BFH 6. Senat, Urteil vom 02.09.2021, AZ VI R 19/19, ECLI:DE:BFH:2021:U.020921.VIR19.19.0
§ 118 S 1 AO, § 207 Abs 2 AO, § 34 Abs 1 EStG 2009, § 34 Abs 2 Nr 4 EStG 2009, § 39b Abs 3 S 9 EStG 2009
Leitsatz
1. Eine Anrufungsauskunft gemäß § 42e EStG kann entsprechend § 207 Abs. 2 AO mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden (Anschluss an Senatsurteil vom 02.09.2010 – VI R 3/09, BFHE 230, 500, BStBl II 2011, 233).
2. Die Aufhebung oder Änderung einer Anrufungsauskunft ist ermessensfehlerhaft, wenn das FA zu Unrecht von deren Rechtswidrigkeit ausgeht.
Verfahrensgang
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 11. April 2019, Az: 6 K 306/18, Urteil
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 11.04.2019 – 6 K 306/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine AG, beantragte bei dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt –FA–) eine Anrufungsauskunft gemäß § 42e des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie bat um Bestätigung, dass Zahlungen aus einem sogenannten Langzeitvergütungsmodell (Long Term Incentive Modell –LTI-Modell–) die Voraussetzungen einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit i.S. von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG erfüllten und die Lohnsteuer unter Anwendung der sogenannten „Fünftelregelung“ gemäß § 39b Abs. 3 Satz 9 EStG berechnet werden könne. Den Sachverhalt schilderte die Klägerin im Wesentlichen wie folgt:
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Bestimmten Führungskräften werde seit dem Jahr 2010 als Ersatz für das bisherige Aktienoptionsmodell jährlich die Teilnahme an einem „Long Term Incentive Modell“ genannten Vergütungsprogramm angeboten. Abhängig von der Entwicklung des durchschnittlichen Geschäftserfolges abzüglich der Kapitalkosten innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren im Vergleich zu den vorangegangenen vier Jahren erhielten die betreffenden Beschäftigten nach Ablauf des sogenannten „Performancezeitraums“ eine entsprechende Vergütung. So seien Berechnungsbasis des LTI-Modells 2010 der Performancezeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2013 sowie der Vergleichszeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2009. Unterschreite die Entwicklung des Geschäftserfolges eine im Vorhinein festgelegte Grenze, erfolgten keinerlei Zahlungen aufgrund des LTI-Modells an die teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihre Teilnahme an dem Programm müssten berechtigte Beschäftigte innerhalb der ersten Monate des Performancezeitraums schriftlich erklären.
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Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass es sich bei den Zahlungen im Rahmen des LTI-Modells um Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit handele, da sie für einen Tätigkeitszeitraum von vier Jahren geleistet würden. Aufgrund dessen habe die Berechnung der Lohnsteuer unter Anwendung der „Fünftelregelung“ zu erfolgen.
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Mit Anrufungsauskunft vom 21.04.2011 bestätigte das FA die Rechtsauffassung der Klägerin.
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Durch Bescheid vom 05.04.2017 hob das FA die vorgenannte Anrufungsauskunft sodann mit Wirkung für die Zukunft auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, bei den Zahlungen aufgrund des LTI-Modells handele es sich nicht um außerordentliche Einkünfte i.S. von § 34 EStG. Es lägen vielmehr „Bonuszahlungen“ vor, durch die in der Vergangenheit erbrachte Leistungen honoriert würden, deren Berechnung und Auszahlung jährlich erfolge. Demgegenüber seien außerordentliche Einkünfte nur einmalige und für die jeweilige Einkunftsart ungewöhnliche Einkünfte, die das zusammengeballte Ergebnis mehrerer Jahre darstellten und im Vergleich zur sonstigen Besteuerung zu einer einmaligen und außergewöhnlichen Progressionsbelastung führten. Der Widerruf der Anrufungsauskunft sei auch ermessensgerecht, da der Inhalt der Auskunft materiell-rechtlich unzutreffend gewesen sei.
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Gegen die Aufhebung der Anrufungsauskunft erhob die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren Klage, der das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1557 veröffentlichten Gründen stattgab.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
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Die Revision des FA ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –;FGO–). Das FG hat die Aufhebung der Anrufungsauskunft zu Recht aufgehoben.
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1. Die Vorinstanz hat die Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) der Klägerin zutreffend als zulässig angesehen. Sowohl die Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) als auch deren Aufhebung stellen nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats Verwaltungsakte i.S. des § 118 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) dar (s. Senatsurteil vom 02.09.2010 – VI R 3/09, BFHE 230, 500, BStBl II 2011, 233, Rz 12). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Der Senat sieht daher insoweit von weiteren Ausführungen ab.
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2. Das FG hat ferner zu Recht entschieden, dass der Widerruf der der Klägerin erteilten Anrufungsauskunft wegen fehlerhafter Ermessensausübung rechtswidrig ist (§ 102 FGO).
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a) § 42e EStG enthält für die Aufhebung bzw. Änderung einer Anrufungsauskunft keine eigene Korrekturbestimmung. Das Fehlen einer solchen Korrekturvorschrift stellt eine Gesetzeslücke dar, die durch entsprechende Anwendung des § 207 Abs. 2 AO zu schließen ist (s. Senatsurteil in BFHE 230, 500, BStBl II 2011, 233, Rz 14).
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Kann danach auch eine Anrufungsauskunft gemäß § 42e EStG entsprechend § 207 Abs. 2 AO für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden, so bedeutet dies, dass die Aufhebung oder Änderung der Anrufungsauskunft in das Ermessen der Behörde („kann“) gestellt ist. Die Vorschrift macht die Entscheidung von sachgerechten Ermessenserwägungen der Behörde abhängig (§ 5 AO). Abzuwägen ist insbesondere, ob das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Einhaltung der Anrufungsauskunft größeres Gewicht hat als der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der die Durchsetzung des „richtigen Rechts“ verlangt (Senatsurteil in BFHE 230, 500, BStBl II 2011, 233, Rz 17).
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Die Aufhebung oder Änderung einer formell und materiell rechtmäßigen Anrufungsauskunft ist hiernach in der Regel unzulässig, wenn die Gründe für ihre Erteilung fortbestehen, der Steuerpflichtige sein Vertrauen bereits betätigt hat und über ein besonderes steuerliches Interesse an der Anrufungsauskunft verfügt (s. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 02.09.2009 – I R 20/09, BFH/NV 2010, 391, unter II.1.; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 207 AO Rz 22; Koenig/Intemann, Abgabenordnung, 4. Aufl., § 207 Rz 17; jeweils zur verbindlichen Auskunft; Bleschick in Herrmann/Heuer/Raupach, § 42e EStG Rz 26). Denn in einem solchen Fall kann die Durchsetzung des „richtigen Rechts“ –und damit der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung– die Aufhebung oder Änderung der Anrufungsauskunft grundsätzlich nicht verlangen. Für die Aufhebung oder Änderung einer rechtmäßigen Anrufungsauskunft muss deshalb ein besonderer, sachgerechter Anlass gegeben sein (s. BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 391, unter II.1.; Schallmoser in HHSp, § 207 AO Rz 22; Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl., § 207 Rz 6; jeweils zur verbindlichen Auskunft). Ein solcher Anlass kann u.a. vorliegen, wenn sich die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung ändert. Da sich die gerichtliche Überprüfung einer Anrufungsauskunft nach der Rechtsprechung des Senats darauf beschränkt, ob die gegenwärtige rechtliche Einordnung des –zutreffend erfassten– zur Prüfung gestellten Sachverhalts in sich schlüssig und nicht evident rechtsfehlerhaft ist (Senatsurteil vom 07.05.2014 – VI R 28/13, Rz 10), kann ein Widerruf auch dann sachgerecht sein, wenn sich die allgemeine Verwaltungsauffassung zu der die Auskunft betreffenden Rechtsfrage ändert und die –gegebenenfalls auch von der Rechtsprechung abweichende– geänderte Rechtsauffassung ihren Niederschlag in allgemeinen Verwaltungsvorschriften oder die Finanzverwaltung bindenden Anwendungsschreiben (z.B. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen oder Verfügung einer Oberfinanzdirektion) findet.
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b) Ermessensentscheidungen der Finanzbehörden unterliegen gemäß § 102 FGO (i.V.m. § 121 FGO) nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Sie können im finanzgerichtlichen Verfahren nur dahin geprüft werden, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 FGO).
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c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht angenommen, dass der Widerruf der Anrufungsauskunft wegen fehlerhafter Ermessensausübung rechtswidrig ist (§ 5 AO).
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Zwar hat das FA entsprechend § 207 Abs. 2 AO eine Ermessensentscheidung getroffen. Zur Begründung dieser Entscheidung (§ 121 Abs. 1 AO) hat es aber ausschließlich ausgeführt, die der Klägerin erteilte Auskunft sei materiell-rechtlich unzutreffend gewesen.
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Die der Klägerin ursprünglich erteilte Anrufungsauskunft vom 21.04.2011 war jedoch, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, rechtmäßig, so dass der auf der gegenteiligen Annahme beruhende Widerruf der Anrufungsauskunft auf einem Ermessensfehlgebrauch beruht.
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aa) Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten besonderen Tarif, der sogenannten „Fünftelregelung“ (§ 34 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 EStG), zu berechnen. Diese sogenannte „Fünftelregelung“ ist gemäß § 39b Abs. 3 Satz 9 EStG auch für die Ermäßigung der Lohnsteuer zu beachten.
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Als ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte kommen insbesondere Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 1. Halbsatz EStG). Nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 2. Halbsatz EStG ist eine Tätigkeit mehrjährig, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Allerdings reicht es nicht aus, dass der Arbeitslohn in einem anderen Veranlagungszeitraum als dem zufließt, zu dem er wirtschaftlich gehört, und dort mit weiteren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusammentrifft. Die Entlohnung muss vielmehr für sich betrachtet zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit sein, die Vergütung folglich für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 31.08.2016 – VI R 53/14, BFHE 255, 120, BStBl II 2017, 322, Rz 12; vom 07.05.2015 – VI R 44/13, BFHE 249, 523, BStBl II 2015, 890, Rz 16; vom 07.08.2014 – VI R 57/12, Rz 27, und vom 03.07.1987 – VI R 43/86, BFHE 150, 431, BStBl II 1987, 820). Diese mehrjährige Zweckbestimmung kann sich entweder aus dem Anlass der Zuwendung oder aus den übrigen Umständen ergeben. Soweit andere Hinweise auf den Verwendungszweck fehlen, kommt der Berechnung des Entgelts maßgebliche Bedeutung zu (Senatsurteile in BFHE 255, 120, BStBl II 2017, 322, Rz 12, und vom 16.12.1996 – VI R 51/96, BFHE 182, 161, BStBl II 1997, 222).
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Darüber hinaus muss die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen in zusammengeballter Form erfolgen (Senatsurteil in BFHE 249, 523, BStBl II 2015, 890, Rz 17, m.w.N.).
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bb) Das FG hat hiernach zu Recht entschieden, dass die vom FA ursprünglich erteilte Anrufungsauskunft vom 21.04.2011, nach der es sich bei den Zahlungen aufgrund des LTI-Modells um außerordentliche und nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG begünstigt zu besteuernde Einkünfte handele, rechtmäßig war.
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(1) Die Vorinstanz hat zutreffend –in Übereinstimmung mit der vom FA erteilten Anrufungsauskunft– die Regelungen des LTI-Modells dahin gewürdigt, dass die betreffenden Vergütungen zweckbestimmt für die Berufstätigkeit der jeweiligen Führungskräfte in einem mehrjährigen –in der Regel vierjährigen– Zeitraum erfolgen. Dies hat das FG ohne Rechtsfehler daraus geschlossen, dass nach dem LTI-Modell anhand bestimmter unternehmensinterner Kennzahlen der Geschäftserfolg in dem vierjährigen sogenannten Performancezeitraum ermittelt und dem durchschnittlichen Geschäftserfolg in dem die vorangegangenen Jahre umfassenden (vierjährigen) Vergleichszeitraum gegenübergestellt wird.
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(2) Soweit das FA in dem angefochtenen Aufhebungsbescheid und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung die Auffassung vertreten hat, die Voraussetzungen für eine Besteuerung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG lägen nicht vor, weil das LTI-Modell so angelegt sei, dass die Zahlungen nach Ende des jeweiligen Ermittlungszeitraums jährlich erfolgen würden und mithin nicht von einer zusammengeballten Auszahlung von Arbeitslohn ausgegangen werden könne, der für eine mehrjährige Tätigkeit erdient worden sei, steht dies offenkundig in Widerspruch zur gesetzlichen Regelung, wie sie durch die –auch von der Finanzverwaltung allgemein angewendete– höchstrichterliche Rechtsprechung ausgelegt wird.
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Hiernach ist bei Arbeitnehmern –anders als z.B. bei Gewerbetreibenden, Beziehern von Einkünften aus selbständiger Arbeit oder von sonstigen Einkünften (s. dazu z.B. BFH-Urteile vom 20.09.2016 – X R 23/15, BFHE 255, 209, BStBl II 2017, 347, und vom 23.10.2013 – X R 3/12, BFHE 243, 287, BStBl II 2014, 58)– jede Vergütung für eine Tätigkeit, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst, atypisch zusammengeballt und damit „außerordentlich“ i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG. Um einmalige (Sonder-)Einkünfte, die nicht regelmäßig anfallen, muss es sich nicht handeln (Senatsurteil in BFHE 249, 523, BStBl II 2015, 890, Rz 14 f.). Der Anwendung des § 34 EStG steht es mithin nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber jährlich Vergütungen auszahlt, sofern diese jeweils für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden. Ohne Bedeutung ist dementsprechend auch, ob bei der Berechnung des zweckbestimmt für eine mehrjährige Tätigkeit geleisteten Entgelts Berechnungsgrundlagen –im Streitfall bestimmte Unternehmenskennzahlen eines Jahres– gegebenenfalls mehrfach (in verschiedenen Jahren) berücksichtigt werden. Der Umstand, dass sich die Vergütung aus mehreren Beträgen zusammensetzt, die jeweils einem bestimmten Einzeljahr zugerechnet werden können, hindert die Annahme einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit als solche ebenfalls nicht (BFH-Urteile vom 14.12.2006 – IV R 57/05, BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180, unter II.3.b, und vom 02.08.2016 – VIII R 37/14, BFHE 254, 573, BStBl II 2017, 258, Rz 10).
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Soweit sich das FA für seine Auffassung auf das BFH-Urteil vom 14.04.2015 – IX R 29/14 berufen hat, liegt der Entscheidung ein mit dem Streitfall offensichtlich nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Das Urteil betraf eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, die in mehreren Veranlagungszeiträumen in etwa drei gleich großen Teilbeträgen geleistet wurde, so dass eine Tarifbegünstigung nach § 34 EStG nicht in Betracht kam. Im Streitfall leistet die Klägerin die fraglichen Lohnzahlungen aufgrund des LTI-Modells jedoch nicht gestreckt in mehreren Veranlagungszeiträumen. Vielmehr fließt die Vergütung, die den Führungskräften für den jeweiligen mehrjährigen Performancezeitraum nach dem LTI-Modell zusteht, zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zu.
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(3) Darüber hinaus hat das FG aufgrund seiner unangefochtenen Feststellungen auch zutreffend darauf erkannt, dass für die auf dem LTI-Modell gründende Zusammenballung des Arbeitslohns für vier Jahre wirtschaftlich vernünftige Gründe vorliegen. Denn die Klägerin wollte nach ihrem –auch vom FA nicht in Abrede gestellten– Vortrag mit der Einführung des LTI-Modells u.a. den Rahmenbedingungen gerecht werden, die sich aus dem Deutschen Corporate Governance Kodex ergeben hätten. Die Klägerin habe die Vergütungsstruktur hinsichtlich der variablen Vergütungsbestandteile an eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausrichten wollen. An diese Würdigung des Geschehens ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Denn sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze.
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cc) Da sich die der Klägerin erteilte Anrufungsauskunft vom 21.04.2011 folglich als rechtmäßig erweist, handelte das FA ermessensfehlerhaft, indem es die Auskunft nur gestützt auf deren vermeintlich materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit aufhob. Dies war zur Durchsetzung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und zur Durchsetzung des richtigen Rechts nicht geeignet. Sonstige Erwägungen, die die Ermessensentscheidung begründen könnten –z.B. eine Änderung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung oder der vom FA zu beachtenden allgemeinen Verwaltungsvorschriften–, hat das FA nicht angestellt. Ein derartiger sachlicher Grund für die Aufhebung der Anrufungsauskunft ist auch nicht ersichtlich.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.