Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments billigt Neufassung der Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr
Die Fahrgastrechte-Verordnung regelt seit 2009 zentrale Rechte von Bahnreisenden. Die unter deutscher Ratspräsidentschaft verhandelte Reform mit neuen Rechten für Fahrgäste wurde heute vom Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments bestätigt.
Die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht erklärt:
„Ich freue mich, dass wir die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament erfolgreich abgeschlossen haben. Künftig gibt es
EU-weit klare Regelungen und einen stärkeren Schutz für alle, die mit der Bahn reisen.
Mehr Bahnverkehr ist entscheidend, um die Umwelt zu schonen und die Klimaziele der Europäischen Union zu erreichen. Bahnfahren muss daher für alle Reisenden attraktiv sein. Die neue Verordnung wird etwa das Bahnfahren mit dem Fahrrad deutlich leichter machen. Auch für Menschen mit eingeschränkter Mobilität haben wir wesentliche Erleichterungen erzielt.
Im Vergleich mit anderen
EU-Ländern ist Deutschland bereits heute Vorreiter: Viele deutsche Bahnunternehmen bieten ihren Kundinnen und Kunden bereits mehr, als es die geltende Fahrgastrechte-Verordnung vorschreibt. Umso mehr freue ich mich, dass ein Teil unserer fahrgastfreundlichen Standards hierzulande nun Gesetz wird und die Fahrgäste sich darauf
EU-weit verlassen können.“
Wie bisher regelt die Verordnung neben dem Anspruch auf Entschädigung bei Verspätungen etwa die Haftung von Eisenbahnunternehmen bei Unfällen, die Modalitäten der Fahrradmitnahme oder die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen.
Folgende Neuerungen sind besonders hervorzuheben:
- Reisende haben künftig ein Recht darauf, ihr Fahrrad in Fern- und Regionalzügen mitzunehmen. Daher sollen die Bahnunternehmen ihre Züge nach und nach mit einer der voraussichtlichen Nachfrage angemessenen Zahl von Fahrradplätzen ausstatten. Auch müssen die Unternehmen künftig
online über die Kapazitäten für Fahrräder informieren und zumindest für reservierungspflichtige Züge auch die Reservierung von Fahrradplätzen ermöglichen.
- Menschen mit Behinderungen benötigen häufig Hilfe beim Ein-, Aus- und Umsteigen. Das Recht auf entsprechende Unterstützung gilt in Zukunft
EU-weit nicht nur für Fernzüge, sondern auch für Regionalzüge. Nach der künftigen Verordnung müssen Menschen mit Behinderungen nicht mehr bis zu 48 Stunden vor Abfahrt Unterstützungsbedarf anmelden, sondern maximal nur noch 24 Stunden vor der Fahrt.
- Neu eingeführt wird eine Verpflichtung von Bahnunternehmen, für alle Teilstrecken einer längeren Verbindung mit Fern- und Regionalzügen eine einheitliche Fahrkarte auszustellen, wenn die Teilstrecken von ihnen selbst oder von einem hundertprozentigen Tochterunternehmen betrieben werden. Dies verbessert die Rechte der Reisenden erheblich, wenn sie unterwegs einen Anschlusszug verpassen. Beispielsweise richtet sich ihr Anspruch auf Entschädigung dann danach, mit wieviel Verspätung sie am Zielort ihrer Reise ankommen.
- Die neue Verordnung sieht zudem vor, dass Infrastruktur- und Zugbetreiber
u. a. den Tickethändlern Informationen zu Zügen in Echtzeit zur Verfügung stellen. Dies soll neue kundenfreundliche Angebote „aus einer Hand“ fördern, die Züge mehrerer Bahnen oder verschiedene Verkehrsmittel kombinieren.
- Bahnunternehmen müssen künftig bei Verspätungen keine Entschädigung mehr zahlen, wenn die Verspätung direkt durch außergewöhnliche Umstände wie extreme Stürme verursacht wurden, die das Unternehmen nicht vermeiden konnte. Diese Ausnahme gilt jedoch nicht, wenn das Unternehmen die Verspätung – etwa durch sachgemäße Wartung – hätte verhindern können. Die Regelung dient der Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf andere Verkehrsmittel, deren Betreiber sich schon jetzt auf außergewöhnliche Umstände berufen können.
Die Regelungen müssen noch formell vom Rat und dem Plenum des Europäischen Parlaments bestätigt werden und sollen dann ab 2023 gelten.