Insolvenzverfahren: Festsetzung der Stimmrechte der Gläubiger vor Beginn der Abstimmung; Wiederholung der Abstimmung (Beschluss des BGH 9. Zivilsenat)

BGH 9. Zivilsenat, Beschluss vom 17.12.2020, AZ IX ZB 38/18, ECLI:DE:BGH:2020:171220BIXZB38.18.0

§ 77 Abs 2 InsO, § 235 Abs 1 S 1 InsO, § 237 Abs 1 S 1 InsO

Leitsatz

1. Die Festsetzung der Stimmrechte der Gläubiger durch das Insolvenzgericht muss vor dem Beginn der Abstimmung über den Insolvenzplan abgeschlossen sein.

2. Eine ohne Klärung der Stimmrechte vorgenommene Abstimmung ist zu wiederholen.

Verfahrensgang

vorgehend LG Berlin, 10. April 2018, Az: 19 T 83/17
vorgehend AG Charlottenburg, 1. Juni 2017, Az: 36s IN 1475/16

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners werden die Beschlüsse der Zivilkammer 19 des Landgerichts Berlin vom 10. April 2018 und des Amtsgerichts Charlottenburg vom 1. Juni 2017 aufgehoben.

Die Sache wird an das Amtsgericht – Insolvenzgericht – zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Auf den Eigenantrag vom 11. März 2016 wurde über das Vermögen des Schuldners am 29. April 2016 das Regelinsolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt.

2

Der Schuldner legte unter dem 20. April 2017 einen nach vorausgegangenen rechtlichen Hinweisen geänderten Insolvenzplan vor. Nach dem Inhalt des Plans, der nur eine Gläubigergruppe enthält, soll eine Besserstellung der Gläubiger erreicht werden, indem eine Zahlung einer dritten Person über 10.000 € quotal auf die Gläubiger verteilt wird. Unter Berücksichtigung der nach damaligem Stand zur Tabelle festgestellten Insolvenzforderungen errechnete sich eine Befriedigungsquote von 5,54 vom Hundert; im Hinblick auf weitere bereits zur Insolvenztabelle angemeldete, aber noch nicht festgestellte Forderungen wurde eine Mindestquote von 2,5 vom Hundert angegeben. Bei Durchführung des Insolvenzverfahrens ohne Insolvenzplan wurde mangels Teilungsmasse und mangels pfändbaren Einkommens des Schuldners eine Befriedigungsquote von 0 vom Hundert prognostiziert.

3

Eine im Februar 2017 zur Tabelle nachgemeldete Forderung des Finanzamts wurde im Termin zur Prüfung nachträglich gemeldeter Forderungen am 24. Mai 2017 vom Insolvenzverwalter und zwei Gläubigern bestritten. Nachfolgend am selben Tag fand der Erörterungs- und Abstimmungstermin statt, in dem nach Erörterung des Insolvenzplans und der Stimmrechte der Insolvenzgläubiger eine Einigung über die Stimmrechte der Gläubiger, deren Forderungen bestritten worden waren, und eine gerichtliche Entscheidung hierüber ausweislich der Sitzungsniederschrift „zunächst zurückgestellt [wurde], bis feststeht, dass das Abstimmungsergebnis dies erfordert“. An der hieran anschließenden Abstimmung nahmen alle anwesenden Gläubiger teil, auch der Vertreter des Finanzamts, dessen Forderung bestritten und dessen Stimmrecht nicht zuvor festgesetzt worden war. Bei der Abstimmung stimmten zehn Gläubiger dem Insolvenzplan zu und vier Gläubiger – unter ihnen das Finanzamt – dagegen. Im Anschluss an die Abstimmung stellte das Insolvenzgericht fest, dass sich das Stimmrecht des Finanzamts aufgrund der Höhe der angemeldeten Forderung auf das Abstimmungsergebnis auswirken werde. Eine Einigung über die Festsetzung des Stimmrechts des Finanzamts konnte nicht erzielt werden. Dem Vertreter des Finanzamts wurde daraufhin Gelegenheit gegeben, die der Forderung zugrundeliegenden, bislang nicht zur Akte gereichten Titel nachzureichen.

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In dem Fortsetzungstermin vom 1. Juni 2017 setzte das Insolvenzgericht das Stimmrecht des Finanzamts in Übereinstimmung mit dem Vorschlag des Insolvenzverwalters auf 188.085,50 € fest. In der Sitzungsniederschrift wurde weiter festgehalten, dass die für die Annahme des Insolvenzplans erforderliche Summenmehrheit bei der am 24. Mai 2017 durchgeführten Abstimmung nicht zustande gekommen sei. Der Insolvenzplan sei mit der Summe der Ansprüche der abstimmenden Gläubiger von 254.542,66 € abgelehnt worden. Die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger würde dagegen selbst dann nur 174.251,37 € betragen, wenn insoweit Stimmrechte in voller Höhe der angemeldeten Forderungen festgestellt worden wären.

5

Die gegen die Versagung der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Begehren weiter.

II.

6

Die statthafte (§ 6 Abs. 1 Satz 1, § 253 Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 4 InsO, § 575 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO) Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts und der Entscheidung des Amtsgerichts sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht.

7

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei statthaft. Zwar sei eine gerichtliche Entscheidung für den Fall, dass der Insolvenzplan von den Gläubigern nicht angenommen werde, gesetzlich nicht vorgesehen. Gleichwohl sei auch in einem derartigen Fall im Interesse der Rechtsklarheit und der Rechtsmittelklarheit eine eigene Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Versagung der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans zu treffen. Der Zulässigkeit der Beschwerde stehe nicht entgegen, dass das Insolvenzgericht die Versagung der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans nicht durch Beschluss ausgesprochen habe. In der zu Protokoll festgehaltenen Feststellung, dass der Plan nicht angenommen worden sei, liege zugleich konkludent eine Versagung der gerichtlichen Bestätigung. Die sofortige Beschwerde sei aber nicht begründet, wobei dahinstehen könne, ob die von dem Insolvenzgericht gewählte Vorgehensweise im Hinblick auf die Stimmrechtsfestsetzung nach erfolgter Abstimmung verfahrensfehlerhaft sei. Ein solcher Verfahrensfehler sei für die Versagung der gerichtlichen Bestätigung nicht kausal geworden. Auch wenn das Insolvenzgericht das Stimmrecht des Finanzamts vor der Abstimmung festgesetzt hätte, wäre eine Annahme des Plans nicht zu erwarten gewesen.

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2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

9

a) Noch zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen die Versagung der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans statthaft und auch im Übrigen zulässig ist.

10

Auch bei der hier vorliegenden Konstellation hat die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Versagung der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans aus Gründen der Rechtsmittelklarheit – ebenso wie die gerichtliche Bestätigung nach § 248 Abs. 1 InsO im Fall der Annahme des Insolvenzplans durch die Beteiligten oder die Versagung der gerichtlichen Zustimmung trotz erreichter Mehrheiten – in Beschlussform zu ergehen (HK-InsO/Haas, 10. Aufl., § 248 Rn. 3; Uhlenbruck/Lüer/Streit, InsO, 15. Aufl., § 248 Rn. 1; MünchKomm-InsO/Sinz, 4. Aufl., § 248 Rn. 26).

11

Zwar sieht das Gesetz keine eigenständige Regelung über die Versagung der gerichtlichen Bestätigung für den Fall vor, dass der Insolvenzplan von den Gläubigern nicht angenommen worden ist. Die Regelungen in § 252 Abs. 1 Satz 1, § 253 Abs. 1 InsO, die einen „Beschluss, durch den die gerichtliche Bestätigung versagt wird“ voraussetzen, haben ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung im Gesetz nach in erster Linie den Fall im Blick, dass dem Plan trotz erreichter Mehrheiten aus anderen Gründen die gerichtliche Bestätigung zu versagen ist. Jedoch muss auch in dem Fall, dass der Plan bereits bei der Abstimmung nicht die erforderliche Mehrheit erhält, eine eigene Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Versagung der gerichtlichen Bestätigung ergehen. Dies folgt schon daraus, dass das Insolvenzgericht nicht nur das Ergebnis der Abstimmung feststellen, sondern auch die Voraussetzungen für eine Zustimmungsfiktion zum Insolvenzplan nach § 245 bis § 247 InsO prüfen muss.

12

Die Vorschrift des § 253 Abs. 1 InsO eröffnet dem Schuldner das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen die Versagung der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans. Dies gilt auch, wenn das Insolvenzgericht – wie hier – das Ergebnis der Abstimmung lediglich zu Protokoll festgestellt hat. Andernfalls würde dem Schuldner ein an sich statthaftes Rechtsmittel gegen die Versagung der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans entzogen.

13

b) Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht jedoch die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen, weil ein etwaiger in der erst nach erfolgter Abstimmung vorgenommenen Stimmrechtsfestsetzung liegender Verfahrensmangel für das Abstimmungsergebnis nicht kausal geworden sei.

14

aa) Die von dem Insolvenzgericht gewählte Vorgehensweise, eine Einigung oder eine gerichtliche Entscheidung über die Stimmrechtsfestsetzung zunächst zurückzustellen, eine Abstimmung unter Beteiligung aller anwesenden Gläubiger unabhängig von ihrer Stimmberechtigung durchzuführen und erst nachträglich über die Stimmrechtsfestsetzung zu entscheiden, begründet einen Verfahrensmangel.

15

(1) Bereits in § 235 Abs. 1 Satz 1 InsO ist für den Ablauf des Erörterungs- und Abstimmungstermins vorgesehen, dass zunächst der Insolvenzplan und das Stimmrecht erörtert werden und anschließend über den Plan abgestimmt wird. Die Erörterung und Festsetzung des Stimmrechts der Beteiligten nach § 237 bis § 239 InsO ist Teil des Erörterungstermins oder des entsprechenden Teils eines einheitlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins (Jaeger/Kern, InsO, § 235 Rn. 34; MünchKomm-InsO/Hintzen, 4. Aufl. §§ 237, 238 Rn. 5). Während diejenigen Gläubiger, deren zur Tabelle angemeldete Forderungen weder vom Insolvenzverwalter noch von einem stimmberechtigten Gläubiger bestritten worden sind, gemäß § 237 Abs. 1 Satz 1, § 77 Abs. 1 Satz 1 InsO ohne weitere Voraussetzungen ein Stimmrecht in Höhe ihrer Forderungen haben, sind diejenigen Gläubiger, deren Forderungen bestritten worden sind, nach § 77 Abs. 2 Satz 1 InsO nur stimmberechtigt, soweit sich der Verwalter und die erschienenen stimmberechtigten Gläubiger über das Stimmrecht geeinigt haben. Kommt keine Einigung über das Stimmrecht zustande, so ist es vom Insolvenzgericht nach § 77 Abs. 2 Satz 2 InsO für die Abstimmung über den Insolvenzplan festzusetzen. Die Stimmrechtsfestsetzung erfolgt nach billigem Ermessen aufgrund summarischer Prüfung der Forderung und unter Berücksichtigung der gemäß § 174 Abs. 1 InsO mit der Forderungsanmeldung eingereichten Unterlagen (Uhlenbruck/Knof, InsO, 15. Aufl., § 77 Rn. 21). Die Entscheidung des Insolvenzgerichts über das Stimmrecht enthält notwendig auch die Entscheidung, ob ein Gläubiger überhaupt abstimmen darf; die Feststellung der Abstimmungsberechtigung gehört als Vorfrage zur gerichtlichen Stimmrechtsentscheidung (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 – IX ZB 235/06, ZIP 2008, 2428 Rn. 9; Vortmann in Pape/Gundlach/Vortmann, Handbuch der Gläubigerrechte, 23. Aufl., Rn. 234). Nach Abschluss der Erörterung und der gegebenenfalls erforderlichen gerichtlichen Festsetzung der Stimmrechte wird gemäß § 239 InsO eine Stimmliste erstellt, auf deren Grundlage die anschließende Abstimmung über den Insolvenzplan stattfindet (Brünkmans/Thole/Laroche, Handbuch Insolvenzplan, 2. Aufl., § 16 Rn. 43; HK-InsO/Haas, aaO § 239 Rn. 1).

16

Zwar ist es grundsätzlich denkbar, dass das Insolvenzgericht noch vor der – im Einzelfall mit erheblichem zeitlichen Aufwand einhergehenden – Feststellung der Stimmrechte nach § 77 Abs. 2 InsO eine unverbindliche „Probeabstimmung“ durchführt, um zu klären, ob die festzustellenden Stimmrechte überhaupt entscheidungserheblich sind. Ist dies nicht der Fall, wird in der Literatur empfohlen, pauschale Regelungen zu treffen, wonach etwa alle strittigen Stimmrechte mit dem vollen Nennwert der angemeldeten Forderung oder mit einem Wert von 1 € festgesetzt werden (Brünkmans/Thole/Laroche, aaO § 16 Rn. 22). Nach der Stimmrechtsfeststellung gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 InsO hat dann aber die eigentliche Abstimmung stattzufinden. Erst danach ist die Abstimmung abgeschlossen und kann das Abstimmungsergebnis festgestellt werden (Kübler/Hofmann, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, 3. Aufl., § 16 Rn. 53 ff).

17

(2) Die von dem Insolvenzgericht hier gewählte Vorgehensweise weicht von dem gesetzlich vorgesehenen Ablauf des Erörterungs- und Abstimmungstermins ab. Sie führt dazu, dass an der Abstimmung über den Insolvenzplan mit dem Finanzamt ein Gläubiger teilgenommen hat, dessen Stimmberechtigung weder kraft Gesetzes vorlag noch aufgrund einer Einigung oder einer gerichtlichen Festsetzung des Stimmrechts feststand. Bei der Durchführung der Abstimmung waren damit die Stimmrechtsverhältnisse ungeklärt. Der Sache nach handelte es sich bei der Abstimmung vom 24. Mai 2017 lediglich um eine Probeabstimmung; die eigentliche Abstimmung nach der Festsetzung der Stimmrechte hat das Insolvenzgericht dann aber noch nicht durchgeführt.

18

(3) Die nach der durchgeführten Abstimmung vorgenommene Festsetzung des Stimmrechts des Finanzamts durch das Insolvenzgericht im Termin vom 1. Juni 2017 führt nicht dazu, dass rückwirkend vom Vorliegen einer Stimmberechtigung des Finanzamts im Zeitpunkt der Abstimmung am 24. Mai 2017 ausgegangen werden kann.

19

Die Festsetzung des Stimmrechts und damit einhergehend die Feststellung der Stimmberechtigung wirken nur ex nunc; eine Rückwirkung der Stimmrechtsfestsetzung auf die bereits erfolgte Abstimmung kommt nicht in Betracht.

20

Insoweit ist die Rechtslage vergleichbar mit einer Änderung der (zuvor vom Rechtspfleger oder Richter getroffenen) Stimmrechtsentscheidung nach erfolgter Abstimmung, die ebenfalls keine Rückwirkung für eine bereits erfolgte Abstimmung entfalten kann. Hat der Rechtspfleger gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 InsO über die Gewährung des Stimmrechts entschieden, kann der Richter auf Antrag eines Gläubigers oder des Insolvenzverwalters das Stimmrecht gemäß § 18 Abs. 3 RPflG neu festsetzen, wenn sich die Entscheidung des Rechtspflegers auf das Ergebnis einer Abstimmung ausgewirkt hat. In diesem Fall wird die Wiederholung der Abstimmung angeordnet; eine Neufeststellung des Abstimmungsergebnisses auf der Grundlage der neu festgesetzten Stimmrechte scheidet demgegenüber aus (Vortmann in Pape/Gundlach/Vortmann, aaO Rn. 252). Hat der Richter, dem gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG das Verfahren über einen Insolvenzplan obliegt, gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 InsO eine Stimmrechtsfestsetzung vorgenommen, kann er auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines in der Gläubigerversammlung erschienen Gläubigers seine Entscheidung nach § 77 Abs. 2 Satz 3 InsO ändern. Die Korrektur der Stimmrechtsentscheidung nach durchgeführter Abstimmung entfaltet aber ebenfalls keine Rückwirkung auf das bereits festgestellte Abstimmungsergebnis (MünchKomm-InsO/Ehricke/Ahrens, 4. Aufl., § 77 Rn. 28; Uhlenbruck/Knof, InsO, 15. Aufl., § 77 Rn. 25). Vielmehr soll die Abänderung der Stimmrechtsfestsetzung regelmäßig nur für künftige Abstimmungen wirken (Schmidt/Jungmann, InsO, 19. Aufl., § 77 Rn. 22; vgl. auch MünchKomm-InsO/Hintzen, 4. Aufl., §§ 237, 238 Rn. 28, demzufolge eine Korrektur des Stimmrechts nach § 77 Abs. 2 Satz 3 InsO nicht mehr möglich ist, wenn mit der Abstimmung bereits begonnen wurde).

21

bb) Nachdem eine ordnungsgemäße Abstimmung bislang nicht stattgefunden hat, war das Insolvenzgericht auch daran gehindert, ein Abstimmungsergebnis festzustellen und auf dieser Grundlage dem Insolvenzplan die gerichtliche Bestätigung zu versagen.

22

Die vom Beschwerdegericht angestellte Überlegung, die vom Insolvenzgericht gewählte Verfahrensweise habe sich kausal nicht ausgewirkt, weil auch bei Festsetzung der Stimmrechte vor Durchführung der Abstimmung eine Annahme des Plans nicht zu erwarten gewesen wäre, greift nicht durch. Nachdem eine ordnungsgemäße Abstimmung bislang nicht stattgefunden hat, ist eine solche nachzuholen. Das Ergebnis dieser noch durchzuführenden Abstimmung kann nicht durch eine Neuauswertung des Ergebnisses der Abstimmung im Termin vom 24. Mai 2017 bestimmt werden, weil weder die für die Ausübung des Stimmrechts erforderliche Anwesenheit im Abstimmungstermin noch das Abstimmungsverhalten der einzelnen Gläubiger prognostiziert werden können.

  • Grupp
  • Lohmann
  • Möhring
  • Schultz
  • Selbmann

Schreibfehlerberichtigung vom 14. Januar 2021

Die Vorinstanzdaten des Beschlusses vom 17. Dezember 2020 werden aufgrund eines Übertragungsfehlers wie folgt berichtigt:

Vorinstanzen:

AG Charlottenburg, Entscheidung vom 01.06.2017 – 36s IN 1475/16

LG Berlin, Entscheidung vom 10.04.2018 – 19 T 83/17

Karlsruhe, den 14. Januar 2021

Preuß, Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle