BGH 9. Zivilsenat, Beschluss vom 17.12.2020, AZ IX ZB 4/18, ECLI:DE:BGH:2020:171220BIXZB4.18.0
§ 11 Abs 1 InsO, § 14 Abs 1 S 1 InsO
Leitsatz
1. Ein als nicht eingetragener Verein organisierter Gebietsverband einer politischen Partei ist insolvenzfähig.
2. Ein öffentlicher Gläubiger hat jedenfalls dann kein rechtliches Interesse an der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gebietsverbands einer politischen Partei, wenn er der einzige Gläubiger ist, die Gefahr des Auflaufens weiterer Forderungen des öffentlichen Gläubigers nicht besteht und der Gebietsverband nicht wirtschaftlich tätig ist.
Verfahrensgang
vorgehend LG Mainz, 7. Dezember 2017, Az: 8 T 208/17
vorgehend AG Mainz, 2. August 2017, Az: 280 IN 182/16
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 7. Dezember 2017 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 3.797,46 € festgesetzt.
Gründe
A.
1
Der Schuldner ist ein Landesverband der Partei R. (R. ), die ebenso wie der Schuldner nicht in das Vereinsregister eingetragen ist. In den Jahren 1998 bis 2000 stellte der Schuldner Spendenbescheinigungen für Parteimitglieder aus. Das Finanzamt hielt die Bescheinigungen für unrichtig und warf dem Schuldner grobe Fahrlässigkeit vor. Deshalb erließ es gegen den Schuldner Haftungsbescheide wegen der infolge der unrichtigen Spendenbescheinigungen entgangenen Einkommensteuer (§ 10b Abs. 4 EStG). Die Einsprüche des Schuldners gegen die Haftungsbescheide und dessen Klage vor dem Finanzgericht blieben ohne Erfolg. Zahlungen auf die Haftungsschuld leistete der Schuldner nicht. Vollstreckungsversuche des Landes – des weiteren Beteiligten zu 2 – blieben weitgehend erfolglos.
2
Am 9. November 2016 hat das Land, vertreten durch das Finanzamt, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners beantragt. Das Insolvenzgericht hat das Verfahren eröffnet und den weiteren Beteiligten zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht den Eröffnungsbeschluss aufgehoben und den Insolvenzantrag abgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Beteiligte zu 2 die Wiederherstellung des Eröffnungsbeschlusses.
B.
3
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
I.
4
Das Beschwerdegericht hat angenommen, der Beteiligte zu 2 habe unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 21 GG kein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 14 Abs. 1 Satz 1 InsO).
5
Politische Parteien, die als Vereine organisiert seien, seien gemäß § 11 InsO grundsätzlich insolvenzfähig. Eine Insolvenzunfähigkeit ergebe sich weder aus § 12 InsO noch aus dem Grundgesetz. Allerdings habe den Insolvenzantrag nicht ein privater Gläubiger gestellt, sondern der Fiskus. Die Entscheidung, ob und zu welchem Zeitpunkt die Finanzverwaltung einen Insolvenzantrag stelle, stehe im pflichtgemäß auszuübenden Ermessen. Einen etwaigen Ermessensfehlgebrauch müsse das Insolvenzgericht jedenfalls im Blick auf das rechtliche Interesse des Gläubigers an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Wahrung der Verhältnismäßigkeit prüfen. Diese Prüfung ergebe, dass es am rechtlichen Interesse fehle.
6
Zwar habe in aller Regel auch ein öffentlicher Gläubiger, dem eine Forderung zustehe und der einen Eröffnungsgrund glaubhaft mache, ein rechtliches Interesse an der Verfahrenseröffnung. Neben den Verfahrenszwecken des § 1 Satz 1 InsO hätten Fiskus oder Sozialversicherungsträger ein gravierendes Interesse daran, ein insolventes Unternehmen an einer weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit zu hindern und Klarheit über seine Zahlungsfähigkeit zu erlangen. Diese Erwägungen träfen hier aber nicht zu. Weder handele es sich bei dem Schuldner um ein Unternehmen noch resultierten die Haftungsverbindlichkeiten aus einer wirtschaftlichen Betätigung.
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In die durch Art. 21 GG geschützte Freiheit der Partei greife ein Insolvenzverfahren in vielfältiger Weise ein. Dies folge schon daraus, dass dem Insolvenzverwalter die Verfügungsbefugnis über das Parteivermögen übertragen werde und ihm weitere Befugnisse, wie etwa die Postsperre oder das Recht zum Betreten von Geschäftsräumen, zustünden. Die Bestellung des Insolvenzverwalters greife überdies in die Verpflichtung zu einer innerparteilich demokratischen Struktur ein. Eingegriffen werde auch in die Auflösungsfreiheit, weil gemäß § 54 Satz 1, § 728 BGB der nicht rechtsfähige Verein durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst werde. Zwar sei die Auflösung nicht mit einem Parteiverbot gleichzusetzen, weil die Neugründung möglich bleibe, doch führe die Liquidation zum Verlust der vorhandenen Infrastruktur, der Mitglieder sowie etwaiger Ansprüche auf staatliche Teilfinanzierung gemäß § 18 Abs. 4 des Parteiengesetzes (fortan: PartG).
8
Für diese Eingriffe bestehe in der vorliegenden Konstellation keine Rechtfertigung. Die Antragsforderung habe ihren Grund nicht in einer wirtschaftlichen Betätigung oder gar einer Beteiligung am allgemeinen Zivilrechtsverkehr. Für die Annahme, es gebe weitere Gläubiger mit erheblichen Forderungen, fehlten jegliche Anhaltspunkte. Der Antrag könne weder das Ziel haben, den Schuldner an einer weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit zu hindern, noch gebe es eine Gläubigergesamtheit, in deren Interesse der Fiskus tätig geworden sei. Allein die Durchsetzung des staatlichen Haftungsanspruchs rechtfertige die Eingriffe in Art. 21 GG nicht, zumal der Fiskus andere Möglichkeiten der Vollstreckung habe.
II.
9
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
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1. Rechtsfehlerfrei ist das Beschwerdegericht von der Insolvenzfähigkeit des Schuldners gemäß § 11 InsO ausgegangen.
11
a) Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 InsO kann ein Insolvenzverfahren über das Vermögen jeder natürlichen und jeder juristischen Person eröffnet werden. § 11 Abs. 1 Satz 2 InsO stellt den nicht rechtsfähigen Verein, das heißt den nicht eingetragenen und nicht konzessionierten Verein (§ 54 BGB), insoweit einer juristischen Person gleich. Als Ausnahme zu diesem Grundsatz erklärt § 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bundes oder eines Landes für unzulässig. Unzulässig ist zudem ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes untersteht, wenn das Landesrecht dies bestimmt.
12
b) Der Schuldner ist ein nicht rechtsfähiger Verein im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 InsO. Seine körperschaftliche Verfassung, die in der Landessatzung niedergelegt ist, und seine auf Dauer und nach außen angelegte, eigene, handlungsfähige Organisation erfüllen die Anforderungen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gelten, damit eine Vereinsuntergliederung als nicht rechtsfähiger Verein anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1984 – II ZR 168/83, BGHZ 90, 331, 332 f; vom 2. Juli 2007 – II ZR 111/05, WM 2007, 1932 Rn. 50; BAG, NZA 2001, 116, 117; vgl. auch Hientzsch, Die politische Partei in der Insolvenz, S. 85 f, 92).
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c) Der Insolvenzfähigkeit des Schuldners steht nicht dessen Status als Gebietsverband einer politischen Partei entgegen.
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aa) Im Grundsatz kann über das Vermögen eines Gebietsverbands einer politischen Partei, der als nicht eingetragener Verein organisiert ist, ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Der Parteienstatus schließt die Insolvenzfähigkeit nicht von vornherein aus (Kadenbach in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, Insolvenzrecht, 4. Aufl., § 12 InsO Rn. 11; FK-InsO/Schmerbach, 9. Aufl., § 12 Rn. 5; HK-InsO/Sternal, 10. Aufl., § 12 Rn. 5; HmbKomm-InsO/Linker, 7. Aufl., § 12 Rn. 9; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 15. Aufl., § 12 Rn. 16; Beck/Depré/Ampferl/Kilper, Praxis der Insolvenz, 3. Aufl., § 2 Rn. 7; Gottwald/Haas/Gundlach, Insolvenzrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 5 Rn. 44; vgl. auch MünchKomm-InsO/Vuia, 4. Aufl., § 12 Rn. 11).
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Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 InsO ist mit dem Grundgesetz auch insoweit vereinbar, als sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer politischen Partei oder eines ihrer Gebietsverbände zulässt (BeckOK-GG/Kluth, 2020, Art. 21 Rn. 58; Kersten/Rixen/Rixen, PartG, § 3 Rn. 32 ff; Jaeger/Ehricke, InsO, § 12 Rn. 47; Schmidt/Gundlach, InsO, 19. Aufl., § 12 Rn. 11; Prommer, Novellierungsbedarf im Parteienrecht, S. 361; aA wohl Schindler, Die Partei als Unternehmer, S. 167). Zwar beeinträchtigt ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gebietsverbands einer politischen Partei die Gewährleistungen des Art. 21 GG. Diese Beeinträchtigungen sind jedoch erst bei der Auslegung und Anwendung der übrigen Vorschriften der Insolvenzordnung zu berücksichtigen. Dabei ist ein Ausgleich der kollidierenden Grundrechtspositionen im Wege einer praktischen Konkordanz herzustellen.
16
bb) Art. 21 GG erkennt den politischen Parteien einen verfassungsrechtlichen Status zu (vgl. BVerfGE 144, 20 Rn. 512). Der Prozess freier und offener Meinungs- und Willensbildung des Volkes, der grundsätzlich „staatsfrei“ bleiben muss (vgl. BVerfGE 20, 56, 99), setzt in der modernen parlamentarischen Demokratie die Existenz politischer Parteien voraus. Art. 21 Abs. 1 GG bestimmt insbesondere, dass die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, dass ihre Gründung frei ist und dass ihre innere Ordnung demokratischen Grundsätzen entsprechen muss. Dieser Status gewährleistet nicht nur ihre freie Gründung und Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes, sondern sichert diese Mitwirkung auch durch Regeln, die ihnen gleiche Rechte und gleiche Chancen gewähren (BVerfGE 138, 102 Rn. 29). Zu dem Recht auf Staatsfreiheit und Chancengleichheit, das aus dem den Parteien zukommenden verfassungsrechtlichen Status folgt, gehört auch das Recht der Parteien, in den durch Art. 21 GG selbst sowie durch die Gesetze gezogenen Schranken frei von staatlicher Kontrolle über ihre Einnahmen und ihr Vermögen zu verfügen (BVerfGE 84, 290, 300).
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Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG statuiert für politische Parteien die Gründungs- und Betätigungsfreiheit, die sich auch auf die Organisations- und Programmfreiheit erstreckt. Eine politische Partei ist damit frei in der Wahl ihrer identitätsbestimmenden Merkmale, in der Gestaltung ihrer politischen Ziele, in der Ausrichtung ihrer Programmatik und in der Wahl ihrer Themen (BVerfGE 111, 382, 409). Mit der Gründungsfreiheit korrespondiert die Auflösungsfreiheit (Maunz/Dürig/Klein, GG, 2012, Art. 21 Rn. 273).
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Die Verpflichtung zur innerparteilichen Demokratie nach Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG verlangt die Willensbildung von unten nach oben (vgl. BVerfGE 2, 1, 40), die Legitimation von Sach- und Personalentscheidungen durch die Mitglieder, die Besetzung der Leitungspositionen durch Wahlen auf Zeit, die Geltung des Mehrheitsprinzips, die Wahrung des innerparteilichen Wettbewerbs und der Chancengleichheit sowie eine gebietliche Aufgliederung (vgl. BeckOK-GG/Kluth, 2020, Art. 21 Rn. 157 mwN; Hömig/Wolff/Risse/Witt, GG, 12. Aufl., Art. 21 Rn. 13).
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Die Gewährleistungen des Art. 21 GG erstrecken sich auch auf die Gebietsverbände einer Partei (vgl. BeckOK-GG/Kluth, 2020, Art. 21 Rn. 49; Dreier/Morlok, GG, 3. Aufl., Art. 21 Rn. 42).
20
cc) Die Eröffnung und Durchführung eines Insolvenzverfahrens greift in die Gewährleistungen des Art. 21 GG in vielfacher Hinsicht ein.
21
(1) Allerdings werden die Gewährleistungen nicht maßgeblich dadurch beeinträchtigt, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 42 Abs. 1 BGB die Auflösung des Vereins bewirkt. Die Auflösung steht letztlich zur Disposition des Vereins.
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(a) Eine politische Partei oder deren Untergliederung (§ 7 PartG), die als nicht eingetragener Verein organisiert ist, wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst, wenn sie nichts anderes bestimmt.
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(aa) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird ein rechtsfähiger Verein gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgelöst. Entsprechendes gilt für den nicht rechtsfähigen Verein (Erman/Westermann, BGB, 16. Aufl., § 42 Rn. 1; MünchKomm-BGB/Leuschner, 8. Aufl., § 54 Rn. 69; Staudinger/Schwennicke, BGB, 2019, § 54 Rn. 142). Ist eine Partei oder deren Untergliederung als nicht rechtsfähiger Verein organisiert, bewirkt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen die Auflösung (BeckOK-GG/Kluth, 2020, Art. 21 Rn. 58; Kersten/Rixen/Rixen, PartG, § 3 Rn. 34; Prommer, Novellierungsbedarf im Parteienrecht, S. 362).
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Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BGB kann die Satzung eines (eingetragenen) Vereins bestimmen, dass der Verein im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als nicht rechtsfähiger Verein fortbesteht. Eine Grundlage in der Satzung ist beim eingetragenen Verein notwendig, weil dessen Satzung gemäß § 57 Abs. 1 BGB die Rechtsform vorgibt. Die zur Fortsetzung als nicht rechtsfähiger Verein erforderliche Satzungsänderung kann aber auch noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen werden (MünchKomm-BGB/Leuschner, 8. Aufl., § 42 Rn. 21).
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(bb) Die Vorschrift des § 42 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BGB ist auf den nicht rechtsfähigen Verein entsprechend anwendbar.
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Wenn auch das Bürgerliche Gesetzbuch nach § 54 BGB auf nicht rechtsfähige Vereine grundsätzlich Gesellschaftsrecht anwendet, so ändert das nichts daran, dass der nicht rechtsfähige Verein wie der rechtsfähige eine dauernde, von dem Wechsel der Mitglieder unabhängige körperschaftliche Personenvereinigung ist und in der sozialen Wirklichkeit dem rechtsfähigen Verein sehr viel nähersteht als der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Dieser Unterschied zwischen sozialer Wirklichkeit und gesetzlichem Leitbild wird besonders deutlich, wenn Massenorganisationen, wie politische Parteien oder Gewerkschaften, sich der Rechtsform des nicht eingetragenen Vereins bedienen. Die Rechtsprechung hat sich wiederholt veranlasst gesehen, diesem Auseinanderklaffen von sozialer Wirklichkeit und positivem Recht Rechnung zu tragen (BGH, Urteil vom 26. April 1965 – VIII ZR 95/63, BGHZ 43, 316, 319; vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 – II ZR 111/05, WM 2007, 1932 Rn. 55; LG Berlin, NJW 1970, 1047, 1048 mwN). Heute besteht Einigkeit darüber, dass auf den nicht eingetragenen Idealverein entgegen der Verweisung des § 54 Satz 1 BGB das Vereinsrecht Anwendung findet, soweit es die Eintragung nicht voraussetzt (MünchKomm-BGB/Leuschner, 8. Aufl., Vor § 21 Rn. 112; Palandt/Ellenberger, BGB, 80. Aufl., § 54 Rn. 1; Staudinger/Schwennicke, BGB, 2019, § 54 Rn. 12).
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§ 42 Abs. 1 Satz 3 BGB wurde durch das Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung (EGInsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2911) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt. Dies geht auf einen Vorschlag des Bundesrates zurück (BT-Drucks. 12/3803, S. 124 f). In der Begründung des Vorschlags heißt es, mit der Ergänzung solle die nach dem geltenden § 42 Abs. 1 BGB bestehende Rechtslage insoweit fortgeschrieben werden, als in Konkurs geratene Vereine zumindest durch Willenserklärung den Fortbestand als nicht rechtsfähiger Verein sichern könnten. Damit knüpft die Begründung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, nach der die Satzung vorsehen konnte, dass der eingetragene Verein im Falle des Konkurses als (werbender) nicht rechtsfähiger Verein fortbestehe; auch ohne eine solche Bestimmung könnten die Mitglieder nach der Konkurseröffnung beschließen, den Verein in nicht rechtsfähiger Form fortzusetzen (BGH, Urteil vom 11. November 1985 – II ZR 37/85, BGHZ 96, 253, 257). In der Begründung des Bundesrates heißt es weiter, die vorgeschlagene Regelung gewährleiste, dass Vereine in freier Entscheidung Vereinstraditionen aufrechterhalten und die Vereinsziele dann als nicht rechtsfähiger Verein fortsetzen könnten, was auch dem Schutz der Vereinsautonomie noch mehr Genüge tun würde; ohne die Regelung käme nur eine Vereinsneugründung in Betracht. Die Bundesregierung hielt die Ergänzung ohne weitere Begründung für zweckmäßig (BT-Drucks. 12/3803, S. 134 zu Nr. 15). Unter Hinweis darauf hat der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages den Vorschlag in seine Beschlussempfehlung übernommen (BT-Drucks. 12/7303, S. 35, 111).
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§ 42 Abs. 1 Satz 3 BGB verfolgt also den Zweck, zum besseren Schutz der Vereinsautonomie einem Verein, der im Fall seiner Insolvenz die Vereinsziele weiterverfolgen möchte, als Alternative zur gesetzlich bestimmten Auflösung und einer Neugründung die Wahlmöglichkeit einer identitätswahrenden Fortsetzung zu eröffnen, welche die Aufrechterhaltung von Vereinstraditionen gewährleisten soll. Dieser Zweck, der auch politische Parteien betreffen kann, setzt eine Eintragung des Vereins nicht voraus. Deshalb kann eine nicht in das Vereinsregister eingetragene Partei oder deren als Verein organisierte Untergliederung entsprechend § 42 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 BGB ihre Fortsetzung für den Insolvenzfall bestimmen. Das kann auch durch einen Beschluss nach Verfahrenseröffnung erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1985, aaO zum e.V.; vgl. auch MünchKomm-BGB/Leuschner, 8. Aufl., § 42 Rn. 21). Damit bleibt der Partei selbst die Entscheidung überlassen, ob sie den Weg der Auflösung beschreiten will, möglicherweise mit einer späteren Neugründung (vgl. dazu Hientzsch, Die politische Partei in der Insolvenz, S. 173 f), oder ob sie sich für eine identitätswahrende Fortsetzung entscheidet, die mit der Haftung der fortgesetzten Partei für die im Insolvenzverfahren nicht befriedigten Verbindlichkeiten verbunden ist (vgl. MünchKomm-BGB/Leuschner, 8. Aufl., § 42 Rn. 24; NK-BGB/Eckardt, 3. Aufl., § 42 Rn. 40 f).
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(2) Zu einer Beeinträchtigung der Gewährleistungen des Art. 21 GG führt die mit der Verfahrenseröffnung verbundene Bestellung eines Insolvenzverwalters, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergeht und der das Vermögen in Besitz zu nehmen hat. Betroffen ist der Schutz der innerparteilichen Demokratie. Bei Eröffnung auf einen Gläubigerantrag greift die Bestellung eines Verwalters auch in die Freiheit der Verfügung über Einnahmen und Vermögen sowie die Betätigungsfreiheit der Partei ein.
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(a) Mit der Eröffnung des Verfahrens bestellt das Insolvenzgericht gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 InsO einen Insolvenzverwalter, wenn es nicht die Eigenverwaltung anordnet (§ 27 Abs. 1 Satz 2, § 270 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der vorläufige Gläubigerausschuss oder die Gläubigerversammlung können eine als Verwalter geeignete Person auswählen (vgl. § 56a Abs. 2 Satz 1, § 57 InsO); dem Schuldner steht ein solches Recht nicht zu. Der Verwalter steht unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts (§ 58 InsO) und kann von diesem aus wichtigem Grund entlassen werden (§ 59 InsO), nicht aber vom Schuldner. Der Insolvenzverwalter ist nicht Vereinsorgan (MünchKomm-BGB/Leuschner, 8. Aufl., § 42 Rn. 8 f). Die Vereinsorgane bestehen unverändert fort (jurisPK-BGB/Otto, 9. Aufl., § 42 Rn. 10) und behalten ihre Befugnisse, soweit nicht der Insolvenzverwalter zuständig ist (Staudinger/Schwennicke, BGB, 2019, § 42 Rn. 11 mwN).
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Das Recht des Schuldners, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und über dieses zu verfügen, geht gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Verwalter über. Zur Masse gehört das gesamte Vermögen, das dem Schuldner bei Verfahrenseröffnung gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§ 35 Abs. 1 InsO), einschließlich der Geschäftsbücher (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO), mit Ausnahme bestimmter unpfändbarer Gegenstände (§ 36 InsO). Der Verwalter hat das gesamte zur Masse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen und kann die Herausgabepflicht des Schuldners im Wege der Zwangsvollstreckung aus dem Eröffnungsbeschluss durchsetzen (§ 148 InsO).
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Ordnet das Gericht die Eigenverwaltung an, ist anstelle des Insolvenzverwalters ein Sachwalter zu bestellen (§ 270c Satz 1 InsO). Die Anordnung setzt voraus, dass sie vom Schuldner beantragt worden ist und dass keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird (§ 270 Abs. 2 InsO). Sie ist unter anderem dann aufzuheben, wenn die Gläubigerversammlung dies beantragt (vgl. § 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Hat das Gericht die Eigenverwaltung angeordnet, ist der Schuldner berechtigt, unter der Aufsicht des Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen (§ 270 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der Sachwalter kann insbesondere der Eingehung von Verbindlichkeiten widersprechen und vom Schuldner verlangen, ihm den Zahlungsverkehr zu überlassen (vgl. § 275 InsO). Zudem kann das Insolvenzgericht auf Antrag anordnen, dass bestimmte Rechtsgeschäfte des Schuldners nur mit Zustimmung des Sachwalters wirksam sind (§ 277 InsO). Für Rechtshandlungen von besonderer Bedeutung muss der Schuldner die Zustimmung des Gläubigerausschusses einholen (§ 276 InsO).
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(b) Auch wenn der Insolvenzverwalter kein Organ der Partei ist, beeinträchtigt die gerichtliche Bestellung einer Leitungsperson mit derart weitreichenden Befugnissen im Vermögensbereich die aus der Verpflichtung zur innerparteilichen Demokratie nach Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG abzuleitenden Grundsätze der Willensbildung von unten nach oben, der Legitimation von Personalentscheidungen durch die Mitglieder, der Besetzung der Leitungspositionen durch Wahlen auf Zeit und der Wahrung des innerparteilichen Wettbewerbs.
34
(c) Wird das Insolvenzverfahren auf einen Gläubigerantrag eröffnet, ist zudem der erzwungene Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf einen gerichtlich bestellten Verwalter ein Eingriff in das Recht der Partei, in den durch Art. 21 GG und die Gesetze gezogenen Schranken frei von staatlicher Kontrolle über ihre Einnahmen und ihr Vermögen zu verfügen. Auf diese Weise wird auch die allgemeine Betätigungsfreiheit der Partei beeinträchtigt, deren politische Tätigkeit den Einsatz finanzieller Mittel voraussetzt (vgl. Hientzsch, NVwZ 2009, 1135; dies., Die politische Partei in der Insolvenz, S. 124 ff; Krüper/Kühr, ZJS 2014, 609, 619 f).
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(d) Ordnet das Gericht die Eigenverwaltung an, fallen diese Eingriffe geringer aus. Die lediglich überwachende Stellung des Sachwalters ist nicht mit einer Leitungsfunktion im Vermögensbereich gleichzusetzen und beeinträchtigt die innerparteiliche Demokratie weniger stark als die Bestellung eines Insolvenzverwalters. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verbleibt, wenn auch eingeschränkt, bei der durch ihren Vorstand vertretenen Partei, sodass der Schutz des Vermögens und die Betätigungsfreiheit der Partei weit weniger berührt werden. Allerdings kommt nicht in allen Fällen eine Eigenverwaltung in Betracht. Überdies hat die Gläubigerversammlung es in der Hand, die Beendigung der Eigenverwaltung herbeizuführen. Schon aus diesem Grund kann das Insolvenzgericht einen Eingriff in den verfassungsrechtlich gewährleisteten Status der Partei auch dann nicht immer abmildern, wenn es die Eigenverwaltung anordnet.
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(3) Zu einer Beeinträchtigung der Gewährleistungen des Art. 21 GG führen auch die nach Verfahrenseröffnung vorgeschriebene Erstellung und Weitergabe des Masse- und des Gläubigerverzeichnisses sowie der Vermögensübersicht, die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Insolvenzschuldners sowie die Betretungs- und Nachforschungsbefugnisse des Insolvenzverwalters. Jedenfalls im Falle eines Gläubigerantrags wird die Betätigungsfreiheit der Partei beschränkt, insbesondere das Recht, grundsätzlich frei von staatlicher Kontrolle über Einnahmen und Vermögen zu verfügen.
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(a) Der Insolvenzverwalter muss sich einen Überblick über die Vermögenssituation des Schuldners verschaffen. Dazu hat er unter anderem ein Verzeichnis der einzelnen Gegenstände der Insolvenzmasse (§ 151 InsO), ein Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO) und eine Vermögensübersicht (§ 153 InsO) anzufertigen. Diese Verzeichnisse sind gemäß § 154 InsO zur Einsicht der Beteiligten bei Gericht niederzulegen. Zu ihrer Erstellung muss der Verwalter in die Bücher und Geschäftspapiere des Schuldners Einsicht nehmen (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 2 InsO für den vorläufigen Verwalter). Dabei erlangt er Kenntnis über die Vermögensverhältnisse der Partei.
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Der Schuldner ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem (vorläufigen) Verwalter, dem Gläubigerausschuss und auf gerichtliche Anordnung der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben sowie den Verwalter bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen (§ 22 Abs. 3 Satz 3, § 97 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 InsO). Der Schuldner muss es hinnehmen, dass der Verwalter, der die Herausgabe aller Massegegenstände verlangen und aus dem Eröffnungsbeschluss vollstrecken kann (§ 148 InsO), die Geschäftsräume des Schuldners betritt und dort Nachforschungen anstellt (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 InsO für den vorläufigen Verwalter).
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(b) Das berührt die politische Betätigungsfreiheit der Partei, insbesondere ihr Recht, in den durch Art. 21 GG und die Gesetze gezogenen Schranken frei von staatlicher Kontrolle über ihre Einnahmen und ihr Vermögen zu verfügen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt regelmäßig dazu, dass Verwalter, Gericht und Gläubiger Einblick in alle finanziellen Verhältnisse des Insolvenzschuldners erlangen. Der vom Verwalter ermittelte Überblick über die Finanzen einer politischen Partei einschließlich der Identität ihrer Gläubiger und Schuldner offenbart, weil nahezu alle Bereiche der politischen Betätigung mit Ausgaben oder Einnahmen verbunden sind, mittelbar das Wirken der Parteiorgane, auch soweit dieses nicht darauf angelegt ist, außerhalb der Partei wahrgenommen zu werden. Dies setzt die Partei einer Kontrolle aus, die weiter reichen kann als die von Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG, §§ 23 ff PartG vorgesehene öffentliche Rechenschaftspflicht, und begrenzt im Ergebnis ihre Handlungsmöglichkeiten. Einer andauernden Kontrolle können sich die Organe und Mitarbeiter der Partei auch dadurch ausgesetzt sehen, dass der Insolvenzverwalter die Räumlichkeiten der Partei betreten und dort Nachforschungen anstellen kann.
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dd) Die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbundenen Beeinträchtigungen der Gewährleistungen des Art. 21 GG stehen der Insolvenzfähigkeit einer politischen Partei und damit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen nicht von vornherein entgegen.
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(1) Art. 21 Abs. 5 GG enthält einen Vorbehalt der Ausgestaltung, nicht der Einschränkung des Parteienwesens (BeckOK-GG/Kluth, 2020, Art. 21 Rn. 182; Dreier/Morlok, GG, 3. Aufl., Art. 21 Rn. 161). Einschränkungen der Gewährleistungen des Art. 21 Abs. 1 GG müssen sich daher aus der Verfassung selbst ergeben (vgl. BVerfGE 148, 296 Rn. 139); hierzu zählen die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 108, 282, 297; BVerfG, NJW 2020, 1049 Rn. 82 mwN). Zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Parteienrechte ist in Ermangelung eines verfassungsunmittelbaren Einschränkungsvorbehalts auf verfassungsimmanente Schranken sowie auf die Schranken abzustellen, die dem jeweils einschlägigen Grundrecht gesetzt sind (Albrecht/Roggenkamp/Knabe, VereinsG, Art. 21 GG Rn. 41). Anwendungsfälle verfassungsimmanenter Schranken des Art. 21 Abs. 1 GG bilden unter anderem das allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. BVerfG, NJW 2002, 2938 f) und andere Fälle der Kollision mit den Grundrechten von Bürgern (BeckOK-GG/Kluth, aaO Rn. 186).
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Bei Kollisionen verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen ist unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte ein schonender Ausgleich zu suchen (vgl. BVerfG, NJW 2002, 2227, 2228). Nach dem Prinzip der praktischen Konkordanz sind kollidierende Verfassungsrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (BVerfGE 148, 296 Rn. 157; vgl. BVerfG, NJW 2020, 1049 Rn. 101). Vorliegend ist dabei der Bedeutung der Parteien für den politischen Prozess und der expliziten Gewährleistung ihrer verfassungsrechtlichen Stellung durch Art. 21 GG Rechnung zu tragen (BeckOK-GG/Kluth, aaO Art. 21 Rn. 184).
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(2) Das Forderungsrecht privater Gläubiger genießt den Grundrechtsschutz der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 115, 97, 111; 142, 268 Rn. 91). Aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergibt sich ein allgemeiner Justizgewährungsanspruch (BVerfGE 80, 103, 107). Mit der Durchsetzung berechtigter Forderungen ist das Insolvenzverfahren ein Element zur Verwirklichung des Justizgewährungsanspruchs (BVerfGE 141, 121 Rn. 44).
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Die verfassungsrechtliche Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes umfasst die Rechtsverwirklichung durch Zwangsvollstreckung (vgl. BVerfGE 61, 126, 136). Neben der Einzelzwangsvollstreckung, für die das Prioritätsprinzip gilt, ist auch die Liquidation unter gleichmäßiger Gläubigerbeteiligung verfassungsrechtlich gewährleistet. Das Gesamtsystem aus Einzelvollstreckung und Gesamtvollstreckung garantiert effektiven Rechtsschutz im Sinne einer fairen Chance zur Rechtsverwirklichung (MünchKomm-InsO/Stürner, 4. Aufl., Einleitung Rn. 77; vgl. Jaeger/Henckel, InsO, § 130 Rn. 7).
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Zur Rechtsverwirklichung kann das Gesamtvollstreckungsverfahren, das die Insolvenzordnung zur Verfügung stellt, effektiver sein als die Einzelvollstreckung. Im Insolvenzverfahren nimmt der Verwalter das Schuldnervermögen als Ganzes in Besitz und Verwaltung (§ 148 Abs. 1 InsO) und kann es im Ganzen verwerten (HK-InsO/Sternal, 10. Aufl., § 1 Rn. 6). Die Verwertung kann im Wege eines Insolvenzplans gemäß §§ 217 ff InsO erfolgen, was eine bessere Gläubigerbefriedigung bewirken kann. Die Möglichkeiten des Insolvenzverwalters, im Wege der Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff InsO das zu verteilende Vermögen zu mehren, gehen systembedingt über die Reichweite der Gläubigeranfechtung nach dem Anfechtungsgesetz hinaus. Die Insolvenzgläubiger ihrerseits können im Verteilungsverfahren gemäß §§ 187 ff InsO anfechtungsfeste Befriedigung erlangen.
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Ein funktionierendes Insolvenzverfahren liegt aber nicht nur im subjektiven Interesse der einzelnen Gläubiger, sondern auch im öffentlichen Interesse an der Wahrung einer am Rechtsfrieden orientierten, rechtsstaatlichen Ordnung. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips. Ohne wirkungsvolle Zwangsvollstreckung ist eine effektive Justizgewähr nicht verwirklicht (BVerfGE 141, 121 Rn. 44 mwN).
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(3) In der Frage, ob politische Parteien insolvenzfähig sind, kollidieren widerstreitende Verfassungsrechtspositionen. Gegen die Möglichkeit einer Verfahrenseröffnung streitet der geschützte Status politischer Parteien, in den durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens – wie dargestellt – eingegriffen würde. Für die Möglichkeit der Eröffnung streitet die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Insolvenzverfahrens, die auf den allgemeinen Justizgewährungsanspruch und auf die Eigentumsgarantie zurückgeht. Diese kollidierenden Verfassungsrechtspositionen sind in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. BVerfGE 148, 296 Rn. 157).
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(a) Ein schonender Ausgleich der kollidierenden Verfassungsrechtspositionen ist nicht durch den Ausschluss der Insolvenzfähigkeit politischer Parteien zu erreichen. Bei einem vollständigen Ausschluss könnte das geschützte Gläubigerinteresse an der Durchführung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens nicht verwirklicht werden. Zudem würde der Partei die Möglichkeit genommen, einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, um in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren unter gleichmäßiger Gläubigerbeteiligung ihre Verbindlichkeiten zu berichtigen.
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Wird das Insolvenzverfahren nicht von der Partei selbst beantragt, sondern von einem Gläubiger, führt die Eröffnung neben einem Eingriff in die innerparteiliche Demokratie auch zu Eingriffen in die Freiheit der Verfügung über Einnahmen und Vermögen ohne staatliche Kontrolle und in die Betätigungsfreiheit der Partei durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter sowie durch dessen Auskunfts-, Nachforschungs- und Betretungsrechte. Ein schonender Ausgleich, der die betroffenen Verfassungsrechtspositionen weitgehend wirksam werden lässt, liegt aber nicht im generellen Ausschluss der Verfahrenseröffnung; der Ausgleich ist vielmehr im Einzelfall zu suchen. Zwar lässt sich die Insolvenzunfähigkeit mancher Rechtsträger aus dem Verfassungsrecht ableiten. Das Bundesverfassungsgericht hat dies angenommen für Kirchen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfasst sind (BVerfGE 66, 1), und für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (BVerfGE 89, 144; BVerfG, NJW 1994, 2348). Dem liegt jedoch unter anderem die Erwägung zugrunde, dass für diese Rechtsträger die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit praktisch nicht gegeben ist (vgl. BVerfGE 66, 1, 24; 89, 144, 154). Diese Erwägung ist auf politische Parteien nicht übertragbar, weil deren Solvenz weder aus eigener Kraft noch durch ihren Anspruch auf staatliche Teilfinanzierung gemäß §§ 18 ff PartG gewährleistet ist (eingehend Hientzsch, Die politische Partei in der Insolvenz, S. 34 ff, 47 f, 56). Besteht jedoch die praktische Möglichkeit der Insolvenz, wird der gänzliche Ausschluss eines Insolvenzverfahrens den verfassungsrechtlich geschützten Interessen der Gläubiger jedenfalls dann nicht gerecht, wenn es sich um private Gläubiger handelt, deren Vollstreckungsinteresse Grundrechtsschutz genießt. Das Grundgesetz hat den Parteien das Risiko des Fehlschlagens eigener Bemühungen um ihre Finanzierung nicht abgenommen (BVerfGE 20, 56, 103; 111, 54, 99 mwN).
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(b) Ein schonender Ausgleich der kollidierenden Verfassungsrechtspositionen, der die Interessen aller Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden lässt, ist dadurch zu erreichen, dass neben dem insolvenzrechtlichen Verfahrenszweck auch der verfassungsrechtliche Status der Partei bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften der Insolvenzordnung zu berücksichtigen ist. Bei den Entscheidungen im Eröffnungsverfahren, über die Eröffnung und im eröffneten Verfahren ist sorgfältig zu prüfen, ob die mit der jeweiligen Maßnahme verbundenen Einschränkungen der Parteienrechte im einzelnen Fall geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind, um den Verfahrenszweck zu verwirklichen (vgl. BFH/NV 2011, 1017 Rn. 12). Diese Abwägung kann ergeben, dass die Gläubigerinteressen ganz oder teilweise hinter die Parteienrechte zurücktreten müssen. Ist über die Zulässigkeit eines Gläubigerantrags zu entscheiden, hat das Insolvenzgericht die gebotene Abwägung insbesondere bei der Prüfung des rechtlichen Interesses an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO vorzunehmen.
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d) Der Insolvenzfähigkeit des Schuldners stehen schließlich auch nicht die Regelungen des § 12 InsO entgegen. Eine analoge Anwendung dieser Ausnahmevorschrift auf politische Parteien oder deren Gebietsverbände (§ 7 PartG) scheidet aus (Schmidt/Gundlach, InsO, 19. Aufl., § 12 Rn. 11; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 15. Aufl., § 12 Rn. 16; vgl. Prütting in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2011, § 12 Rn. 12; Nerlich/Römermann/Mönning/Mönning, InsO, 2020, § 12 Rn. 19).
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Eine Analogie ist zulässig und geboten, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Urteil vom 22. November 2018 – IX ZR 167/16, BGHZ 220, 243 Rn. 20).
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Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es fehlt an einer planwidrigen Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung. Politische Parteien sind traditionell als eingetragene oder nicht eingetragene Vereine organisiert (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1965 – VIII ZR 95/63, BGHZ 43, 316, 319; BeckOK-BGB/Schöpflin, 2020, § 21 Rn. 62; MünchKomm-BGB/Leuschner, 8. Aufl., Vor § 21 Rn. 118; Hientzsch, Die politische Partei in der Insolvenz, S. 19 f). Das war auch dem Gesetzgeber bewusst (vgl. BT-Drucks. 3/1509, S. 14). Er hat die grundsätzliche Anwendbarkeit des bürgerlich-rechtlichen Vereinsrechts auf politische Parteien bestätigt, indem § 37 PartG die Anwendung des § 54 Satz 2 BGB auf Parteien ausschließt (vgl. LG Berlin, NJW 1970, 1047, 1048; Maunz/Dürig/Klein, GG, 2014, Art. 21 Rn. 254, 274; Kersten/Rixen/Rixen, PartG, § 37 Rn. 12; Morlok, PartG, 2. Aufl., § 37 Rn. 1). Der Gesetzgeber hat gleichwohl in § 11 Abs. 1 Satz 2 InsO ausdrücklich die Insolvenzfähigkeit des nicht rechtsfähigen Vereins bestimmt, ohne eine Ausnahme für politische Parteien vorzusehen. Darin kann keine planwidrige Regelungslücke gesehen werden (Hientzsch, aaO S. 101).
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2. Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht angenommen, dass dem Insolvenzantrag des Beteiligten zu 2 unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 21 GG das rechtliche Interesse im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO fehlt.
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a) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts hängt die vom Insolvenzgericht zu prüfende Zulässigkeit eines Insolvenzantrags des Finanzamts allerdings nicht von der Frage ab, ob das Finanzamt bei der Antragstellung sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat. Maßgeblich ist nur, ob die Zulässigkeitsvor-aussetzungen nach der Insolvenzordnung vorliegen.
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Die Entscheidung des Finanzamts, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Steuerschuldners zu beantragen, ist eine Ermessensentscheidung (BFH/NV 2011, 763 Rn. 7). Zu deren Überprüfung ist das Finanzgericht zuständig, nicht das Insolvenzgericht (BFH/NV 2011, 1017 Rn. 9; BFH/NV 2011, 2105 Rn. 5; vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juni 2020 – 5 ARs 17/19, WM 2020, 1447 zum Insolvenzantrag der Staatsanwaltschaft). Der Prüfauftrag der Ermessenskontrolle an die Finanzgerichte ist nicht deckungsgleich mit demjenigen an die Insolvenzgerichte, der sich aus den Bestimmungen der Insolvenzordnung ergibt (BFH/NV 2011, 2105 Rn. 6; im Einzelnen BFH/NV 2011, 1017 Rn. 11 ff). Die Wahrung der Verhältnismäßigkeit gehört allerdings als grundrechtliche Schranke auch zum Prüfungsumfang des Insolvenzgerichts (BFH/NV 2011, 1017 Rn. 12; vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2004 – IX ZB 133/03, WM 2004, 992, 994, insoweit in BGHZ 158, 212 nicht abgedruckt; vom 22. März 2007 – IX ZB 164/06, WM 2007, 899 Rn. 9).
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b) Das Insolvenzgericht darf das rechtliche Interesse (§ 14 Abs. 1 Satz 1 InsO) eines öffentlichen Gläubigers an der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer politischen Partei oder deren Untergliederung nur bejahen, wenn es positiv feststellt, dass die Eröffnung auch unter Berücksichtigung des Status der Partei gemäß Art. 21 Abs. 1 GG verhältnismäßig ist. Das ist hier nicht der Fall.
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aa) Ein Gläubiger, dem eine Forderung zusteht und der einen Eröffnungsgrund glaubhaft macht, hat in aller Regel schon wegen des staatlichen Vollstreckungsmonopols ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2006 – IX ZB 245/05, WM 2006, 1632 Rn. 7). Dies gilt auch für öffentliche Gläubiger (BGH, Beschluss vom 24. September 2020 – IX ZB 71/19, WM 2020, 2182 Rn. 17 mwN). Das Tatbestandsmerkmal des rechtlichen Interesses ist in das Gesetz eingefügt worden, um sicherzustellen, dass nur solche Gläubiger Anträge stellen, die im Falle der Eröffnung als Insolvenzgläubiger am Verfahren beteiligt wären, und um missbräuchlichen Anträgen vorzubeugen, die etwa zu dem Zweck gestellt werden, Zahlungen solventer, aber zahlungsunwilliger Schuldner zu erzwingen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 113). Ausnahmsweise fehlt es an einem Interesse, wenn der Gläubiger mit dem Antrag ausschließlich insolvenzwidrige Zwecke verfolgt (BGH, Beschluss vom 24. September 2020, aaO).
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bb) Betrifft der Insolvenzantrag eines Gläubigers das Vermögen einer politischen Partei oder deren Untergliederung, erfordert die praktische Konkordanz der kollidierenden Verfassungsrechtspositionen, den durch Art. 21 Abs. 1 GG geschützten Status der Partei dadurch zu berücksichtigen, dass bei der Prüfung des rechtlichen Interesses an der Verfahrenseröffnung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO sorgfältig erwogen wird, ob die mit der Verfahrenseröffnung verbundenen Einschränkungen der Parteienrechte im Einzelfall geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind, um den Verfahrenszweck zu verwirklichen. Dieser Anforderung wird das vorstehend aufgezeigte Regel-Ausnahme-Verhältnis jedenfalls dann nicht gerecht, wenn den Insolvenzantrag über das Parteivermögen ein öffentlicher Gläubiger gestellt hat, der – im Unterschied zu privaten Gläubigern – kein grundrechtlich geschütztes Interesse an der Verfahrenseröffnung vorweisen kann. Deshalb muss das Insolvenzgericht vor der Entscheidung über die Eröffnung seine Ermittlungen auch auf die Umstände erstrecken, die zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Bedeutung sein können, und diese bei der Entscheidung berücksichtigen. Dazu gehört die Frage, ob nach den Umständen des Einzelfalls die Einleitung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens erforderlich ist.
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cc) Das Beschwerdegericht hat sich von diesen Maßstäben leiten lassen und ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung gelangt, dass der Beteiligte zu 2 unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat.
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(1) Zu berücksichtigen ist, dass es sich beim Beteiligten zu 2 nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts um den einzigen Gläubiger des Schuldners handelt, der durch Zwangsvollstreckung zu befriedigen ist.
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Im Insolvenzgutachten ist als einzige Verbindlichkeit des Schuldners die Antragsforderung des Beteiligten zu 2 aufgeführt. Im Gutachten wird zwar die Vermutung geäußert, dass es weitere Gläubiger mit erheblichen Forderungen gebe. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts gibt es dafür aber keine Anhaltspunkte. Der Schuldner beschäftigt keine Arbeitnehmer und hat keine Räumlichkeiten angemietet. Einen Insolvenzantrag hat nur der Beteiligte zu 2 gestellt. Andere Vollstreckungsgläubiger sind im Verfahren nicht zu Tage getreten.
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Die Durchführung des Insolvenzverfahrens bietet dem Antragsteller in einer solchen Lage geringere Vorteile als bei Vorhandensein einer Mehrzahl von Gläubigern. Gibt es nur einen Gläubiger, bedarf es nicht der von § 1 Satz 1 InsO vorgesehenen gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung. Auch der Aussicht, im Insolvenzverfahren anfechtungsfeste Befriedigung zu erlangen, kommt nur eine verminderte Bedeutung zu. Das Insolvenzantragsrecht steht dem öffentlichen Gläubiger zwar nicht nur im eigenen Interesse zu, das beim Fiskus nicht grundrechtlich geschützt ist, sondern auch im Interesse der Gesamtgläubigerschaft (vgl. BT-Drucks. 17/3030, S. 42). Diese Erwägung streitet aber nicht für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer politischen Partei, wenn es eine solche Gesamtgläubigerschaft nicht gibt.
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(2) Die bloße Möglichkeit, dass es noch andere Gläubiger geben könnte, die bislang nicht in Erscheinung getreten sind, führt nicht dazu, dass der Beteiligte zu 2 ein rechtliches Interesse an der Verfahrenseröffnung hätte. Andere Gläubiger würden selbst die Verantwortung dafür tragen, wegen ihrer Forderungen die Vollstreckungsinitiative zu ergreifen, zu der auch ein Insolvenzantrag rechnet (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2020 – IX ZB 71/19, WM 2020, 2182 Rn. 21).
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(3) Ein rechtliches Interesse des Beteiligten zu 2 ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass er es als Steuergläubiger nicht verhindern könnte, weitere Forderungen gegen den Schuldner zu erwerben (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 – IX ZB 18/12, WM 2012, 1639 Rn. 7 f; vom 18. Dezember 2014 – IX ZB 34/14, WM 2015, 291 Rn. 15). Es ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass der Schuldner die Ausstellung rechtswidriger Spendenbescheinigungen fortsetzt oder sich in sonstiger Weise mit der Folge der Entstehung von Steuer- oder Haftungsverbindlichkeiten betätigt.
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(4) Schließlich kommt auch die „marktbereinigende“ Funktion des Insolvenzantrags eines öffentlichen Gläubigers hier nicht zum Tragen. Fiskus und Sozialversicherungsträger haben ein vom Gesetzgeber anerkanntes Interesse daran, durch einen Insolvenzantrag ein insolventes Unternehmen an einer weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit zu hindern und möglichst frühzeitig Klarheit über seine Zahlungsfähigkeit zu erlangen (vgl. BT-Drucks. 17/3030, S. 42; BT-Drucks. 18/7054, S. 14 und 16). Es kann dahinstehen, ob dieses Interesse gegenüber politischen Parteien zur Geltung kommen kann, soweit diese sich unternehmerisch am Wirtschaftsleben beteiligen (vgl. dazu Hientzsch, Die politische Partei in der Insolvenz, S. 37 f; Schindler, Die Partei als Unternehmer, S. 162 ff). Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts liegt eine wirtschaftliche Tätigkeit des Schuldners nicht vor. Diese zu unterbinden kann deshalb kein Gesichtspunkt sein, der ein rechtliches Interesse des Finanzamts an der Verfahrenseröffnung begründen könnte.
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