis zum 21. Mai 2021 keine Überweisungen an Hilfsorganisationen im Libanon und auch keine Barabhebungen entnehmen lassen, führt dies nicht zu dem Schluss, dass vom Verein vereinnahmte Spenden nicht an libanesische Organisationen, insbesondere die S. Stiftung, weitergegeben wurden. Vielmehr gibt es Anhaltspunkte dafür, dass hierfür andere Wege genutzt wurden. Grund für dieses Vorgehen war offenbar, dass die Einzahlung von größeren Bargeldbeträgen auf ein Bankkonto sowie Überweisungen in den Libanon durch die Vorstandsvorsitzenden des W. e.V. als vereinsrechtliches Problem erkannt worden war, weil – so in einem Gespräch zwischen Ka. und Gh. am 18. Juli 2013 thematisiert – die vom Antragsteller genutzte Bank misstrauisch geworden sei und die Herkunft des Geldes hinterfragt habe, was schließlich zur Kündigung des Kontos durch die Bank geführt habe. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass durch den Antragsteller klandestine Wege des Geldmitteltransfers in den Libanon genutzt werden sollten. Es liegen zudem Indizien dafür vor – etwa die nicht anhand von Kontobewegungen nachvollziehbare Zahlung des Gehalts von Ho. -, die darauf schließen lassen, dass neben der Nutzung des Bankkontos auch andere Zahlungsflüsse bestanden haben. Auch der Umstand, dass sich eine Weiterleitung der ausdrücklich für den Libanon bestimmten Spenden den Kontounterlagen nicht entnehmen lässt, stützt die Annahme, dass die entsprechenden Geldsummen auf andere Weise in den Libanon verbracht wurden.
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Dass die vom Antragsteller vereinnahmten Spenden auch tatsächlich in den Libanon übermittelt werden sollten, ergibt sich aus mehreren Telefongesprächen über Geldtransfers in dem Libanon. Hierin erörterten Vereins- bzw. Vorstandsmitglieder Möglichkeiten, um Gelder auf anderen Wegen als dem Überweisungsweg in den Libanon zu übermitteln. Insbesondere ging es um die Suche nach Personen, die für den Antragsteller Geldbeträge in bar auf ihre Reise in den Libanon mit sich führen sollten. Der Umstand, dass beim Überbringen von Bargeld durch Reisende in den Libanon die Geldsumme auf verschiedene Personen aufgeteilt werden sollte – wohl um die Zollgrenzen von 10 000 € (vgl. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung <EU> 2018/1672 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 <ABl. L 284 S. 6>) einzuhalten -, spricht dabei für erhebliche zu transferierende Beträge. Der Einwand des Antragstellers, es sei nicht um die Weiterleitung von Spenden, sondern um rein persönliche Angelegenheiten gegangen, ist nicht überzeugend. Hiergegen spricht nicht nur die geschilderte Motivationslage des Antragstellers, sondern auch der Inhalt der Telefonate, in denen etwa über die Arbeit „an einer wichtigen Sache“, „die libanesische Sache“ und Menschen, „die Gutes tun wollten“, gesprochen wurde.
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Dabei spricht nach derzeitigen Sach- und Streitstand auch Überwiegendes dafür, dass die in den Libanon zu transferierenden Gelder weiterhin jedenfalls auch der S. Stiftung zukommen sollten. Dies folgt zum einen aus der satzungsmäßigen Unterstützung von Patenschaftsprojekten und der Vermittlung von Patenschaften seitens des Antragstellers. Zum anderen ergibt sich diese Schlussfolgerung vor allem aus dem bedeutenden Einfluss von H. auf die Tätigkeit des Antragstellers. Denn H. war zugleich für die S. Stiftung tätig und dort Verantwortlicher für Patenschaftsprojekte. Angesichts dessen Nähe zur S. Stiftung zieht das bloße Bestreiten des Antragstellers – soweit er im Hinblick auf die Spendendosen im Jahr 2021 die Sammlung von Geldern für den Libanon grundsätzlich einräumt -, es sei nicht beabsichtigt gewesen, die gesammelten Gelder an die S. Stiftung oder die Hizb Allah zu übergeben, diese Annahme nicht in Zweifel. Angaben dazu, welche anderen Hilfsprojekte oder -organisationen mit den gesammelten Geldern denn unterstützt werden sollten, macht der Antragsteller nicht.
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(5) Vor dem geschilderten Hintergrund ist der Antragsteller als Ersatzorganisation im Sinne des § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Satz 1 VereinsG, nicht hingegen als Teilorganisation im Sinne des § 3 Abs. 3 VereinsG zu betrachten. Dass er bereits vor dem Verbot des W. e.V. gegründet wurde, steht seiner Eigenschaft als Ersatzorganisation nicht entgegen, weil er nach den vorliegenden Erkenntnissen erst nach diesem Verbot eingesetzt wurde, um die Funktion des W. e.V. zu übernehmen. Zwar ist der Antragsteller auch schon vor dem Verbot des W. e.V. tätig geworfen, der Charakter der von ihm entfalteten Aktivitäten hat sich nach dem Verbot des W. e.V. aber derart geändert, dass er nunmehr als Ersatzorganisation anzusehen ist. So hat der Antragsteller vor dem Verbot des W. e.V. allein Werbung für dessen Veranstaltungen – etwa für ein Taklif-Fest im Februar 2015 und Mai 2015 – veröffentlicht. Erst nach der gerichtlichen Bestätigung des Vereinsverbots hat er in nennenswerter Weise eigene Aktivitäten entfaltet. Begonnen hat er insoweit zunächst insbesondere durch die Organisation der Vorführung des Filmes „Die Prinzessin von Rom“ ab Ende 2015. Dass es sich hierbei um eine Aktivität handelte, bei der der Antragsteller nach dem Verbot des W. e.V. nunmehr dessen Rolle jedenfalls teilweise übernehmen sollte, zeigt sich auch dadurch, dass bei der Durchführung der einzelnen Filmvorführungen mehrere frühere Mitglieder des W. e.V. bzw. F. e.V. beteiligt waren. Ob die dem Antragsteller „zugrundeliegende Gemeinde“ seit 2010/2011 aktiv gewesen ist und etwa Unterricht und Aktivitäten für Kinder und Jugendliche angeboten hat, ist damit für die Frage des Vorliegens einer Ersatzorganisation nicht relevant.
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(6) Bei einer Gesamtbetrachtung der geschilderten Umstände spricht damit Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller das verfassungswidrige Ziel der Unterstützung der Hizb Allah an Stelle des verbotenen W. e.V. weiterverfolgt. Bei seiner Entstehung waren Vertreter des W. e.V. maßgeblich beteiligt und eine Vielzahl seiner Gründungsmitglieder waren Mitglieder oder sogar Funktionäre des W. e.V. Hintergrund der Gründung des Antragstellers war dabei das Bemühen, für den Fall des staatlichen Einschreitens gegen den W. e.V. dessen Aktivitäten weiterführen zu können. Diesem Selbstverständnis entsprechend hat der Antragsteller dessen Tätigkeiten mit dem Sammeln von Spenden und der Vermittlung von Patenschaften auch tatsächlich weitergeführt. Angesichts der dargestellten Bemühungen des Antragstellers, Gelder in den Libanon zu transferieren, ohne dass dies etwa durch Kontobewegungen nachvollziehbar ist, kommt entgegen der Ansicht des Antragstellers dem Umstand, dass eine genaue Bezifferung der gesammelten und in den Libanon übermittelten Summen nicht möglich ist, keine entscheidende Bedeutung zu.
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cc) Ein milderes Mittel als die Aussprache des Verbots des Antragstellers ist nicht erkennbar. Mit seinem Einwand, auch nach seinem Verbot könne jeder, der dies wolle, für den Libanon Geld sammeln und spenden, übersieht der Antragsteller, dass die Nutzung seiner Infrastruktur und seiner Verbindungen das organisierte Sammeln und die Weiterleitung der Spenden in den Libanon gerade erst ermöglicht bzw. jedenfalls erleichtert hat. Hierdurch hat sich die vereinsspezifische Gefahr der Umgehung von Vereinsverboten durch die Bildung von Ersatzorganisationen verwirklicht. Auch vom Antragsteller vorgeschlagene Auflagen wären nicht gleich geeignet, den Zweck des Vereinsverbots zu erreichen.
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Das Verbot erweist sich bei einer Abwägung der Interessen des Antragstellers mit dem durch das Verbot verfolgten Zwecken angesichts des überragenden Gewichts des Gedankens der Völkerverständigung voraussichtlich auch nicht als unangemessen. Dies gilt auch, wenn man zugunsten des Antragstellers annimmt, dass er sich – wie er geltend macht – auf den Schutz der Glaubensfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG berufen kann. Dabei muss nicht entschieden werden, in welchem Umfang und in welchem Verhältnis zu Art. 9 GG die Bildung und der Bestand sowie das sonstige Handeln von Vereinen durch das Grundrecht der Glaubensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG geschützt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 1 BvR 1474/12 u. a. – BVerfGE 149, 160 Rn. 90). Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass die Interessen des Antragstellers den Schutz des Gedankens der Völkerverständigung überwiegen könnten.
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c) Da das Verbot und die Auflösung des Antragstellers bei der gebotenen summarischen Prüfung keinen materiell-rechtlichen Bedenken begegnen, erweisen sich auch die weiteren in der angefochtenen Verfügung getroffenen sofort vollziehbaren Regelungen, die ihre Rechtsgrundlage in den Bestimmungen des § 9 Abs. 4 und 1 VereinsG (Kennzeichenverbot) und § 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 10 VereinsG (Beschlagnahmeanordnungen) finden, als rechtmäßig. Das Verbot des Betriebs der in dem Tenor der Verfügung genannten Internetseiten etc. ergibt sich aus der Natur des Vereinsverbots und der Auflösungsanordnung, ohne dass es einer eigenen Rechtsgrundlage bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2022 – 6 A 7.19 – juris Rn. 30 m. w. N.)
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2. Besondere Umstände des Einzelfalls, die es bei voraussichtlicher Rechtmäßigkeit des Vereinsverbots dennoch gebieten könnten, in Abwägung der betroffenen Interessen der Behörde und des Antragstellers von der gesetzgeberischen Grundentscheidung der sofortigen Vollziehbarkeit des Verbots der Ersatzorganisation (§ 8 Abs. 2 Satz 3 VereinsG) abzuweichen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich am hälftigen Wert des Streitgegenstandes in der Hauptsache (vgl. dazu Ziff. 45.1.2 i. V. m. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).