BGH 9. Zivilsenat, Beschluss vom 14.01.2021, AZ IX ZB 71/18, ECLI:DE:BGH:2021:140121BIXZB71.18.0
§ 67 Abs 3 InsO, § 73 Abs 1 InsO, § 17 Abs 1 S 1 InsVV
Leitsatz
1a. Die Vergütung des Mitglieds eines Gläubigerausschusses ergibt sich in der Regel aus dem tatsächlichen Zeitaufwand und dem Stundensatz.
1b. Für den Stundensatz sind der Umfang und die Schwierigkeit des Insolvenzverfahrens, der Umfang und die Schwierigkeit der Aufgaben des Gläubigerausschusses in dem betreffenden Insolvenzverfahren, nicht versicherbare Haftungsrisiken, Art und inhaltlicher Umfang (Intensität) der Mitwirkung des Ausschussmitglieds sowie die Qualifikation und Sachkunde des jeweiligen Ausschussmitglieds zu berücksichtigen.
1c. Die Vergütung des Mitglieds eines Gläubigerausschusses stellt eine Aufwandsentschädigung dar.
2a. Das Gericht ist berechtigt, bei besonderen Umständen Stundensätze festzulegen, die den in § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV genannten oberen Betrag übersteigen.
2b. Soweit es die Umstände des Einzelfalls rechtfertigen, ist das Gericht befugt, den Stundensatz für die einzelnen Mitglieder des Gläubigerausschusses unterschiedlich zu bestimmen.
3. Ist ein Nichtgläubiger Mitglied des Gläubigerausschusses, kann das Gericht für die Vergütung einen an marktüblichen Bedingungen orientierten Stundensatz festsetzen, der dem Umfang der Tätigkeit entspricht.
Verfahrensgang
vorgehend LG Hamburg, 3. August 2018, Az: 326 T 41/17, Beschluss
vorgehend AG Hamburg, 5. April 2017, Az: 67b IN 167/13
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der Zivilkammer 26 des Landgerichts Hamburg vom 3. August 2018 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 14.313,32 € festgesetzt.
Gründe
I.
1
Das Insolvenzgericht eröffnete mit Beschluss vom 1. Oktober 2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der G. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) und bestellte den weiteren Beteiligten zu 2 zum Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 4. September 2013 setzte das Insolvenzgericht einen vorläufigen Gläubigerausschuss im Eröffnungsverfahren und mit Beschluss vom 1. Oktober 2013 einen vorläufigen Gläubigerausschuss vor der ersten Gläubigerversammlung ein. Es bestellte den weiteren Beteiligten zu 1 zum Mitglied sowohl des vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren als auch des vorläufigen Gläubigerausschusses vor der ersten Gläubigerversammlung. Der weitere Beteiligte zu 1 ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht. Er war vom 4. September 2013 bis zum 19. November 2013 als Mitglied des Gläubigerausschusses tätig.
2
Der weitere Beteiligte zu 1 macht für seine Tätigkeit als Mitglied des Gläubigerausschusses einen Zeitaufwand von 118,28 Stunden geltend. Er beantragt, seine Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 300 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer festzusetzen. Das Insolvenzgericht hat einen Stundensatz von 200 € für angemessen gehalten und die Vergütung nebst Umsatzsteuer auf insgesamt 28.150,64 € brutto festgesetzt. Hiergegen haben sowohl der weitere Beteiligte zu 1 als auch der weitere Beteiligte zu 2 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Vergütung auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 auf 27.912,64 € herabgesetzt und die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte zu 1 seinen Vergütungsantrag weiter.
II.
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Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung, soweit die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 keinen Erfolg gehabt hat.
4
1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung unter anderem in NZI 2018, 955 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Vergütung der Mitglieder eines Gläubigerausschusses richte sich einheitlich nach § 73 InsO, § 17 InsVV. Unter Berücksichtigung der Qualifikation des weiteren Beteiligten zu 1 und seiner besonderen Haftungsrisiken habe das Amtsgericht zu Recht einen Stundensatz von 200 € angesetzt. Den anspruchsvollen Besonderheiten des Verfahrens sei durch die Anerkennung der deutlich höheren Stundenzahl Rechnung getragen. Bei dieser Vergütung handele es sich nach Sinn und Zweck um eine Aufwandsentschädigung für eine freiwillige Tätigkeit, nicht jedoch um die Bezahlung einer hauptberuflich ausgeübten Tätigkeit. Daher seien die Backoffice-Kosten und die besonderen Belastungen des weiteren Beteiligten zu 1 aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit bei der Bemessung des Stundensatzes nicht zu berücksichtigen. Eine weitere Erhöhung der Stundensätze sei Sache des Verordnungsgebers.
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Es seien insgesamt 117,28 Stunden zu vergüten. Für den Umfang der Tätigkeit seien auch die aktive Mitwirkung außerhalb der Ausschusssitzungen und alle Zeiten zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Mitglied des Gläubigerausschusses stünden. Hingegen stelle der Besuch einer einstündigen Fortbildungsveranstaltung über die Haftung von Gläubigerausschussmitgliedern keinen berücksichtigungsfähigen Zeitaufwand dar.
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2. Dies hält rechtlicher Überprüfung hinsichtlich der Höhe des Stundensatzes in entscheidenden Punkten nicht stand.
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a) Der einem Mitglied des Gläubigerausschusses gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 InsO für seine Tätigkeit zustehende Anspruch auf Vergütung und Erstattung angemessener Auslagen richtet sich im Regelfall nach dem Zeitaufwand und dem Umfang der Tätigkeit (§ 73 Abs. 1 Satz 2 InsO). Das Gesetz stellt dabei mit dem Zeitaufwand auf die tatsächlich für die Tätigkeit verwendete Zeit ab. Der Umfang der Tätigkeit meint alle Gesichtspunkte, welche die Höhe des Stundensatzes beeinflussen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 InsVV).
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aa) Die Höhe des Stundensatzes hat das Gericht in seiner Vergütungsentscheidung anhand der für die Bemessung des Stundensatzes maßgeblichen Gesichtspunkte zu begründen.
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(1) Hierzu zählen einerseits für alle Mitglieder des Gläubigerausschusses gleich wirkende Umstände wie der Umfang und die Schwierigkeit des Insolvenzverfahrens und der Umfang und die Schwierigkeit der Aufgaben des Gläubigerausschusses in dem betreffenden Insolvenzverfahren. Andererseits sind auch nur in der Person des Mitglieds begründete Umstände heranzuziehen wie besondere nicht versicherbare Haftungsrisiken, Art und inhaltlicher Umfang (Intensität) der Mitwirkung sowie die Qualifikation und Sachkunde des jeweiligen Ausschussmitglieds.
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Dabei ist für die Höhe des Stundensatzes weiter zu berücksichtigen, dass die Vergütung nach § 73 Abs. 1 InsO, § 17 Abs. 1 InsVV eine Aufwandsentschädigung darstellt (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO, § 73 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Riedel, 4. Aufl., § 73 Rn. 8; MünchKomm-InsO/Stephan, 4. Aufl., § 17 InsVV Rn. 5; Uhlenbruck/Knof, InsO, 15. Aufl., § 73 Rn. 1; HmbKomm-InsO/Frind, 8. Aufl., § 73 Rn. 2; BK-InsO/Blersch, 2006, § 73 Rn. 3; Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 17 Rn. 3; aA Prasser in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014, Vor § 17 InsVV Rn. 1; Zimmer, InsVV, § 17 Rn. 10 f; HmbKomm-InsO/Büttner, 8. Aufl., § 17 InsVV Rn. 29; vgl. auch FK-InsO/Lorenz, 9. Aufl., § 17 InsVV Rn. 2: Honorierung wie eine ähnlich gelagerte Tätigkeit außerhalb eines Gläubigerausschusses; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 4. Aufl., § 12 Rn. 4: Vergütung für aufgewendete Zeit nach Stunden, nicht Erfolgsvergütung). Im Regelfall sind die Mitglieder des Gläubigerausschusses Gläubiger des Insolvenzverfahrens. Ihre Tätigkeit im Gläubigerausschuss soll den ständigen Einfluss der Gläubiger auf den Ablauf des Insolvenzverfahrens sicherstellen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 131). Sie dient unmittelbar der Durchsetzung der Interessen der am Insolvenzverfahren beteiligten Gläubiger (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 132 zu § 82 des Regierungsentwurfs; Begründung zu § 17 InsVV, abgedruckt in ZIP 1998, 1460, 1468). Insoweit ist das Mitglied des Gläubigerausschusses im Eigeninteresse der Gläubigergemeinschaft tätig (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2008 – IX ZB 222/05, ZIP 2008, 652 Rn. 15; Urteil vom 9. Oktober 2014 – IX ZR 140/11, BGHZ 202, 324 Rn. 16; BK-InsO/Blersch, 2015, § 17 InsVV Rn. 2). Dass das Mitglied des Gläubigerausschusses nicht berechtigt ist, Partikularinteressen einzelner Gläubiger zu verfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2007 – IX ZB 47/06, NZI 2007, 346 Rn. 23; vom 24. Januar 2008, aaO), steht einer Berücksichtigung des Eigeninteresses der Gläubigergemeinschaft nicht entgegen. Für eine Einordnung als Aufwandsentschädigung spricht weiter, dass das Mitglied des Gläubigerausschusses als solches keinen Beruf im Sinne von Art. 12 GG ausübt (BGH, Beschluss vom 1. März 2007, aaO). Die Tätigkeit ist keine hauptberufliche Tätigkeit. Sie wird vielmehr neben der beruflichen Tätigkeit und in einem im Verhältnis zur regelmäßig verfügbaren Arbeitszeit nur untergeordneten Ausmaß ausgeübt. Die Vergütung hat daher keine einkommenssichernde Funktion (vgl. MünchKomm-InsO/Stephan, 4. Aufl., § 17 InsVV Rn. 17; Keller, aaO Rn. 18; BK-InsO/Blersch, aaO).
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Die Dauer des Insolvenzverfahrens und der zeitliche Gesamtumfang der Tätigkeit sind hingegen grundsätzlich kein Kriterium für die Bemessung des Stundensatzes, weil dem bereits durch den Zeitaufwand Rechnung getragen wird (vgl. Keller, aaO Rn. 36, 40; BK-InsO/Blersch, 2015, § 17 InsVV Rn. 13 f). Ebenso wenig ist für den Stundensatz erheblich, dass die Tätigkeit als Mitglied des Gläubigerausschusses nicht verpflichtend ist und somit die Übernahme der Tätigkeit freiwillig (Zimmer, InsVV, § 17 Rn. 73). Auch die allgemeinen Haftungsrisiken beeinflussen den Stundensatz nicht (aA Keller, aaO Rn. 39). Insoweit ist das Mitglied bereits dadurch geschützt, dass die Kosten einer angemessenen Haftpflichtversicherung der Masse zur Last fallen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2012 – IX ZB 310/11, ZIP 2012, 876 Rn. 9).
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(2) In diesem Rahmen haben die Mitglieder des Gläubigerausschusses einen Anspruch, angemessen entlohnt zu werden (MünchKomm-InsO/Riedel, 4. Aufl., § 73 Rn. 1; MünchKomm-InsO/Stephan, 4. Aufl., § 17 InsVV Rn. 5; Uhlenbruck/Knof, InsO, 15. Aufl., § 73 Rn. 1, 5; Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 17 Rn. 26).
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(a) Die Höhe des Stundensatzes ergibt sich in erster Linie aus § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV. Sie beträgt regelmäßig zwischen 35 und 95 Euro je Stunde. Damit hat der Verordnungsgeber jedoch keine Höchstbeträge festgelegt. Vielmehr ist das Gericht, wie sich schon aus der Verwendung des Wortes „regelmäßig“ ergibt, berechtigt, bei besonderen Umständen Stundensätze festzulegen, die den in § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV genannten oberen Betrag übersteigen (vgl. Begründung zu § 17 InsVV, abgedruckt in ZIP 1998, 1460, 1468; LG Münster, NZI 2017, 548, 550; LG Bückeburg, ZInsO 2020, 2062, 2063; Prasser in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014, § 73 Rn. 10; Schmidt/Jungmann, InsO, 19. Aufl., § 73 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO Rn. 24; HmbKomm-InsO/Büttner, 8. Aufl., § 17 InsVV Rn. 53; HK-InsO/Keller, 10. Aufl., § 17 InsVV Rn. 10; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 4. Aufl., § 12 Rn. 35; Haarmeyer/Mock, aaO Rn. 29).
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Allerdings ist der Richter bei der Entscheidung über die Höhe des Stundensatzes an die in § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV getroffene Entscheidung des Verordnungsgebers gebunden. Eine Auslegung, wonach die Höhe des Stundensatzes unabhängig von den Vorgaben des § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV stets nach den Marktverhältnissen festzusetzen ist, ist nicht zulässig. Vielmehr darf das Gericht den vom Verordnungsgeber in § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV für den Stundensatz vorgegebenen Rahmen nur überschreiten, wenn der Umfang der Tätigkeit von den bei einem Insolvenzverfahren, in dem üblicherweise ein Gläubigerausschuss eingesetzt wird, regelmäßig zu erwartenden Umständen abweicht (vgl. Keller, aaO, § 12 Rn. 36). Maßgeblich ist, ob die für die Bemessung des Stundensatzes erheblichen Umstände bei einer Gesamtwürdigung des Umfangs der Tätigkeit dazu führen, dass der von § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV festgelegte obere Stundensatz auch unter Berücksichtigung des Charakters als Entschädigung für einen Zeitaufwand offensichtlich keine angemessene Vergütung mehr gewährleistet. Im Hinblick auf die geringe Spanne zwischen dem von § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV bestimmten unteren und oberen Stundensatz setzt eine Überschreitung des Höchstbetrags hingegen nicht voraus, dass Umfang und Schwierigkeiten außerordentlich oder außergewöhnlich sind (HmbKomm-InsO/Frind, 8. Aufl., § 73 Rn. 6; Uhlenbruck/Knof, InsO, 15. Aufl., § 73 Rn. 5, 14; aA LG Köln, ZIP 2015, 1450; LG Bückeburg, ZInsO 2020, 2062, 2063; LG Koblenz, ZInsO 2020, 2349, 2351; Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 17 Rn. 27).
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(b) Soweit es die Umstände des Einzelfalls rechtfertigen, ist das Gericht befugt, den Stundensatz für die einzelnen Mitglieder des Gläubigerausschusses unterschiedlich zu bestimmen (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO, § 73 Rn. 9; Keller, aaO, § 12 Rn. 41; Zimmer, InsVV, § 17 Rn. 77; Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 17 Rn. 28). Dies ermöglicht es dem Gericht zudem, in zweierlei Hinsicht Besonderheiten zu berücksichtigen, welche von den allgemeinen Grundsätzen für die Bemessung des Stundensatzes abweichen. So kann das Gericht den von § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV vorgesehenen Rahmen zum einen deshalb überschreiten, weil das Mitglied durch die Dauer oder die Häufigkeit seiner Inanspruchnahme andernfalls einen nicht zumutbaren Erwerbsverlust erleiden würde (vgl. Zweiter Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1986, S. 130). In diesem Fall handelt es sich nicht mehr um eine Tätigkeit im untergeordneten Ausmaß. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die zeitliche Inanspruchnahme über einen längeren Zeitraum einen erheblichen Anteil der insgesamt verfügbaren wöchentlichen Arbeitszeit ausmacht.
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Zum anderen kann das Gericht bei der Bemessung des Stundensatzes berücksichtigen, dass das Mitglied des Gläubigerausschusses kein Gläubiger ist und daher gemäß § 67 Abs. 3 InsO zum Mitglied bestellt worden ist. In diesem Fall fehlt es an einer Tätigkeit im Eigeninteresse der Gläubigergemeinschaft. Ist ein Nichtgläubiger Mitglied des Gläubigerausschusses, ist für den Stundensatz zu prüfen, inwieweit das Mitglied gerade wegen seiner besonderen Qualifikation und Kenntnisse bestellt worden ist. In diesem Fall kann das Insolvenzgericht einen an marktüblichen Bedingungen orientierten Stundensatz festsetzen, der dem Umfang der Tätigkeit entspricht, soweit die Tätigkeit des Mitglieds zu seiner Berufsausübung gehört (vgl. Uhlenbruck/Knof, InsO, 15. Aufl., § 73 Rn. 14 mwN; Zimmer, InsVV, § 17 Rn. 73; Keller, aaO, § 12 Rn. 19; BK-InsO/Blersch, 2015, § 17 InsVV Rn. 3).
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bb) Hinsichtlich der Stundenzahl kommt es auf die tatsächlich geleisteten Stunden an. Vergütungsfähig sind nur jene Stunden und Tätigkeiten, die innerhalb des Aufgabengebiets des Gläubigerausschusses geleistet wurden (Zimmer, InsVV, § 17 Rn. 61). Dies sind alle Zeiten, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit im Gläubigerausschuss stehen (vgl. LG Münster, NZI 2017, 548, 550; Prasser in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014, § 17 InsVV Rn. 4; Uhlenbruck/Knof, InsO, 15. Aufl., § 73 Rn. 5).
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b) Nach diesen Maßstäben hält die Entscheidung des Beschwerdegerichts rechtlicher Überprüfung hinsichtlich des Stundensatzes nicht stand.
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aa) Allerdings weist die vom Beschwerdegericht zugrunde gelegte Anzahl von vergütungspflichtigen Stunden keinen Rechtsfehler zum Nachteil des weiteren Beteiligten zu 1 auf. Der Besuch der einstündigen Fortbildungsveranstaltung ist nicht als Tätigkeit gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 InsO zu vergüten. Die Teilnahme an Fortbildungen zu Aufgaben und Tätigkeit eines Gläubigerausschusses – sei es aus Anlass einer konkreten Tätigkeit, sei es zur Vorbereitung auf eine Bestellung zum Mitglied des Gläubigerausschusses – gehört nicht zur Tätigkeit in einem Gläubigerausschuss.
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bb) Hinsichtlich des Stundensatzes ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht frei von durchgreifenden Rechtsfehlern.
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(1) Die Vergütung wird vom Insolvenzgericht im pflichtgemäßen Ermessen für jedes Ausschussmitglied individuell festgesetzt (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO, § 73 Rn. 9). Danach fällt die Bemessung der Vergütung weitgehend in den Verantwortungsbereich des Tatrichters und kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur eingeschränkt nachgeprüft werden (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2009 – IX ZB 11/08, NZI 2009, 845 Rn. 16). Insbesondere obliegt es dem Tatrichter, in eigener Verantwortung eine angemessene Höhe des Stundensatzes festzulegen. Hierbei sind dem Beschwerdegericht Rechtsfehler zum Nachteil des weiteren Beteiligen zu 1 unterlaufen.
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(2) Das Beschwerdegericht berücksichtigt bei der Höhe des von ihm als angemessen angesehenen Stundensatzes die rechtlich erheblichen Umstände nicht vollständig. Dies begründet die Gefahr einer Maßstabsverschiebung.
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(a) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, dass Stundensätze von bis zu 300 € als angemessen angesehen werden und in anderen Fällen zuerkannt worden sind. Auch wenn es möglich ist, für die Tätigkeit als Mitglied des Gläubigerausschusses einen höheren Stundensatz als 200 € festzusetzen, folgt allein aus dieser Möglichkeit nicht, dass die tatrichterliche Entscheidung für einen Stundensatz von 200 € rechtsfehlerhaft ist.
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Ebenso wenig begründet es einen Rechtsfehler, dass – wie die Rechtsbeschwerde geltend macht – die überwiegenden Stimmen in der Literatur die von § 17 Abs. 1 InsVV genannten Stundensätze als unangemessen niedrig ansehen. Das Beschwerdegericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass der in § 17 Abs. 1 InsVV vom Verordnungsgeber vorgesehene Rahmen für die Festsetzung der Vergütung bindend ist. Soweit § 17 Abs. 1 InsVV Ausnahmen zulässt, hat das Beschwerdegericht hiervon zugunsten des weiteren Beteiligten zu 1 Gebrauch gemacht und den Stundensatz gegenüber dem von § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV vorgesehenen Rahmen deutlich erhöht.
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht schließlich die für den Umfang und die Schwierigkeit des Insolvenzverfahrens und den Umfang und die Schwierigkeit der Aufgaben des Gläubigerausschusses geltend gemachten Umstände rechtsfehlerfrei gewürdigt. Die Rechtsbeschwerde setzt insoweit nur ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung. Rechtsfehlerfrei ist zudem der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts, bei der Vergütung nach § 17 Abs. 1 InsVV handele es sich um eine Entschädigung für Zeitaufwand.
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(b) Rechtsfehlerhaft hat jedoch das Beschwerdegericht nicht erwogen, ob – was nach den Umständen des Falles naheliegt – der weitere Beteiligte zu 1 als Nichtgläubiger zum Mitglied des Gläubigerausschusses bestellt worden ist. Zwar bestimmt sich die Vergütung auch dann nach dem Ermessen des Gerichts, wenn das Ausschussmitglied Rechtsanwalt ist (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO, § 73 Rn. 11). Das Beschwerdegericht berücksichtigt indessen nicht, dass es den für die Tätigkeit eines Nichtgläubigers angemessenen Stundensatz entsprechend dem Umfang der Tätigkeit nach marktüblichen Bedingungen bemessen kann, weil ein Nichtgläubiger als Mitglied des Gläubigerausschusses im Fremdinteresse tätig wird.
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Soweit das Beschwerdegericht darauf abstellt, dass der weitere Beteiligte zu 1 nur vergleichsweise kurze Zeit als Mitglied des Gläubigerausschusses tätig gewesen sei, bezieht es rechtsfehlerhaft nicht in seine Würdigung ein, in welchem Verhältnis der zeitliche Aufwand zur insgesamt verfügbaren Arbeitszeit stand. Der weitere Beteiligte zu 1 ist vom 4. September 2013 bis zum 19. November 2013 als Mitglied des Gläubigerausschusses tätig gewesen. Er hat während dieser 77 Tage dauernden Tätigkeit nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts insgesamt 117,28 Stunden aufgewendet. Vor diesem Hintergrund ist zu erwägen, ob der zeitliche Umfang der Tätigkeit im Verhältnis zur insgesamt verfügbaren Arbeitszeit ein erhebliches Ausmaß annahm. Dies kann ebenfalls eine Erhöhung des Stundensatzes rechtfertigen. Dabei wird gegebenenfalls zu prüfen sein, ob die aufgewendete Zeit – wie etwa bei Fahrzeiten – jedenfalls teilweise noch anderweitig genutzt werden konnte.
28
c) Die Änderung des § 17 Abs. 1 InsVV durch Art. 6 Nr. 11 des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3256) hat auf den Streitfall keinen Einfluss. Sie gilt gemäß § 19 Abs. 5 InsVV nur für Insolvenzverfahren, die ab dem 1. Januar 2021 beantragt worden sind.
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3. Die Rechtsbeschwerde ist zurückzuweisen, soweit das Beschwerdegericht auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 die Anzahl der vergütungspflichtigen Stunden herabgesetzt hat. Im Übrigen ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif (§ 577 Abs. 5 ZPO). Es lässt sich nicht ausschließen, dass das Beschwerdegericht bei rechtsfehlerfreier Berücksichtigung der für den Stundensatz maßgeblichen Umstände eine höhere Vergütung festgesetzt hätte. Die Festlegung des Stundensatzes ist Sache des Tatrichters. Insoweit ist die angefochtene Entscheidung daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO).
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