Online-Symposium: „Otto Palandt und die Rolle des Reichsjustizprüfungsamtes im Nationalsozialismus“ (Pressemeldung des BMJV)

Livestream am Donnerstag, den 2. September 2021 unter
www.bmjv.de/livestream2

Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus,
Dr. Felix Klein, und die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Christine Lambrecht, richten am 2. September in der Zeit von 10:00 Uhr bis 15:30 Uhr gemeinsam das Symposium „Otto Palandt und die Rolle des Reichsjustizprüfungsamtes im Nationalsozialismus“ aus. Die Veranstaltung, die im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz stattfinden wird, kann über einen
Livestream verfolgt werden.

Christine Lambrecht erklärt:
„Als Angehörige des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz haben wir die bleibende Verantwortung, uns kritisch mit der Vergangenheit unseres eigenen Hauses und seiner Vorläuferinstitutionen auseinanderzusetzen. Mit dem Symposium wollen wir dazu einen weiteren wichtigen Beitrag leisten, denn zu dieser Geschichte gehört auch und gerade die Geschichte des Reichsjustizprüfungsamts und von Otto Palandt.

Demokratie und Rechtsstaat sind keine Selbstverständlichkeit. Gerade die juristische Ausbildung kann Fähigkeiten vermitteln, mit denen sich die Werte des demokratischen Verfassungsstaats gegen Angriffe verteidigen lassen. Es war deshalb ein wesentlicher Schritt dieser Legislaturperiode, die Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrecht zu einem verpflichtenden Teil der juristischen Ausbildung zu machen.

Wer sich dafür eingesetzt hat, die juristische Ausbildung an den menschenfeindlichen Zielen des nationalsozialistischen Regimes auszurichten, darf in unserem demokratischen Rechtsstaat nicht der Namensgeber eines juristischen Standardwerks sein. Die Entscheidung des C.H. Beck Verlags zur Umbenennung des „Palandt“ war daher überfällig.“

Dr. Felix Klein erklärt:„Otto Palandt steht stellvertretend für viele Juristen in der Zeit des Nationalsozialismus; er hat sich wie viele in der Justiz und Verwaltung voll und ganz in den Dienst der menschenverachtenden nationalsozialistischen Ideologie gestellt. Es ist wichtig, dass vor allem auch angehende Juristinnen und Juristen über die Mechanismen des Nationalsozialismus erfahren. Ich bin mir sicher, dass durch die Entscheidung des Verlages C. H. Beck zur Umbenennung Diskussionen hervorgerufen werden, die die Sensibilität in Bezug auf dieses Thema erhöhen werden. Es ist wichtig, dass auch heute Kenntnisse über den Missbrauch des Rechts vorliegen. Schon der Philosoph Odo Marquardt hat betont „Keine Zukunft ohne Herkunft“ – dem schließe ich mich voll an.“

Zum Ablauf der Veranstaltung:

Nach einer Begrüßungsansprache des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Herrn Christian Lange, wird die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Christine Lambrecht, eine Eröffnungsrede halten. Anschließend folgen Grußworte von Herrn
Dr. Felix Klein und dem Mitglied der Geschäftsleitung des C.H. Beck Verlages, Prof. Klaus Weber sowie ein Fachvortrag über „das Reichsjustizprüfungsamt“ von Herrn
Dr. Martin Würfel, Autor des gleichnamigen Werks.

Inhaltlich wird sich das erste Panel mit der Juristenausbildung im Nationalsozialismus, ihren Brüchen und (inhaltlichen) Kontinuitäten beschäftigen. Das zweite Panel nimmt Bezug zu dem Wirken und Nachwirken Otto Palandts, seinerzeit Herausgeber und noch aktueller Namenspatron des Beck’schen Kurzkommentars zum Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Sie können die Veranstaltung am 2. September ab 10:00 Uhr live auf
www.bmjv.de mitverfolgen. Starten Sie den
Livestream, indem Sie auf den Link im angezeigten Fenster auf der Startseite klicken. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Zu den Themen der Konferenz:

Seit Jahrzehnten verbinden Generationen von Juristinnen und Juristen den Namen „Palandt“ mit ihrer Ausbildung und beruflichen Tätigkeit, viele ohne auch nur annähernd Kenntnis von Palandts Rolle und Aufgaben in der Zeit des Nationalsozialismus zu haben. Auch heute ist vielen Juristinnen und Juristen nicht bekannt, wie massiv der Präsident des Reichsjustizprüfungsamts durch sein Wirken zur nationalsozialistischen Pervertierung des Rechts beitrug.

Welche Konsequenzen hatte die Gleichschaltung im „Dritten Reich“ für die juristische Ausbildung? Was passierte mit der Juristen-Generation, die ihre Ausbildung unter dem Hakenkreuz absolvierte? Warum reden wir heute noch über das Wirken und Nachwirken Palandts, obwohl der beliebte Kurzkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch bereits 80. Mal unter dem Namen Palandt erschien? Diese und andere Fragen sind in der letzten Zeit in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt. Zu diesen Fragestellungen werden sich im Rahmen des Symposiums ausgewiesene Expertinnen und Experten austauschen.

Eine vertiefte Beschäftigung mit dem rechtshistorischen Geschehen im Nationalsozialismus zeigt in erschreckender Weise auf, wie manipulierbar das Recht durch menschenverachtende Ideologien sein kann. Die kritische Auseinandersetzung mit Recht und Unrecht trägt dazu bei, die überragenden Werte unseres Rechtssystems – Demokratie, Rechtsstaat und die Würde jedes einzelnen Menschen – anzuerkennen und wertzuschätzen.