BPatG München 4. Senat, Urteil vom 10.05.2022, AZ 4 Ni 25/20 (EP), ECLI:DE:BPatG:2022:100522U4Ni25.20EP.0
Tenor
In der Patentnichtigkeitssache
…
betreffend das europäische Patent EP 2 307 938 (DE 60 2008 028 203)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2022 durch die Vorsitzende Richterin Grote-Bittner sowie die Richter Dipl.-Ing. Univ. Richter, Dr. Meiser, Dipl.-Ing. Univ. Schenk und Dipl.-Ing. Dr. Herbst
für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar
Tatbestand
1
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung des Patentanspruchs 1 des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 307 938, das auf die PCT-Anmeldung PCT/EP2008/068188 (veröffentlicht als WO 2009/156010 A1; Anlage KWY8) zurückgeht, am 22. Dezember 2008 unter Inanspruchnahme der Priorität der belgischen Patentanmeldung 200800354 vom 26. Juni 2008 angemeldet und dessen Erteilung am 16. Oktober 2013 veröffentlicht worden ist. Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des im Patentregister des Deutschen Patent- und Markenamts unter dem Aktenzeichen 60 2008 028 203 geführten Streitpatents mit der Bezeichnung „Flusssteuersystem“. Nach einem Einspruchsbeschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts ist die beschränkt aufrechterhaltene Fassung des Streitpatents am 23. September 2020 als B2-Patentschrift (Anlage KWY4) veröffentlicht worden.
2
Das Streitpatent umfasst in seiner geltenden Fassung nach der B2-Schrift 17 Ansprüche mit dem unabhängigen Patentanspruch 1 und den auf diesen rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 16 sowie dem nebengeordneten Patentanspruch 17. Die Klägerin greift das Streitpatent im Umfang des Patentanspruchs 1 an und macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit und der fehlenden Patentfähigkeit geltend. Die Beklagte verteidigt den Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner geltenden Fassung.
3
Der geltende Patentanspruch 1 lautet nach Merkmalen gegliedert, ansonsten wörtlich wiedergegeben in der maßgeblichen englischen Verfahrenssprache sowie in deutscher Übersetzung wie folgt:
4
MerkmalEnglische Verfahrenssprache Deutsche Übersetzung
5
M1.1A central heating/cooling system and/or sanitary system, comprising: Zentrales Heizungs-/Kühlungssystem und/oder Sanitärsystem, welches Folgendes aufweist:
6
M1.2a common source (15) provided for delivering a liquid medium, eine gemeinsame Quelle (15), die für die Lieferung eines flüssigen Mediums vorgesehen ist,
7
M1.3a plurality of consumer devices (7) mehrere Verbrauchseinrichtungen (7),
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M1.3.1connected to the common source through a pipe system via which the medium is distributed, die [Verbrauchseinrichtungen] mit der gemeinsamen Quelle durch ein Rohrleitungssystem verbunden sind, über welches das Medium verteilt wird,
9
M1.4at least one flow control system mindestens ein Durchflusssteuerungssystem,
10
M1.4.1associated with at least one of the plurality of consumer devices and
11
das [Durchflusssteuerungssystem] mit mindestens einer der mehreren Verbrauchseinrichtungen verbunden [ist] und
12
M1.4.2provided for controlling a flow of the medium passing through a pipe part of the pipe system,
13
[das Durchflusssteuerungssystem] für die Steuerung eines Durchflusses von dem Medium vorgesehen ist, welches durch einen Rohrleitungsabschnitt des Rohrleitungssystems hindurchläuft,
14
M1.5the flow control system comprising wobei das Durchflusssteuerungssystem Folgendes aufweist:
15
M1.5.1a flow sensor (1) einen Durchflusssensor (1)
16
M1.5.1.1for sensing an actual medium flow through the pipe part
17
zum Abtasten eines tatsächlichen Mediendurchflusses durch den Rohrleitungsabschnitt
18
M1.5.1.2and outputting an electrical signal indicative of the sensed actual medium flow, und Ausgeben eines elektrischen Signals, das den abgetasteten tatsächlichen Mediendurchfluss anzeigt,
19
M1.5.2a controller (2) eine Steuerungseinheit (2),
20
M1.5.2.1in communicative connection with the flow sensor (1) die in Kommunikationsverbindung mit dem Durchflusssensor (1) steht
21
M1.5.2.2and outputting a control signal, und ein Steuersignal ausgibt,
22
M1.5.3and an orifice adjusting system (3, 4), und ein Durchlass-Regulierungssystem (3, 4),
23
M1.5.3.1in communicative connection with the controller, das in Kommunikationsverbindung mit der Steuerungseinheit ist,
24
M1.6the orifice adjusting system comprising a flow chamber with an adjustable orifice in the pipe part, wobei das Durchlass-Regulierungssystem eine Durchflusskammer mit einem regulierbaren Durchlass in dem Rohrleitungsabschnitt aufweist,
25
M1.7the orifice adjusting system being provided for adjusting the adjustable orifice in response to the control signal of the controller, wobei das Durchlass-Regulierungssystem für die Regulierung des regulierbaren Durchlasses als Reaktion auf das Steuersignal der Steuerungseinheit vorgesehen ist,
26
M1.8wherein the flow sensor is arranged outside the flow chamber wobei der Durchflusssensor außerhalb der Durchflusskammer angeordnet ist
27
M1.9and has a static measurement principle based on a wave propagating in the medium, und ein statisches Messprinzip aufweist, das auf einer sich im Medium ausbreitenden Welle basiert,
28
characterized in that / dadurch gekennzeichnet, dass
29
M1.9.0the flow sensor is an ultrasonic flow sensor or an electromagnetic flow sensor; der Durchflusssensor ein Ultraschall-Durchflusssensor oder ein elektromagnetischer Durchflusssensor ist;
30
M1.9.1the flow sensor is provided in said pipe part in a position behind the orifice adjusting system, spaced by at least a quieting section for attenuating turbulence in the medium caused by the orifice adjusting system; der Durchflusssensor in dem Rohrleitungsabschnitt in einer Position hinter dem Durchlass-Regulierungssystem bereitgestellt wird, beabstandet durch mindestens einen Beruhigungsbereich zur Verminderung der Verwirbelungen in dem Medium, welche durch das Durchlass-Regulierungssystem hervorgerufen wurden;
31
M1.10and in that the controller (2) is having as input a value representing a set medium flow, and sowie dadurch, dass die Steuerungseinheit (2) als Eingabe einen Wert aufweist, der einen festgesetzten Mediendurchfluss präsentiert, und
32
M1.11wherein the controller is provided for wobei die Steuerungseinheit vorgesehen ist, um
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M1.11.1making an evaluation on the level of flow by directly comparing the electrical signal indicative of the sensed actual medium flow with the value representing the set medium flow eine Bewertung des Durchflussniveaus vorzunehmen, durch direktes Vergleichen des elektrischen Signals, das den abgetasteten tatsächlichen Mediendurchfluss anzeigt, anhand des Wertes, der den festgesetzten Mediendurchfluss repräsentiert,
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M1.11.2and outputting the control signal based on said evaluation and thereby controlling the flow in the pipe part by means of the orifice adjusting system until the actual medium flow equals the set medium flow. und Ausgeben des Steuersignals basierend auf der Bewertung, und dadurch Steuern des Durchflusses in dem Rohrleitungsabschnitt mittels des Durchlass-Regulierungssystems, bis der tatsächliche Mediendurchfluss dem festgesetzten Mediendurchfluss entspricht.
35
Die Klägerin meint, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei nicht ausführbar offenbart. Denn die zweite Alternative des Merkmals M1.9.0, dass der Durchflusssensor ein elektronischer Durchflusssensor ist, sei nicht realisierbar, weil das Messprinzip eines solchen Durchflusssensors entgegen Merkmal M1.9 nicht auf einer Wellenausbreitung in dem Medium basiere.
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Den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit stützt die Klägerin insbesondere auf folgende Druckschriften:
37
D1 CN 1837996A
38
D2 WO 98/025086 A1
39
D3 WO 2008/039065 A1
40
D4 EP 1 775 560 A2
41
D5 US 5 341 848 A
42
D6 bis D6´´´´ Béla G. Lipták: Instrument Engineers´ Handbook (Fourth Edition), Band I: „Process Measurement and Analysis“, Kapitel 2: Flow Measurement; Kapitel 2.15: Orifices, S. 259 bis 276; Kapitel 2.26: Ultrasonic Flowmeters S.353 bis 361, Kapitel 2.1, „Application and Selection“, Introduction, Abbreviations, S. xxxix bis I, S. 151 bis 172 „Flow Measurement 2“, 2003
43
D7 Wikipedia Artikel „Durchflusssensor“ in der Fassung vom 09. Juni 2008, abgerufen am 10. September 2020 in der Versionshistorie unter https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Durchflusssensor&oldid=47064781
44
D8 R. Thorn, A. Melling: „Flow Measurement“, Kapitel 28.7 „Ultrasonic Flowmeters“, CRC Press LLC, 1999
45
D9 Auszug aus ISO 14617-7-Graphical symbols for diagrams-Part7: Basic mechanical components, Reference No: 2032, Flow straightener, Registrations date 01.09.2002
46
D10 Carl Carlander, Jerker Delsing: „Installation effects on an ultrasonic flow meter with implications for self diagnostics“, veröffentlicht unter www.elsevier.com/locate/flowmeasinst, 2000
47
D11 A. L. Johnson, B. L. Benham, D. E. Eisenhauer, R. H. Hotchkiss: Ultrasonic water measurement in irrigation pipelines with disturbed flow“, Transactions auf the ASEA. Vol. 44(4):899-910. (doi: 10.13031/2013.6254) @2001
48
D12 John Flood: „Ultrasonic Flowmeter Basics“ von Fierce Electronics in der Fassung von 1997, abgerufen am 24. November 2021 in der Versionshistorie unter www.fierceelectronics.com/components/ultrasonic-flowmeter-basics
49
D13 bis D13´´ FUJI Electric Co., Ltd.: „Instruction Manual „Portable type ultrasonic flowmeter (Portaflow), Type: FLB“, INF-TN3FLBd-E, 1998
50
D14 YOKOGAWA Electric Corporation: „User´s Manual US300FM Ultrasonic Flowmeter“, IM 01 G05B03-01E, 1
st edition, 2001
51
D15 WO 00/57111 A1
52
D16 US 2007/0191990 A1
53
Die Klägerin hält insbesondere die Druckschriften D1 und D2 für neuheitsschädlich, jedenfalls stünden diese einer erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des geltenden Patentanspruchs 1 in Verbindung mit anderen Druckschriften wie der D3, D4 oder dem Fachwissen entgegen. Des Weiteren sei der geltende Patentanspruch 1 ausgehend von der D15 in Verbindung mit allgemeinem Fachwissen oder in Verbindung mit der D16 nahegelegt. Von wesentlicher Bedeutung sei bei der Frage der Patentfähigkeit die Auslegung des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents, insbesondere der Begriff des Rohrleitungsabschnitts. Wie u.a. Abs. [0044] und die Figuren 3 und 10 der B2-Schrift zeigen, sei das Dreiwegeventil nach der Auslegung des Merkmals 1.6, wonach der Rohrleitungsabschnitt ein (Teil-) Abschnitt des Rohrleitungssystems sei, nicht im Rohrleitungsabschnitt des einheitlichen Durchlass-Regulierungssystems angeordnet.
54
Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 29. September 2021 und einen weiteren rechtlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2022 erteilt.
55
Die Klägerin beantragt,
56
das europäische Patent 2 307 938 im Umfang des Patentanspruchs 1 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
57
Die Beklagte beantragt,
58
die Klage abzuweisen.
59
Sie tritt der Auffassung der Klägerin in allen Punkten entgegen. Keine der von der Klägerin angeführten Druckschriften sei neuheitsschädlich oder lege den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nahe, insbesondere weise keines der Systeme einen Ultraschall-Durchflusssensor oder einen elektromagnetischen Durchflusssensor auf. So zeige etwa die Druckschrift D1 jedenfalls nicht das Merkmal 1.9.1. Weil die D1 mit der Druckdifferenzausgleichssteuerung eine gänzlich andere technische Lösung aufzeige als das Streitpatent, werde der Fachmann durch diese auch nicht zur Entwicklung des anspruchsgemäßen druckunabhängigen Durchflusskontrollsystems angeregt. Zudem lehre die Druckschrift D2 ein System, dass den Durchflusssensor innerhalb der Durchflusskammer vorsehe, so dass zumindest die Merkmale 1.8 und 1.9.1 fehlen. Ebenso verhalte es sich bei der D15, die eine Durchflussbegrenzung lehre, so dass diese kein geeigneter Ausgangspunkt für den Fachmann in Bezug auf die Weiterentwicklung eines Durchflussregulierungssystems sei.
60
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
61
Die Nichtigkeitsklage, mit der die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Patentfähigkeit und der nicht ausführbaren Offenbarung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 lit. a), b), Art. 52, 54, 56 EPÜ) geltend gemacht werden, ist zulässig.
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Die Nichtigkeitsklage ist aber unbegründet, weil sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in seiner geltenden Fassung sowohl als ausführbar offenbart als auch als neu und auf erfinderischer Tätigkeit beruhend erweist, mithin rechtsbeständig ist.
I.
63
1. Das Streitpatent (im Folgenden: „SPS“) betrifft ein zentrales Heizungs-/Kühlungssystem und/oder Sanitärsystem, nachstehend als Flusssteuersystem bezeichnet (vgl. SPS, Abs. [0001], Patentanspruch 1).
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Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift sind in Wohngebäuden und insbesondere in gewerblichen Gebäuden mehrere Anwendungen bekannt, die ein Rohrleitungssystem nutzen, das ein Medium von einer gemeinsamen Quelle zu einer Anzahl von über das Gebäude verteilten Verbrauchergeräten verteilt. Ein solches Rohrleitungssystem könne ein geschlossener Kreislauf sein mit einer Anzahl von Vorlaufleitungen zur Verbindung der Quelle mit den Verbrauchergeräten, z. B. Wärmetauschersysteme, und eine Anzahl von Rücklaufleitungen umfassen, die jedes der Verbrauchergeräte wieder zurück mit der gemeinsamen Quelle verbinde. Das Rohrleitungssystem könne bei Sanitäranwendungen alternativ als offener Kreislauf ohne Rücklaufleitungen ausgebildet sein. Auch eine Kombination aus einem geschlossenen (z. B. zur Beheizung von Räumen) und einem offenen Kreislauf (z.B. zur Bereitstellung von Warmwasser an Wasserhähnen) sei möglich.
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Aus solchen Systemen sei es bekannt, zur Regelung des Mediendurchflusses zu dem jeweiligen Verbrauchergeräten Regelventile mit einer einstellbaren Blende vorzusehen, wobei die Blendenstellung die Fluidmenge bestimme, die pro Zeiteinheit durch das Verbrauchergerät ströme. Bei Wärmetauscheranwendungen werde über die Blendenstellung im Regelventil die Wärmemenge eingestellt, die vom Wärmetauscher zu dem zu beheizenden Raum ströme. Neben der Blendenstellung werde die Menge des durch den Verbraucher strömenden Fluids auch vom Druck und anderen Einflussfaktoren bestimmt. Abhängig vom Abstand zwischen der gemeinsamen Quelle und dem Verbrauchergerät könne der Druck unterschiedlich sein. Dies sei insbesondere in gewerblichen Gebäuden der Fall, in denen das Rohrsystem und die Verbrauchergeräte über mehrere Stockwerke des Gebäudes verteilt seien. Zudem könne der Druck in einem Verbrauchergerät über die Zeit variieren, wenn ein Ventil zu einem oder mehreren Verbrauchergeräten in einem Rohr geschlossen oder geöffnet werde. Das Schließen eines Ventils führe zu einem Druckanstieg im Strömungsfluid, woraus eine höhere Strömungsrate und eine Erhöhung der zu den Wärmetauschern gelieferten Wärmemenge resultiere, was jedoch unerwünscht sei (vgl. SPS, Abs. [0003]). Beispielhaft verweist das Streitpatent auf die WO 2008/039065 A1, aus der ein solches Flusssteuersystem zur Regelung des Heizungssystems bekannt sei.
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Zur Bereitstellung einer druckunabhängigen Regelung der Fluidströmung durch ein Rohrsystem seien mehrere Systeme bekannt, so z. B. die WO 92/06422 A1. Als nachteilig wird in der SPS bei diesem System die Kompensierung von lediglich geringen Schwankungen des Mediendurchflusses angesehen, was dessen Einsatzbereich einschränkt (vgl. SPS [0005], [0006]. Aus der US 6 435 207 B sei ein Durchflussregelventil zur Einstellung und Messung des Mediendurchflusses in Rohrleitungen bekannt. Durch die in diesem System vorgesehene Heranziehung von Kennwerten des Regelventils könne jedoch nur ein enger Bereich von Druckschwankungen genau kompensiert werden, daher sei das System nur für den Einsatz bei einem bestimmten Nenndruck kalibrierbar. Schließlich gehe aus der US 5 927 400 A ein Durchflussregelungssystem zur Regelung des Durchflusses zu einem Wärmetauscher hervor. Nachteilig an diesem System wird in der SPS die fehlende Genauigkeit bewertet, insbesondere bei niedrigen Durchflussraten, was wiederum den Einsatzbereich des Systems einschränke (vgl. SPS, Abs. [0008]).
67
Der Erfindung liegt ausweislich der Streitpatentschrift, Abs. [0009], die Aufgabe zugrunde, ein Durchflusssteuerungssystem bereitzustellen, das
68
– einen breiten Anwendungsbereich abdeckt,
69
– unabhängig gegenüber Druckschwankungen ist,
70
– die Durchflussmenge über den gesamten Anwendungsbereich präzise regelt.
71
Diese Aufgabe soll durch die Merkmale des Gegenstands nach Patentanspruch 1 gelöst werden.
72
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 2, 3 und 10 der Streitpatentschrift zeigen Ausführungsbeispiele eines patentgemäßen zentralen Heizungs-/ Kühlungssystem und/oder Sanitärsystem gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 mit einem Durchflusssensor (1, 5) in dem Rohrleitungsabschnitt in einer Position hinter dem Durchlass-Regulierungssystem (3, 4) und beabstandet durch mindestens einen Beruhigungsbereich.
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73
Streitpatentschrift Figuren 2, 3 und 10
74
Als zuständigen Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur mit einem Abschluss als Diplom-Ingenieur oder Master of Engineering an einer Fachhochschule bzw. Hochschule für angewandte Wissenschaften und mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich von Heizungs-, Kühlungs- und Sanitärsystemen, der unter anderem über Kenntnisse in der Regelungstechnik derartiger Systeme verfügt.
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2. Dieser Fachmann legt den Merkmalen des angegriffenen Patentanspruchs 1 folgendes Verständnis zu Grunde:
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Nach den Merkmalen
M1.1, M1.2, M1.3, M1.4 sowie M1.5.1 umfasst ein zentrales Heizungs-/Kühlungssystem und/oder Sanitärsystem zwingend eine gemeinsame Quelle, mehrere Verbrauchseinrichtungen und ein Durchflusssteuerungssystem mit einem Durchflusssensor und einer Steuerungseinheit (vgl. Abs. [0002], [0003], [0018], [0019] und [0022] SPS).
77
Die Merkmale
M1.2, M1.3 und M1.3.1 beschreiben die Strömungsquellen und die Strömungssenken. Das Medium strömt von einer Strömungsquelle „
common source“ zu den verschiedenen Strömungssenken, die in einem Gebäude verteilt angeordnet sind. Strömungssenken im System sind Wärme- oder Kühlungssysteme und/oder Sanitärsysteme. Mitumfasst sind hierbei geschlossene Systeme wie Wärme- oder Kühlungssysteme, bei denen das Medium von der Strömungsquelle zu den Strömungssenken und über Rückführleitungen zurück zu der Strömungsquelle strömt. Alternativ kann es sich auch um offene Systeme wie Sanitärsysteme handeln, bei denen das Medium von einer Strömungsquelle zu den Strömungssenken geführt wird. Da dem System das Wasser entnommen wird, fließt es bei offenen Systemen nicht zur Strömungsquelle zurück. Weiter mitumfasst ist eine Kombination aus offenen und geschlossenen Systemen, z. B. im Gebäude angeordnete Heizungen und Wasserhähne (vgl. Abs. [0002] SPS).
78
Nach den Merkmalen
M1.4 bis M1.4.2 ist ein Durchflusssteuerungssystem mit einem oder mehreren als Strömungssenke ausgebildeten Verbrauchseinrichtungen verbunden und steuert den Durchfluss von dem Medium, das in dem Rohrleitungsabschnitt des Systems strömt. Als Rohrleitungsabschnitt ist in der Streitpatentschrift (vgl. Sp. 7 Z. 42 – 44) ein (Teil-)Abschnitt des Rohrleitungssystems, in dem das Medium von einer Quelle zu einer Vielzahl von Verbrauchern strömt, definiert. In Zusammenhang mit den Merkmalen
M1.5.1.1,
M1.6 und
M1.9.1 fließt in diesem Rohrleitungsabschnitt aus fachmännischer Sicht überall der gleiche Volumenstrom, der dem tatsächlichen Mediendurchfluss entspricht. In dem Rohrleitungsabschnitt sind das Durchlass-Regulierungssystem und beabstandet durch einen Beruhigungsbereich der Durchflusssensor gemeinsam angeordnet, so dass das Durchlass-Regulierungssystem und der Durchflusssensor von dem gleichen Mediendurchfluss durchströmt werden.
79
Soweit die Klägerin der Auffassung ist, in den Figuren 3 und 10 sei aufgrund der Anordnung des 3-Wege-Ventils 4 mit Bypassleitung 16 im Rohrleitungssystem nach der senatsseitigen Auslegung des
Merkmals M1.4.2 kein Rohrleitungsabschnitt gezeigt, ist dies unzutreffend. Denn aus fachmännischer Sicht beginnt der anspruchsgemäße Rohrleitungsabschnitt
am Ausgang der Durchflusskammer des Durchlass-Regulierungssystem „
three-way control valve 4“ hinter der Abzweigung der Bypassleitung 16 (siehe obige Figur 3 der SPS mit senatsseitig hinzugefügten roten Markierungen), weil dort nach der Aufteilung des von der Quelle kommenden Gesamtmediendurchflusses der für die Durchflussregelung in dem Rohrleitungsabschnitt maßgebliche Mediendurchfluss beginnt. Ein Rohrleitungsabschnitt beginnt und endet dort, wo er sich aufteilt. Denn aus den Abs. [0043] und [0044] SPS in Verbindung mit Figur 3 ergibt sich, dass aus einer Quelle in die Zuführleitung „
supply pipe 15“ ein Gesamtvolumenstrom einströmt. Das 3-Wege-Ventil „
three-way control valve 4“ teilt den Gesamtvolumenstrom in zwei Teilvolumenströme auf, wobei ein erster Teilvolumenstrom „
first flow path“ zur Versorgung des Mediums von der gemeinsamen Quelle zu einem der Verbrauchergeräte bzw. dem Wärmetauschersystem 7 vorgesehen ist. Der zweite Teilvolumenstrom wird über die Bypassleitung „
bypass pipe 16“ direkt in die Rücklaufleitung „
return pipe17“ zurück zur gemeinsamen Quelle und geführt und fließt nicht durch das Wärmetauschersystem „
three-way valve defines a first flow path for the medium from the common source via the valve to the consumer device to the return pipe, and a second flow path from the common source via the valve and the bypass pipe to the return pipe“. Aufgrund der Offenbarung in der Streitpatentschrift geht der Fachmann davon aus, dass dieser erste Teilvolumenstrom „
first flow path“ demnach in der Durchflusskammer des 3-Wege-Ventils gebildet wird und maßgeblich ist für die Regelung des Durchflusses in diesem Rohrleitungsabschnitt. So verhält es sich auch in der erfindungsgemäßen Ausführung nach Figur 10.
80
Die Merkmale
M1.5 bis M1.7 beschreiben die Ausgestaltung des Durchflusssteuerungssystems.
81
Die Merkmale
M1.5.1 bis M1.5.2.1 fordern, dass das Durchflusssteuerungssystem zwingend einen Durchflusssensor aufweist, der dazu geeignet ist, den tatsächlichen Mediendurchfluss durch den Rohrleitungsabschnitt abzutasten und ein elektrisches Signal auszugeben, das den abgetasteten Mediendurchfluss anzeigt. Unter Durchflusssensoren versteht der Fachmann jede Art von Sensoren, die einen Durchfluss messen, unabhängig davon, welches Meßprinzip angewendet wird. Eine Einschränkung auf eine bestimmte Art des Durchflusssensors erfolgt erst durch die Merkmale 1.9 und 1.9.0.
82
Nach den Merkmalen
M1.9 und M1.9.0 soll der Durchflusssensor ein statisches Messprinzip aufweisen, das auf einer sich im Medium ausbreitenden Welle „
wave propagating“ basiert, wobei der Durchflusssensor ein Ultraschall-Durchflusssensor oder ein elektromagnetischer Durchflusssensor ist. Unter einem statischen Durchflussmesser versteht die SPS die Durchflussmessung ohne bewegliche Teile (SPS Abs. [0041]). Durch Vermeidung von beweglichen Teilen wird eine Minimierung des Verschleißes, des Risikos von Funktionsstörungen und des Wartungsbedarfs erreicht (vgl. Abs. [0019] SPS). Nach der Beschreibung der SPS kann eine Welle „
wave“ als Energiewelle, elektromagnetische Welle oder als eine im Medium induzierte Welle verstanden werden (vgl. Abs. [0020] SPS).
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Patentschriften stellen im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar. Weichen diese vom allgemeinen Sprachgebrauch ab, ist letztlich nur der aus der Patentschrift sich ergebende Begriffsinhalt maßgebend (BGH, Urteil vom 02.03.1999, Az.: X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube). Merkmal 1.9 gibt vor, dass der Durchflusssensor ein statisches Meßprinzip auf Basis einer Wellenausbreitung in dem Medium aufweist. Nach Merkmal 1.9.0 kann der Durchflusssensor ein Ultraschall-Durchflusssensor oder ein elektromagnetischer Durchflusssensor sein.
84
Unter einer Messung auf Basis eines „statischen Meßprinzips“ ist in Abs. [0019] und [0041] SPS beschrieben, dass die Durchflussmessung ohne bewegliche Teile erfolgt: „
with a static measurement principle, meaning that moving parts like for example a turbine are avoided.“.
85
Der Begriff „Wellenausbreitung in dem Medium“ ist im geltenden Patentanspruch 1 nicht weiter definiert. Für die Beurteilung entscheidend ist dabei die Sicht des in dem jeweiligen Fachgebiet tätigen Fachmanns. Der Fachmann versteht den Patentanspruch nicht allein nach dem Wortsinn, sondern mit technischem Verständnis und dem Willen, die der Erfindung zugrundeliegende technische Lehre zu ermitteln. Begriffe in dem Patentanspruch und in der Beschreibung sind deshalb so zu deuten, wie sie der Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Streitpatentschrift versteht. In diesem Zusammenhang gibt ihm die Streitpatentschrift in den Abs. [0020] und [0041] allgemeine Hinweise über die Funktionsweise von Durchflusssensoren mit einem statischen Meßprinzip basierend auf der Wellenausbreitung in dem Medium.
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86
Der Fachmann erhält in Abs. [0020] und [0041] eine konkrete Ausgestaltung über das Meßprinzip zur Ermittlung des Durchflusses mittels eines Ultraschall-Durchflusssensors, das auf der Ausbreitung mehrerer von Ultraschallwandlern erzeugten Ultraschallwellen basiert, die in das strömende Medium induziert werden.
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Darüber hinaus erhält der Fachmann auch eine Anweisung über das Messprinzip des elektromagnetischen Durchflusssensors. Hierzu ist in Abs. [0041] SPS beschrieben, dass die elektromagnetischen Wellen „
electromagnetic waves“ mit Hilfe eines Magnetfeldes „
by means of a magnetic field“ erzeugt werden. In Abs. [0020] SPS wird gelehrt, dass an die Rohrleitung ein Magnetfeld angelegt wird, wobei die Messung auf dem physikalischen Prinzip des Faraday´schen Gesetzes der elektromagnetischen Induktion beruht: „
the principle at work ist Faraday´s law of electromagnetic induction“. Der Fachmann erkennt unter Heranziehung der Beschreibung und seines Fachwissens über das physikalische Prinzip des Faraday´schen Gesetzes der elektromagnetischen Induktion, dass an dem Rohrteil ein senkrecht zur Flußrichtung orientiertes Magnetfeld angelegt wird. Strömt eine leitfähige Flüssigkeit durch das Rohrteil, werden die Ladungsträger, Ionen oder geladene Teilchen durch das Magnetfeld abgelenkt. Ihm ist geläufig, dass an jeder der beiden senkrecht zum Magnetfeld angeordneten Meßelektroden durch die Ladungstrennung eine Spannung entsteht, die mit dem Meßgerät erfasst wird, wobei die gemessene Potentialdifferenz proportional zur Strömungsgeschwindigkeit der Ladungsträger bzw. der Flüssigkeit ist.
88
Nach den Merkmalen
M1.5.2 bis M1.5.2.2 weist das Durchflusssteuerungssystem zudem zwingend eine Steuerungseinheit auf, die in Kommunikationsverbindung mit dem Durchflusssensor steht und ein Steuersignal ausgibt.
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Das Durchflusssteuerungssystem umfasst ferner gemäß
M1.5.3 ein Durchlass-Regulierungssystem, d.h. üblicherweise ein Ventil mit einem einstellbaren Durchlassquerschnitt bzw. einem regulierbaren Durchlass. Der regulierbare Durchlass ist nach Merkmal
M1.6 in einer Durchflusskammer angeordnet, was bereits auf eine eigenständige räumliche Ausgestaltung mit einer den Durchlassmechanismus umschließenden Kammer mit Ein- und Ausgängen hinweist. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben wird der Fachmann in Zusammenhang mit den Merkmalen
M1.6 und M1.8 mit der geforderten Anordnung des Durchflusssensors außerhalb der Durchflusskammer diese Merkmale so auslegen, dass eine (körperliche) Abgrenzung im Sinne einer Systemgrenze zwischen der Durchlasskammer/dem Durchlass-Regulierungssystem und dem sich daran anschließenden Rohrabschnitt vorhanden ist, da nur so eine Anordnung i.S.v. außerhalb der Durchflusskammer für den Fachmann sinnvoll möglich ist. An diese Durchflusskammer bzw. das Durchlass-Regulierungssystem schließt sich gemäß Merkmal
M1.9.1 (in Durchflussrichtung) ein Rohrleitungsabschnitt an, in dem der Durchflusssensor in einem bestimmten Abstand zum Durchfluss-Regulierungssystem bzw. zur Durchflusskammer, dem sog. Beruhigungsabschnitt, angeordnet ist. Der in Merkmal
M1.9.1 im Hinblick auf eine Strömungsberuhigung geforderte Abstand des Durchflusssensors zum Durchlass-Regulierungssystem, der „
Beruhigungsabschnitt“, ist auf Grund seiner unbestimmten Größenordnung bzw. Erstreckung entsprechend breit und funktional auszulegen. Es ist bereits dann erfüllt, wenn die von dem einstellbaren Durchlass erzeugte Turbulenz in einem Rohrleitungsabschnitt minimiert wird „
in order to minimize turbulence“, wobei die Länge des Rohrleitungsabschnitts vom Rohrdurchmesser, dem Druck und der Strömungsrate abhängt (vgl. Abs. [0026] SPS).
90
Die Merkmalsgruppe
M1.10 bis M1.11.2 beschreibt das Verfahren zur Regelung des Mediendurchflusses in der Steuereinheit und dem Durchlass-Regulierungssystem. Dabei geht aus den Merkmalen
M1.5.3.1 und
M1.7 bereits hervor, dass das Durchlass-Regulierungssystem mit der Steuereinheit über Steuersignale in Kommunikationsverbindung steht. Zudem muss das Durchlass-Regulierungssystem dazu geeignet sein, den regulierbaren Durchlass als Reaktion auf das Steuersignal der Steuerungseinheit entsprechend zu verändern. Die Steuereinheit weist als Eingangsgröße einen Wert auf, der einen festgesetzten Mediendurchfluss repräsentiert oder von einem Mediendurchfluss ableitbar ist, wenn der Wert beispielsweise eine Ziel-Raumtemperatur ist („
the value representing the set medium flow can be a desired flow value or a setting from which a desired flow value is derived, such as for example a desired room temperature“, vgl. Abs. [0016] SPS). Der Sollwert, der den festgesetzten Wert repräsentiert, kann als externes Analogsignal, Digitalsignal oder als Funksignal in die Steuereinheit eingegeben werden (vgl. Abs. [0030] SPS). Offen bleibt, ob der Wert für den festgesetzten Mediendurchfluss über weitere Rechenoperationen in einen Sollwert umgerechnet wird, so dass ein Vergleich des Istwertes mit dem Sollwert möglich ist. Das elektrische Signal, das dem durch den Durchflusssensor abgetasteten Mediendurchfluss entspricht, bildet den Istwert. Entgegen der Auffassung der Klägerin, ein Vergleich zwischen einem elektrischen Signal und einem Wert sei nicht möglich, ist der Senat der Auffassung, der Fachmann erkenne in Verbindung mit der Beschreibung in Abs. [0022], dass der Sollwert „
sensed flow“ und der Istwert „
set flow“ für einen direkten Vergleich der Regeleinrichtung geeignet sein müssen, damit diese eine Bewertung des Durchflusses „
evaluation on the level of flow“ vornehmen kann.
91
Eine Bewertung des Durchflussniveaus erfolgt durch direktes Vergleichen des Wertes für den festgesetzten Mediendurchfluss mit dem elektrischen Signal des Durchflusssensors (Soll-Ist-Vergleich), (vgl. Abs. [0022] SPS). Basierend auf dieser Bewertung des Durchflussniveaus wird ein Steuersignal ausgegeben und der Durchfluss in dem Rohrleitungsabschnitt mittels des Durchlass-Regulierungssystems so lange geregelt, bis der Ist-Wert dem Soll-Wert entspricht. Das ausgegebene Steuersignal „
output signal“ steuert einen Motor an, der den einstellbaren Durchlass „
adjustable orifice“ entsprechend betätigt (vgl. Abs. [0034] SPS).
92
3. Die in dem angegriffenen Patentanspruch 1 des Streitpatents unter Schutz gestellte Erfindung ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
93
a) Wie bereits oben zum fachmännischen Verständnis der Merkmale M1.9 und M1.9.0 ausgeführt, erhält der Fachmann aus der Streitpatentschrift eine eindeutige Anweisung über das Messprinzip des elektromagnetischen Durchflusssensors. Anhand der ihm vermittelten Lehre wird der Fachmann zu dem Ergebnis gelangen, dass unter der Erzeugung elektromagnetischer Wellen mit Hilfe eines Magnetfeldes gemeint ist, dass es auf das senkrecht zur Flußrichtung orientierte Magnetfeld ankommt.
94
b) Eine die Ausführbarkeit für den Fachmann aufzeigende Offenbarung ist im Hinblick auf die gesamte beanspruchte Breite von Patentanspruch 1 zu bejahen, weil die Beschreibung des Streitpatents mit der statischen Durchflussmessung zumindest ein Ausführungsbeispiel für den Gegenstand dieser Alternative des Patentanspruchs 1 offenbart.
95
Für die deutliche und vollständige Offenbarung einer Erfindung ist es nicht erforderlich, dass alle denkbaren, unter den Wortlaut des Patentanspruchs 1 fallenden Ausgestaltungen mit Hilfe der im Patent offenbarten Informationen ausgeführt werden können. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH genügt es regelmäßig vielmehr den Anforderungen von § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG, wenn zumindest ein nacharbeitbarer Weg zur Ausführung der Erfindung für einen Gegenstand oder ein Verfahren mit einer generisch definierten technischen Eigenschaft oder Anweisung offenbart ist, die erstmals der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird (vgl. BGH, Urteile vom 3. Mai 2001 – X ZR 168/97, BGHZ 147, 306 unter IV-Taxol; vom 11. Mai 2010 – X ZR 51/06, GRUR 2010, 901 Rn. 36 – Polymerisierbare Zementmischung).
96
Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen ist die Lehre des Patentanspruchs 1 in vollem Umfang anhand des beschriebenen Ausführungsbeispiels für statische Durchflussmessungen ausführbar offenbart, da ein nacharbeitbarer Weg zur Ausführung der Erfindung über den in Merkmal M1.9.0 angegebenen Ultraschall-Durchflusssensor beschrieben ist. Die Ausführbarkeit muss nicht über die gesamte Anspruchsbreite und für alle denkbaren unter dem Wortlaut des Patentanspruchs fallenden Ausgestaltungen oder für sämtliche Ausführungsbeispiele vorliegen.
97
4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu und ergibt sich nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik, mithin ist er patentfähig.
98
Die im erteilten Patentanspruch 1 enthaltenen Merkmale gehen in ihrer Gesamtheit aus keiner der von der Klägerin entgegengehaltenen Druckschriften hervor, weshalb diese Schriften nicht neuheitsschädlich sind. Das beanspruchte zentrale Heizungs-/Kühlungs- und/oder Sanitärsystem ist insbesondere in keiner der Entgegenhaltungen der Durchflusssensor in dem Rohrleitungsabschnitt in einer Position hinter dem Durchlass-Regulierungssystem beabstandet durch einen Beruhigungsabschnitt angeordnet (
M1.9.1). Zudem erfolgt in keiner der Entgegenhaltungen in Zusammenhang mit M1.9.1 die Durchflussmessung auf Basis eines statischen Meßprinzips, wobei der Durchflusssensor als Ultraschall-Durchflusssensor oder als elektromagnetischer Durchflusssensor ausgebildet ist (
M1.9, M1.9.0).
99
4.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu gegenüber der Druckschrift
D1/D1Ü. Diese offenbart nicht die Merkmale
M 1.9, M1.9.0 undM1.9.1.
100
Die
D1/D1Ü lehrt eine indirekte Durchflussmessung in einem zentralen Kühlungssystem, die auf einer Druckdifferenzmessung basiert. Das dynamisch ausgleichende elektrische Regelventil mit Energiemessfunktion umfasst einen Ventilkörper und eine in dem Ventilkörper angeordnete elektrische Regelventilanordnung 2. In dem inneren Strömungskanal des Ventilkörpers ist eine Lochplatte 5 angeordnet. An der Ventilkörperwand vor bzw. hinter der Lochplatte 5 ist jeweils eine Druckmessdüse 7, 9 angebracht. Über ein Druckübertragungsrohr 8 sind die jeweiligen Druckmessdüsen 7, 9 mit dem Druckdifferenzsensor 10 verbunden. Eine intelligente Steuerung 11 ist über Kabelleitungen mit dem Druckdifferenzsensor 10 und einem an der elektrischen Regelventilanordnung 2 angeordnetem elektrischen Aktuator 14 und einem Rücklauf-Temperatursensor 15 verbunden (vgl. Anspruch 3 und Figur 1).
101
Abbildung 1: Fig. 1 der D1 mit senatsseitig hinzugefügten Beschriftungen und Markierungen
102
In der D1/D1Ü wird zur Klimatisierung von Gebäuden ein zentrales Kühlungssystem beschrieben. Solche Systeme weisen üblicherweise eine gemeinsame Quelle für ein flüssiges Medium sowie mehrere Verbrauchseinrichtungen auf, die mit der gemeinsamen Quelle über ein Rohrleitungssystem verbunden sind und über welches das Medium verteilt wird (vgl. S. 6, Z. 15 bis 18), (
Merkmale M1.1, M1.2, M1.3 und M1.3.1).
103
Aus der Figur 1 der D1 ist eine Ausführung des Durchflusssteuerungssystems in einer Seitenansicht dargestellt. Die Pfeile im Strömungskanal zeigen die Strömungsrichtung des eintretenden und austretenden Mediums durch den Rohrleitungsabschnitt des Rohrleitungssystems. Daraus ergibt sich, dass das aus der Quelle strömende Medium nach Durchtritt durch das Durchflusssteuerungssystem mit mindestens einer Verbrauchseinrichtung, im konkreten Fall mit Klimaanlagen-Komponenten, verbunden sein muss (vgl. S. 6, Z. 15 bis 25), (
Merkmal M1.4 und M1.4.1). Der Druckdifferenzsensor 10 mit den Druckmessdüsen 7, 9 vor bzw. hinter der Lochplatte 5, die intelligente Steuerung 11 und der elektrische Aktuator mit der elektrischen Regelventilanordnung 2 bilden ein System, mit dem der Durchfluss in dem Rohrleitungsabschnitt gesteuert bzw. geregelt wird (vgl. S. 16, Z. 8 bis 12), (
Merkmal M 1.4.2).
104
Das Messverfahren nach der D1 basiert auf einer indirekten Durchflussmessung (vgl. S. 19, Z. 26), wobei der Durchflusssensor zum Abtasten des tatsächlichen Mediendurchflusses in dem Rohrleitungsabschnitt aus einem Druckdifferenzsensor 10 mit über ein Druckübertragungsrohr verbundenen Druckmessdüsen 7 und 9 gebildet ist (in der Abbildung 1 grün gefärbt), die an der Ventilkörperwand vor bzw. hinter der Lochplatte 5 (in der Abbildung 1 grün gefärbt) ist jeweils eine der Druckmessdüsen 7, 9 angebracht. Aus der Messung der Drücke vor bzw. hinter der Lochplatte 5 ergibt sich die dynamische Druckdifferenz. Dieser Meßwert wird als Signal an eine intelligente Steuerung 11 übermittelt, die über Kabelleitungen 13 jeweils mit dem Druckdifferenzsensor 10 verbunden ist. Ferner ist die intelligente Steuerung 11 noch mit einem an der elektrischen Regelventileinrichtung 2 angeordneten elektrischen Aktuator 14 und zwei am Ventilkörper angeordneten Temperatursensoren 15 und 16 verbunden. Der Sollwert, der einen festgesetzten Mediendurchfluss repräsentiert, kann über eine „virtuelle Variable“ festgelegt sein, der dem Öffnungswert der Ventilposition entspricht und als elektrisches Steuersignal an die Steuerung übermittelt wird. Für das indirekte dynamische Durchflussausgleichsverfahren wird der Sollwert der dynamischen Ausgleichsdruckdifferenz an beiden Enden der Lochplatte 5 unter Verwendung einer charakteristischen Gleichung berechnet. Bei Abweichung des ermittelten Messwertes an der Lochplatte von diesem Sollwert wird der Öffnungsgrad der analogen elektrischen Absperrklappe eingestellt und die dynamische Ausgleichsdruckdifferenz an beiden Enden der Lochplatte automatisch auf einen bestimmten dynamischen Sollwert geregelt (vgl. S. 12, Z. 1 bis 7, S. 13, Z. 5 bis 29, S. 18, Z. 23 bis S. 19, Z. 2), (
Merkmale M1.5 bis M1.5.2.2, M1.10, M1.11 und M1.11.2).
105
Das Durchflusssteuerungssystem weist auch ein Durchlass-Regulierungssystem auf, das aus einer elektrischen Regelventilanordnung 2 (in Abbildung 1 rot gefärbt) und einem elektrischen Aktuator 14 gebildet ist. Der Aktuator 14 steht mit der Steuereinheit 11 in Kommunikationsverbindung und ist zur Regelung der elektrischen Regelventilanordnung 2, 14 als Reaktion auf das Steuersignal der Steuereinheit vorgesehen. Bei Abweichung des ermittelten Messwertes vom Sollwert wird entsprechend der Öffnungsgrad der elektrischen Absperrklappe eingestellt (vgl. S. 13, Z. 5 bis 29), (
Merkmale M1.5.3, M1.5.3.1, M1.6, M1.7).
106
Aus Figur 1 und S. 15, Z. 5 bis 17 geht zudem hervor, dass die elektrische Regelventilanordnung 2 als elektrische Butterflyventilanordnung oder als elektrische Kugelventilanordnung ausgebildet ist und der Ventilkörper ein Rohr mit gleichem oder mit variierendem Durchmesser sein kann. Die Durchflusskammer ist der Raum zwischen den beiden Flanschanschlüssen. Zwar erfolgt die Druckdifferenzmessung in Strömungsrichtung
vor der elektrischen Regelventilanordnung und somit außerhalb der Durchflusskammer (
Merkmal M1.8), jedoch sind die Lochplatte 5 und die Druckmessdüsen 7 und 9 in dem Rohrleitungsabschnitt in einer Position
vor der Regelventilanordnung bereitgestellt (
fehlendes MerkmalM1.9.1). Es kann dahingestellt bleiben, ob in der intelligenten Steuerung ein Vergleich zwischen einem berechneten Sollwert F
S mit dem Istwert für den Durchfluss F
P verglichen wird (
Merkmal 1.11.1), denn weder eine statische Messung auf Basis einer Wellenausbreitung noch ein Ultraschall-Durchflusssensor oder elektromagnetischer Durchflusssensor sind aus der D1 bekannt. Damit fehlen auch die Merkmale
M1.9 und M1.9.0.
107
4.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist des Weiteren auch neu gegenüber der Druckschrift
D2, weil diese nicht die Merkmale
M 1.8, M1.9, M1.9.0 und M1.9.1 offenbart
.
108
Die D2 lehrt zur effizienten, effektiveren sowie kostengünstigen Energiebereitstellung (Wärme oder Kälte) in Gebäuden oder Energieverteilungsnetzen einen Ventilkörper bereitzustellen, in dem ein genauer Durchflussmesser, eine regelbare Durchflusssteuerung mit Ventil, die Temperaturmessung und die Steuereinheit vereint sind, so dass eine direkte Kommunikation über eine Signalübertragung des Durchflussmessers erfolgt. Dabei gibt ein Thermostat eine gewünschte Ventileinstellung vor und das Ventil wird auf diese Einstellung geregelt (vgl. S. 3, Z. 1 bis 16).
109
Die Druckschrift D2 betrifft ein Heiz-/Kühlsystem für ein Gebäude (vgl. S. 1, Z. 13 bis 16 und S. 2, Z. 30 bis S. 3, Z. 1), (
MerkmalM1.1). Das Heiz-/Kühlsystem weist als Verbraucher Wärmetauscher „
heat exchangers“ auf, die von einem Medium durchflossen werden.
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
110
Abbildung 2: Fig. 1, 2 der D2 mit senatsseitig hinzugefügten farblichen Markierungen
111
Wie auf S. 6, Z. 2 bis 4 und Patentanspruch 1 erläutert ist, umfasst das Heiz-/Kühlsystem mehrere Verbrauchsleitungen, die mit der gemeinsamen Quelle durch ein Rohrleitungssystem verbunden sind, über welche das Medium fließt (
Merkmale M1.2, M1.3, M1.3.1).
112
In der Abbildung 2 mit den Figuren 1 und 2 ist durch Pfeile (insbesondere in Figur 1 als
supply fluid, return fluid, to heat exchanger, from heat exchanger) die Strömungsrichtung des Mediums angeben, das durch das Rohrleitungssystem hindurchströmt. Daraus ergibt sich, dass das im Rohrleitungssystem angeordnete Durchflusssteuerungssystem „
modulating fluid control device“ mit mindestens einer der Verbrauchseinrichtungen, nämlich dem Wärmetauscher „
heat exchanger“, verbunden ist. In der Ausführung nach Figur 2 ist das Durchflusssteuerungssystem „
modulating fluid control device“ ein im Rohrleitungssystem angeordneter Ventilkörper „
valve 30“ mit darin angeordnetem Verschlusskörper „
valve plug 12“. In diesem Ventilkörper ist zusätzlich ein durch waagerechte Linien dargestellter Strömungsgleichrichter (vgl.
D9 – ISO 14617-7-20232) und ein Durchflusssensor „
flow detector 22“ in Strömungsrichtung hinter dem Verschlusskörper „
valve plug 12“ angeordnet. Da sich der Mediendurchfluss in den Fluidrohren „
fluid entry port 8, fluid exit port 10“ sowie dem darin eingebauten Ventilkörper „
valve 30“ nicht ändert, ergibt sich daraus, dass diese Strömungsstrecke den Rohrleitungsabschnitt bildet, in dem der Durchflusssensor 22 den aktuellen Mediendurchfluss abtastet und über das Durchflusssteuerungssystem der Mediendurchfluss wiederum geregelt wird „
Valve 30 is positioned in the fluid supply line to the space to be heated, and has associated with it a flow detector 22, between inlet port 8 and exit port 10 as illustrated“ (vgl. Figuren 1, 2, S. 8, Z. 11 bis 26 1), (
Merkmale M1.4, M1.4.1 und M1.4.2, M1.5, M1.5.1, M1.5.1.1).
113
Der Durchflusssensor „
flow detector 22“ gibt repräsentativ für den ermittelten Durchfluss ein elektrisches Signal „
flow meter transmits an electronic signal, feedback (in BTU/min or GPM, etc.) to computer 29 (or central building automation computer 29A) proportional to the flow of water through the supply line and the computer is programmed to control the positioning of valve plug 12, and hence the rate of flow through it…“ aus. Das Signal wird dann an die mit dem Durchflusssensor in Kommunikation stehende Steuerungseinheit „
PIC 20“ geleitet (vgl. S. 8, Z. 18 bis 23), (
Merkmale M1.5.1.2, M1.5.2, M1.5.2.1, M1.5.2.2).
114
Wie auf S. 7, Z. 16 bis 20 erläutert, ist die Steuerungseinheit „
PIC 20“ programmiert, um die Ventilstellung in Abhängigkeit von den Meßwerten des Durchflusssensors, des Thermostaten 18 und der Temperatursensoren 26 oder 26a und 28 zu bestimmen. In der Beschreibung auf S. 7, Z. 11 bis 23 ist offenbart, dass das Durchflusssteuerungssystem „
modulating fluid control device“ in Kommunikationsverbindung mit der Steuereinheit „
PIC 20“ steht, wobei der über einen Stellmotor „
control valve motor 21“ angesteuerte Verschlusskörper „
valve plug 12“ den Durchlass in Reaktion auf das Steuersignal reguliert (
Merkmale M1.5.3, M1.5.3.1, M1.5.3.2, M1.7).
115
Sowohl in den Ausführungsbeispielen nach Figur 1 als auch nach Figur 2 weist das Durchflusssteuerungssystem neben dem als Verschlusskörper „
valve plug 12“ ausgebildeten Durchlass-Regulierungssystems eine Durchflusskammer mit regulierbaren Durchlass nach
Merkmal M1.6 auf (siehe senatsseitige grün-gefärbte Bereiche in Abbildung 2), die durch ihre Einlauf- und Auslaufstutzen an den Rohren 8, 10 eine eigenständige räumlich-körperliche Ausgestaltung aufweist.
116
In den Ansprüchen 1 und 2 ist offenbart, dass zur Regulierung des tatsächlichen Mediendurchflusses an den als Eingangsgröße festgesetzten Mediendurchfluss ein Vergleich aufgrund des elektrischen Signals des Durchflusssensors in der Steuerungseinheit „
valve controller“ mit dem vom Thermostaten festgelegten Steuerungssignal erfolgt. Aufgrund des direkten Vergleichs der elektrischen Signale wird eine Bewertung durchgeführt, auf deren Basis der Durchfluss mit Hilfe des Durchlass-Regulierungssystems „
motor 21, valve plug 12“ so lange reguliert wird, bis der tatsächliche Mediendurchfluss dem festgesetzten Mediendurchfluss entspricht „
the valve controller is a programmable integrated controller (PIC) programmed to control the positioning of the valve responsive to signals received from the sensor and the flow detection means to maintain the required rate of flow of fluid through the system“ (
Merkmale M1.10, M1.11, M1.11.1 und M1.11.2).
117
Nicht offenbart sind die Merkmale
M1.8, M1.9, M1.9.0 und M1.9.1, da der Durchflusssensor „
flow detector 22“ nach beiden Ausführungsbeispielen gemäß Fig. 1 und Fig. 2
in der Durchflusskammer des Durchlass-Regulierungssystems angeordnet ist und damit nicht in einer Position hinter dem Durchlass-Regulierungssystem. Darüber hinaus ist auch nicht offenbart, dass der Durchflusssensor ein statisches Meßprinzip auf Basis einer Wellenausbreitung in dem Medium aufweist und ein Ultraschall-Durchflusssensor oder ein elektromagnetischer Durchflusssensor verwendet wird.
118
4.3 Die Neuheitsschädlichkeit weiterer im Verfahren befindlicher Entgegenhaltungen wurde von der Klägerin nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
119
4.4 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ergibt sich auch nicht in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der
D1/D1Ü mit dem Fachwissen des Fachmanns oder der
D2, da die Zusammenschau nicht in naheliegender Weise zu Merkmal M1.9.1 führt.
120
Die D1 offenbart – wie unter 4.1 dargelegt – die Anordnung eines als Druckdifferenzsensor ausgeführten Durchflusssensors in einer Position vor dem Durchlass-Regulierungssystem. Nicht offenbart sind die Merkmale
M 1.9, M1.9.0 undM1.9.1.
121
Der Fachmann hat ausgehend von der in der D1 beschriebenen Messanordnung keine weitere Veranlassung, einen Durchflusssensor mit einem Beruhigungsabschnitt
hinter dem Durchlass-Regulierungssystem anzuordnen. Für ein Naheliegen bedarf es für den Fachmann nach ständiger Rechtsprechung des BGHs aber in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen oder Hinweise oder sonstiger Anlässe (vgl. BGH-Urteil vom 27.03.2018 – X ZR 59/16, GRUR 2018, 716 – Kinderbett; Urteil vom 30.04.2009 – Xa ZR 92/05, GRUR 2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Diese sind jedoch vorliegend ausgehend von der D1 nicht ersichtlich. Aufgrund der zu erwartenden hohen Genauigkeit beurteilt der Fachmann die Anordnung des Durchflusssensors 10 in dem strömungsberuhigten Abschnitt vor dem Durchlass-Regulierungssystem 2 bereits als vorteilhaft. Auch sonst ist nicht erkennbar, warum der Fachmann die Messanordnung mit dem Druckdifferenzsensor in einer Position hinter dem Durchfluss-Regulierungssystem anordnen soll, da dort aufgrund der Anordnung des Durchfluss-Regulierungssystems „
Regelventil“ eine turbulente Strömung erzeugt wird und somit keine genaue Durchflussmessung möglich ist.
122
Auch aus der Druckschrift
D2 ist – wie unter 4.2 dargelegt – keine Anordnung des Durchflusssensors 22 in einer Position hinter dem Durchlass-Regulierungssystem bekannt. Zudem ist nicht offenbart, dass die Durchflussmessung auf einem statischen Messprinzip erfolgt und ein Ultraschall-Durchflusssensor oder ein elektromagnetischer Durchflusssensor verwendet wird (fehlende
MerkmaleM 1.8, M1.9, M1.9.0 und M1.9.1). Da in der D1 und der D2 weder offenbart ist, dass der Durchflusssensor in dem Rohrleitungsabschnitt in einer Position hinter dem Durchlass-Regulierungssystem vorgesehen ist, noch bekannt ist, diesen als Ultraschall-Durchflusssensor oder elektromagnetischen Durchflusssensor zu gestalten, führt auch eine Kombination dieser Druckschriften nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1.
123
4.5 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ergibt sich auch nicht in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der Druckschrift
D2 mit dem Fachwissen des Fachmanns bzw. der
D3 oder der
D4.
124
Aus der
D2 ist bekannt, den Durchflusssensor 22 (vgl. Ausschnitt der Figur 2, senatsseitig rot gefärbt) in die Durchflusskammer (senatsseitig grün gefärbt) des Durchfluss-Regulierungssystems anzuordnen (vgl. S. 8, Z. 17) (fehlende Merkmale M1.8, M1.9.1). Die Anordnung sämtlicher Komponenten in dem Ventilkörper „
valve 30“ ist ausdrücklich erwünscht, da mit dem Einbau des Ventilkörpers eine genaue Durchflussregelung vorteilhaft erreicht wird (vgl. S. 2, Z. 20 bis 26, S. 4. Z. 5 bis 11). Der Fachmann erkennt, dass der Ventilkörper mit den eingebautem Durchflusssensor herstellerseitig bereits kalibriert wird, so dass das Fachpersonal den Ventilkörper einfach montieren kann. Zudem ist keine erneute Kalibrierungsmessung vor Ort erforderlich um die Messgenauigkeit zu verbessern. Da die D2 eine bereits ausgereifte und fertige Lösung vorsieht, hat der Fachmann aufgrund der Lehre der D2 überhaupt keine Veranlassung, den Durchflusssensor außerhalb des Ventils, insbesondere in einem bestimmten Abstand dahinter anzuordnen.
125
Auch durch Hinzuziehung der D3 oder der D4 kommt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1.
126
Die
D3 betrifft die Durchflussmessung mittels eines Ultraschall- oder elektromagnetischen Durchflusssensors (vgl. S. 12, Z. 19 bis 22). Aus den Figuren 4 und 5 geht hervor, dass der Durchflusssensor „
velocity meter 15“ in einer Position
vor dem Durchlass-Regulierungssystem „
control valve mechanism 32“ angeordnet ist (fehlendes Merkmal M1.9.1), so dass auch eine Zusammenschau der D2 mit der D3 nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 führt. Aus Sicht des Fachmanns ist die in D3 vorgesehene Reihenfolge der Komponenten vorteilhaft, da vor und hinter dem Durchflusssensor eine gerade Strömungsstrecke mit laminarer Strömung eine genaue Durchflussmessung erlaubt. Der Fachmann erkennt, dass eine Durchflussmessung in Strömungsrichtung hinter dem Durchlass-Regulierungssystem aufgrund der durch die zweifache Strömungsumlenkung hervorgerufenen Turbulenzen ungenauer ist.
127
Die
D4 betrifft den Einsatz von Ultraschall-Durchflusssensoren zur Überwachung des Durchflusses in Gebäuden, wobei durch Vorsprünge in der Rohrleitung Turbulenzen verursacht werden (vgl. Abs. [0009]). Zur Strömungsberuhigung ist der Einbau eines Strömungsgleichrichters in einer Position vor einem Ultraschall-Durchflusssensor vorgesehen. Auch die D4 kann den Fachmann nicht dazu anregen, den Durchflusssensor in einer Position hinter dem Durchlass-Regulierungssystem anzuordnen, zumal in der D4 überhaupt nicht offenbart ist, ob und in welcher Position im Rohrleitungssystem ein Durchlass-Regulierungssystem angeordnet ist (fehlendes Merkmal M1.9.1).
128
4.6 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ergibt sich auch nicht in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der Druckschrift
D15 mit dem Fachwissen des Fachmanns bzw. der
D16.
129
Die Druckschrift
D15 betrifft ein zentralen Heizungs-/Kühlsystem mit einer Pumpe und einer eingebauten Drosselarmatur mit elektronischer Volumenstrommeßeinheit in einem Rohrleitungsstrang. Zur Vermeidung einer zeitweiligen Überlastung und im Hinblick auf eine optimierte Drehzahlregelung der Pumpe ist vorgesehen, aufgrund eines gemessenen Volumenstroms und einem Soll-Ist-Vergleich in der Steuereinrichtung die Drehzahl der Pumpe und/oder die Drosselstellung der Drosselarmaturen über eine Stelleinrichtung zu verändern (vgl. S. 2, Z. 26 bis S. 3, 8, Anspruch 1), (
Merkmal M1.1).
130
Aus Figur 18 iVm Figur 1 ist ein hydraulisches System mit einer gemeinsame Quelle „
Erzeuger E“ bekannt, die für die Lieferung eines flüssigen Mediums vorgesehen ist, mehrere Verbrauchseinrichtungen „
Verbraucher V1, V2“, die mit der gemeinsamen Quelle durch ein Rohrleitungssystem verbunden sind, über welches das Medium verteilt wird, mindestens ein Durchflusssteuerungssystem, das mit mindestens einem der mehreren Verbrauchseinrichtungen V
1, V
2 verbunden und für die Steuerung eines Durchflusses von dem Medium vorgesehen ist, welches durch einen Rohrleitungsabschnitt des Rohrleitungssystems hindurchläuft. Der Verbraucherkreislauf „
Verbraucherstrang 7“ erstreckt sich von einem Verteiler VT über zwei parallel angeordnete Verbraucher V
1 und V
2 zu einem Sammler SA. Die Volumenstrommesseinheiten 3.1, 3.2, der Regler 29.1/29.2 und die als Durchlass-Regulierungssystem ausgebildete Drosselarmatur 2 mit ihrem Stellantrieb 12 bilden dabei das Durchflusssteuerungssystem (vgl. Figur 18 iVm Figur 1), (
MerkmaleM1.2, M1.3, M1.3.1, M1.4, M1.4.1, M1.5).
131
Die Volumenstrommesseinheiten 3.1 und 3.2 sind Durchflusssensoren im Sinne von
MerkmalM1.5.1. Eine Volumenstrommesseinheit 3.1 ist nach dem Verteiler VT und vor der Pumpe 9 angeordnet und erfasst den Teil-Volumenstrom Q
1. Zwischen der Drosselarmatur 2 und der geregelten Pumpe 9 mündet in den Vorlauf des Verbraucherstranges 7 eine Bypassleitung 10 im Einmündungsort 33 ein. Der Bypass 10 verbindet den von den Verbrauchern V
1, V
2 als Rücklauf dienenden wegführenden Teil des Stranges 7 mit dem Vorlauf. Die im Bypass angeordnete Volumenstrommesseinheit 3.2 erfasst den Teil-Volumenstrom Q
2.
132
In einer – in der D15 zwar beschriebenen, in deren Fig. 18 jedoch nicht zeichnerisch dargestellten – Ausgestaltungsalternative (vgl. Abbildung 3) ist die Volumenstrommesseinheit 3.2 zur Erfassung des Gesamtvolumenstroms Q
gesamt in dem als Rücklauf dienenden Teil des Verbraucherkreislaufs 7 nach dem Verbraucher V
2 und vor dem Abzweigungspunkt 34 der Bypassleitung vorgesehen (vgl. S. 31, Z. 20 bis 28).
133
Eine Steuer- oder Regelungseinrichtung „
Regler 29.1 und 29.2“ steht in Kommunikationsverbindung mit den Volumenstrommesseinheiten 3.1 und 3.2. Die von den Volumenstrommesseinheiten 3.1, 3.2 erfassten Volumenströme Q
1 und Q
2 werden als elektronische Messsignale dem Regler 29.1 zugeführt. Durch entsprechende Additions- oder Substraktionsvorgänge innerhalb des Reglers 29.1 können somit der von der Pumpe 9 umzuwälzende Volumenstrom Q
gesamt sowie die Teilvolumenströme Q
1 und Q
2 exakt bestimmt werden. Entsprechend dem gewünschten Regelverhalten, welches in dem Regler 29.2 mittels bekannter Maßnahmen abgelegt ist, liefert der Regler 29.1 die entsprechenden Stellsignale an die Drosselarmatur 2 und an die drehzahlregelbare Pumpe 9. Die Drosselarmatur 2 ist hierzu als Stellventil ausgebildet und mit einem Stellantrieb 12 versehen, woraus sich dem Fachmann ergibt, dass die Drosselarmatur eine Durchflusskammer in dem Rohrleitungsabschnitt aufweist (vgl. Abbildung 3 mit senatsseitiger Markierung, S. 30, Z. 23 bis S. 31, Z. 6, Ansprüche 1, 14, 16 bis 18, 21, 25, 27), (
MerkmaleM1.5.2, M1.5.2.1, M1.5.2.2, M1.5.3, M1.5.3.1. M1.6, M1.7, infolgedessen auch M1.10 und M1.11).
134
Verwirklicht ist zudem
MerkmalM1.8, denn die Volumenstrommesseinheit 3.1 oder 3.2 ist außerhalb der Durchflusskammer angeordnet. Sie ist entweder vor der Drosselarmatur 2 oder in der Bypassleitung 10 oder alternativ zwischen dem Verbraucher V
2 und vor dem Abzweigungspunkt 34 bereitgestellt (vgl. Abbildung 3)
135
Das Rohrleitungssystem „
Verbraucherstrang 7“ weist einen Rohrleitungsabschnitt (in Abbildung 3 rot gefärbt) zwischen dem Verteiler VT und dem Einmündungsort 33 auf, in dem der gleiche Mediendurchfluss Q
1 strömt.
136
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Durchflusssteuerungssystem für die Steuerung eines Durchflusses von dem Medium vorgesehen ist, welches durch einen Rohrleitungsabschnitt des Rohrleitungssystems hindurchläuft, zum Abtasten eines tatsächlichen Mediendurchflusses durch den Rohrleitungsabschnitt und Ausgeben eines elektrischen Signals, das den abgetasteten tatsächlichen Mediendurchfluss anzeigt, wobei die Steuerungseinheit eine Bewertung des Durchflussniveaus durch direktes Vergleichen des elektrischen Signals des abgetasteten Mediendurchfluss mit dem festgesetzten Mediendurchfluss vornimmt und die Steuereinheit ein Steuersignal basierend auf der Bewertung ausgibt und dadurch den Durchfluss in dem Rohrleitungsabschnitt mittels des Durchlass-Regulierungssystems so lange steuert, bis der tatsächliche Mediendurchfluss dem festgesetzten Mediendurchfluss entspricht (
MerkmaleM1.4.2, M1.5.1.1, M1.5.1.2, M1.11.1 und M1.11.2).
137
Die in D15 offenbarte Vorrichtung erfüllt bereits nicht die
Merkmale M1.9, M1.9.0 und M1.9.1, weil der erste Volumenstrommesser 3.1 in einer Position
vor der Drossel 2 und der zweite Volumenstrommesser 3.2 nicht in
demselben Rohrleitungsabschnitt angeordnet ist wie das Durchlass-Regulierungssystem. Es ist zudem nicht bekannt, dass die Durchflussmessung auf einem statischen Meßprinzip erfolgt und der Durchflusssensor als Ultraschall- oder als elektromagnetischer Durchflusssensor ausgebildet ist. Diese Anordnung der jeweiligen Volumenstrommesser 3.1 und 3.2 in bestimmten Rohrleitungsabschnitten zur Messung von anderen Medien-(Teil)-durchflüssen Q
1, Q
2 ist in D15 ausdrücklich erwünscht und zur Bestimmung des von der Pumpe umzuwälzenden Gesamt-Mediendurchflusses Q
gesamt bzw. zur Regelung der Drosselarmatur 2 und der drehzahlgeregelten Pumpe sogar erforderlich (vgl. S. 30, Z. 17 bis 31). Daher hatte der Fachmann keinen Anlass, eine andere Anordnung als die in der D15 bekannte Lösung in Betracht zu ziehen.
138
Die Druckschrift
D16 betrifft ein Verfahren zur Durchflussmessung in Umgebungen, in denen Blasen im Flüssigkeitsstrom auftreten können, wobei neben Blasendetektoren auch Ultraschall-Durchflusssensoren verwendet werden (vgl. Abs. [0010] bis [0012]). Auch wenn die D16 die Durchflussmessung mit Ultraschall-Durchflusssensoren offenbart, hat der Fachmann keine Veranlassung, diesen Ultraschall-Durchflusssensor in dem Rohrleitungsabschnitt in einer Position hinter dem Durchlass-Regulierungssystem anzuordnen (fehlendes Merkmal M1.9.1).
139
4.7 Die übrigen Entgegenhaltungen liegen noch weiter ab. Sie sind aber auch von der Klägerin lediglich zum Nachweis des Fachwissens des Fachmanns eingereicht worden.
140
Zur Strömungsberuhigung von Turbulenzen, die durch Ventile, Rohrumlenkungen oder Rohreinbauten hervorgerufen werden, lehrt die
D5 den Strömungsgleichrichter jeweils mit kreisrunden Öffnungen am inneren und am äußeren Umfang auszubilden.
141
Die
D6 bis D6´´´´ ist ein Auszug aus einem Fachbuch der Prozessmeßtechnik, in der die fachüblichen Sensoren zur Durchflussmessung, insbesondere der Ultraschall-Durchflusssensor, und ihre Anwendungen beschrieben sind.
142
Der Wikipedia-Artikel
D7 betrifft die Bauarten verschiedener Durchflusssensoren.
143
Die
D8 ist ein Auszug aus seinem Fachbuch über Durchflussmessung, insbesondere der Anwendung von Ultraschall-Durchflusssensoren und die Berechnung der Beruhigungsstrecke.
144
Die Fachartikel
D10 und
D11 behandeln jeweils die Veränderung der Messgenauigkeit nach dem Einbau von Ultraschall-Durchflusssensoren in Rohrleitungen mit verschiedenen Einbauveränderungen („
single elbow, double elbow, reduction in pipe diameter“) oder sich ändernden Strömungsbedingungen.
145
Die
D12 ist ein Auszug einer Internetseite über die Anwendungsgebiete von Ultraschall-Durchflusssensoren.
146
Die Bedienungsanleitungen
D13bis D13´´ und
D14 betreffen jeweils Einbauvorschriften von Ultraschall-Durchflusssensoren.
147
Keine dieser Druckschriften kann für sich oder in Verbindung mit anderen Druckschriften oder dem Fachwissen des Fachmanns ein zentrales Heizungs-/Kühlungssystem und/oder Sanitärsystem mit den Merkmalen M1.4 bis M1.11.2 nahelegen.
148
6. Somit erweist sich das Streitpatent im Umfang seines angegriffenen Patentanspruchs 1 als rechtsbeständig, weshalb die Klage insgesamt abzuweisen ist.
II.
149
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.
150
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i.V.m. § 709 S. 1 und S.2 ZPO.