Beschluss des BVerwG 1. Wehrdienstsenat vom 01.09.2021, AZ 1 WB 15/21

BVerwG 1. Wehrdienstsenat, Beschluss vom 01.09.2021, AZ 1 WB 15/21, ECLI:DE:BVerwG:2021:010921B1WB15.21.0

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Tatbestand

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Die Antragstellerin wendet sich gegen die vorzeitige Beendigung ihrer besonderen Auslandsverwendung in A.

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Die 1989 geborene Antragstellerin ist Soldatin auf Zeit. Ihre Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem 3. Januar 2026 enden. Mit Wirkung vom 21. Oktober 2017 wurde sie zum Hauptfeldwebel befördert. Vom 27. Januar 2017 bis zum 31. Mai 2017 war sie als Materialbewirtschaftungsfeldwebel und Kraftfahrer zum Einsatzverband … nach B kommandiert worden. Seit Juli 2019 wird sie als Materialbewirtschaftungsfeldwebel beim Dienstältesten Deutschen Offizier/Deutscher Anteil … in C verwendet. Von dort aus war sie für den Zeitraum 21. November 2019 bis zum 31. Januar 2020 erneut zum Einsatzverband … nach B kommandiert, wo sie wiederum als Materialbewirtschaftungsfeldwebel und Kraftfahrer eingesetzt wurde. Der Auslandseinsatz sollte ursprünglich bis zum 17. März 2020 dauern.

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Während ihres Einsatzes in B 2017 kam es zu Spannungen zwischen der Antragstellerin und dem Truppenversorgungsbearbeiter Stabsfeldwebel D. Dieser war 2019/2020 erneut Truppenversorgungsbearbeiter in B. Am 21. Dezember 2019 meldete Stabsfeldwebel D der Disziplinarvorgesetzten der Antragstellerin, diese habe Kameraden wahrheitswidrig erzählt, er habe sie während des Einsatzes 2017 gedrängt, mit ihm zu schlafen, und ihr nach ihrer Weigerung gedroht, ihre Karriere zu ruinieren. Die Antragstellerin habe behauptet, sie sei wegen ihrer Ablehnung seines Ansinnens nur mit einem „B“ für den Auslandseinsatz beurteilt worden.

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Daraufhin ermittelte die Disziplinarvorgesetzte durch Vernehmung von Zeugen und Anhörung der Antragstellerin wegen einer Kameradschaftspflichtverletzung gegen die Antragstellerin. Unter dem 17. Januar 2020 legte sie den Vorgang der Einleitungsbehörde zur Entscheidung über die Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens vor. Die Antragstellerin sei hinreichend verdächtig, bewusst wahrheitswidrig Gerüchte gegen Stabsfeldwebel D in Umlauf gebracht und diesen dadurch verleumdet zu haben.

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Der Entwurf eines Antrages auf vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung der Antragstellerin wurde dieser am 25. Januar 2020 eröffnet und mit ihr erörtert.

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Am 26. Januar 2020, der Antragstellerin am selben Tag eröffnet, beantragte die Disziplinarvorgesetzte die vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung der Antragstellerin zum 31. Januar 2020 aus dienstlichen Gründen. Die Antragstellerin habe in ihrer Vernehmung Stabsfeldwebel D eine sexuelle Belästigung und die Drohung, ihre Karriere zu ruinieren, vorgeworfen. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen sei diese Behauptung unwahr. Die Disziplinarvorgesetzte habe den Eindruck, die Spannungen zwischen der Antragstellerin und Stabsfeldwebel D aus 2017 würden auf fachlichen Defiziten der Antragstellerin beruhen. Fachliche Defizite sehe sie auch in diesem Einsatz bei der Antragstellerin. Am 28. Dezember 2019 habe ein Gruppengespräch mit ihr und der Truppenpsychologin im S 4-Bereich stattgefunden. Die Antragstellerin habe Kritik an ihrer Arbeit nicht sachlich aufgenommen. Am 2. Januar 2020 hätten sie, der Kommodore, die Vertrauensperson der Unteroffiziere und die Antragstellerin erneut ein Gespräch geführt. Beide Gespräche hätten die Unruhe im S 4-Bereich nur verstärkt. Dies schränke die Einsatzbereitschaft der unterstützten Bereiche ein. Vor dem Hintergrund der Spannungen in der Einheit lasse sich ein Verbleib der Antragstellerin im Einsatzland nicht länger befürworten.

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Unter dem 29. Januar 2020 entschied der Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingents …, die Auslandsverwendung der Antragstellerin zum 31. Januar 2020 vorzeitig zu beenden. Die Entscheidung erfolge aus dienstlichen Gründen.

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Gegen die ihr am 29. Januar 2020 ausgehändigte Entscheidung beschwerte sich die Antragstellerin unter dem 17. Februar 2020. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen sie sei mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden. Da nicht zu ihren Lasten geklärt sei, ob Stabsfeldwebel D ihr 2017 Avancen gemacht habe, sei der Bescheid rechtswidrig und sie zu rehabilitieren.

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Mit Bescheid vom 28. August 2020 wies der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr die Beschwerde zurück. Die Antragstellerin habe gegenüber Kameraden den nicht erweislich wahren Vorwurf verbreitet, Hauptfeldwebel D habe sie sexuell belästigt. Dadurch sei Unruhe im Verband ausgelöst worden, so dass der Disziplinarvorgesetzten eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Antragstellerin nicht mehr möglich erschienen sei. Den Dienstbetrieb hätten auch die Spannungen im S 4-Bereich und die fachlichen Defizite der Antragstellerin belastet. Eine Verwendung auf anderen Dienstposten im Einsatzland sei nicht möglich gewesen. Daher sei die vorzeitige Beendigung ihrer Auslandsverwendung ermessensgerecht gewesen.

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Gegen diesen Bescheid wandte sich die Antragstellerin mit weiterer Beschwerde vom 22. September 2020. Die Repatriierung sei durch Zeitablauf erledigt. Zu ihrer Rehabilitierung sei aber die Rechtswidrigkeit festzustellen. Grund für die Repatriierung sei der Vorwurf der Verleumdung eines Kameraden und der Vertrauensverlust zu ihrer Disziplinarvorgesetzten gewesen. Der Vortrag zu fachlichen Defiziten sei unzutreffend und als nachgeschobener Grund auch unbeachtlich. Gegen sie habe es keinen hinreichenden Tatverdacht einer Verleumdung des Zeugen D gegeben. Daher könne der ihr nicht nachweisbare Vorwurf das Vertrauen in sie nicht nachhaltig beeinträchtigen. Dienstliche Interessen würden die Repatriierung somit nicht rechtfertigen. Der Zeuge D habe nicht bestritten, ihr 2017 Avancen gemacht zu haben.

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Mit Bescheid vom 8. Dezember 2020, der Antragstellerin am 17. Dezember 2020 zugestellt, wies der Generalinspekteur der Bundeswehr die weitere Beschwerde zurück. Zum für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der Repatriierung hätten dienstliche Gründe die Beendigung der Auslandsverwendung der Antragstellerin gerechtfertigt. Der Dienstbetrieb sei durch den zu diesem Zeitpunkt hinreichenden Verdacht einer Dienstpflichtverletzung und ihre fachlichen Defizite unannehmbar belastet gewesen. Dass auch fachliche Defizite Grund der Repatriierung gewesen seien, ergebe sich aus der Begründung des Antrages der Disziplinarvorgesetzten.

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Hiergegen hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. Januar 2021 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 28. Februar 2021 dem Senat vorgelegt.

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Zur Begründung wiederholt und vertieft die Antragstellerin ihr Beschwerdevorbringen. Der von ihr erhobene Vorwurf gegen Stabsfeldwebel D sei wahr. Vom Vorwurf einer Verleumdung sei sie freigesprochen worden und verwahre sich gegen seine Wiederholung. Die Disziplinarvorgesetzte habe sie während der laufenden Ermittlungen unzulässig vorverurteilt. Ihr Ruf in der Truppe habe dadurch Schaden genommen. Fachliche Defizite ihrer Arbeit habe es nicht gegeben.

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Die Antragstellerin beantragt,

den Bescheid vom 29. Januar 2020 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 27. August 2020 und der Entscheidung vom 8. Dezember 2020 aufzuheben,

hilfsweise die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 29. Januar 2020 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 27. August 2020 und der Entscheidung vom 8. Dezember 2020 festzustellen.

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Der Generalinspekteur der Bundeswehr beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

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Zur Begründung wiederholt und vertieft er den Vortrag der Beschwerdebescheide.

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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Generalinspekteurs der Bundeswehr und die Personalgrundakte des Antragstellers hat dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

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1. Der Hauptantrag ist bereits unzulässig.

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Die Aufhebung der angegriffenen Bescheide ist nämlich nicht mehr möglich, weil sie durch die Rückführung der Antragstellerin in das Inland tatsächlich vollzogen und mit Ablauf des Kommandierungszeitraums erledigt sind (BVerwG, Beschlüsse vom 4. November 2014 – 1 WB 18.14 – juris Rn. 21 und vom 23. Mai 2019 – 1 WB 22.18 – Buchholz 449 § 3 SG Nr. 96 Rn. 19).

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2. Zulässig ist aber der hilfsweise formulierte Fortsetzungsfeststellungsantrag gegen die Repatriierungsentscheidung (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 22 und § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO).

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Nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Entscheidung über die vorzeitige Beendigung eines Auslandseinsatzes bzw. einer besonderen Auslandsverwendung („Repatriierung“) einen Befehl dar (BVerwG, Beschlüsse vom 12. August 2008 – 1 WB 35.07 – BVerwGE 132, 1 Rn. 24, sowie zuletzt vom 23. Mai 2019 – 1 WB 22.18 – Buchholz 449 § 3 SG Nr. 96 Rn. 21). Im Falle eines ausgeführten oder anders erledigten Befehls ist ein Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO (hier in weiterer Verbindung mit § 22 WBO) ohne Weiteres zulässig, insbesondere unabhängig davon, ob der betroffene Antragsteller ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dargelegt hat.

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3. Der zulässige Feststellungsantrag ist aber unbegründet. Die vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung der Antragstellerin war rechtmäßig und hat diese nicht in ihren Rechten verletzt.

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a) Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf eine Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen über die Verwendung eines Soldaten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2002 – 1 WB 30.02 – Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 m.w.N. und vom 14. Dezember 2017 – 1 WB 42.16 – juris Rn. 32 m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind, wie sie sich hier insbesondere aus dem Zentralerlass (ZE) B-1300/46 „Versetzung, Dienstpostenwechsel, Kommandierung“ bzw. der seit 15. Juni 2020 geltenden Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-1420/37 sowie der Bereichsvorschrift C1-100/0-8004 „Personalmanagement im Einsatz“ (im Folgenden: Bereichsvorschrift) ergeben (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Februar 2003 – 1 WB 57.02 – BVerwGE 118, 25 <27> und vom 14. Dezember 2017 – 1 WB 42.16 – juris Rn. 32).

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b) Hiernach weist die Repatriierungsentscheidung keine formellen Fehler auf.

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Die Antragstellerin wurde unter Beachtung der Vorgaben von Nr. 802, 803 Abs. 1, 813 Bereichsvorschrift ordnungsgemäß angehört. Der Entwurf des Antrages ist ihr am 15. Januar 2020 ausgehändigt worden. Eine Erörterung ist am 18. Januar 2020 in einem persönlichen Gespräch erfolgt. Die Antragstellerin hatte auch ausreichend Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Maßnahme zu äußern. Hiervon hat sie durch Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme Gebrauch machen können. Die Anhörung der Vertrauensperson (Nr. 804 Bereichsvorschrift) wünschte sie nicht. Die gemäß Nr. 806 Bereichsvorschrift beteiligte Gleichstellungsbeauftragte stimmte dem Antrag zu.

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c) Die Repatriierung der Antragstellerin weist auch keine materiell-rechtlichen Fehler auf.

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aa) Nach Nr. 809 Bereichsvorschrift liegt ein dienstlicher Grund für eine vorzeitige Beendigung einer besonderen Auslandsverwendung regelmäßig vor, wenn unannehmbare Belastungen des Dienstbetriebs durch Störungen, Spannungen oder Vertrauensverluste hervorgerufen werden, die nur durch vorzeitige Beendigung der Besonderen Auslandsverwendung behoben werden. Entsprechende Bestimmungen enthalten auch Nr. 202 Buchst. h ZE B-1300/46 und Nr. 205 Buchst. g ZDv A-1420/37.

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Die Frage, ob Störungen, Spannungen und/oder Vertrauensverluste unter den beiden genannten Voraussetzungen ein dienstliches Bedürfnis für die Repatriierung begründen, ist in den Grenzen des § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 114 VwGO gerichtlich voll überprüfbar. Jedoch kommt, soweit es die prognostische Beurteilung betrifft, welche Auswirkungen das Verhalten des Antragstellers auf den – durch die besonderen gegenseitigen Pflichtenbindungen insbesondere der §§ 10 – 12 SG geprägten – Dienstbetrieb hat, der Einschätzung des Kontingentführers (und im Beschwerdeverfahren: der dort zuständigen Stellen) ein auch vom Gericht zu beachtender Vorrang zu (BVerwG, Beschlüsse vom 22. März 2011 – 1 WB 24.10 – Rn. 34 m.w.N., vom 4. November 2014 – 1 WB 18.14 – juris Rn. 31 und vom 23. Mai 2019 – 1 WB 22.18 – Buchholz 449 § 3 SG Nr. 96 Rn. 32).

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bb) Hiernach ist die Entscheidung, den Antragsteller zu repatriieren, nicht zu beanstanden. Entgegen der Einschätzung der Antragstellerin beruhte die Entscheidung nicht auf sachfremden Erwägungen und war nicht ermessensfehlerhaft.

31

Die Antragstellerin hat in ihrer Vernehmung durch ihre damalige Disziplinarvorgesetzte eingeräumt, einer mit ihr 2019 in A eingesetzten Kameradin gegenüber dem Stabsfeldwebel D vorgeworfen zu haben, sie bei ihrem vorangegangenen Auslandseinsatz 2017 sexuell belästigt und mit Karrierenachteilen bedroht zu haben. Dies hat die fragliche Kameradin in ihrer Zeugenvernehmung durch die Disziplinarvorgesetzte ebenfalls angegeben. Der von der Antragstellerin beschuldigte Stabsfeldwebel D hatte sich an die Gleichstellungsbeauftragte gewandt, als er von entsprechenden Gerüchten über seine Person erfahren hatte und auf deren Rat hin Meldung bei der Disziplinarvorgesetzten gemacht. Die Disziplinarvorgesetzte ist auf der Grundlage der von ihr durchgeführten Ermittlungen aus nachvollziehbaren und im Antrag auf vorzeitige Beendigung der Auslandsverwendung sachlich dargestellten Gründen zu der Überzeugung gelangt, dass „nach jetzigem Ermittlungsstand“ die Antragstellerin vorsätzlich unwahre Vorwürfe gegen Stabsfeldwebel D erhoben habe und ein gerichtliches Disziplinarverfahren einzuleiten sei. Des Weiteren hat sie Unruhe und Spaltung im S 4-Bereich in der Folge der Ermittlungen und von Gesprächen mit der Antragstellerin festgestellt. Dieser Zustand des S 4-Bereiches beeinträchtige die einsatzwichtige Kommunikation und damit die Einsatzbereitschaft der unterstützten Bereiche. Durch die Überzeugung der Disziplinarvorgesetzten, die Antragstellerin sei eines Dienstvergehens jedenfalls mit einer für die Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens hinreichenden Wahrscheinlichkeit verdächtig, war die Grundlage für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Antragstellerin und ihrer Disziplinarvorgesetzten beeinträchtigt. Die Belastung des Dienstbetriebes fand ihren Niederschlag in den von der Disziplinarvorgesetzten festgestellten Beeinträchtigungen des reibungslosen Dienstbetriebes im S 4-Bereich. Da eine anderweitige Verwendung der Antragstellerin in A nicht möglich war, lag hierin ein dienstlicher Grund für die vorzeitige Beendigung ihres Auslandseinsatzes. Ob die Antragstellerin tatsächlich ein Dienstvergehen begangen hat, ist hierfür unerheblich. Die angegriffene Personalverfügung ist keine Disziplinarmaßnahme und nimmt eine solche auch nicht vorweg. Sie dient allein der Aufrechterhaltung eines reibungslosen Dienstbetriebes.

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Unerheblich ist daher entgegen der Einschätzung der Antragstellerin, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen sie nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Dies indiziert nicht, dass die auf der Grundlage der damaligen Ermittlungsergebnisse plausible Einschätzung der Disziplinarvorgesetzten fehlerhaft war und der Verlust des Vertrauens in die Antragstellerin auf sachfremden Erwägungen beruhte. Ohne maßgebliche Bedeutung ist auch, dass der Stabsfeldwebel D in seiner Zeugenvernehmung am 21. Dezember 2019 die Vorwürfe der Antragstellerin gegen ihn nicht ausdrücklich bestritten hat. In seiner Vernehmung vom 23. Dezember 2019 hat er ausweislich der aktenkundigen Niederschrift die Vorwürfe sehr wohl bestritten. Er hat entsprechende Gerüchte selbst der Gleichstellungsbeauftragten und auf deren Anraten seiner Disziplinarvorgesetzten gemeldet. Vor diesem Hintergrund liegt es fern, in seiner Aussage vom 21. Dezember 2019, die sich nicht ausdrücklich zum Wahrheitsgehalt der „negativen Aussagen“ der Antragstellerin über ihn verhält, ein Geständnis zu sehen.

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Die angefochtene Entscheidung ist daher insbesondere von einer sorgfältig und vollständig ermittelten Tatsachenlage ausgegangen und hat hieraus ohne Rechtsfehler auf das Vorliegen einer nicht anders als durch die vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung der Antragstellerin behebbaren Belastung des Dienstbetriebes geschlossen.