Das Gesetz zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) ist heute, am 28. Juni 2021, in Kraft getreten.
Christine Lambrecht, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, erklärt:
„Wir stärken die Nutzerrechte im Netz erheblich. Wer diffamiert oder bedroht wird, muss das ab sofort mit wenigen Klicks direkt vom betreffenden Posting aus melden können. Meldewege für strafbare Inhalte müssen mühelos auffindbar und leicht bedienbar sein. Außerdem vereinfachen wir die Durchsetzung von Auskunftsansprüchen: Wer sich gerichtlich gegen Hasspostings wehren will, kann ab jetzt die dafür benötigten Daten wie den Namen des Hetzers deutlich leichter von den Plattformen herausverlangen. Zudem schützen wir Nutzerinnen und Nutzer künftig besser vor unberechtigten Entscheidungen der Plattformen: Wenn ein eigenes Posting gelöscht wird, können Betroffene von
Facebook,
Twitter& Co die Überprüfung dieser Entscheidung verlangen. Gleiches gilt, wenn ein als strafbar eingeschätzter und gemeldeter Inhalt nicht gelöscht wird.“
Das Gesetz enthält folgende Kernpunkte:
I. Stärkung der Rechte von Nutzerinnen und Nutzern
- Nutzerfreundlichere Meldewege: Nutzerinnen und Nutzern muss es auf einfache Weise möglich sein, einem sozialen Netzwerk Hinweise auf rechtswidrige Inhalte zu übermitteln. Das war vielfach bislang nicht der Fall. Schwer auffindbare, lange und komplizierte Wege, um strafbare Inhalte zu melden, sind nicht mit dem NetzDG vereinbar. Jetzt wurde ausdrücklich klargestellt, dass Meldewege leicht auffindbar und für jeden einfach zu bedienen sein müssen – und zwar direkt vom Inhalt aus, der dem sozialen Netzwerk als rechtswidrig gemeldet werden soll.
- Einführung eines Gegenvorstellungsverfahrens: Soziale Netzwerke sind künftig dazu verpflichtet, auf Antrag betroffener Nutzerinnen und Nutzer ihre Entscheidungen über die Löschung oder Beibehaltung eines Inhalts zu überprüfen.
- Klarstellung der Zuständigkeit des Zustellungsbevollmächtigten: Im NetzDG wurde klargestellt, dass an die bereits vorgeschriebenen Zustellungsbevollmächtigten auch Schriftstücke bei Wiederherstellungsklagen zugestellt werden können. Mit solchen Klagen wollen Nutzerinnen und Nutzer gerichtlich durchsetzen, dass ein gelöschter Beitrag wiederhergestellt wird. Durch die Änderung wird der Schutz gegen unberechtigte Löschungen und Account-Sperrungen verbessert.
- Schaffung von unparteiischen Schlichtungsstellen: Mit Hilfe von privaten Schlichtungsstellen können Streitigkeiten zwischen Nutzerinnen und Nutzern und sozialen Netzwerken auch außergerichtlich beigelegt werden. Dadurch können Streitfragen häufig schneller und für die Beteiligten mit weniger Kosten geklärt werden. Das Gesetz regelt die Voraussetzungen für die Anerkennung solcher Schlichtungsstellen. Für Videosharing-Plattformen mit Sitz in Deutschland soll eine behördliche Schlichtungsstelle geschaffen werden. Das sieht die
EU-Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste vor. - Einfachere Durchsetzung von Auskunftsansprüchen: Wer Ziel von Beleidigungen oder Bedrohungen wird, kann ab sofort Auskunftsansprüche gegenüber sozialen Netzwerken leichter gerichtlich durchsetzen. Das bislang zweistufige Verfahren wird auf eine Entscheidung beschränkt: Das Gericht, das über die Zulässigkeit der Herausgabe von Nutzerdaten entscheidet, kann zugleich auch die Herausgabe dieser Daten – wie des Namens eines Nutzers – anordnen.
II. Aussagekräftigere Transparenzberichte
Die Transparenzberichte der Anbieter sozialer Netzwerke sind ein wichtiges Instrument, um das Ausmaß von Hasskriminalität und den Umgang damit auch für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu machen. Die Transparenzberichte müssen künftig auch Informationen darüber beinhalten, wie soziale Plattformen mit Gegenvorstellungsverfahren umgehen (
z. B. Anzahl der vom Netzwerk gelöschten Inhalte, die nach erneuter Prüfung wieder eingestellt wurden – sog. „Put backs“) und inwiefern automatisierte Verfahren zum Auffinden rechtswidriger Inhalte genutzt werden.
III. Forschungsklausel
Über die nun eingeführte Forschungsklausel haben Forscherinnen und Forscher einen Anspruch, von Anbietern sozialer Netzwerke Informationen zu erhalten – etwa zur Verbreitung von Inhalten, die Gegenstand von NetzDG-Beschwerden waren oder vom Anbieter entfernt worden sind.