Entscheidet das Beschwerdegericht in einer vom Gesetz dem Kollegium zugewiesenen Sache (hier: Unterbringungssache… (Beschluss des BGH 12. Zivilsenat)

BGH 12. Zivilsenat, Beschluss vom 10.02.2021, AZ XII ZB 446/20, ECLI:DE:BGH:2021:100221BXIIZB446.20.0

Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 68 Abs 4 FamFG, § 75 GVG

Leitsatz

Entscheidet das Beschwerdegericht in einer vom Gesetz dem Kollegium zugewiesenen Sache (hier: Unterbringungssache) unbefugt durch den Einzelrichter, so liegt darin eine Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters, die als absoluter Rechtsbeschwerdegrund zur Aufhebung der Entscheidung führt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 – XII ZB 221/15, FamRZ 2016, 803).

Verfahrensgang

vorgehend LG Ulm, 25. September 2020, Az: 3 T 147/20
vorgehend AG Ulm, 7. September 2020, Az: 3 XVII 640/20

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 25. September 2020 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Auf Antrag seines Betreuers hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 7. September 2020 die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung bis längstens 3. September 2021 genehmigt. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen durch den Einzelrichter zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

II.

2

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

3

1. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass der angefochtene Beschluss an einem Verfahrensmangel leidet, weil er unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist.

4

Hat das Landgericht über eine Beschwerde in einer Unterbringungssache nach §§ 58 ff. FamFG zu entscheiden, ist hierzu gemäß § 68 Abs. 4 Halbsatz 1 FamFG i.V.m. § 75 GVG die mit drei Richtern besetzte Zivilkammer berufen. Eine originäre Einzelrichterzuständigkeit kommt hier nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 – XII ZB 221/15 – FamRZ 2016, 803 Rn. 5 mwN).

5

Eine Übertragung auf den Einzelrichter nach § 68 Abs. 4 Halbsatz 1 FamFG ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt, so dass dieser zur Entscheidung nicht berufen war. Entscheidet der Einzelrichter unbefugt allein, liegt wegen fehlerhafter Besetzung des Gerichts ein absoluter Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegrund im Sinne der §§ 72 Abs. 3 FamFG, 547 Nr. 1 ZPO vor (vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2015 – XII ZB 105/13 – FamRZ 2016, 451 Rn. 10 mwN). Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben; die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen.

6

2. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

  • Dose
  • Klinkhammer
  • Günter
  • Botur
  • Krüger