Beschluss des BVerwG 1. Senat vom 25.03.2021, AZ 1 B 12/21

BVerwG 1. Senat, Beschluss vom 25.03.2021, AZ 1 B 12/21, ECLI:DE:BVerwG:2021:250321B1B12.21.0

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, 3. November 2020, Az: 1 LB 28/20
vorgehend VG Bremen, 1. November 2019, Az: 6 K 489/19

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 3. November 2020 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

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Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.

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1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung entscheidungserhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht.

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Die Beschwerde bezeichnet die Frage als grundsätzlich bedeutsam,

„ob bei der Zuständigkeitsprüfung nach § 71a AsylG, die vor der Prüfung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 AsylG bereits feststehen sollte, nicht auf den Folgeverfahren, sondern auf den (Erst)Verfahren des Klägers in Österreich abzustellen ist“.

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Das Berufungsgericht hat diese Frage – unabhängig von der weiteren in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte umstrittenen Frage, ob für den Abschluss des Erstverfahrens abzustellen ist auf den Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung oder den der Entscheidung über diesen Antrag – bejaht. Es genüge der Abschluss eines Asylverfahrens, in dem das Vorbringen des Klägers inhaltlich vollumfänglich geprüft worden sei; hingegen müssten nicht auch spätere Folgeverfahren abgeschlossen sein. Begründet hat es dies mit dem Wortlaut des § 71a AsylG und des Art. 2 Buchst. q Richtlinie 2013/32/EU. Beide Vorschriften verlangten den Abschluss lediglich „eines“ Asylverfahrens (§ 71a AsylG) bzw. den Erlass lediglich „einer“ bestandskräftigen Entscheidung (Art. 2 Buchst. q RL 2013/32/EU) und nicht etwa auch den Abschluss sämtlicher Folgeverfahren. Auch Sinn und Zweck der Vorschriften stützten dieses Verständnis. Zweck der Regelung über den Zweitantrag sei die Beschleunigung des Asylverfahrens, wenn ein Antragsteller bereits in einem Drittstaat ein Asylverfahren durchlaufen habe. Grundsätzlich handele es sich hier zwar im asylverfahrensrechtlichen Sinne nicht um einen Folgeantrag, da der Antragsteller erstmals im Bundesgebiet eine Asylanerkennung bzw. Gewährung internationalen Schutzes begehre. Dennoch rechtfertige sich die Anwendung der Folgeantragsregeln, da ein Asylsuchender auf das bereits durchgeführte Asylverfahren und die damit verbundene prinzipiell als gleichwertig angesehene Prüfung eines Anspruchs auf internationalen Schutz in einem anderen EU-Mitgliedstaat bzw. Dublin-assoziierten Staat verwiesen werden könne. Entscheidend sei, dass ein früheres Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat erfolglos abgeschlossen sei und der Antragsteller die Möglichkeit gehabt habe, seine Asylgründe einmal umfassend vorzutragen. Sobald dies einmal erfolgt sei, solle ein neues Verfahren nur noch stattfinden, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel aufgezeigt würden, die ein Wiederaufgreifen des Verfahrens rechtfertigten. Es widerspräche dem gesetzgeberischen Willen, dem Antragsteller in einem solchen Fall noch einmal eine volle (Erst-)Prüfung seines Asylantrages zukommen zu lassen. Damit würden zum einen die beabsichtigte Beschleunigung des Verfahrens durch eine Beschränkung auf das Prüfprogramm des § 71a AsylG und zum anderen eine Gleichstellung des erfolglos abgeschlossenen Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat verfehlt. Würde man dies anders sehen, könnte zudem jeder Antragsteller in dem Mitgliedstaat, der seinen Erstantrag abgelehnt habe, einen Folgeantrag stellen und dann während des laufenden Folgeantragverfahrens in einen anderen Mitgliedstaat einreisen, um dort einen erneuten Antrag zu stellen, der dann wieder umfänglich geprüft werden müsste. Dies würde den Sinn und Zweck des gemeinsamen europäischen Asylsystems vollständig konterkarieren (UA S. 7 f.).

5

Mit dieser Argumentation setzt sich die Beschwerde nicht auseinander und legt insbesondere nicht dar, dass oder in welchen Punkten die Erwägungen des Berufungsgerichts mit dem von diesem herangezogenen Wortlaut, der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der herangezogenen Regelungen des Unionsrechts und des nationalen Rechts nicht vereinbar sein sollten oder doch einer weitergehenden, höchstrichterlichen Klärung bedürften. Stattdessen stützt sie ihre gegenteilige Auffassung allein darauf, dass das Verwaltungsgericht auf den vom Kläger in Österreich gestellten (Zweit-)Asylantrag abgestellt hat. Damit wird keine grundsätzliche Bedeutung dargelegt, zumal auch das Verwaltungsgericht sich auf die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes fokussiert und seine Rechtsauffassung zu der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage nicht näher begründet hat.

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Gleiches gilt für die am Ende der Beschwerdebegründung aufgestellte, aber nicht näher dargelegte Behauptung, dass „die Rechtsfrage“ in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte uneinheitlich beantwortet werde und es an einer Klärung des für die materiell-rechtliche Subsumtion sowie die Tatsachenfeststellung und -würdigung heranzuziehenden rechtlichen Maßstabs durch das Bundesverwaltungsgericht fehle. Selbst wenn dieser Vortrag dahingehend zu verstehen sein sollte, dass sich im vorliegenden Verfahren weitere Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen, werden diese und ihre Klärungsbedürftigkeit von der Beschwerde jedenfalls nicht näher dargelegt.

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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.